| Titel: | Untersuchung einer italienischen Seide, die sich beim Entschälen und Färben abnorm verhielt; von Dr. P. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XIX., S. 59 | 
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                        XIX.
                        Untersuchung einer italienischen Seide, die sich
                           beim Entschälen und Färben abnorm verhielt; von Dr. P. Bolley.
                        Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1861,
                              Bd. VI S. 99.
                        Bolley's Untersuchung einer italienischen Seide, die sich beim
                           Entschälen abnorm verhielt.
                        
                     
                        
                           Es war von dem Käufer der fraglichen Seidenparthie, der sie zum Entschälen und Färben
                              gab, beobachtet worden, daß sie mehr an Gewicht verlor, als ähnliche Sorten zu
                              verlieren pflegen, und daß sie sich nach dem Schwarzfärben ungleich in der Nuance,
                              fast fleckig zeigte. Vom Färber war ihm überdieß bemerkt worden, daß diese Seide zum
                              Entschälen mehr Seife bedürfe, als andere italienische Seide, und daß die
                              Spinterbrühe dicklich molkig wurde.
                           Man übergab mir zwei Muster aus zwei verschiedenen Ballen, die ich mit a und b bezeichnen will. Ich
                              nahm folgende Proben damit vor:
                           1) Von beiden wurden einige Gramme genau abgewogen, beide in
                              ganz demselben Verhältniß mit Marseillerseife und destillirtem Wasser im nämlichen
                              Dampfbad gleich lang erhitzt. Das Muster a zeigte sich
                              viel weniger entschält als b. a verlor 20 Proc. an
                              Gewicht, während b nur 13,6 Proc. abnahm. Die
                              Spinterbrühe von a war blasser, dicklicher und erschien
                              nach mehreren Stunden wie geronnen.
                           2) Andere ebenfalls abgewogene Mengen wurden mit gleichen
                              Mengen einer sehr verdünnten Sodalösung gleich lang gekocht. Die Flüssigkeit von a war viel trüber als die von d, und setzte nach einiger Zeit einen Niederschlag ab, der der Hauptsache
                              nach aus kohlensaurem Kalke bestand.
                           3) Von beiden Mustern wurden gleiche Mengen mit der
                              zwanzigfachen Wassermenge gekocht. Die Flüssigkeit von a
                              zeigte deutliche Salzsäure-, Schwefelsäure-, Kalkerde- und Bittererde-Reactionen.
                              Die von d nur sehr wenig Kalkerde.
                           4) Mit Essigsäure ausgekocht ergab a eine viel stärkere Kalkreaction als b. Blei
                              war in keiner der Lösungen nachweisbar.
                           5) Von beiden Mustern wurden Streifen, mit Weingeist
                              befeuchtet, in einer Flasche aufgehängt, die mit Schwefelwasserstoffgas gefüllt war;
                              auch hier ergab sich keine Bleispur.
                           6) Ein Gramm von jeder Sorte wurde mit reiner Salpetersäure
                              zuerst zerstört und der Rückstand sodann ausgeglüht; er betrug
                           von a 0,039 Grm.
                           von b 0,009 Grm.
                           
                           In Chlorwasserstoff gelöst konnte in a leicht Kalk- und
                              Bittererde nachgewiesen werden.
                           Es ist hieraus zu schließen:
                           Die Seide a war in Lösungen von Kalk- und
                              Bittererdesalzen, Chlorcalcium, Chlormagnesium, schwefelsaurer Bittererde
                              eingetaucht worden.
                           Dieß kann vielleicht unabsichtlich geschehen seyn, und die Erscheinungen von
                              Seewasser herrühren. Die Schwierigkeit des Entschälens und der vermehrte
                              Seifeverbrauch sind sehr leicht auf die Anwesenheit der genannten, Seife zerlegenden
                              Salze zurückführbar. Der größere Gewichtsverlust beim Entschälen von a ist so zu erklären, daß diese Seide, vermöge der
                              wasseranziehenden Salze, mehr hygroskopische Feuchtigkeit enthielt, zur Zeit als sie
                              in die Färberei gebracht wurde, als b, und mehr als die
                              Seide gewöhnlich enthält. Die Ungleichheit des Farbeniederschlags auf derselben kann
                              sehr leicht von Kalkseife, die anhaften blieb, herrühren.Guinon beobachtete im J. 1855 (polytechn. Journal
                                    Bd. CXXXIX S. 375), daß gefärbte
                                    Seide nach einiger Zeit steckig wurde, und schrieb dieß dem natürlichen
                                    Kalkgehalt des Coconfadens zu, was später von Roux (polytechn. Journal Bd. CXL
                                       S. 137) als höchst unwahrscheinlich nachgewiesen wurde.A. d. Red.
                              
                           Wenn absichtliches Eintauchen in Chlorcalcium und Chlormagnesiumlösungen, in
                              concentrirtes Meerwasser oder Mutterlaugen stattfand, so ist anzunehmen, dieß sey
                              aus der Kenntniß der Eigenschaften dieser Salze, Wasser anzuziehen, hervorgegangen.
                              Es wäre nicht uninteressant zu untersuchen, ob die auf solche Weise an der Seide
                              anhängende Feuchtigkeit auch gegenüber den Gehaltsproben der Conditioniranstalten
                              verborgen bleiben könne.Eine ähnliche Seidenprobe wie der Verf. untersuchte Sobrero (polytechn. Journal Bd.
                                       CLX S. 464), ohne der Ursache ihres eigenthümlichen Verhaltens
                                    genau nachgeforscht zu haben.A. d. Red.