| Titel: | Ueber das Gießen der Hartwalzen aus dem mit heißer Luft gespeisten Hohofen; von Georg Tunner. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. VII., S. 21 | 
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                        VII.
                        Ueber das Gießen der Hartwalzen aus dem mit
                           heißer Luft gespeisten Hohofen; von Georg Tunner.
                        Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                 Hüttenwesen, 1861, Nr. 36.
                        Tunner, über das Gießen der Hartwalzen aus dem mit heißer Luft
                           gespeisten Hohofen.
                        
                     
                        
                           Als ich 1849 die Oberleitung sämmtlicher Freiherrl. v. Zoys'schen Gewerkschaften übernommen, habe ich sogleich die Hartwalzen für
                              obgenanntes Walzwerk nach meinen früheren Proben und Erfahrungen selbst erzeugen
                              lassen. Seit der Zeit sind die von Hammerau in Bayern bezogenen Hartwalzen in
                              Trümmer zerbrochen, und die selbsterzeugten Walzen, die kaum den halben Preis der
                              fremden kosten, ersetzen dieselben vollkommen, denn die Qualität ist gleich.
                           Soviel ich von der Hartwalzen-Erzeugung gelesen und gesehen, werden sie selten aus
                              dem Hohofen, meistens aus Cupolöfen oder Flammherden gegossen. Ungeachtet die
                              letzten zwei Gußmethoden schon etwas theurer ausfallen, so sind sie dennoch nicht
                              ganz verläßlich, und da man nicht überall mit solcher Art Oefen versehen ist, so
                              wird man öfters von der Roth gezwungen, Alles unmittelbar aus den Hohöfen gießen zu
                              müssen. So ist es mir ergangen zu Gmünd in Oberkärnthen, als dort das
                              Stabeisen-Walzwerk im Jahre 1831 erbaut wurde, und die Hartwalzen dazu selbst
                              erzeugt werden sollten. Der Hohofen verschmolz braune Spatherze mit eingesprengtem
                              Magneteisenstein, dann okerigen Thoneisenstein. Das Roheisen war bei Gaargang
                              vollkommen grau; so waren auch die Vorstreck- und Blechwalzen. Wurde das Eisen mit
                              Wasser begossen, so ließ es sich in dünne weiße Blattel abheben, die gewöhnliche
                              Roheisenform für die dortige Frischarbeit. Die Hartwalzen sind vollkommen gelungen,
                              als man das Roheisen in eine Coquille von 4''
                              Eisenstärke gegossen. Die Walzen waren vom Rand hinein 12–16''' weiß und vollkommen hart. Als man aber im Jahre 1836
                              auch dort die heiße Gebläseluft beim Hohofen einführte, da war es sowohl mit den
                              dünnen weißen Roheisenblatteln, als mit der Hartwalzen-Erzeugung vorbei. Die Blattel
                              wurden grau und dick, die Hartwalzen bekamen zwar einen weißen harten Rand, allein
                              derselbe war so dünn, daß er bei kurzem Gebrauche eingedrückt, und die Walzen voll
                              Löcher wurden. Bloß der Hartwalzen-Erzeugung wegen den heißen Wind aufgeben, der
                              hinsichtlich der Kohlenersparung und der Roheisenverbesserung so viele Vortheile
                              gewährte, wollte ich nicht. Es mußten also Zuschläge gewählt werden, die bei dem mit
                              heißem Winde erblasenen, mit Wasser begossenen Eisen, die Blattel weiß machen, und den Hartwalzen eine
                              dicke, weiße, harte Kruste geben. Da die Erze nur Thon und Kiesel als Beimischung
                              enthielten, so war ein Zusatz von 10–15 Proc. Kalk genug, um weiße Blattel zu
                              erhalten; allein damit die Hartwalzen vom Rand hinein 13–16''' weiß wurden, mußte ich noch bei 12 Procent
                              Frischschlacken zusetzen. Vor meinem Abgang von Gmünd mußte ich das Verhältniß
                              obiger Zusätze notirt zurücklassen, und wahrscheinlich werden dort die Hartwalzen
                              noch immer nach meiner Methode erzeugt.
