| Titel: | Ueber die Herstellung phosphorfreier Zündhölzer; von Dr. Wiederhold, Lehrer der Chemie an der höheren Gewerbeschule in Cassel. | 
| Autor: | Wiederhold | 
| Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. LXV., S. 221 | 
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                        LXV.
                        Ueber die Herstellung phosphorfreier Zündhölzer;
                           von Dr. Wiederhold, Lehrer der Chemie an der höheren
                              Gewerbeschule in Cassel.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Wiederhold, über die Herstellung phosphorfreier
                           Zündhölzer.
                        
                     
                        
                           Durch die Erfindung der Phosphorzündhölzer wurden bekanntlich in verhältnißmäßig
                              kurzer Zeit die meisten anderen Methoden, sich rasch Licht und Feuer zu verschaffen,
                              verdrängt. Allein schon seit dem Beginne dieses wichtigen Industriezweiges machten
                              sich eine Reihe von Nachtheilen geltend, die im Laufe der Zeit zu den Bestrebungen
                              führten, den Phosphor in der Fabrication der Zündhölzchen durch eine andere Substanz
                              zu ersetzen.Annales d'hygiène publique. II Ser. Tom. VI. Die Bedenken, welche man gegen die Anwendung des Phosphors erhoben hat,
                              lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen:
                           1) Die hochgradige Giftigkeit des Phosphors: die ungehinderte Circulation eines so
                              starken Giftes, die leichte Zugänglichkeit für Jedermann, gab die Veranlassung zu
                              einer sehr beachtenswerthen Anzahl von Vergiftungsfällen, die bis jetzt wenigstens
                              jährlich in der bedauerlichsten Weise vermehrt wird.Chevaliersen., Journal de Chimie médicale,
                                    1858. Die Fabrication der Phosphorzündhölzer ist ferner mit Gefahren für die
                              Gesundheit der Arbeiter verbunden, sie hat die bekannte Kiefernekrose im Gefolge,
                              für welche das ätiologische Moment ausschließlich in dem Phosphor und zwar in der
                              speciellen Art seiner Verwendung in der Zündholzfabrication zu suchen istGeist und Bibra, die
                                    Krankheiten der Arbeiter in den Zündholzfabriken etc.;
                           2) die Phosphorzündhölzer sind zu leicht entzündlich, leichter, als es für den Zweck,
                              welchem sie dienen sollen, erforderlich ist;
                           3) durch die Fabrication des Phosphors aus den Knochen wird der Landwirtschaft eine
                              nicht unbedeutende Menge der werthvollsten Düngstoffe entzogen.
                           
