| Titel: | Ueber einige physikalische Eigenschaften der Legirungen von Zinn und Blei; von Dr. P. Bolley. | 
| Autor: | Pompejus Alexander Bolley [GND] | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. LXIV., S. 217 | 
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                        LXIV.
                        Ueber einige physikalische Eigenschaften der
                           Legirungen von Zinn und Blei; von Dr. P.
                              Bolley.
                        Bolley, über einige physikalische Eigenschaften der Legirungen von
                           Zinn und Blei.
                        
                     
                        
                           Es war von der Conferenz der chemisch-technischen Abtheilung des schweizerischen
                              Polytechnicums am Schlusse des Schuljahres 1858/59, mit dem Schlußtermin Mai 1861,
                              für die Bewerbung die folgende Preisaufgabe gestellt worden:
                           1) Uebersicht der in die chemisch-physikalische Literatur
                              übergegangenen Untersuchungen über die physikalischen Eigenschaften (namentlich die
                              Härte, den Schmelzpunkt und das specifische Gewicht) der Legirungen von Blei mit
                              Zinn;
                           2) Darstellung von neun Legirungen nach bestimmten
                              Aequivalentverhältnissen ihrer Bestandtheile und zwar der folgenden:
                           1 Aequiv. Zinn auf 1/4, 1/3, 1/2, 2/3, 1, 1 1/2, 2, 3, 4 Aequiv.
                              Blei.
                           3) Von diesen Legirungen soll das spec. Gewicht und der
                              Schmelzpunkt bestimmt werden. Es soll ferner untersucht werden: ihr Verhalten als
                              Elemente einfacher galvanischer Ketten in Verbindung mit Zinn, Blei und Zink, und in
                              Gegenwart von Säuren, alkalischen Flüssigkeiten und verdünnten Salzlösungen.
                           Der Polytechniker Hr. G. Pillichody aus Bern lieferte eine
                              Arbeit, die mit einem Preise gekrönt wurde, aus welcher wir einige der
                              interessantesten Resultate hier herausheben. Die Untersuchungen wurden im
                              technischen Laboratorium der Anstalt vorgenommen.
                           Was zunächst das specifische Gewicht der genannten
                              Legirungen betrifft, so geht aus der Vergleichung der hierüber angestellten
                              Untersuchungen von Kupffer, Long und Thomson hervor, daß diese ziemlich große Abweichungen
                              unter sich zeigen. Die Bestimmungen des Verfassers schließen sich denjenigen von Long am engsten an. Derselbe fand ferner übereinstimmend
                              mit Kupffer, daß das gefundene spec. Gewicht geringer
                              ist, als das mittlere aus den Quantitäten und spec. Gewichten der einzelnen Metalle,
                              und zwar wäre (abweichend von Kupffer's Angaben) die
                              Ausdehnung, d.h. die Differenz zwischen dem gefundenen und dem berechneten spec.
                              Gewicht bei der Legirung Sn Pb die größte, so daß sowohl
                              mit zunehmenden: Zinn- als mit zunehmendem Bleigehalt die beiden Ziffern des
                              gefundenen und berechneten spec. Gewichtes sich näherten. Die nachfolgende Tabelle
                              gibt genaueren Aufschluß über diese Verhältnisse.
                           Durch diese Untersuchungen wird neuerdings bestätigt, auf wie schwachen Füßen die
                              Gußprobe und die hydrostatische Probe als Gehaltsbestimmungsmittel der
                              Zinnbleilegirungen stehen.
                           