                           Die Methode, bei vollkommenem Gaargange des mit heißer Luft gespeisten Ofens mit
                              Zusatz von Frischschlacken gute harte Walzen zu erzeugen, ist eine ganz neue
                              Erfahrung, denn so viel ich weiß, wurde dieselbe früher noch nirgends angewendet.
                              Auf jeden Fall ist diese Art, die Hartwalzen zu erzeugen, die allerwohlfeilste; auch
                              hinsichtlich ihrer Verläßlichkeit steht sie keiner andern Methode nach, denn einen
                              Schmelzofen in gleichem Gaargange zu erhalten ist leichter, als in einem
                              Mittelstande. Wer Acht gibt, daß die Schmelzmaterialien in Quantität und Qualität
                              gleich aufgegichtet werden, wer den heißen Wind zu reguliren, und die Formlichte
                              sowie die Gichtflamme zu beurtheilen versteht, dem wird es nicht schwer fallen, den
                              Ofengang so zu halten, wie es nothwendig ist.
                           Zu Wochein in Krain wurden von mir im Jahre 1850 die ersten Hartwälzen gegossen. Da
                              die Erze Kiesel und beigemischten Kalksand enthalten, so waren nur bei 8 Proc.
                              Frischschlackenzusatz nothwendig, um die Walzen von Außen hinein mit einer
                              hinlänglich dicken weißen Kruste zu versehen. Die ersten Walzen fielen zu weich aus;
                              die Coquille war zu dünn, auch bildeten sich feine Löcher, die 1 1/2 bis nahe 2'' tief gingen. Unreinigkeiten hatten sich von Außen
                              hinein eingefressen, daß das Abdrehen der Walzen sehr viel Zeitaufwand verursachte.
                              Die letzteren Uebelstände wurden durch den zweckmäßigen Einguß nach einiger Zeit
                              vollkommen beseitigt. Dieser Gegenstand ist sehr wichtig und ich muß ihm eine
                              längere Aufmerksamkeit schenken.
                           Das Eisen darf beim Hartwalzenguß weder oben noch unten, sondern muß knapp unter der
                              Coquille so eingelassen werden, daß dasselbe während des ganzen Gusses in einer
                              wirbelnden Bewegung sich befindet. Dadurch werden alle Unreinigkeiten vom Rand gegen
                              die Mitte gewirbelt, steigen dort bis in den Aufguß empor, und die Walzen bekommen
                              eine von Löchern, Blasen oder Sand ganz freie, glatte Oberfläche, so zwar, daß das
                              spätere Abdrehen wenig Schichten und Zeit kostet. Damit das Gußeisen in die
                              wirbelnde Bewegung kommt, darf der Einguß nicht gegen die Achse oder den Mittelpunkt
                              der Walze, sondern tangential den Rand bestreichend gerichtet seyn. Kann man das
                              Eisen von zwei Seiten, durch zwei einander gegenüberliegende Einlasse, einbringen, so ist es desto
                              besser, weil die wirbelnde Bewegung befördert wird. Es versteht sich übrigens von
                              selbst, daß der zweite Einlaß so gestellt wird, daß er der wirbelnden Bewegung von
                              dem ersten Einlaß nicht entgegenwirkt. Damit das Wirbeln des Eisens, vorzüglich am
                              Rande oder äußeren Umkreise der Walze befördert wird, muß der Einguß gleich dem
                              größten Walzendurchmesser angebracht werden. Es wird also die Walze dort, wo die
                              Eingüsse sind, eben so dick ausfallen, wie sie selbst ist. Dieses ist jedoch
                              Graueisen bei 2'' stark und wird als Zapfenstück
                              abgedreht.