                           Es ist daher nicht zu verwundern, daß alle, besonders die in der neueren Zeit
                              aufgetauchten Erfindungen, dem Phosphor seine schädlichen Eigenschaften zu benehmen
                              oder ihn ganz aus der Masse der Zündhölzer zu eliminiren, das allgemeine Interesse
                              in hohem Grade in Anspruch nehmen. So war es vor allen die Anwendung des amorphen
                              Phosphors, der anscheinend die Nachtheile des gewöhnlichen Phosphors nicht theilend,
                              diesen in der Fabrication der Zündhölzer ersetzen sollte. Die allzu sanguinischen
                              Hoffnungen, welche man von vielen Seiten von dieser neuen Art Zündhölzer hegte,
                              sind, soviel sich bis jetzt mit Bestimmtheit sagen läßt, nicht in Erfüllung
                              gegangen. Trotz mehrfacher Unterstützung von Staatsbehörden (Frankreich) haben sich
                              die Zündhölzer mit amorphem Phosphor keinen allgemeinen Eingang zu verschaffen
                              vermocht. Ich verweise in dieser Hinsicht auf die von R. Wagner in seinen Jahresberichten über die Fortschritte der chemischen
                              Technologie geltend gemachten AnsichtenIm polytechn. Journal Bd. CXLV S. 387. und möchte nur noch hinzufügen, daß nach den neueren Untersuchungen von Maier
                              Caspar's Vierteljahresschrift für gerichtliche
                                    Medicin, 1860. auch die absolute Unschädlichkeit des amorphen Phosphors nicht über jeden
                              Zweifel erhaben ist. Für den höheren Preis wurde bei diesen Zündhölzern in der That
                              kein wirklich realer Vortheil als Compensation geboten. Bis jetzt muß daher wohl der
                              Anwendung des amorphen Phosphors jede praktische Bedeutung abgesprochen werden.
                              Ebenso verhielt es sich bisher mit den Bestrebungen, den Phosphor überhaupt aus der
                              Fabrication der Zündhölzchen zu verdrängen. Die verschiedenen zu diesem Zwecke
                              vorgeschlagenen Compositionen haben eine allgemeine Verbreitung und Anwendung noch
                              nicht gefunden. Es führt diese Betrachtung in natürlicher Weise zu der Frage, welche
                              Eigenschaften müssen Zündhölzer überhaupt, insbesondere aber solche ohne Phosphor
                              haben, daß sich von ihnen eine allgemeine Einführung an der Stelle der
                              gebräuchlichen Phosphorzündhölzer erwarten ließe?
                           1) Die Zündhölzer müssen sich durch einen kräftigen Strich auf jeder rauhen und
                              glatten Fläche leicht und sicher entzünden lassen. Der Grad der Entzündlichkeit
                              braucht, man kann sagen, darf nicht so groß seyn, wie bei den meisten im Handel
                              befindlichen Phosphorzündhölzchen, indem ihre allzu leichte Entzündlichkeit,
                              besonders in den Händen unverständiger Personen, eher als Nachtheil, denn als ein
                              Vortheil angesehen werden muß; auf der andern Seite darf derselbe aber nicht so
                              beschränkt seyn, daß es einer besonderen Vorschrift über die Art der Manipulation
                              etc. bedarf.
                           
                           2) Obwohl es in der Natur der Sache liegt, daß sich Zündhölzer bei erhöhter
                              Temperatur entzünden, so wird man es doch als einen Vortheil ansehen, wenn die
                              Entzündungstemperatur möglichst hoch liegt, höher z.B. als die der gewöhnlichen
                              Phosphorzündhölzer.
                           3) Die Zündmasse darf weder in trockener noch in feuchter Luft eine Zersetzung
                              erleiden, sie darf im Allgemeinen nicht hygroskopisch seyn, sie muß, was hiermit
                              meist zusammenhängt, einen gewissen Grad von Festigkeit haben, damit sie weder durch
                              den überseeischen Transport noch in feuchten Localitäten unbrauchbar wird.
                           4) Die Zündmasse darf keine giftigen Verbindungen enthalten.
                           5) Die Darstellung darf nicht mit Gefahren für das Leben und die Gesundheit der
                              Arbeiter verknüpft seyn.
                           6) Beim Abbrennen dürfen sich keine die Geruchsorgane stark angreifenden Gase
                              entwickeln, und
                           7) dürfen die Herstellungskosten die der Phosphorzündhölzer nicht bedeutend
                              übersteigen. Vereinigt eine Zündmasse die ersten sechs Anforderungen. so dürfte es
                              wohl auch gerechtfertigt erscheinen, den Preis derselben mäßig zu erhöhen.
                           Die erste Vorschrift zur Herstellung phosphorfreier Zündhölzer wurde meines Wissens
                              von Hochstätter
                              Armengaud's Génie
                                       industriel, März 1858; polytechn. Journal Bd. CXLVIII S. 79; Wagner's Jahresbericht für 1857, S. 516. veröffentlicht. Die Masse sollte folgendermaßen zusammengesetzt werden:
                           
                              
                                 zweifach-chromsaures Kali
                                   4 Theile.
                                 
                              
                                 chlorsaures Kali
                                 14     „
                                 
                              
                                 Bleisuperoxyd
                                   9     „
                                 
                              
                                 Kermes
                                 35     „
                                 
                              
                                 Bimsstein
                                   6     „
                                 
                              
                                 arabisches Gummi
                                   4     „
                                 
                              
                                 Wasser
                                 18     „
                                 
                              
                           Es ist bekannt, daß sich nach diesem Recepte eine zweckentsprechende Zündmasse nicht
                              herstellen läßt.Reinsch in der Fürther Gewerbezeitung; Wagner's Jahresbericht für 1858, S. 645. Ich werde später noch einmal auf diese Zündmasse zurückkommen und zeigen,
                              wie die Vorschrift hinsichtlich der Gewichtsverhältnisse der einzelnen Theile
                              umgestaltet werden muß, um damit positive Resultate zu erzielen.
                           Später wurden von Luz
                              Württembergisches Gewerbeblatt, 1858, Nr. 43; Wagner's Jahresbericht für 1858, S. 646. zwei Recepte mitgetheilt, deren wesentliche Bestandtheile chlorsaures Kali,
                              Dreifach-Schwefelantimon und salpetersaures Bleioxyd sind. Das erste sollte
                              bestehen aus:
                           
