| Titel: | Ueber Steinkohlengas; von W. R. Bowditch. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXXXII., S. 277 | 
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                        LXXXII.
                        Ueber Steinkohlengas; von W. R. Bowditch.Der Verfasser, ein tüchtiger Chemiker, ist Pfarrer von Saint Andrew's in
                                 Wakefield, in der Grafschaft York.
                           
                        Aus den Proceedings of the Royal Society, vol. XI p. 25, durch die Chemical News, 1861,
                              Nr. 60–63.
                        Bowditch, über Steinkohlengas.
                        
                     
                        
                           Vor sechs Jahren wurde auf meine Veranlassung der Thon als Reinigungsmittel in
                              Gasanstalten eingeführt; ich will jetzt, nachdem in dieser Zeit bedeutende Mengen
                              Gas damit behandelt worden, versuchen, die Gründe darzulegen, worauf mein Verfahren
                              beruht.
                           Das Steinkohlengas kann betrachtet werden, als bestehend aus Kohlenstoffverbindungen,
                              welche unter Bildung von Wasser und Kohlensäure Wärme und Licht entwickeln, und aus
                              Verbindungen von Schwefel und von Stickstoff, welche dieß nicht thun und wegen der
                              schädlichen Wirkungen ihrer Verbrennungsproducte aus dem Gas entfernt werden
                              müssen.
                           Die letzteren Substanzen sind es, mit denen ich mich vorzugsweise zu beschäftigen
                              habe. Unter Gas verstehe ich stets dasjenige Gemenge,
                              welches die gewöhnliche Condensation der Gasanstalten bereits erlitten hat, weßhalb
                              ich von den dabei ausgeschiedenen complicirten Verbindungen nicht reden werde.
                           Werden Steinkohlen destillirt, so geht der Stickstoff theils in den gewöhnlichen
                              Verbindungen weg, theils bildet er solche, deren Existenz noch wenig bekannt ist.
                              Unter bestimmten Bedingungen wird viel Ammoniak als solches oder in Form von
                              Ammoniaksalzen entwickelt, welche sämmtlich durch Thon aus dem Gase entfernt werden
                              können, so daß keine Spur Ammoniak mehr im Gas zu finden ist, wenn dasselbe durch
                              einen Reiniger mit einer hinreichenden Menge Thon und einer zur Aufnahme von
                              Schwefelwasserstoff geeigneten Substanz gegangen ist. Der Thon kann also, ebenso wie
                              Säuren und gewisse Metallsalze, als ein Absorptionsmittel für Ammoniak und dessen
                              Salze gelten; aber es besteht ein sehr großer Unterschied zwischen Säure und Thon,
                              bezüglich deren Einwirkung auf die wichtigsten Licht producirenden Gemengtheile des
                              Gases. Säuren absorbiren von diesen eine bedeutende Menge, Thon aber nicht. Ein
                              sicherer Beweis hiefür ist die Thatsache, daß starker Weingeist, mehrere Tage mit
                              dem gebrauchten Thon digerirt, dadurch nicht viel leuchtender wird, als er vorher
                              gewesen. Die geringe Lichtentwickelung, deren er dadurch fähig wird, ist dem
                              aufgelösten Theer zuzuschreiben, denn wenn man den Alkohol verdampfen läßt und den
                              zurückbleibenden Theer in frischem Weingeist löst, so erhält man dieselbe Flamme wie
                              vorher, während ein geringer Zusatz eines geeigneten Kohlenwasserstoffes der Flamme
                              eine sehr starke Leuchtkraft verleiht.
                           Ich kann noch hinzufügen, daß lange und ausgedehnte Erfahrung gelehrt hat, daß die
                              Anwendung von Thon bei der Reinigung des Gases dessen Leuchtkraft erhöht, indem
                              dadurch solche Substanzen entfernt werden, welche die Leuchtkraft beeinträchtigen
                              und die auf andere Weise nicht zu entfernen sind. Diese Substanzen werden, wie
                              Versuche gezeigt haben, hauptsächlich in der letzteren Periode des
                              Destillationsprocesses erzeugt. Dieselbe Retorte wurde nämlich zweimal mit der
                              gleichen Menge von derselben Kohle geladen. Das Gas aus der einen Ladung wurde nur mit
                              Kalk, das aus der anderen mit Kalk und Thon gereinigt. Die Leuchtkraft wurde in
                              beiden Fällen jede halbe Stunde bestimmt. Hierbei zeigte sich in den ersten
                              3–4 Stunden kein Unterschied. Etwa um die Mitte des Processes erlangte das
                              nach meiner Methode gereinigte Gas einen geringen Vorzug und am Ende der Operation
                              war seine Leuchtkraft um 10 bis 12 Proc. höher. Hieraus ist klar, daß die durch Thon
                              entfernten Substanzen in der ersten Zeit – abgesehen von ihren sonstigen
                              schädlichen Wirkungen – das Leuchtvermögen des Gases nicht schwächen, während
                              dieß wohl für die in der letzteren Periode der Destillation absorbirten der Fall
                              ist.
                           Soweit man hier eine Vermuthung aussprechen kann, möchte ich die Cyanverbindungen und
                              andere stickstoffhaltige Substanzen für diejenigen der vom Thon absorbirten halten,
                              welche das Leuchtvermögen des Gases beeinträchtigen. Meine Versuche führen direct
                              auf diese Ansicht und erklären, wie mit scheint, eine alte Tabelle von Dr. Henry in diesem Sinne.
                              Derselbe gibt in den Philosophical Transactions für 1808
                              an, daß das aus 112 Pfd. Cannelkohle erzeugte Gas nach seiner Reinigung folgende
                              Mengen Stickstoff enthalte:
                           
