| Titel: | Neues alkalimetrisches Verfahren; von J. Persoz. | 
| Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CXXVII., S. 440 | 
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                        CXXVII.
                        Neues alkalimetrisches Verfahren; von J. Persoz.
                        Aus den Comptes
                                 rendus, August 1861, t. LIII p. 239.
                        Persoz's neues alkalimetrisches Verfahren.
                        
                     
                        
                           Ich habe unlängst in den Annales du Conservatoire des arts et
                                 métiers eine neue Methode zur Bestimmung der Salpetersäure
                              mitgetheiltIn diesem Bande des polytechn. Journals S.
                                    284., welche sich auf folgende Thatsachen gründet:
                           1) Die wasserfreien Fluoride, Chloride, Bromide und schwefelsauren Salze der Alkalien
                              werden durch zweifach-chromsaures Kali, welches auf seinen Schmelzpunkt und
                              selbst zur beginnenden Rothgluth erhitzt ist, nicht zersetzt.
                           2) Unter denselben Umständen werden die salpetersauren Salze sämmtlich zersetzt; die
                              Salpetersäure wird vollständig ausgetrieben, indem die Chromsäure ihre Stelle
                              einnimmt und eine äquivalente Menge chromsaures Salz gebildet wird.
                           Als ich dieses Verfahren zur Gehaltsbestimmung gewisser im Handel vorkommenden Sorten
                              von calcinirter Soda anwandte, welche ein Gemenge von kohlensaurem Natron,
                              Chlornatrium, schwefelsaurem und salpetersaurem Natron sind, und manchmal bis 19
                              Proc. salpetersaures Natron enthalten, fand ich bald, daß, wenn man ein Gemenge
                              dieser Salze mit zweifach-chromsaurem Kali vorsichtig erhitzt, so daß der
                              Schmelzpunkt des letzteren nicht merklich überschritten wird, die sämmtliche
                              Kohlensäure ausgetrieben wird ohne Salpetersäure mitzureißen.
                           
                           Auf diese Weise konnte ich zuerst die Kohlensäure und hernach die Salpetersäure durch
                              den Gewichtsverlust bestimmen; da nun der in Kohlensäure bestehende Gewichtsverlust
                              bei einer gut geleiteten Operation genau dem alkalimetrischen Gehalt entsprach, so
                              war hiemit ein neues alkalimetrisches Verfahren gegeben, bei welchem man die in
                              gewissen Fällen mit den gewöhnlichen Methoden verbundenen Fehler – in Folge
                              der Gegenwart von Sulfuriden, Oxysulfuriden, Kalk, schwefligsauren und
                              unterschwefligsauren Salzen etc. – nicht zu befürchten hat.
                           Wie vorherzusehen war, und wie ich mich durch directe Versuche überzeugt habe,
                              oxydirt oder sättigt vielmehr das zweifach-chromsaure Kali die Oxysulfuride,
                              die Sulfuride, die schwefligsauren und unterschwefligsauren Salze, und den Kalk,
                              ohne daß eine Gasentbindung stattfindet. Im Gegentheil, wenn ein mit jenen
                              Substanzen verunreinigtes kohlensaures Alkali durch zweifach-chromsaures Kali
                              zersetzt wird, so entspricht die entbundene Kohlensäure genau der Menge von Base
                              womit sie verbunden war. Kali- oder Natronhydrat liefern ebenfalls eine
                              Quantität Wasser, welche einem einfachen Hydrat oder einem Bihydrat entspricht, je
                              nach der Temperatur, welcher das Handelsproduct ausgesetzt worden war.
                           Ich hatte nun bloß noch einen Apparat herzustellen, welcher den Versuch so
                              auszuführen gestattet, daß die Producte der Einwirkung gesammelt werden. Hiezu
                              genügte es, den Liebig'schen Apparat zur Elementaranalyse
                              der organischen Substanzen mit wenigen Abänderungen und Zusätzen anzuwenden. Ich
                              benutze folglich eine Verbrennungsröhre von 50 bis 60 Centimeter Länge, welche in
                              ihrer Mitte sehr schwach Uförmig und zu beiden Seiten im
                              umgekehrten Sinne gebogen ist, so daß ihre beiden Enden horizontal bleiben. Das eine
                              Ende dieser Röhre steht mittelst eines kleinen kupfernen Hahns mit Kugelröhren in
                              Verbindung, welche die sämmtlichen Substanzen enthalten die man gewöhnlich zum
                              Reinigen der Luft von den darin enthaltenen fremden Körpern anwendet; das andere
                              Ende der Röhre wird mit einem Liebig'schen Kaliapparat
                              verbunden. Endlich steht der Apparat mit einem Aspirator in Verbindung, vor welchem
                              aber noch eine Uförmige Trockenröhre eingeschaltet wird,
                              damit die feuchte Luft des Aspirators nicht mit der Luft des Apparats in Berührung
                              kommt.
                           Der ganze Apparat besteht aus folgenden Theilen:
                           V Aspirator, welcher einen Luftstrom in den Apparat
                              zieht, der das Wasser und die Kohlensäure, welche sich entbunden haben, nöthigt über
                              die zu ihrer Absorption bestimmten Substanzen zu ziehen.
                           A System von Fläschchen und Röhren, welche mit
                              sämmtlichen zur Reinigung der Luft erforderlichen Substanzen versehen sind.
                           