                              
                                   30 Gran
                                 arabischem Gummi,
                                 
                              
                                 235    „
                                 chlorsaurem Kali,
                                 
                              
                                   75    „
                                 Bleisalpeter,
                                 
                              
                                     5    „
                                 zweifach-chromsaurem Kali,
                                 
                              
                                 280    „
                                 schwarzem Schwefelantimon, 
                                 
                              
                                   90    „
                                 Sand.
                                 
                              
                           Das zweite aus:
                           
                              
                                 10 Gran
                                 arabischem Gummi,
                                 
                              
                                 80    „
                                 chlorsaurem Kali,
                                 
                              
                                 30    „
                                 Bleisalpeter,
                                 
                              
                                   5    „
                                 zweifach-chromsaurem Kali,
                                 
                              
                                 80    „
                                 Schwefelantimon,
                                 
                              
                                 50    „
                                 Sand.
                                 
                              
                           Fast gleichzeitig publicirte Canouil
                              Comptes rendus t. XLVII p. 1268; polytechn. Journal Bd. CLI S. 231; Wagner's Jahresbericht für 1858, S. 646. in Frankreich Vorschriften zur Anfertigung phosphorfreier Zündhölzer. Die
                              Massen sollten zusammengesetzt werden aus chlorsaurem Kali, einem Schwefelmetall und
                              einem Superoxyd, oder aus chlorsaurem Kali, einem rauhen Körper (Glas- oder
                              Bimssteinpulver) und zweifach-chromsaurem Kali.
                           Die Zündmasse, welche 1857 in Frankreich patentirt wurde,Armengaud's Génie
                                       industriel, Januar 1859; polytechn. Journal Bd. CLI S. 231; Wagner's Jahresbericht für 1859, S. 698. enthielt folgende Substanzen:
                           
                              
                                 Dextrin
                                 10 Theile.
                                 
