| Titel: | Ueber die Ventilation der Schauspielhäuser; Bericht von Morin über die bezüglichen Arbeiten einer Commission der französischen Akademie der Wissenschaften. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. LXIX., S. 231 | 
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                        LXIX.
                        Ueber die Ventilation der Schauspielhäuser;
                           Bericht von Morin über die
                           bezüglichen Arbeiten einer Commission der französischen Akademie der
                              Wissenschaften.
                        Aus den Comptes rendus, August 1861, t. LIII p.
                              366.
                        Ueber die Ventilation der Schauspielhäuser.
                        
                     
                        
                           Der Seinepräfect hat eine Commission ernannt, welche unter dem Vorsitz von Prof. Dumas die verschiedenen Projecte für Heizung und
                              Ventilation der im Bau begriffenen Schauspielhäuser in Paris prüfen sollte.
                           Diese Commission hat zahlreiche Versuche angestellt, um ein motivirtes Urtheil
                              abgeben zu können; in dem betreffenden Berichte sind diese Versuche mitgetheilt und
                              besprochen.
                           Nach Erörterung der den verschiedenen Heizsystemen eigenthümlichen Uebelstände hat
                              die Commission das System der Erwärmung durch heiße Luft als das beste erkannt,
                              besonders aus dem Grunde, weil nach dem Eintritt des Publicums in das Schauspielhaus
                              die künstliche Erwärmung nur noch eine ganz untergeordnete Wichtigkeit hat, indem
                              die Menschen selbst und die Gasflammen hinreichend Wärme entwickeln.
                           Um eine hinreichende Lüftung zu bewirken, sind mindestens 30 Kubikmeter Luft
                              stündlich für jeden Zuschauer erforderlich. Ein geringeres Quantum würde nicht
                              ausreichen, und bei einem größeren sich zu viele Schwierigkeiten in der Ausführung
                              ergeben. Es ist indessen zu wünschen und zu hoffen, daß diese Menge in der Praxis
                              wird größer seyn können.
                           Die Hauptfrage, mit welcher sich die Commission beschäftigte, war die Art der
                              Zuführung und der Ableitung der Luft.
                           Diejenige, welche Darcet vorschlug und in Anwendung
                              brachte, nämlich die Luft durch einen zwischen den Fußböden und den Decken der Logen
                              angebrachten Doppelboden eintreten zu lassen, ist zwar die rationellste, aber ihre
                              Ausführung bot Schwierigkeiten in Folge der in den angenommenen Projecten
                              festgesetzten Etagenhöhen dar; andererseits ist die ebenfalls von Darcet angegebene Entleerung der verdorbenen Luft durch
                              das Abzugsrohr des Kronleuchters mit so anerkannten Uebelständen verbunden, daß auf
                              diese Methode verzichtet werden mußte.
                           
                           Die Commission sah sich daher veranlaßt, verschiedene Arten der Ab- und Zuführung von
                              Luft zu prüfen, und sie hat dieß durch mehrfache Versuche an einem Logenmodell von
                              natürlicher Größe ausgeführt.
                           Die vorgeschlagene Einführung der warmen oder frischen Luft durch den Hintergrund der
                              Logen erwies sich als unausführbar, weil dadurch für die Zuschauer in beiden Fällen
                              ein sehr lästiger Zug hervorgebracht wird.
                           Dagegen haben die Versuche bewiesen, daß man Luftschichten von 12 bis 15 Centimeter
                              Dicke durch Doppelböden einführen kann, welche zwischen dem Boden und der Decke der
                              Logen angebracht sind, ohne daß das Publicum durch das Aufsteigen der warmen Luft
                              oder durch das Niedersinken der kalten Luft belästigt wird.
                           Endlich hat es sich auch herausgestellt, daß die Entleerung der verdorbenen Luft
                              durch den Hintergrund der Logen geschehen kann, ohne die Zuschauer im geringsten zu
                              belästigen.
                           Es folgt hieraus, daß die frische Luft so nahe wie möglich an den Punkten eingelassen
                              werden kann, wo sie nothwendig ist, und daß die Ableitung da geschehen kann, wo die
                              Luft verdorben ist.
                           Um aber das erforderliche Quantum frischer Luft zu beschaffen, erscheint es
                              unumgänglich, auf der Bühne eine der Rampe concentrische ringförmige Zone von
                              Oeffnungen anzubringen, deren Größe mäßig angenommen wurde, damit der zufließende
                              Luftstrom die Schauspieler nicht belästigt; ebenso ist eine weitere Zahl von
                              Einführungs-Oeffnungen in den Seitenwänden der die Bühne vom Zuschauerraum
                              trennenden Mauer als nothwendig erkannt worden.
                           Um den Lufteintritt durch alle Oeffnungen mit Sicherheit zu bewirten, hält die
                              Commission die Benutzung eines mechanischen Apparats nicht für erforderlich. Die
                              überflüssige Wärme des Heizapparats nach dem Eintritt des Publicums, sowie die durch
                              besondere Oefen entwickelte, ferner die von dem Kronleuchter und den übrigen Lampen
                              gelieferte Wärme bilden die Basis des Zugsystems; die Ventilation kann auch noch
                              durch besondere, in den Luftzügen anzubringende Gasflammen verstärkt werden.
                           Die Commission schlägt ferner vor, die Hitze der Flammen auf der Rampe nutzbar zu
                              machen, und dadurch die Schauspieler zugleich vor den bekannten Gefahren zu
                              schützen. Die von ihr angenommene Einrichtung der Rampe, mit dazu gehörenden
                              sinnreich angebrachten Reflectoren, ist in der Oper angewandt worden, ohne daß man
                              aber die Wärme der Rampe zur Ventilation benutzt.
                           Versuche haben ergeben, daß man über den Flammen des Kronleuchters, ohne denselben zu schaden, ja
                              sogar mit einem günstigen Einfluß auf deren regelmäßiges Brennen, eine Hülle
                              anbringen kann, welche mit einem sehr engen Zugrohr in Verbindung steht, so daß der
                              durch den Kronleuchter bewirkte Zug sehr vermindert wird, während man doch die
                              Benutzung seiner Wärme in der Hand behält.
                           Nach diesen Untersuchungen hat die Commission zwei Projecte aufgestellt, welche sie
                              dem Seinepräfect vorlegte. Das erste dieser Projecte, für das théâtre Lyrique bestimmt, ist angenommen worden und wird
                              eben jetzt ausgeführt.
                           Das zweite, für das théâtre du Cirque
                              bestimmt, ist, von dem Seinepräfect wegen der Kosten nicht gebilligt, durch ein
                              anderes ersetzt worden, welchem die Commission jedoch gänzlich fremd ist. Nach
                              Beendigung der Bauten wird die Commission in der Lage seyn, die erhaltenen Resultate
                              zu prüfen und die Richtigkeit der Principien zu constatiren.