                              
                                 Stunden nach dem Beginnder Destillation.
                                 Volumprocente Stickstoff.
                                 
                              
                                 1/2 Stunde
                                 20
                                 
                                 Hauptsächlich von atmosphär.   Luft herrührend.
                                 
                              
                                 1        „3        „
                                   4 3/4  5
                                 
                                    
                                    
                                 Wahrscheinlich aus der Periode   der
                                    Ammoniakentwickelung.
                                 
                              
                                 5        „7        „9        „10
                                    1/2  „  12        „  
                                 1515152020
                                 
                                    
                                    
                                 Wahrscheinl. wurden in Folge   der Gegenwart von
                                    etwas   Wasserdampf Cyan u. ähnliche  
                                    Verbindungen erzeugt.
                                 
                              
                           Ohne gerade die absolute Genauigkeit dieser Zahlen anzunehmen, können wir sie doch
                              als werthvolle Andeutungen gelten lassen, welche für meine Hypothese sprechen
                              dürften.
                           Ein schönes Experiment zeigt deutlich den nachtheiligen Einfluß, welchen Säuren auf
                              das Leuchtgas ausüben. Man leitet Gas über reine Sägespäne, welche mit
                              Schwefelsäure, mit ihrem vier- bis sechsfachen Volum Wasser verdünnt,
                              befeuchtet sind. Bei reichem Gase, welches ein Licht von 20 bis 25 Wallrathkerzen
                              bei einem Consum von 5 Kubikfuß in der Stunde liefert, nehmen die Sägespäne
                              augenblicklich eine schöne rosenrothe Farbe an, die allmählich dunkler wird, bis Alles dunkel
                              mahagonyfarbig wird. Bei ärmeren Gasen, die nur ein Licht von 10 bis 12 Kerzen
                              liefern, ist diese Farbe anfangs äußerst schwach und wird nur sehr langsam dunkler.
                              Die Farbenunterschiede sind so bedeutend und so constant, daß ich nicht zweifle, daß
                              man sie zur Bestimmung der Leuchtkraft des Gases wird anwenden können.
                           Um die Natur der Substanzen zu ermitteln, welche diese Färbung hervorrufen, wurden
                              einige der werthvolleren Bestandtheile des Leuchtgases dargestellt und einzeln durch
                              angesäuerte Sägespäne geleitet.
                           Oelbildendes Gas, wie gewöhnlich dargestellt und sorgfältig gereinigt, bewirkt
                              Röthung. Aetherdampf hat keine Wirkung und braucht also bei diesem Versuche nicht
                              abgeschieden zu werden.
                           Propylen wurde durch passiren von Fuselöl durch eine rothglühende, mit Gußeisen in
                              Stückchen gefüllte Röhre dargestellt und dabei die Temperatur so niedrig gehalten,
                              daß ein Theil des Oeles unzersetzt durchging; die Sägespäne wurden dadurch
                              gleichfalls geröthet. Ebenso verhielt sich käufliches Benzol, mit Ausnahme einer
                              gewissen Sorte.
                           Acetylen habe ich noch nicht versuchen können. Die Färbung des mit Salzsäure
                              befeuchteten Tannenholzes durch Pyrrholdampf ist von Williams angegeben worden.
                           Um zu zeigen, daß die Farbe durch Aufnahme der lichtgebenden Substanzen hervorgerufen
                              wird, wurden Sägespäne mit so starker Schwefelsäure behandelt, daß sie schwach
                              verkohlt wurden (nämlich mit Säure von der Stärke, wie sie in Gasanstalten
                              angewendet wird) und alsdann Gas, welches reine gesäuerte Sägespäne augenblicklich
                              röthete, erst über die verkohlten und dann über reine gesäuerte Sägespäne geleitet.
                              Es zeigten sich jetzt, trotzdem der Gasstrom eine Stunde lang anhielt, keine
                              Farben.
                           Salzsäure wirkt ebenso wie Schwefelsäure, nur steht ihrer Anwendung die Entstehung
