| Titel: | Ueber die Bildung von Ameisensäure und Blausäure in der Knochenkohle; von E. F. Anthon. | 
| Autor: | Ernst Friedrich Anthon [GND] | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XCI., S. 312 | 
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                        XCI.
                        Ueber die Bildung von Ameisensäure und Blausäure
                           in der Knochenkohle; von E. F.
                              Anthon.
                        Anthon, über die Bildung von Ameisensäure u. Blausäure in der
                           Knochenkohle.
                        
                     
                        
                           Auf Grund schon in früherer Zeit gemachter Beobachtungen nahm man seither an, daß die
                              Gasarten, wenn dieselben von der Kohle absorbirt werden, durch diese Verdichtung und
                              durch ihren Aufenthalt in der Kohle, in keiner Weise eine Veränderung erlitten und
                              daß dieses auch für jene Fälle gelte, wo die Kohle von zwei gemengten Gasarten mehr
                              zu absorbiren vermöge, als von jedem der einzelnen Gase für sich. So führte z.B. Berzelius noch in der letzten Auflage seines Lehrbuches
                              an, daß bei der gleichzeitigen Absorption von Sauerstoff und Wasserstoff keine
                              Wasserbildung stattfinde, sondern beide Gase sich unverbunden in der Kohle erhalten,
                              und nur als Ausnahme von der Regel führte er das Verhalten eines Gemenges von
                              Sauerstoff und Schwefelwasserstoff bei ihrer Absorption durch Kohle an, indem
                              hierbei unter Ausscheidung von Schwefel, Wasserbildung stattfinde. Der Angabe Berzelius' widersprechend (in Bezug auf das Verhalten des
                              Sauerstoffs und Wasserstoffs in der Kohle), ist jedoch die Angabe von Rouppe und van Noorden, nach
                              welcher nicht nur dann Wasser gebildet wird, wenn man man mit Sauerstoff
                              geschwängerte Kohle mit Wasserstoff zusammenbringt, sondern auch dann, wenn man mit
                              Wasserstoff gesättigte Kohle der Einwirkung von Sauerstoff aussetzt.
                           Daß aber außer dieser Wasserbildung, die Verdichtung von Gasen und Dämpfen in der
                              Kohle, noch in anderen Fällen chemische Veränderungen der absorbirten Stoffe zu
                              bewirken vermöge, und daß sogar die Bestandtheile der Kohle selbst dabei Theil
                              nehmen können an der Bildung neuer Stoffe, beweist eine Beobachtung, welche ich
                              kürzlich an einer Knochenkohle gemacht habe.
                           Als ich nämlich eine vor vier Jahren bereitete und nach ihrer Bereitung mittelst
                              Salzsäure vollständig von allen erdigen Theilen befreite und dann nochmals geglühte
                              Knochenkohle (welche ich seit der Zeit in einer nicht ganz luftdicht abgeschlossenen
                              Glasflasche aufbewahrt hatte) erhitzte, entwickelte sich daraus neben vielen
                              Wasserdämpfen anfangs Ameisensäure und bei stärkerem Erhitzen auch Blausäure, welche
                              sich nicht nur deutlich durch den Geruch zu erkennen gaben, sondern welche ich auch
                              in dem aufgefangenen stark sauer reagirenden Destillat nachgewiesen habe. –
                              Der Glühverlust betrug dabei 16 Proc. vom Gewicht der Kohle. – Da die Knochenkohle, welche
                              dieses Resultat geliefert, mit aller Sorgfalt aus reinen Knochen dargestellt, auch
                              mit reiner Salzsäure ausgezogen worden war, so muß auch angenommen werden, daß die
                              genannten beiden Säuren sich in der Knochenkohle selbst gebildet haben. Höchst
                              wahrscheinlich ist es, daß die Bildung dieser beiden Säuren im Zusammenhang steht
                              und gleichzeitig stattfindet, in welchem Falle sich diese Bildung dann leicht durch
                              die Annahme erklären läßt, daß der von der Kohle verdichtete Wasserdampf der
                              Atmosphäre derart zersetzt werde, daß aus 4 Aeq. desselben 2 Aeq. Wasserstoff
                              austreten und sich mit 2 Aeq. Stickstoffkohle unter Ausscheidung von 2 Aeq.
                              Kohlenstoff zu Blausäure verbinden, während die dadurch aus dem Wasser frei
                              gewordenen 2 Aeq. Wasserstoff und 4 Aeq. Sauerstoff mit den 2 Aeq. Kohlenstoff
                              zusammentreten um Ameisensäure zu bilden.
                           
                              
                                   Aus
                                   4 Aequiv. Wasser
                                 =
                                 4H
                                 4O
                                 
                                 
                                 
                              
                                 und
                                   2    
                                    „      
                                    Stickstoffkohle
                                 =
                                 –
                                 –
                                 6C
                                 2N
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 entstehen
                                 
                                 4H
                                 4O
                                 6C
                                 2N
                                 
                              
                                 
                                   2 Aequiv. Blausäure
                                 =
                                 2H
                                 –
                                 4C
                                 2N
                                 
                              
                                 und
                                   1      „      
                                    Ameisensäure
                                 =
                                 2H
                                 4O
                                 2C
                                 –
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 4H
                                 4O
                                 6C
                                 2N.