                              
                                 chlorsaures Kali
                                 75     „
                                 
                              
                                 Bleisuperoxyd
                                 35     „
                                 
                              
                                 Schwefelkies
                                 35     „
                                 
                              
                           Die in den kleinen parallelepipedischen grünen Pappschachteln von einer Compagnie
                              verfertigten und von Paris aus in den Handel gebrachten Canouil'schen Zündhölzer habe ich untersucht und in der Masse chlorsaures
                              Kali, Bleisuperoxyd und Schwefelantimon gefunden, dagegen eine nur so geringe Menge
                              Eisen, daß dieselbe als durch eine Verunreinigung des Schaufelantimons in die Masse
                              gekommen angesehen werden kann. Leider war das mir zu Gebote stehende Material zu
                              gering, um eine genaue quantitative Analyse vornehmen zu können.
                           Außer den letztgenannten befinden sich seit neuerer Zeit aus verschiedenen deutschen
                              Fabriken hervorgehend phosphorfreie Zündhölzer im Handel, unter denen vorzugsweise
                              die aus der Fabrik von Kummer und Günther in Königswalde genannt zu werden verdienen. Die Masse dieser
                              Hölzer besteht aus chlorsaurem Kali, schwarzem Schwefelantimon, salpetersaurem
                              Bleioxyd und arabischem Gummi als Bindemittel. Die quantitative Zusammensetzung
                              dieser Zündmasse wird in meiner dritten Versuchsreihe mitgetheilt werden.
                           An diesem Orte erlaube ich mir nur einige allgemeine Bemerkungen über die Analyse
                              phosphorfreier Zündmassen einzuflechten, die sich hauptsächlich auf die Gewinnung
                              des zur Analyse geeigneten Materials beziehen sollen. Wenn man, wie es für die
                              Untersuchung der Zündmassen im Allgemeinen Vorschrift ist, die Zündhölzchen mit
                              ihren Köpfen zum Aufweichen der Masse in Wasser stellt, die wässerige Lösung nebst
                              den in Wasser unlöslichen Bestandtheilen wieder im Wasserbade eindampft, so erhält
                              man, wie ich gerade bei der Analyse der Kummer-
                              und Günther'schen Zündhölzer in Erfahrung brachte,
                              niemals Resultate, nach denen sich eine Zündmasse componiren ließ, welche die
                              Eigenschaften der untersuchten Zündhölzer besitzt. Man erhält, wie man sich durch
                              nahe liegende Experimente überzeugen kann, zu wenig chlorsaures Kali und
                              salpetersaures Bleioxyd, also ein Minus bei den im Wasser löslichen Bestandtheilen,
                              bei sonst vollständiger Uebereinstimmung der Untersuchungsresultate. Der Grund für
                              diese Erscheinung ist allein darin zu suchen, daß die im Wasser löslichen
                              Bestandtheile der Zündmasse durch Capillarität in die Hölzchenmasse emporsteigen und
                              sich zu einem großen Theile der Untersuchung entziehen. Um diesem Uebelstande zu
                              begegnen, setze ich die zu 200–300 Stück zusammengebundenen Hölzchen nur
                              wenige Secunden einem feinen Wasserdampfstrom aus, wie man ihn sich auf die
                              vielfältigste Art leicht erzeugen kann. Die Masse wird dadurch locker und läßt sich
                              mit einem feinen Platinspatel unter mäßiger Anwendung der Spritzflasche leicht von
                              dem geschwefelten Ende des Hölzchens entfernen. Man verdampft das überschüssige
                              Wasser alsdann im Wasserbade und behandelt die so getrocknete Masse zur Entfernung
                              des mechanisch beigemengten Schwefels mit Schwefelkohlenstoff. Die weitere Analyse
                              geschieht dann nach den bekannten Methoden.
                           Die von mir angestellten Versuche sind basirt auf die explosiven Eigenschaften des
                              chlorsauren Kalis, des Nitromannits und des pikrinsauren Kalis.
                           Bevor ich die einzelnen Versuchsreihen mittheile, glaube ich zuerst einige
                              Erörterungen über die Prüfungsmittel im Allgemeinen voraus schicken zu müssen, die
                              zur Beurtheilung der verschiedenen Zündmassen in Anwendung gebracht wurden.