                           Damit keine sogenannten Kaltflüsse sich an der Coquille ansetzen, ist es gut, wenn
                              das Eisen bis zur Coquille heraufsteigt, es dann stark fließen zu lassen. Auch wird
                              die Coquille früher mit Graphit ausgestrichen, und vor dem Gusse durch Einhängen
                              eines heißen Eisenstückes mäßig erwärmt.
                           Wenn das Eisen aus dem Ofen fließt, mit einer lichten Flamme brennt und, in die
                              eisernen Flossenschalen geleitet, nach dem Erkalten im Querbruch unten spiegelweiß
                              und oben grau ausfällt, dann ist es für den Hartwalzenguß das beste. Wenn das Eisen
                              ohne Flamme mit einer mehr dunkeln Farbe fließt, die Flossen in den Eisenschalen
                              ganz grau ausfallen, dann wird die Walze zu weich, oder der weiße Umfang wird zu
                              dünn; des harten Eisens ist zu wenig, die Walze dauert nicht lange.
                           Wenn man alle diese Erscheinungen und Vorsichten beobachtet und berücksichtigt, so
                              wird der Hartwalzenguß auch vollständig gelingen.
                           Auf Zureden Anderer ließ ich mich bestimmen, einen Walzenguß aus solchem Roheisen zu
                              versuchen, das aus weißen Spatheisensteinen mit Zusatz von Frischschlacke erzeugt
                              wurde.
                           Der Versuch fiel aus, wie ich erwartete. Das Eisen, in die Flossenschalen geleitet,
                              war durch und durch spiegelweiß; so war auch die Walze, welche beim Herausheben von
                              selbst in zwei Stücke absprang.
                           Ich glaube, daß man aus dem Cupolofen auf diese Art am leichtesten verläßlich gute
                              Hartwalzen erzeugen könnte, wenn man weißes Spiegeleisen mit Graueisen zusammen
                              niederschmelzen würde. Das beste Verhältniß der Mischung (vielleicht die Hälfte von
                              jedem) müßte jedoch erst ausgemittelt werden; auch die oben angedeuteten Regeln beim
                              Gusse müßten dabei beobachtet werden. Das graue Roheisen kennt jeder Hüttenmann,
                              auch wie es erzeugt wird; doch das Spiegeleisen ist nicht so allgemein bekannt, weil
                              es zu selten vorkommt. Dieses ist von dem ordinären weißen Eisen höchst verschieden;
                              ersteres wird stets bei vollkommenem Gaargange mit Graphitbildung erzeugt, und zeigt
                              blätterige, glänzend weiße Bruchflächen, es ist das reinste unter allen
                              Roheisensorten, gleich ausgezeichnet für die Eisen- und Stahlerzeugung. Das ordinäre
                              oder gewöhnliche weiße
                              Eisen ist stets das Product eines halben Gaarganges, hat nie blätterige, sondern
                              strahlige, blumige oder gar luckige Bruchflächen.
                           Das Spiegeleisen kommt in der Regel bei solchen Schmelzwerken zum Vorschein, wo
                              kalkhaltige, besonders weiße Spatheisensteine Verblasen werden. Die Spiegelbildung
                              kann durch Zusatz von Kalk, Eisenoxydul, als Frischschlacke und Magneteisenstein,
                              dann vorzüglich durch Braunstein befördert werden. Das Spiegeleisen ist jedoch immer
                              leichter bei kalter, als bei heißer Gebläseluft zu erzeugen; der heiße Wind neigt
                              mehr zum Graugange hin.
                           Ich wollte keine vollständige Abhandlung über Hartwalzen-Erzeugung schreiben, sondern
                              bloß meine dießfälligen Erfahrungen, weil ich glaube, daß sie neu und noch unbekannt
                              sind, aufzeichnen, damit andere Hüttenmänner darin eine Belehrung finden mögen; auch
                              hoffe ich, daß diese Darstellung so gründlich abgefaßt ist, daß hiernach Jeder, wenn
                              er auch den Zweck das erstemal nicht erreicht, bei reifer Ueberlegung das Ziel am
                              Ende doch nicht verfehlen wird.