| Titel: | Ueber Darstellung des mit Sauerstoffgas imprägnirten Weines und Wassers; von G. Maumené. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. LI., S. 150 | 
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                        LI.
                        Ueber Darstellung des mit Sauerstoffgas
                           imprägnirten Weines und Wassers; von G. Maumené.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, September 1861,
                              S. 98.
                        Maumené, über Darstellung des mit Sauerstoffgas imprägnirten
                           Weines und Wassers.
                        
                     
                        
                           Ich habe Versuche über das Verhalten des Sauerstoffs zum Weine angestellt, welche bei
                              dem schwierigen Studium der Gährungen beachtenswerth seyn dürften.
                           Der Wein kann mehrere Monate lang mit reinem Sauerstoffgas in Berührung bleiben, ohne
                              die geringste Spur von Essigsäure oder einer neuen Verbindung zu erzeugen. Ein Druck
                              von acht Atmosphären ändert hierin nichts.
                           Der Versuch wurde in einem Apparat gemacht, welchen ich in meinem Werke
                              „Indications théoriques et pratiques
                                    sur le travail des vins etc.“ in Vorschlag gebracht habe, um
                              bei der Fabrication der Schaumweine eine größere Regelmäßigkeit zu erzielen.
                           Champagnerwein, welcher aus Weinen von mehreren Gewächsen erster Qualität bestand,
                              und nach Verlauf mehrerer Jahre dahin gebracht war, daß er nicht mehr den geringsten
                              Absatz bildete, was sehr wichtig ist, wurde am 10. August 1858 in den Apparat
                              gefüllt, in welchen man dann so viel reines Sauerstoffgas pumpte, daß nach der
                              Absorption ein Druck von acht Atmosphären verblieb. Der Apparat wurde bis zum 4.
                              Juli 1859 aufbewahrt, wo dann der Druck, welcher sich in regelmäßiger Weise
                              vermindert hatte, noch 2,6 Atmosphären betrug. Die Abnahme desselben rührte nicht
                              von einer Absorption her, sondern von einer in solchem Falle unvermeidlichen
                              schwachen Gasentweichung. Die Säuerlichkeit des Weines hatte nicht zugenommen.
                           Das zurückgebliebene Gas war reiner Sauerstoff, ohne Kohlensäure.
                           Der Wein war mussirend, in demselben Grade wie viele Sorten von Champagnerwein, und
                              entwickelte reines Sauerstoffgas, welches eine ausgeblasene Kerze mit der bekannten schwachen Explosion
                              wieder anzündete, und nur Spuren von Kohlensäure enthielt; von letzterer war es
                              nämlich unmöglich, den Wein vor dem Versuch gänzlich zu befreien, selbst als man ihn
                              in einer Luftleere von 4,8 Centimeter Quecksilbersäule neben einer starken
                              Aetzkalilösung stehen ließ.
                           Der Wein widersteht der Einwirkung des Sauerstoffgases nicht so gut, wenn er jünger
                              ist, oder um es genauer auszudrücken, wenn er während seiner Aufbewahrung noch einen
                              Satz geben kann. Man kann ihn jedoch selbst in einem solchen Falle lange Zeit
                              aufbewahren, obne daß sich das Sauerstoffgas in Kohlensäure umwandelt. Es bildet
                              sich ein wenig Essigsäure. Unter welchen Bedingungen und wie lange er sich
                              conserviren läßt, ist nicht ganz genau anzugeben; die Abwesenheit eines Satzes hielt
                              ich aber stets für die sichere Bürgschaft seiner Unversehrtheit.
                           Der mit Sauerstoffgas imprägnirte Wein ändert so zu sagen seinen Geschmack nicht;
                              aber er erzeugt, bald nachdem man ihn getrunken hat, eine sehr merkliche Wärme, wie
                              die besten alten Weine und ein Gefühl von Wohlbefinden, welches sehr
                              charakteristisch ist, ohne sehr stark zu seyn.
