| Titel: | Ueber die chemische Wirkung des Lichtes auf die organischen Substanzen und ihre Anwendung für photographische Abdrücke; von A. Poitevin. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XC., S. 298 | 
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                        XC.
                        Ueber die chemische Wirkung des Lichtes auf die
                           organischen Substanzen und ihre Anwendung für photographische Abdrücke; von A. Poitevin.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, Juni 1861, S.
                              192.
                        Poitevin, über die chemische Wirkung des Lichtes auf die
                           organischen Substanzen etc.
                        
                     
                        
                           Erster Theil.Wirkung des Lichtes auf die mit doppelt-chromsaurem Kali
                                 versetzte Gelatine. – Eigenschaften welche die Gelatine dadurch erlangt.
                                 – Helioplastische Gravirung.
                           Die Wirkung des Lichtes auf das doppelt-chromsaure Kali in Gegenwart einer
                              organischen Substanz hat Ponton
                              Polytechn. Journal Bd. LXXIV S.
                                       65. am Anfang des Jahres 1840 zuerst angewendet, um negative Copien von
                              Zeichnungen zu erhalten, deren Farbstoff bloß das Chromoxyd war. Edm. Becquerel
                              Comptes rendus, 1840, t. X p. 469; polytechn. Journal Bd. LXXVI S. 301. benutzte zuerst zu demselben Zweck die Veränderung welche die organische
                              Substanz unter dem Einfluß des Sauerstoffs der durch das Licht zersetzten Chromsäure
                              erleidet; er operirte auf Stärkmehl, welches so die Eigenschaft verlor durch
                              Jodwasser gebläut zu werden. Später beobachtete Talbot,Comptes rendus, 1853, t. XXXVI p. 780; polytechn. Journal
                                    Bd. CL S. 276. daß das Licht den mit doppelt-chromsaurem Kali versetzten reinen Leim
                              (Gelatine) undurchdringlich macht, was ihm gestattete durch ein photographisches
                              Verfahren und chemische Aetzung Stahlplatten zu graviren.
                           
                           Im December 1854 fand ich, daß die Gelatine, wenn man eine mit doppelt-chromsaurem
                              Kali gemischte Schicht derselben dem Einfluß des Lichtes aussetzt, in warmem Wasser
                              vollständig unauflöslich wird. Ich beobachtete ferner, daß die Gelatine nicht nur
                              ihre Löslichkeit verliert, sondern auch ihre Eigenschaft im kalten Wasser nach einer
                              gewissen Zeit zu beiläufig ihrem sechsfachen Volum anzuschwellen. Letztere
                              Beobachtung führte mich zur photographischen Gravirung der Gelatineschicht selbst.
                              Bei diesem Verfahren, welches ich Helioplastik genannt
                              habe, bildeten die belichteten Theile der Schicht die Vertiefungen, die anderen
                              hingegen, indem sie durch ihr Eintauchen in Wasser von gewöhnlicher Temperatur an
                              Volum zunahmen, die Erhabenheiten; durch Abformen, zuerst in Gyps, dann auf
                              galvanoplastischem Wege in Kupfer, erhielt ich sowohl vertieft gravirte Platten für
                              die Kupferdruckerpresse, als erhaben gravirte für die Buchdruckerpresse, je nach dem
                              Schirm oder Bild, durch welche hindurch ich das Licht auf die doppelt-chromsaures
                              Kali enthaltende Gelatineschicht einwirken ließ.Ich ließ mir diese Erfindung am 26. August 1855 in Frankreich patentiren.
                              
                           Ich verfahre folgendermaßen: Die Gelatine muß weiß und von guter Qualität seyn; die
                              gewöhnlichen Leimsorten habe ich nicht versucht: ich zerschneide sie in Stücke, und
                              lasse sie in destillirtem Wasser erweichen. Von derselben lasse ich auf einer
                              Weingeistlampe oder im Wasserbade eine der Dicke der zu erzielenden Schicht
                              entsprechende Quantität flüssig werden und versetze sie, oder nicht, mit einer
                              concentrirten Auflösung von doppeltchromsaurem Kali; dieses Gemisch gieße ich auf
                              ein mittelst Alkohol und Kreide gut gereinigtes plattirtes Kupferblech, oder auf
                              eine Glastafel, überhaupt auf eine horizontal gelegte Fläche; ich lasse dann diese
                              Schicht von selbst an einem Orte trocknen, wo sie gegen Staub, und wenn sie
                              doppelt-chromsaures Kali enthält, auch gegen das Licht geschützt ist.
                           