                              Gestützt auf die einleitungsweise aufgestellten Forderungen wurden sämmtliche
                              Zündmassen untersucht:
                           1) auf den Grad ihrer Entzündlichkeit durch Reibung auf verschieden rauhen
                              Flächen;
                           2) auf ihre Hygroskopität und ihre Beständigkeit in feuchter und trockener Luft;
                           3) wurde die Temperatur festgestellt, bei welcher sich die Zündhölzchen
                              entzündeten;
                           4) wurden die Verbrennungsproducte analytisch bestimmt.
                           Der Forderung, daß eine Zündmasse keine giftigen Verbindungen enthalten soll, wurde
                              dadurch genügt, daß alle, als starke Gifte bekannten Körper von den Versuchen
                              ausgeschlossen wurden.
                           Die Beseitigung übelriechender Gase, welche bei der Verbrennung etwa auftreten
                              könnten, wurde bei der Zusammensetzung der Massen besonders berücksichtigt.
                           Die Gefährlichkeit der Darstellung wird bei der Beschreibung der Anfertigung der
                              Zündmassen besprochen werden.
                           Erwägungen über die Herstellungskosten werden am besten erst am Schlusse unserer
                              Abhandlung ihren Platz finden, nachdem unter der großen Menge der Zündmassen durch
                              die vorerwähnten Prüfungsmittel die nöthige Lichtung stattgefunden hat.
                           Daß sich ein Zündhölzchen überhaupt durch Reiben entzünden läßt, entspricht natürlich
                              nicht den Anforderungen, welche man an eine Zündmasse zu stellen hat. Sie muß, wie
                              schon bemerkt, einen gewissen Grad der Leichtentzündlichkeit besitzen. Zahlreiche
                              Versuche ergaben, daß wenn überhaupt die Entzündung einer Zündmasse durch Friction
                              zu bewirken ist, dieses auf einer fein gearbeiteten rauhen Fläche (= Nr. IV s.
                              unten) bei senkrecht aufgesetztem Hölzchen, mäßig langem Strich = 2'', und möglichst
                              starkem Händedruck geschieht. Bei sämmtlichen Zündmassen wurde in dieser Weise
                              zuerst eine Vorprüfung angestellt. Bekanntlich wendet man
                              aber weder einen sehr starken Händedruck an, noch pflegt man die Zündhölzchen
                              senkrecht auf die Reibfläche aufzusetzen. – Den Grad der Entzündlichkeit
                              beurtheilte man bisher ausschließlich nach dem Gefühle, nach dem größeren oder
                              geringeren Druck, der rauhen Fläche etc., die man anwenden mußte, um ein Hölzchen
                              zur Entzündung zu bringen. Diese Beurtheilungsweise steht auf sehr unsicherer
                              Grundlage, besonders rücksichtlich der feineren Unterschiede, sie wird in denselben
                              Grenzen schwanken, wie die Ausbildung des Tastsinnes bei den einzelnen Individuen.
                              Die Idee, dieser unvollkommenen, eine von der individuellen Verschiedenheit
                              unabhängige Prüfungsmethode zu substituiren, führte zur Construction der im Folgenden beschriebenen
                              Frictionsmaschine, wobei mich mein verehrter Freund
                              und College, Hr. Ingenieur Spangenberg auf das
                              wesentlichste unterstützte, und wofür ich demselben hiermit meinen verbindlichsten
                              Dank abzustatten mich verpflichtet fühle.
                           Die Einrichtung des Apparats wird durch die Betrachtung der in Fig. 3 gegebenen Abbildung
                              in 1/4 natürlicher Größe leicht ersichtlich werden. Auf einer gut polirten ebenen
                              Fläche A bewegt sich der Rollwagen B mit einer bestimmten Geschwindigkeit, und zwar wird
                              diese Bewegung durch den Fall eines Gewichtes bewerkstelligt, in unseren Versuchen 1
                              Pfund, welches mittelst einer Darmsaite, die über die verschiebbare Rolle b läuft, an den Rollwagen B
                              befestigt ist. Der letztere (Fig. 4) ist so
                              eingerichtet, daß sich auf ihm verschiedene rauhe Flächen, meist auf Bretchen
                              aufgezogene Smirgelpapiere durch Einsenken mittelst Holzstiften befestigen lassen.
                              Diese Einrichtung gestattet das leichte Wechseln der verschiedenen Reibflächen.
                              Damit das Gewicht a nur bis zu einer bestimmten Höhe,
                              nicht etwa bis auf den Fußboden herabfalle, erwies es sich am zweckmäßigsten, an dem