                           Sollte sich dieses so einfache Getränk in der Arzneikunde nicht mit Nutzen anwenden
                              lassen?
                           Neben dem Sauerstoffgas, welches mittelst chlorsauren Kalis bereitet worden war,
                              mußte ich das Ozon untersuchen. Mehrere Liter von dem ozonisirten Sauerstoff,
                              welcher bei der Elektrolyse des Wassers sowohl mit einer kleinen Anzahl Bunsen'scher Elemente, als mit 20–50 derselben
                              erhalten worden war, wurden in Wein aus demselben Fasse wie der oben besprochene
                              gepumpt; es erfolgte aber selbst unter einem Druck von mehreren Atmosphären dadurch
                              keine Veränderung des Weines.
                           Ich habe auch versucht, ein durch Sauerstoffgas mussirend gemachtes Wasser
                              darzustellen. Wenn man Sauerstoffgas bei 6 bis 8 Atmosphären Druck in gewöhnliches
                              Wasser pumpt, so gibt es ungeachtet seiner geringen Löslichkeit eine Flüssigkeit,
                              welche anfangs gut schäumt und hinreichend Sauerstoffgas entwickelt, um eine fast
                              erloschene Kerze 10- bis 15mal wieder anzünden zu können. Der Schaum hört fast
                              augenblicklich wieder auf.
                           Dieses Wasser hat keinen merklichen Geschmack. Beim einmaligen Trinken erzeugt es
                              kein bemerkliches Gefühl; als ich es aber mehrere Tage nach einander trank, schien
                              es mir eine wirkliche Verbesserung der Respiration und selbst der Verdauung
                              hervorzubringen.
                           Die Darstellung des mit Sauerstoffgas imprägnirten Wassers und Weines im Großen,
                              bietet keine Schwierigkeit dar. Man sammelt das Sauerstoffgas in einem
                              Gasometer; aus diesem führt eine Saug- und Druckpumpe das Gas (durch zwei volle
                              Cylinder, wovon der erste mit Holzkohle, welche mit Aetznatron getränkt ist, und der
                              zweite mit gewöhnlicher Holzkohle in Körnern gefüllt ist) in einen Condensator,
                              worin man es auf einen Druck von 10 bis 15 Atmosphären bringt. Aus dem Condensator
                              läßt man es in die zu imprägnirende Flüssigkeit ziehen, indem man einen Savaresse'schen Apparat benutzt, welcher verzinnt ist,
                              wenn die Flüssigkeit in Wasser besteht, und versilbert, wenn man Wein oder andere
                              saure Flüssigkeiten anwendet.
                           Das Spiel der Pumpe wird durch die Wirkung welche der Sauerstoff auf das Oel ausüben
                              kann, durchaus nicht behindert. Wenn die Pumpe eine beträchtliche Masse hat, und man
                              den Kolben langsam sich bewegen läßt, so findet nicht die geringste Erhitzung statt,
                              und das Oel verharzt sich gar nicht. Der durch dasselbe ziehende Sauerstoff würde
                              selbst dann gar keinen Geruch annehmen, und folglich dem Wein keinen solchen
                              ertheilen, wenn er nicht durch die zwischen dem Gasometer und dem Condensator
                              eingeschaltete Kohlensäule seinen Weg nehmen müßte.
                           Es ist nur eine sehr kurze Zeit erforderlich, um die Sättigung des Wassers oder des
                              Weines mit dem comprimirten Sauerstoffgase zu bewerkstelligen.
                           Ich habe auch einige Versuche mit Stickstoffoxydulgas angestellt. Dasselbe war mit
                              (salmiakfreiem) salpetersaurem Ammoniak bereitet und so rein als möglich. Der mit
                              diesem Gase imprägnirte Wein scheint in hohem Grade die bekannten berauschenden
                              Wirkungen des Gases selbst hervorzubringen. Ein halbes Glas von bei 6 Atmosphären
                              gesättigtem Wein verursacht sie, und ich habe aus Vorsicht die Dosis nicht weiter
                              getrieben.