                              von salzsaurem Ammoniak an der dem Gasstrom zugekehrten Fläche entgegen, wodurch die
                              Beobachtung sehr ungenau wird. Auch röthet ölbildendes Gas diese Sägespäne nicht und
                              kann daher dadurch nicht erkannt werden.
                           Stickstoffverbindungen bieten die größten Schwierigkeiten für die Reinigung dar, und
                              da sie fast unmöglich in einem zur Prüfung passenden Zustande darzustellen sind, so
                              sind die Versuche damit schwierig und wenig befriedigend. Viel Stickstoff ist als
                              Cyan im Gas enthalten, welches man aus dem angewandten Reinigungsthon wieder
                              abscheiden kann. Wahrscheinlich kommt nicht weniger davon als Schwefelcyan darin
                              vor, welches ebenfalls leicht wieder erhalten wird. Auch die Gegenwart weiterer
                              Stickstoffmengen in Verbindung mit geschwefelten Kohlenwasserstoffen und Theer kann man darthun,
                              obwohl, so viel ich weiß, die Natur dieser Verbindungen bis jetzt noch unbekannt
                              ist.
                           Wenn man den gebrauchten Thon mit Spiritus behandelt, so erhält man eine braune
                              Lösung, welche Lackmus, Curcuma und Bleipapier nicht afficirt, Jodlösung entfärbt
                              und in welcher salpetersaures Silberoxyd einen weißen oder bräunlich-weißen,
                              und essigsaures Bleioxyd einen weißen Niederschlag hervorbringt. Die wässerige
                              Lösung zeigte dieselben Eigenschaften und ist ebenfalls neutral. Lackmuspapier, in
                              eine der beiden Lösungen getaucht, und der Luft ausgesetzt, wird dagegen rasch stark
                              und bleibend roth. Lösliche Schwefelverbindungen sind wiederholt mit
                              Nitroprussidnatrium und mit essigsaurem Bleioxyd gesucht, aber nie gefunden worden;
                              dennoch befindet sich eine Schwefelverbindung in Lösung, welche mit metallischem
                              Quecksilber eine Verbindung eingeht. Schüttelt man nämlich die weingeistige Lösung
                              mit Quecksilber, so bildet sich schwarzes, in der wässerigen Lösung dagegen rothes
                              Schwefelquecksilber. Indessen befinden sich in dem gebrauchten Thon auch unlösliche
                              Schwefelverbindungen, indem Säuren daraus Schwefelwasserstoff entwickeln; diese
                              oxydiren sich rasch, wenn der Thon der Einwirkung der atmosphärischen Luft
                              ausgesetzt wird.
                           Ich behandelte eine weingeistige Lösung aus dem Thon mit einem Ueberschuß von
                              gepulvertem Bleizucker, filtrirte ab und übersättigte die braune Lösung mit
                              Ammoniak. Die von dem Niederschlag abfiltrirte klare braune Lösung wurde beim
                              Vermischen mit ihrem 12fachen Volum Wasser milchig und konnte nur schwierig durch
                              Filtriren klar erhalten werden. Ein Theil des Weingeistes wurde nun abdestillirt, im
                              Destillat indessen kein Schwefel gefunden. Zusatz von Salpetersäure zum flüssigen
                              Rückstande brachte ein starkes Aufbrausen und starken Geruch nach Cyanwasserstoff
                              hervor. Ich setzte nun so lange salpetersaures Silber zu, als noch ein Niederschlag
                              entstand; nach dem Abfiltriren und Trocknen entwickelte dieser Cyan, welches mit
                              seiner charakteristischen Flamme brannte. Das klare Filtrat, langsam zur Trockniß
                              abgedampft, hinterließ eine hellgelbe krystallinische Masse, welche am Licht ihre
                              Farbe nicht änderte. Ein Theil derselben brannte in einer Porzellanschale unter
                              Entwickelung von Salpetergas und hinterließ einen starken durch Silberoxyd
                              geschwärzten Rückstand. Ein wässeriger Auszug desselben ließ die Gegenwart von
                              Schwefelsäure erkennen. Der Rest des gelben Salzes sollte weiterhin untersucht
                              werden, da man darin dickliche krystallinische von mehr körnigen Theilen
                              unterscheiden konnte, doch konnten die Versuche in Folge eines unglücklichen Zufalls
                              nicht weiter verfolgt werden.
                           