                              1. Darstellung von Platten in
                                    vertiefter Manier nach Art der mit Scheidewasser geätzten
                                    Kupferstiche.
                              Die Gelatineschicht muß nach dem Austrocknen eine sehr schwache Dicke haben: 4
                                 bis 5 Decigramme Gelatine sind per Quadratdecimeter
                                 Plattenfläche ausreichend. Ich löse die Gelatine in einer zum Ausbreiten
                                 hinreichenden Wassermenge auf, und versetze sie mit einigen Tropfen einer
                                 concentrirten Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali: eine zu große Menge von
                                 diesem Salze würde kleine Flecke hervorbringen, indem es in der Gelatineschicht
                                 während ihres Trocknens krystallisirt. Die mit doppeltchromsaurem Kali empfindlich gemachte
                                 und im Dunkeln getrocknete Schicht bedeckt man mit dem Bild welches man copiren
                                 will, oder mit einer positiven Copie dieses Bildes, und exponirt; die Wirkung
                                 erfolgt in einigen Minuten an der Sonne. Ich bringe alsdann die Platte in
                                 gewöhnliches Wasser; diejenigen Theile der Gelatine, auf welche das Licht nicht
                                 einwirkte, schwellen nach und nach auf, während die vom Licht getroffenen kein
                                 Wasser absorbiren und Vertiefungen bilden. Um gravirte Kupferplatten zu
                                 erhalten, habe ich zwei Verfahrungsarten angewandt: die erste besteht darin, die
                                 exponirte und theilweise ausgequollene Gelatinefläche in Gyps abzuformen; von
                                 der Gypsform mache ich eine zweite Form aus Gutta-percha, welche ich metallisire
                                 und auf die ich Kupfer galvanisch niederschlage; das zweite Verfahren besteht
                                 darin, die Gelatinefläche selbst zu metallisiren und auf sie direct Kupfer zu
                                 fällen.
                              Um in Gyps abzuformen, überziehe ich die mit Wasser imprägnirte Gelatinefläche
                                 mit einer Auflösung von Eisenvitriol, zu dem Zweck das Anhaften des Gypses an
                                 die Gelatine zu verhindern; ich wasche mit gewöhnlichem Wasser, und nach dem
                                 Abtropfen gieße ich auf die an den Rändern mit Leistchen eingefaßte
                                 Gelatinetafel dicken Gypsbrei, ich entferne die Luftblasen mit einem Pinsel, und
                                 nachdem der Gyps erstarrt ist, bringe ich die Oberfläche der Gelatinetafel in
                                 Berührung mit einer schwachen Schicht in einer Schale befindlichen Wassers,
                                 wornach ich die Form vorsichtig ablöse. Die Oberfläche der Gelatine wurde durch
                                 dieses Abformen nicht benachtheiligt; ich wasche sie in viel Wasser, und nachdem
                                 ich sie wie vorher mit der Eisenvitriollösung behandelt habe, gieße ich Gyps
                                 darauf, welcher mir einen zweiten Abdruck liefert. Man kann so eine große Anzahl
                                 gleich getreuer Formen erhalten.
                              Auf den feuchten Gyps gieße ich, bei 100° C. Temperatur, ein Gemisch von 2
                                 Theilen gelbem Wachs, 1 Th. Gutta-percha und 1 Th. Harz, oder auch bloß ein
                                 Gemisch von 1 Th. Wachs und 1 Th. Harz. Ich metallisire diesen Gegenabdruck mit
                                 einer Auflösung von Phosphor in Aether und Schwefelkohlenstoff, welche ich auf
                                 die Oberfläche gieße, und tauche ihn hernach in eine Auflösung von
                                 salpetersaurem Silber. Ich habe diese Formen auch in der Weise metallisirt, daß
                                 ich sie mit jodirtem Collodium überzog, mit salpetersaurem Silber für das Licht
                                 empfindlich machte, und nach dem Exponiren mit einer Auflösung von Eisenvitriol
                                 behandelte. In beiden Fällen hat man eine mit metallischem Silber überzogene
                                 Oberfläche, welche die Elektricität sehr gut leitet. Diese Formen geben in einem
                                 galvanoplastischen Bade eine vertieft gravirte Kupferplatte.
                              Um die gravirte Gelatineschicht unmittelbar mittelst der Batterie in Kupfer abzuformen, entziehe
                                 ich ihr durch mehrmaliges Waschen sämmtliches durch das Licht nicht zersetzte
                                 doppelt-chromsaure Kali, lasse sie trocknen, und tauche sie dann in eine
                                 Auflösung von 10 Th. Jodkalium in 100 Th. Wasser; nachdem die Gelatinetafel mit
                                 derselben getränkt ist, nehme ich sie heraus, und lasse sie abtropfen bis jede
                                 Spur der Flüssigkeit verschwunden ist. Ich mache sie dann in einem Bade von
                                 salpetersaurem Silber für das Licht empfindlich und nach einer kurzen Exposition
                                 reducire ich das Silbersalz durch Eisenvitriol; auf diese Oberfläche kann nun
                                 galvanoplastisch Kupfer gefällt werden.
                              Auf der so erhaltenen vertieft gravirten Kupferplatte befindet sich die Zeichnung
                                 in demselben Sinne wie auf der directen Copie, unter welcher die empfindliche
                                 Schicht exponirt wurde; wenn die Kupferplatte Abzüge im Sinne des Originals
                                 geben soll, muß man daher die empfindliche Gelatineschicht unter einem Positiv
                                 im umgekehrten Sinne der Originalzeichnung exponiren.
                              