                           B Verbrennungsröhre, in welche man das
                              zweifach-chromsaure Kali und das zu probirende Alkali bringt.
                           O System von Röhren zur Absorption sowohl des Wassers
                              als der Kohlensäure; letztere wird durch einen Liebig'schen Kaliapparat absorbirt.
                           D eine Uförmig gebogene
                              Trockenröhre, welche zwischen dem Aspirator und dem Liebig'schen Kaliapparat eingeschalten wird.
                           Ausführung der Operation. – Soll ein kohlensaures
                              Salz probirt werden, so bringt man in die Röhre B 30,
                              40, 50 oder 60 Gramme geschmolzenes zweifach-chromsaures KaliDas zweifach-chromsaure Kali muß vor der Anwendung immer vorsichtig
                                    erhitzt werden, so daß es in ruhigen Fluß kommt. Sogleich nach dem Erkalten
                                    muß man es in eine luftdicht verschließbare Flasche bringen, weil es aus der
                                    Luft leicht Ammoniak absorbirt. Zur Vorsicht empfehlen wir, die zu einer
                                    Operation erforderliche Quantität vor dem Gebrauch noch einmal zu
                                    schmelzen., welches vorher mit 1, 2 oder 3 Grammen des kohlensauren Salzes vermengt
                              wurde, wenn letzteres unauflöslich ist, denn im entgegengesetzten Falle ist die
                              vorherige Vermengung überflüssig.Wenn man mit unauflöslichen kohlensauren Salzen operirt, z.B. denen von Kalk,
                                    Baryt, Strontian, Magnesia, Mangan, Eisen, Zink, Kupfer, Blei etc., so
                                    müssen dieselben vorher nothwendig in ein feines Pulver verwandelt werden.
                                    Hat man hingegen mit kohlensaurem Kali, Natron oder Lithion zu operiren, so
                                    ist diese Vorsicht nicht nur unnütz, sondern sogar gefährlich, weil wegen
                                    der rasch erfolgenden Zersetzung Theilchen vom zweifach-chromsauren
                                    Kali bis zur ersten Röhre des Kaliapparats fortgeschleudert werden könnten,
                                    wenn man nicht besorgt war an den vorderen Theil der Röhre B eine Litze von geglühtem Amianth zu bringen.
                                    Letzterer hält die Stückchen fortgeschleuderten chromsauren Kalis zurück und
                                    verhütet dadurch Fehlerquellen. Nach beendigter Operation muß man den Theil
                                    der Röhre, wo sich der Amianth befindet, erhitzen, um dort etwa condensirtes
                                    Wasser auszutreiben. Nachdem die Röhre B an ihren beiden Enden mit
                              den zwei beschriebenen Systemen in Verbindung gesetzt worden ist, läßt man das
                              Wasser aus dem Aspirator V ausfließen, um einen
                              Luftstrom in den Apparat zu ziehen, und erhitzt die Röhre B. Sobald das zweifach-chromsaure Kali in Fluß kommt, beginnt die
                              Entbindung von Kohlensäure, welche sich während der ganzen Dauer des Versuchs sehr
                              leicht mäßigen läßt. Wenn die ganze Masse in ruhigem Fluß ist, beendigt man die
                              Operation. Die Gewichtszunahme des Kaliapparats C ergibt
                              die Menge der entbundenen Kohlensäure, wornach man dann den Gehalt an kohlensaurem
                              Salze berechnet.
                           Soll ein Hydrat oder ein Gemenge von Hydrat und kohlensaurem Salze probirt werden, so
                              ist das Verfahren das gleiche; nur muß man die erforderlichen Vorsichtsmaßregeln
                              treffen, damit vor wie nach der Operation keine Feuchtigkeit in der Röhre B bleibt; aus den respectiven Gewichten des Wassers und
                              der Kohlensäure wird der relative Gehalt an kohlensaurem Salz und Hydrat berechnet,
                              wobei man jedoch zu beachten hat, daß die im Handel vorkommenden Gemenge von
                              kohlensaurem Alkali und
                              Alkalihydrat stets ein Bihydrat enthalten, weil die Fabrikanten diese Gemenge bloß
                              in wässerigen Fluß zu bringen pflegen, anstatt sie bis zum Rothglühen zu erhitzen.
                              Eine quantitative Bestimmung der Base, welche sowohl mit dem Wasser als mit der
                              Kohlensäure verbunden ist, beseitigt übrigens in dieser Hinsicht jede
                              Unsicherheit.
                           Sollen käufliche Potasche und Soda probirt werden, welche Sulfuride, schwefligsaure
                              Salze, Kalk etc. enthalten, so bleibt das Verfahren das gleiche wie es vorher für
                              die kohlensauren Salze und Hydrate angegeben wurde; man muß nur das Verhältniß des
                              zweifach-chromsauren Kalis angemessen vergrößern und nach der Natur des
                              Salzes gewisse Vorsichtsmaßregeln beobachten.Wenn man mit roher Potasche oder Soda operirt, welche außer den Sulfuriden
                                    und Oxysulfuriden auch Kohle enthalten, so muß man nothwendig zu einem
                                    vorhergehenden Auslaugen schreiten, die Laugen abdampfen und das Gewicht der
                                    so erhaltenen Salzmasse bestimmen; erst alsdann, und nachdem die Salzmasse
                                    gehörig ausgetrocknet worden ist, behandelt man sie mit dem
                                    zweifach-chromsauren Kali.
                              
