| Titel: | Ueber eine aus dem Roheisen erhaltene neue graphitartige Verbindung; von Professor F. C. Calvert. | 
| Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CXXV., S. 436 | 
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                        CXXV.
                        Ueber eine aus dem Roheisen erhaltene neue
                           graphitartige Verbindung; von Professor F. C. Calvert.
                        Aus den Comptes
                                 rendus, Juni 1861, t. LII p. 1315.
                        Calvert, über eine aus dem Roheisen erhaltene neue graphitartige
                           Verbindung.
                        
                     
                        
                           Nachdem ich beobachtet hatte, daß die Quantität des beim Auflösen des Roheisens in
                              Salzsäure verbleibenden kohligen Rückstandes je nach der Concentration der Säure
                              variirt, führte ich im J. 1858 eine Reihe von Versuchen über die Einwirkung
                              verschiedener sehr schwacher Säuren auf Roheisen aus.
                           Ich fand dabei, daß die kubischen Stücke von grauem Roheisen von etwa 1 Centim.
                              Seite, mit denen ich operirte, im Volum und Ansehen sich nicht verändert hatten,
                              obgleich schon ein großer Theil des Eisens aufgelöst war. Nach einigen Monaten war
                              die chemische Einwirkung der Säure so weit vorgeschritten, daß man mit einem
                              Federmesser mit Leichtigkeit 3 bis 4 Millim. tief in die Masse einstechen konnte.
                              Nachdem die würfelförmigen Stücke zwei Jahre lang der Einwirkung schwacher und von
                              Zeit zu Zeit erneuerter Säure unterworfen gewesen waren, zeigten sie sich
                              vollständig in eine graphitartige Substanz verwandelt, welche man allenthalben
                              durchschneiden und durchstechen konnte; sie hatten von ihrer ursprünglichen Gestalt
                              und Größe nichts verloren und wogen, während ihr anfängliches Gewicht 15,324 war,
                              jetzt 3,489. Der Kubikcentimeter hatte demnach 77,13 Proc. an Eisen, Kohlenstoff,
                              Schwefel, Phosphor und Silicium verloren. Am besten eignet sich zu diesen Versuchen
                              die Essigsäure, da sie, ohne erneuert zu werden, Jahre lang auf das Roheisen wirken
                              kann, während die anderen Säuren rascher wirken.
                           
                              
                                 
                                 Zusammensetzungdes
                                    angewendetenRoheisens.
                                 Zusammensetzung der aus demRoheisen erhaltenen
                                    graphitartigenSubstanz.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff      
                                   2,900
                                 11,020
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   0,790
                                   2,590
                                 
                              
                                 Silicium
                                   0,478
                                   6,070
                                 
                              
                                 Eisen
                                 95,413
                                 79,960
                                 
                              
                                 Schwefel
                                   0,179
                                   0,096
                                 
                              
                                 Phosphor
                                   0,132
                                   0,059
                                 
                              
                                 Verlust
                                   0,108
                                   0,205
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                         100,000
                                                     
                                    100,000
                                 
                              
                           Aus diesen Zahlen kann man Folgendes schließen:
                           
                           1) Stickstoff. Der Stickstoffgehalt der graphitartigen
                              Substanz ist beträchtlich; er repräsentirt mehr als die Hälfte des Stickstoffs,
                              welcher in dem angewendeten Roheisen war; der Rest dieses Stickstoffs befand sich in
                              den sauren Flüssigkeiten in Form von (essigsaurem) Ammoniak. Durch die Bestimmung
                              des Ammoniaks in der Flüssigkeit und andererseits des Stickstoffgehalts der
                              graphitartigen Masse, wurde der Stickstoffgehalt des Roheisens gefunden.
                           2) Silicium. Ich überzeugte mich durch directe Versuche,
                              daß beim Auflösen des Roheisens in irgend einer Säure, mit Ausnahme des
                              Königswassers, Siliciumwasserstoffgas entwickelt wird.
                           3) Kohlenstoff. Die angegebene Kohlenstoffmenge bildet
                              nicht den ganzen im Roheisen enthaltenen Kohlenstoff, denn ein Theil des
                              Kohlenstoffs verwandelt sich in eine ölige Substanz, mit deren näherer Untersuchung
                              ich beschäftigt bin.
                           4) Eisen. Wenn die graphitartige Substanz kein Eisen mehr
                              an die Essigsäure abgibt, enthält sie noch 79,6 Proc. Eisen. Kohlenstoff und Eisen
                              scheinen in derselben im Verhältniß von 4C zu 6Fe zu stehen, wenn man sie aus grauem
                              Roheisen abgeschieden hat. Der Kohlenstoffgehalt nimmt in dem Maaße ab, als das
                              angewendete Eisen weißer war, und der Kohlenstoff ist zuweilen durch Silicium
                              ersetzt. Ich glaube aber nicht, daß die Zusammensetzung der graphitartigen Substanz
                              durch die Formel Fe⁶C⁴ auszudrücken ist, denn der Stickstoff und das
                              Silicium gehören auch ihrer Zusammensetzung an. Man kann ein Kohlenstoffeisen von
                              der Formel Fe⁶C⁴ erhalten, indem man Roheisen mit Kohlenstoff sättigt,
                              z.B. durch Schmelzen mit einem Ueberschuß von Kohks in einem Cupolofen. Die
                              graphitartige Substanz gibt übrigens, wenn man sie, vorher bei 230° C.
                              getrocknet, in einem Strom von trockenem Wasserstoffgas glüht, keine Spur von
                              Wasser, enthält also keinen Sauerstoff.
                           Der Luft ausgesetzt, erhitzt die graphitartige Substanz sich rasch in Folge der
                              Oxydation des darin enthaltenen Eisens.