                           
                              2. Darstellung von Platten in
                                    erhabener Manier nach Art der Buchdrucker-Clichés.
                              Die Gelatineschicht muß dicker seyn als im vorhergehenden Falle, 8 Decigramme bis
                                 1 Gramm Gelatine sind per Quadratdecimeter der zu
                                 präparirenden Fläche hinreichend; eine größere Dicke würde stärkere
                                 Erhabenheiten geben, aber alsdann wäre die Oberfläche der Platte nicht eben
                                 genug, um sich gehörig schwärzen zu lassen. Ich gieße auf eine horizontal
                                 gelegte Glastafel die aufgelöste Gelatine ohne Zusatz von doppelt-chromsaurem
                                 Kali, und lasse dann diese Schicht an einem gegen Staub geschützten Orte von
                                 selbst trocknen, oder besser in einem erwärmten Raume. Nachdem sie trocken ist,
                                 tauche ich sie fünf bis sechs Minuten in eine concentrirte Auflösung von
                                 doppelt-chromsaurem Kali; nach dem Herausziehen wasche ich sie rasch in
                                 gewöhnlichem Wasser, um das überschüssige chromsaure Kali von der Oberfläche der
                                 Gelatine zu entfernen, und lasse diese Schicht zum zweitenmal trocknen, aber nun
                                 im Dunkeln. Man muß die so präparirte Gelatineplatten so bald als möglich
                                 anwenden, denn nach wenigen Tagen verliert die mit doppelt-chromsaurem Kali
                                 versetzte Gelatine zum Theil die Eigenschaft in Wasser aufzuschwellen, selbst
                                 wenn sie gegen die Lichteinwirkung geschützt blieb.
                              Diese Gelatineschichten exponire ich unter einer negativen Copie der
                                 herzustellenden Zeichnung; diese Copie muß sehr scharf und sehr kräftig seyn.
                                 Man muß das Licht so lange einwirken lassen, daß es durch die Dicke der Schicht
                                 dringt, denn sonst würde man eine erhabene Zeichnung erhalten, deren
                                 verschiedene Striche nicht auf derselben Ebene wären. Aus diesem Grunde wende ich nur
                                 Schichten von einer Dicke an, welche hinreicht um die Vertiefungen gedrängter
                                 Stiche zu liefern; die Lichter von einer gewissen Ausdehnung muß man immer mit
                                 dem Schaber oder Flachstichel aushöhlen, entweder auf der Gypsform oder auf dem
                                 Kupfer. Das Exponiren unter einer Copie auf Glas darf nicht über zwanzig bis
                                 dreißig Minuten in der Sonne dauern. Auf der Oberfläche der belichteten Schicht
                                 befindet sich die Zeichnung in brauner Farbe; wenn die Gelatineplatte an der
                                 Sonne heiß geworden ist, läßt man sie abkühlen, bevor man sie in das Wasser
                                 taucht, worin die vom Licht nicht getroffenen Theile aufschwellen sollen. Ich
                                 forme in Gyps ab, wie im vorhergehenden Falle; von dieser Form mache ich einen
                                 Abdruck aus einem Gemisch von Gutta-percha, Wachs und Harz, auf welchen ich
                                 Kupfer galvanoplastisch niederschlage; so erhalte ich eine erhaben gravirte
                                 Kupferplatte, welche man auf einem Block von der Höhe der Lettern befestigen und
                                 in die Buchdruckerform einschalten kann.
                              