                              anderen Ende des Rollwagens ebenfalls durch eine Darmsaite von bestimmter Länge ein
                              Gegengewicht anzubringen. Begreiflicherweise kann derselbe Zweck auch schon dadurch
                              erreicht werden, daß man der Schnur d eine bestimmte
                              Länge gibt. Zu beiden Seiten der Ebene erheben sich (am letzten 1/3) die senkrechten
                              Backen C, C, die oben schräg abgeschnitten und mit
                              Einschnitten versehen sind zur Aufnahme des um die eiserne Achse e beweglichen Hebels D. Am
                              unteren Ende und auf der Rückseite des letzteren befindet sich ein kleiner
                              Einschnitt zum Einlegen des Zündhölzchens, welches durch eine verschiebbare
                              Holzfeder in demselben festgehalten wird. Durch die Schraube E, sowie durch das Einsetzen des Hebels in die verschiedenen Lager läßt
                              sich dem Hölzchen eine sehr variable Winkelstellung zur Reibfläche ertheilen. Auf
                              dem Hebelarm D sind Behälter von Holz f, f befestigt, zur Aufnahme von Gewichten, um das
                              Zündhölzchen verschieden belasten zu können, entsprechend dem Druck, welchen man mit
                              der Hand beim Reiben anwendet. Am Rollwagen ist ferner die Einrichtung einer
                              Auslösung angebracht. Wenn man den Reibungsversuch anstellt, so wird zuerst bei h das Zündhölzchen eingesteckt und zwar so, daß stets
                              eine bestimmte Länge desselben über den Hebelarm herausragt; alsdann bringt man den
                              Rollwagen unter das Zündhölzchen und regulirt mittelst der Schraube E die Stellung des Hebels so, daß das Zündhölzchen mit
                              seiner Belastung auf der Reibfläche frei ruht. Man hebt sodann den Hebelarm in die
                              Höhe, bringt den Rollwagen an das Ende der Ebene nach i
                              und stellt den Hebel durch das Cylinderchen k so ein,
                              daß das Hölzchen nur um ein Minimum über seinen früheren Stand, d.h. über der Reibfläche erhöht
                              ist. Wenn man den Wägen bei i los läßt, so schiebt der
                              Auslösungsstift g zuerst das Cylinderchen k fort, das Zündhölzchen fällt auf die Reibfläche auf
                              und erleidet die bezweckte Friction. Die eben beschriebene
                              Auslösungs-Einrichtung ist insofern erforderlich, als ohne dieselbe sehr
                              leicht die Zündmasse durch die scharfe Kante der Reibfläche von dem geschwefelten
                              Ende des Hölzchens abgestoßen wird. Da es sich bei meinen Versuchen vorerst um eine
                              Vergleichung verschiedener Zündmassen unter einander handelte, so wurden alle
                              Versuche bei ein und derselben Winkelstellung des Zündhölzchens zur Reibfläche
                              vorgenommen, sie entsprach einem Winkel von 40°. Dagegen wurde die Belastung
                              des Hölzchens variirt und zwar stellte ich mir die Aufgabe, einmal einen hohen Druck
                              und zwar einen solchen, der sehr nahe dem Brechungsexponenten des Hölzchens lag und
                              zweitens einen, welcher dem gewöhnlich bei Phosphorzündhölzchen geübten Druck
                              möglichst entsprach, in Anwendung zu bringen. Zu dem Ende wurde zuerst bestimmt, bei
                              welcher Belastung die zu den Versuchen verwendeten geschwefelten Hölzchen, welche
                              ein Hr. Fabrikant Miram in Bättenhausen bei Cassel zu
                              überlassen die Güte hatte, brachen. Die Hölzchen waren runde und verhielten sich in
                              der gedachten Richtung sehr verschieden; durchschnittlich war eine Belastung von 450
                              Grm. (250 Grm. in dem oberen und 200 in dem unteren Holzkasten) plus dem Gewichte des Hebelarmes selbst bei der
                              constanten Winkelstellung und der bestimmten Länge mit welcher das Hölzchen über dem
                              Hebelarm hervorragte, erforderlich, um dasselbe zum Brechen zu bringen. Hölzchen die
                              bei geringerer Belastung, schon bei 200 Grm. brachen, was sich auf Grund der
                              angestellten Versuche später leicht aus der Dicke der Hölzchen beurtheilen ließ,
                              wurden von den Versuchen ausgeschlossen. Als eine dem Gewichte, bei welchem das
                              Hölzchen bricht, nahe liegende Belastung wurde die von 400 Grm. gewählt (200 Grm. in