                           Schwefelcyanammonium kann man in beträchtlicher Menge aus der mehrerwähnten
                              alkoholischen Lösung darstellen, ich erhielt bei einer Gelegenheit fast eine Unze
                              davon aus einer Thonmenge, die weniger als ein Quart betrug; der Thon hält dasselbe
                              so stark zurück, daß er sich noch mit Eisenchlorid stark roth färbt, nachdem er zwei
                              Jahre lang auf dem Felde allen Witterungseinflüssen ausgesetzt gewesen war. Gas,
                              welches durch Eisenoxyd gereinigt ist, gibt beim Durchleiten durch Alkohol ebenfalls
                              Schwefelcyanammonium ab, welches man dann durch Abdampfen erhalten kann.
                           Wendet man zum Gasreinigen den gemeinen gelben Ziegelthon an, so enthalten die
                              Lösungen aus demselben stets Eisensalze; sie werden aber nie blutroth, bevor eine
                              Mineralsäure hinzugefügt wird. Wird aber die Lösung abgedampft und der zerfließliche
                              Rückstand der Luft ausgesetzt, so wird das Eisen ganz oder zum Theil oxydirt und
                              zeigt dann die bekannte Reaction.
                           Auch den Stickstoff des Theers kann man in der alkoholischen Lösung aus dem
                              gebrauchten Thon nachweisen. Zur Trockne abgedampft, setzt dieselbe Theer und eine
                              Mischung zerfließlicher Salze ab. Nach dem Zerfließen wurden diese abgegossen und
                              der zurückbleibende Theer mit Wasser gut gewaschen, dann in heißem Alkohol gelöst,
                              mit Wasser gefällt und gut gewaschen. Wenn Wasser nichts mehr wegnahm, wurde der
                              Theer erhitzt, wobei sich Schwefelwasserstoff und Ammoniak entwickelte, und zwar,
                              abweichend von jeder anderen im Gas vorkommenden Verbindung, erst Schwefelwasserstoff und dann Ammoniak.
                           Mineralstoffe aus dem Thon finden sich in allen Lösungen; doch wollen wir einstweilen
                              von denselben hier nicht sprechen. Ebensowenig will ich den Werth untersuchen, den
                              der gebrauchte Thon als Dünger hat.
                           Schwefelverbindungen im Leuchtgas, welches so gereinigt ist,
                                 daß dasselbe Bleizucker nicht afficirt, und Entfernung derselben. –
                              Die Gegenwart von Schwefelverbindungen in Gas, welches in gewöhnlicher Weise mit
                              Sorgfalt gereinigt ist, hat man schon längst vermuthet, aber ihre Entfernung bisher
                              für unmöglich gehalten. Meine Versuche haben nicht allein den Beweis für das
                              Vorhandenseyn solcher Verbindungen geliefert, sondern auch den Weg gezeigt, wie sie
                              abzuscheiden sind. Manche Beobachtungen haben schon früher die Thatsache
                              festgestellt, daß Gas, welches ohne Reaction auf Bleipapier und ohne Ammoniakgehalt
                              in die Gasometer tritt, nicht selten nach einiger Zeit die Gegenwart sowohl von
                              Schwefelwasserstoff, als von Ammoniak erkennen läßt, eine Erscheinung, die nur in