                           Wir wollen nun einige Resultate unserer Versuche mittheilen.
                           Wir wählten als Basis unserer Operationen eine käufliche Soda wegen ihrer
                              complicirten Zusammensetzung; dieselbe war ein Gemenge von kohlensaurem Natron,
                              Natronbihydrat, Chlornatrium und schwefelsaurem Natron; es war uns nicht nur der
                              alkalimetrische Gehalt, sondern auch das genaue Verhältniß jedes einzelnen
                              Bestandtheils derselben bekannt. In unserm Apparat mit zweifach-chromsaurem
                              Kali behandelt, gab sie:
                           
                              
                                 Kohlensäure
                                 29 Procent.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   5,5    „
                                 
                              
                           Diese Zahlen, auf kohlensaures Natron und Natronbihydrat berechnet, entsprachen bis
                              auf einige Tausendtheile genau dem alkalimetrischen Gehalt dieses Products.
                           Man behandelte sie auf dieselbe Weise, aber mit Zusatz:
                           1) von 50 Procent ihres Gewichts schwefelsaurem Kalk; man sammelte:
                           
                              
                                 Kohlensäure
                                 29,5 Procent.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   6,5    „
                                 
                              
                           2) von 5 Procent ihres Gewichts schwefelsaurem Natron, welches kohlensaures Natron
                              enthielt; man sammelte:
                           
                              
                                 Kohlensäure
                                 29,8 Procent.
                                 
                              
                           (Da das Salz nicht ausgetrocknet worden war, so wurde das Wasser vernachlässigt.)
                           3) von 100 Procent ihres Gewichts käuflichem gebranntem Kalk, welcher Wasser und
                              Kohlensäure enthielt; man sammelte:
                           
                              
                                 Kohlensäure
                                 31,2 Procent.
                                 
                              
                           
                           Man muß berücksichtigen, daß die Verbindungen welche wir bei diesen Controlversuchen
                              der Soda zugesetzt haben, in Berührung mit der Luft schwierig zu handhaben sind,
                              indem sie aus derselben rasch Wasser und Kohlensäure anziehen; dieß erklärt die
                              beobachteten Differenzen. Dessenungeachtet beweisen die erhaltenen Zahlen, daß unter
                              den gewählten so ausnahmsweisen Umständen, unter denen es unmöglich ist eine
                              gewöhnliche alkalimetrische Probe auszuführen, unsere Resultate sich nicht zu weit
                              von der Wahrheit entfernen.