                           Tabelle über die specifischen Gewichte von
                                 Zinnlegirungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 162, S. 218
                              Legierung; Kupffer. gefund.;
                                 berechn.; diff.; Long; Thomson; Pillichody; Regnault
                              
                           
                           Ueber die Schmelzpunkte der Legirungen aus Zinn und Blei
                              finden sich noch viel größere Widersprüche in den Angaben der verschiedenen Autoren,
                              als über die specifischen Gewichte.
                           Die meisten Autoren, welche vor Rudberg oder ohne Kenntniß
                              von dessen Untersuchungen sich mit der Sache beschäftigten, übersahen einen sehr
                              wesentlichen und wohl den interessantesten Umstand, der dabei auftritt.
                           Man kann leicht den gemeinten Umstand übersehen, wenn man den Schmelzpunkt sucht,
                              anstatt des viel sicherere Resultate gebenden Erstarrungspunktes. Es findet sich bei
                              letzterer Methode, daß das in die schmelzende Legirung eintauchende Thermometer in
                              den meisten Fällen zweimal in Folge Uebergangs der Masse
                              aus der flüssigen in die feste Aggregatform Stillstand zeigt. Es scheidet sich
                              nämlich je nach der Zusammensetzung der Legirung zuerst eines der Metalle aus, und
                              eine Verbindung beider von constanter Zusammensetzung bleibt noch kürzere oder
                              längere Zeit flüssig. Diese Legirung entspricht der Formel Sn₃ Pb. Bei einer
                              bleireicheren Legirung würde sich also Blei und bei einer zinnreicheren Zinn zuerst
                              abscheiden. Die Legirung Sn₃ Pb würde noch einige Zeit flüssig bleiben und
                              endlich auch, bei einer Temperatur von etwa 181° C. erstarren. Die Temperatur
                              181° C. entspricht also dem niedrigsten Schmelzpunkt, der für eine Legirung
                              der beiden Metalle erreicht werden kann; sowohl mit größerem Bleigehalt als größerem
                              Zinngehalt steigt der Schmelzpunkt. Rudberg hat nur die
                              Zeiten bestimmt, welche für Erkaltungen von je 10° C. verliefen, auch ein
                              Thermometer gebraucht, dessen Nullpunkt nach seiner eigenen Angabe nicht genau
                              fixirt war. Hrn. Pillichody's Untersuchungen sind mit
                              einem genauen Thermometer und mit allen bei derartigen Arbeiten nöthigen Cautelen
                              ausgeführt. Bei allen Bestimmungen ergab sich ohne die geringsten Abweichungen die
                              Temperatur von 181° C. als der constante Erstarrungspunkt.
                           
                           Tabelle der Schmelzpunkte von
                                 Zinn-Bleilegirungen.
                           
                              
                                 
                                 NachPillichody.
                                 Rudberg.
                                 Thomson.
                                 Kupffer.
                                 Parkesfür
                                 
                              
                                 Sn₄ Pb
                                 187
                                 190–180
                                 190
                                 189
                                 (9 Sn +
                                       4Pb)173
                                 
                              
                                 Sn₃ Pb
                                 181
                                 190–180
                                    182,8
                                 186
                                 (6 + 4)168,8
                                 
                              
                                 Sn₂ Pb
                                 197
                                 210–200
                                    182,8
                                 196
                                 (4 + 4)188,8
                                 
                              
                                 Sn₃ Pb₂
                                 210
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Sn Pb
                                 235
                                 250–240
                                    182,2
                                 241
                                 (4 + 7)215,7
                                 
                              
                                 Sn₂ Pb₃
                                 246
                                 –
                                 –
                                 –
                                 (4 + 10)243,3
                                 
                              
                                 Sn Pb₂
                                 270
                                 280–290
                                 –
                                 289
                                 (4 + 14)254,4
                                 
                              
                                 Sn Pb₃
                                 283
                                 290–280
                                 –
                                 –
                                 (4 + 22)269,4
                                 
                              
                                 Sn Pb₄
                                 292
                                 –
                                 –
                                 –
                                 (4 + 28)275
                                 
                              
                           Man ersieht aus der obigen Tabelle, daß Thomson, der
                              wahrscheinlich auch den Erstarrungspunkt suchte, den variablen übersah, und nur in
                              der Nähe des constanten den Thermometerstand aufzeichnete. Auf den constanten Punkt
                              machen weder Parkes noch Kupffer aufmerksam.