                           
                        
                           Zweiter Theil.Ueber die Unauflöslichkeit, welche durch die Zersetzung des
                                 doppeltchromsauren Kalis unter dem Einfluß des Lichtes den Gummiarten, der
                                 Gelatine, dem Eiweiß etc. ertheilt wird. – Anwendung derselben für
                                 photographische Abdrücke in Kohle und unauflöslichen Farben; Fixirung der fetten
                                 Schwärze, Photolithographie.
                           Im Januar 1855 habe ich bei Versuchen über die Wirkung des Lichtes auf Gemenge von
                              doppelt-chromsaurem Kali mit arabischem Gummi, Stärkekleister, Zucker, und
                              hauptsächlich mit Gelatine oder Eiweiß gefunden, daß die Chromsäure, indem sie sich
                              zersetzt, alle diese Körper in Wasser, selbst lauwarmem, unauflöslich macht. Diese
                              Eigenschaft wandte ich sogleich als Grundlage neuer photographischer Druckmethoden
                              an.Ich ließ mir dieselben am 26. August 1855 in Frankreich patentiren. Die erwähnten organischen Substanzen lassen sich sämmtlich mit mehr oder
                              weniger Vortheil anwenden, wenn man die Operationsweise und den beabsichtigten
                              besonderen Effect etwas modificirt. Ich blieb bei der Anwendung des Eiweißes für directe Abdrücke stehen und werde daher hier
                              nur von dieser Substanz sprechen.
                           