                              der Zersetzung eines Schwefel und Stickstoff enthaltenden Gemengtheils ihren Grund
                              haben kann. Andere Beobachtungen führten mich darauf, das sogen. Naphtalin als die sich hier
                              zersetzende Substanz zu betrachten. Versuche zeigten, daß das unreine, sich in Gasröhren etc. absetzende Naphtalin wirklich unter
                              gewissen Bedingungen Schwefelwasserstoff und Ammoniak entwickelt, woraus die
                              Gegenwart von Schwefel und Stickstoff in dieser Substanz folgt, ohne daß es mit
                              jedoch gelungen wäre, eine Verbindung von constanter Zusammensetzung daraus zu
                              erhalten, um ihre Natur näher feststellen zu können.
                           Eine bessere Reinigung des Gases mußte also auf Entfernung dieses Schwefel
                              enthaltenden Kohlenwasserstoffs gerichtet seyn. Ich machte weiter die Beobachtung,
                              daß Gas, welches vollkommen frei von Schwefelwasserstoff und Ammoniak war,
                              Bleipapier bräunte, wenn es durch Thon gegangen war, und daß es, hierauf durch Kalk
                              passirt, auch Lackmuspapier bläute. Da dasselbe stattfindet, wenn man das Gas durch
                              zehn bis zwölf aufeinanderfolgende, abwechselnd mit Thon und Kalk gefüllte Reiniger
                              gehen läßt, wobei nur die Reaction immer schwächer wird, und das Gas aus den
                              verschiedensten Kohlen sich überall gleich verhält, so ist der Schluß gewiß
                              gerechtfertigt, daß jedes verkäufliche Steinkohlengas eine Verbindung enthält, aus
                              welcher Thon Schwefelwasserstoff frei macht. Diese Verbindung selbst habe ich noch
                              nicht zu isoliren vermocht, doch enthält der gebrauchte Thon stets Theer. Directe
                              Versuche haben ergeben, daß keines der bis jetzt gebräuchlichen Reinigungsmittel für
                              Leuchtgas, diese Verbindung absorbirt oder zersetzt.
                           Es scheint, daß die Substanz, woraus der Thon Schwefelwasserstoff frei macht, nicht
                              allein das unreine Naphtalin ist. Dieß, sowie den Umstand, daß das aus dem Gase sich
                              absetzende Naphtalin die Leuchtkraft des Leuchtgases oder auch des Wasserstoffs
                              – entgegen der bisherigen Annahme – nicht
                              erhöht, habe ich durch directe Versuche gefunden.
                           Die Untersuchungen, welche ich über die Eigenschaften der hier in Betracht zu
                              ziehenden Schwefelverbindungen, einschließlich des Schwefelkohlenstoffs, und deren
                              Entfernung aus dem Leuchtgase angestellt habeWegen dieser und mehrerer anderer experimentellen Belege müssen wir auf das
                                    Original verweisen.A. d. Red., führten mich zu den folgenden Schlüssen:
                           1) Schwefelwasserstoff wird von kaltem Thon in beträchtlicher Menge aufgenommen und
                              derselbe dadurch, in Folge der Entstehung von Schwefeleisen, schwarz gefärbt.
                           