                              dem oberen und 200 Grm. in dem unteren Behälter). Die mit dieser Belastung
                              angestellten Versuche sind in der Folge mit der Bezeichnung a aufgeführt. Diese Belastung entsprach einem Drucke auf das Ende des
                              Hölzchens von 300 Grm. Die Ermittelung dieses Druckes geschah dadurch, daß das Ende
                              des so belasteten Hölzchens in einer Drahtschlinge mit der einen Seite einer im
                              Gleichgewichte befindlichen empfindlichen Präparatenwaage (die bei 1000 Grm.
                              Belastung noch 0,5 Grm. anzeigte) verbunden wurde und dann die andere Seite so lange
                              mit Gewichten beschwert wurde, bis das gestörte Gleichgewicht wieder hergestellt
                              war. Durch den gleichzeitigen Druck und Zug wurde die Stellung der Schneide in der
                              Unterlage der Waage etwas verändert, die hierdurch entstehende Ungenauigkeit wird
                              aber wohl bei Versuchen dieser Art nicht sehr in die Waagschale fallen. – Um
                              den gewöhnlich zum Entzünden der Phosphorzündhölzchen angewendeten Druck annähernd
                              zu bestimmen, wurde folgendes Verfahren eingeschlagen. Ueber die Länge eines dünnen
                              und schwanken Bretchens wurde mit Bleistift eine Linie gezogen, und an das Ende der
                              Linie eine feine Drahtspitze in das Holz eingeschlagen. Das Bretchen wurde dann
                              durch Schraubzwingen horizontal an einen Tisch so befestigt, daß der größte Theil
                              desselben außerhalb des Tisches lag und sich auf einen z.B. auf der Bleilinie
                              angebrachten Druck leicht abwärts bewegen ließ, ohne natürlich zu brechen. Alsdann
                              wurde auf ein zweites Bretchen eine mit einer sehr dünnen Wachsschicht überzogene
                              Glasplatte befestigt und dieselbe vertical so zu dem ersten Bretchen gestellt, daß
                              der aus dem letzteren hervorragende Stift, wenn dasselbe nieder bewegt wurde, eine
                              feine Linie in der Wachsschicht einriß. Wenn die zwei Bretchen in der Weise zu
                              einander gestellt und gerichtet waren, wurde auf der Bleilinie ein
                              Phosphorzündhölzchen (aus der Fabrik von Miram, die ihrer
                              guten Zündpräparate wegen bekannt ist) mit gewöhnlichem Druck angestrichen. Der am
                              Ende der Linie befindliche Stift zeichnete alsdann eine fast senkrechte Linie in die
                              Wachsschicht der Glastafel. Dieser Versuch wurde mehrmals und von verschiedenen
                              Personen wiederholt, und ergab bis auf geringe Differenzen übereinstimmende
                              Resultate.
                           Um nun den Druck in Gewichten kennen zu lernen, wurde das Bretchen in der Mitte der
                              Bleistiftlinie so lange mit Gewichtsstücken beschwert, bis der Stift an dem Endpunkt
                              der von ihm gezogenen Linie angekommen war. Im Mittel war hiezu eine Belastung von
                              235 Grm. erforderlich. Dieses Gewicht wurde wiederum nach der oben angeführten
                              Methode auf das Ende eines in die Maschine eingesteckten Hölzchens übertragen. Das
                              Verfahren ist hier natürlich nur umgekehrt. Die eine Waagschale wird mit dem
                              gefundenen Mittelgewichte beschwert, das in der Maschine eingesteckte Hölzchen aber
                              mit einer Drahtschlinge mit der anderen Seite der Waage verbunden und nur so lange
                              Gewichte in die Holzkästchen des Hebels D gelegt, bis
                              die Waage wieder im Gleichgewicht stand. Dieß geschah gerade bei einer Belastung von
                              200 Grm. in dem unteren Behälter. Die bei dieser Belastung ausgeführten Versuche
                              sind mit b bezeichnet.
                           Die Reibflächen wurden gebildet: 1) durch glatt gehobeltes
                              Tannenholz, als Aequivalent für den Fußboden; 2) durch weißes Schreibpapier für die
                              zum Anstreichen der Zündhölzchen gebrauchte Zimmertapete; 3) aus verschiedenen im
                              Handel befindlichen Smirgel- und Sandpapieren, von denen sowie von den beiden
                              ersten Reibflächen vorher die Reibungscoefficienten (aus tg des Winkels bei welcher die rauhen Flächen von einander abrutschen)
                              bestimmt wurde.
                           
