| Titel: | Ueber das auf galvanischem Wege erzeugte Eisen; von H. Krämer in Kirchen. | 
| Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. CXXIX., S. 444 | 
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                        CXXIX.
                        Ueber das auf galvanischem Wege erzeugte Eisen;
                           von H. Krämer in
                           Kirchen.
                        Aus dem Archiv der Pharmacie, Bd. CLV S.
                              284.
                        Krämer, über das auf galvanischem Wege erzeugte Eisen.
                        
                     
                        
                           Setzt man eine Auflösung von Eisenchlorür der Einwirkung des galvanischen Stromes
                              aus, indem man zur Erregung desselben sich einer constanten Daniell'schen Kette, als Anode einer Eisenblechplatte, als Kathode einer
                              Platte aus Weißblech oder Kupfer bedient, so erhält man auf dieser letzteren einen
                              bleigrauen, nicht glänzenden Ueberzug von reinem Eisen, welcher unter dem Polirachat
                              sehr leicht einen lebhaften Metallglanz annimmt, und selbst in dickeren Lagen durch
                              Hin- und Herbiegen von der Unterlage sich nicht abtrennt. Ist die
                              Entwickelung von Wasserstoffgas an der Kathode stärker, so scheidet sich das Eisen als ein
                              schwammartiger Niederschlag ab, welcher gut ausgewaschen und bei gewöhnlicher
                              Temperatur getrocknet, ein bleigraues, ziemlich leichtes Pulver darstellt, von
                              großer Feinheit und so großer Weichheit und Dehnbarkeit, daß es sich unter den
                              Nägeln der Daumen zu einer Platte zusammendrücken läßt. Wegen seiner Feinheit und
                              weil es ein ganz geruchloses Wasserstoffgas mit Säuren entwickelt, würde es sich zur
                              medicinischen Anwendung recht wohl eignen.
                           In Bezug auf Weichheit und Dehnbarkeit stimmt das aus einer Eisenchlorürlösung
                              galvanisch reducirte Eisen mit dem chemisch reinen, in regulärer Form
                              krystallisirten Schmiedeeisen überein, welches sich an seinen Kanten mit dem Messer
                              schneiden läßt.
                           Nicht so verhält sich das aus einer gemischten Auflösung von Eisenchlorür und einem
                              Ammoniaksalze galvanisch reducirte Metall. Bedient man sich nämlich nach dem
                              Vorschlage Professor Böttger's als Bad einer Auflösung
                              von 1 Theil Salmiak und 2 Theilen Eisenvitriol in Wasser, so erhält man ein Eisen,
                              welches als dünner Ueberzug fest an der gut gereinigten metallischen Unterlage
                              haftet und deßhalb, hauptsächlich aber wegen seiner großen Härte, von Jacquin und neuerdings von Dr. Meidinger
                              Polytechn. Journal Bd. CLII S.
                                       359. als Ueberzug gravirter Kupferplatten, um sie haltbarer zu machen, empfohlen
                              worden ist. Ein dickerer Ueberzug löst sich leicht durch Hin- und Herbiegen
                              ab und bildet dann silberglänzende Spiegel, welche von einer guten Messerklinge
                              durchaus nicht geritzt werden, sich sehr leicht in Stücke zerbrechen und zu Pulver
                              zerreiben lassen. Dieses Eisen ist hart wie Stahl, spröde wie Glas. Durch Glühen
                              wird es biegsam wie Schmiedeeisen. An feuchter Luft oxydirt es sich leicht, in ganz
                              trockener hat es sich schon mehrere Monate glänzend erhalten.
                           Die Vermuthung liegt nahe, daß in diesen beiden auf galvanischem Wege dargestellten,
                              in ihren physischen Eigenschaften so verschiedenen Eisenarten diejenigen zwei
                              Modificationen des Eisens gefunden seyen, deren Existenz der verdienstvolle
                              Münchener Akademiker N. Fuchs aus theoretischen Gründen
                              gefolgert hat, und deren eine geschmeidige im regulären System, die andere spröde im
                              rhomboëdrischen System krystallisiren soll.
                           Das nach Böttger's Methode erhaltene Metall ist indeß
                              nicht reines, sondern Stickstoffeisen.Daraus läßt sich die von Prof. Böttger beobachtete
                                    Thatsache, daß solches Eisen dauernden Magnetismus annimmt, nun recht wohl
                                    erklären. Es hält hartnäckig von dem angewandten Bade in seinen Poren zurück. Befreit
                              man es durch Pulverisiren und Auswaschen vollständig hiervon, so daß das Waschwasser
                              nicht im geringsten von einer Auflösung von salpetersaurem Silberoxyd getrübt wird,
                              so entwickelt es mit Natronkalk erhitzt, ein Gas, welches alkalisch reagirt und in
                              Quecksilberchloridlösung einen weißen Niederschlag hervorbringt. Aus 1 Grm. wurden
                              durch Auflösen in Salpetersalzsäure, Fällen mit Ammoniak und Glühen 1,420, in einem
                              zweiten Versuche 1,421 Eisenoxyd erhalten, während reines Eisen 1,4425 gegeben haben
                              würde. Hieraus berechnet sich der Gehalt an reinem Eisen auf 98,51 Proc., an
                              Stickstoff (Verlust) 1,49 Procent.
                           Mit dem durch Ueberleiten von Ammoniakgas über glühenden Eisendraht dargestellten
                              Stickstoffeisen stimmt das auf galvanischem Wege erhaltene in seinen physischen
                              Eigenschaften ziemlich überein.