                           2) Schwefelwasserstoff in Gegenwart von Wasserdampf über Thon geleitet, der auf
                              260–315° C. erhitzt ist, wird ebenso aufgenommen.
                           3) Schwefelwasserstofffreies Kohlengas, über heißes Kalkhydrat (von 215° C.)
                              geleitet, schwärzt Bleipapier, ein Beweis, daß Verbindungen (z.B.
                              Schwefelkohlenstoff), die bisher nicht zu entfernen waren, so verändert worden sind,
                              daß sie jetzt entfernt werden können.
                           4) Hiezu sind keineswegs so hohe Temperaturen erforderlich, daß die anderen
                              Bestandtheile des Gases eine schädliche Zersetzung erleiden. Es ist leicht, durch
                              Anwendung von erstens heißem und zweitens kaltem gelöschtem Kalk, das Gas auch bis
                              auf die letzte Spur von allem Schwefel zu befreien.
                           5) Schwefelkohlenstoff zersetzt sich in Gegenwart von Wasserstoff beim Hinüberleiten
                              über heißen Kalk so, daß der Schwefel sich mit dem Wasserstoff verbindet. Da nun das
                              Leuchtgas stets freien Wasserstoff enthält, so kann auf diese Weise der
                              Schwefelkohlenstoff in eine absorbirbare Substanz verwandelt werden.
                           6) Um also sämmtliche Schwefelverbindungen aus dem Leuchtgas zu entfernen, hat man
                              zunächst die gewöhnlichen Reiniger mit Thon zu beschicken, um den Schwefel als
                              Schwefelwasserstoff aus dem „Naphtalin“ frei zu machen, dann
                              das Gas behufs der Zersetzung des Schwefelkohlenstoffs und der unreinen
                              Naphtalinverbindung über heißen Kalk zu leiten, und endlich den Schwefelwasserstoff
                              zu entfernen. Dabei wird das Schwefelcyanammonium durch den heißen Kalk ebenfalls
                              unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff zersetzt.
                           Die einzige Bedingung dabei ist, den Kalk und Thon nicht so weit zu erhitzen, daß
                              dadurch die Leuchtkraft des Gases leidet; die Temperatur, welche zur Reinigung
                              ausreicht, afficirt aber, wie photometrische Versuche lehren, das Gas selbst
                              nicht.
                           Diese Reinigung von allen schwefelhaltigen Substanzen ist um so wichtiger, als jedes
                              Gas eine gewisse Menge Theer enthält, der mit den verschiedensten Gemengtheilen des
                              Gases verflüchtigt wird und in diesem Theer stets Schwefel und Stickstoff vorkommen,
                              derselbe mithin eine Quelle von lästigen, bisher übersehenen Beimischungen
                              bildet.