                              
                                 I.
                                 Weißes Papier hatte einen Reibungscoefficienten von
                                 0,22.
                                 
                              
                                 II.
                                 Tannenholz
                                 0,40.
                                 
                              
                                 III.
                                 Smirgelpapier
                                 (Hubert) Nr. 0 (fein gearbeitet)
                                 0,57.
                                 
                              
                                 IV.
                                         „
                                 von Bauer Nr. 00 (sehr fein gearbeitet)
                                 0,60.
                                 
                              
                                 V.
                                         „
                                 von Hubert Nr. 1 (mittelfein)
                                 0,64.
                                 
                              
                                 VI.
                                         „
                                 von Bauer Nr. B
                                    (mittelfein)
                                 0,66.
                                 
                              
                                 VII.
                                         „
                                 von Hubert Nr. 4 (grob)
                                 0,69.
                                 
                              
                                 VIII.
                                         „
                                 von Bauer Nr. C
                                    (grob)
                                 0,70.
                                 
                              
                                 IX.
                                         „
                                 von Hubert Nr. 3 (mittelfein)
                                 0,73.
                                 
                              
                                 X.
                                 grobes Glaspapier
                                 0,80.
                                 
                              
                                 XI.
                                 Smirgelpapier von Hubert Nr. 3
                                    (fein)
                                 0,81.
                                 
                              
                           Diejenigen Zündhölzchen, welche auf der Maschine positive Resultate ergaben, wurden
                              mehrere Tage in den Keller gestellt, in eine Atmosphäre, deren Feuchtigkeitsgehalt
                              70 Proc. betrug, dann wiederum getrocknet und zum zweitenmale auf der Maschine
                              geprüft.
                           Gute Phosphorzündhölzer von Miram ergaben auf der
                              Maschine, bei allen Reibflächen mit Ausnahme von II a
                              und b, positive Resultate.
                           Die Hygroskopität der Zündmassen wurde in der Weise geprüft, daß die mit möglichst
                              gleicher Oberfläche und in gleicher Quantität auf Uhrschälchen getrockneten und dann
                              genau gewogenen Zündmassen mehrere Tage hindurch in einen Keller gestellt wurden, in
                              welchem der Wassergehalt der Luft durchschnittlich doppelt so groß war, als der des
                              Zimmers in welchem die Massen angefertigt wurden und trockneten. Die Gewichtszunahme
                              in der feuchten Atmosphäre, die möglichst rasch im Zimmer bestimmt wurde, diente als
                              Vergleichspunkt. Da es beinahe unmöglich war, geradezu gleiche Gewichtsmengen der
                              betreffenden Massen zu verwenden, so wurde die Gewichtszunahme auf eine Mittelzahl
                              berechnet. Die hieraus und durch das Trocknen der Masse während der zweiten Wägung
                              erwachsenden Fehlerquellen waren, wie die mitgetheilten Zahlen ergeben, wohl ohne
                              entscheidenden Einfluß, insofern es sich hier vorerst um eine Vergleichung der
                              Massen untereinander handelte. Die auf diese Weise gewonnenen Resultate werden in
                              Form von Tabellen mitgetheilt werden. Vergleiche mit Phosphorzündmassen folgen in
                              einer späteren Versuchsreihe.
                           Die Entzündungstemperatur wurde in einem Luftbade bestimmt. Zu diesem Zwecke wurde
                              der Schwefel von den Hölzchen so gut wie möglich entfernt, weil derselbe beim
                              Erwärmen sehr bald flüssig wird, an dem Hölzchen herabrinnt und dann im Contact mit
                              dem Metall des Luftbades sich entzündet. Die Entzündung pflanzt sich bis zur
                              eigentlichen Zündmasse
                              fort und gibt dann leicht Anlaß zu einer fehlerhaften Bestimmung. Es schien, als ob
                              sich aus den beiden ersten Versuchsreihen als allgemeines Gesetz ableiten ließe, daß
                              bei allmählicher Erwärmung der Masse eine höhere Temperatur erforderlich ist, um die
                              Entzündung zu bewirken, als wenn man die Masse plötzlich in eine schon auf eine
                              gewisse Temperatur erwärmte Luft bringt. Die Größe der Masse schien wenig Einfluß
                              auf die Leichtigkeit der Entzündung zu haben. Die Differenz in den Beobachtungen, es
                              wurden durchschnittlich 3–4 Versuche angestellt, belief sich meist bis auf
                              20° C. Zum Vergleiche wurde die Entzündungstemperatur von Miram'schen Phosphorzündhölzern bestimmt. Dieselben
                              entzündeten sich bei 100–105° C. Im Allgemeinen liegt die
                              Entzündungstemperatur der phosphorfreien Zündmassen circa 60° C. höher.
                           
                              
                                 (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