                              1. Fixirung der Kohle und der
                                    unauflöslichen Farben auf Papier und anderen Flächen.
                              Ich setze einem Volum Eierweiß, welches mit ein Drittel Wasser verdünnt,
                                 geschlagen und durch feine Leinwand passirt wurde, ein gleiches Volum
                                 concentrirter Auflösung von doppelt-chromsaurem Kali zu. Der färbende Körper, welcher im
                                 Zustande eines unfühlbaren Pulvers seyn muß, wird mit einer hinreichenden Menge
                                 dieser Mischung angerührt, um ein Gemisch zu bilden welches so flüssig ist, daß
                                 es sich leicht auf dem Boden einer flachen Schale ausbreitet, damit man auf der
                                 Oberfläche dieser Flüssigkeit die empfindlich zu machenden Papierbogen schwimmen
                                 lassen, oder auch dieselbe mit einem großen Pinsel oder einem Bällchen auf dem
                                 Papier und den sonstigen Flächen, worauf das Lichtbild hervorgebracht werden
                                 soll, ausbreiten kann. Nachdem das präparirte Papier etc. von selbst oder in der
                                 Wärme, aber in einem gegen das Licht geschützten Raume, vollständig getrocknet
                                 ist, muß es sobald als möglich angewandt werden, weil die Chromsäure selbst im
                                 Dunkeln ihre oxydirende Wirkung ausübt; man kann jedoch das Papier am Abend vor
                                 dem Tage, wo es benutzt werden soll, präpariren.
                              Diese Flächen exponire ich unter einer negativen Copie der hervorzubringenden
                                 Zeichnung einige Minuten lang im directen Sonnenlicht, oder längere Zeit im
                                 zerstreuten Lichte. Nach der Exposition tauche ich das Papierblatt in
                                 gewöhnliches Wasser, in welchem sich alle Theile, auf die das Licht nicht
                                 einwirkte, auflösen und dabei den färbenden Körper mit sich nehmen, wogegen die
                                 belichteten Theile das mit dem Farbstoff versehene Eiweiß zurückhalten, und zwar
                                 im Verhältniß der Lichtmenge, welche durch die hellen Theile der Copie gedrungen
                                 ist. Die so erhaltenen Zeichnungen sind unveränderlich, gewöhnlich fehlen ihnen
                                 aber die Halbtinten, besonders wenn die präparirte Schicht eine gewisse Dicke
                                 hatte. Ich habe auf diese Weise Handschriften und Zeichnungen in Strichen
                                 photographisch copirt. Man kann schattirte Bilder erhalten, wenn man dünnes
                                 Papier (z.B. solches zum Durchzeichnen) anwendet und unter diesem die Schicht
                                 von Eiweiß und doppelt-chromsaurem Kali exponirt; da hierbei alle unauflöslich
                                 gewordenen Theile, selbst in den zartesten Halbtinten, sich in Berührung mit dem
                                 Papier befinden, so bleiben sie an demselben haften und widerstehen der
                                 Operation des Waschens.
                              Wenn man das beschriebene Verfahren auf Glasflächen anwendet, so kann man
                                 verglasbare Oxyde fixiren, welche man nur schmelzen zu lassen braucht, um
                                 unveränderliche Lichtbilder zu erhalten.
                              Das Princip dieses Verfahrens wurde seit der Anwendung, welche ich davon gemacht
                                 habe, von mehreren Photographen benutzt, und die verschiedenen Kunstgriffe,
                                 welche sie meiner Operirmethode beifügten, beweisen daß dasselbe gute Resultate
                                 zu liefern vermag. Diese Photographen sind unter anderen die HHrn. Pouncy,Bulletin de la Société de
                                          Photographie, 1859 p. 139.
                                 Garnier und Salmon
                                 Bulletin de la Société de
                                          Photographie, 1859 p. 140 et 361 und insbesondere Hr. Fargier,Bulletin de la Société de
                                          Photographie, 1860 p. 340. welcher in der letzten Zeit auf einer Schicht von Gelatine und
                                 doppelt-chromsaurem Kali sehr schöne photographische Abdrücke erhielt, indem er
                                 nur die Oberfläche der exponirten Schicht benutzte.
                              
                           
                              2. Photographischer Druck in fetter
                                    Schwärze auf Papier und auf Stein; Photolithographie.
                              Die Wirkung des Lichtes auf das mit dem Gemisch von Eiweiß und
                                 doppelt-chromsaurem Kali präparirte Papier gestattete mir auch bloß die fetten
                                 Körper auf den belichteten Theilen zu fixiren, und unmittelbar ein Lichtbild in
                                 gewöhnlicher fetter Schwärze, sowohl lithographischer als typographischer, zu
                                 erhalten. Diese unveränderlichen Zeichnungen kann man so aufbewahren, oder sie
                                 auf Stein, Zink etc. Überdrucken, um davon entweder in der Presse Abzüge
                                 zu machen, oder sie in gravirte Platten umzuwandeln. Die von mir befolgte
                                 Methode ist folgende: Nachdem das Papier auf vorher erwähnte Weise empfindlich
                                 gemacht worden ist, exponire ich es unter der negativen Copie der Zeichnung zehn
                                 bis fünfzehn Minuten an der Sonne; man kann hier die Wirkung des Lichts nach der
                                 gelblichbraunen Farbe bemessen, welche es dem Papier ertheilt. Ich trage hernach
                                 mit dem Bällchen hinreichend flüssige Druckerschwärze auf, und überziehe die
                                 ganze belichtete Oberfläche mit einer dünnen und gleichförmigen Schicht
                                 derselben; dieses mit Schwärze überzogene Blatt tauche ich in gewöhnliches
                                 Wasser und lasse es darin, bis es gänzlich mit demselben getränkt ist; hernach
                                 ziehe ich es heraus, breite es auf einer ebenen Fläche aus, und beseitige mit
                                 demselben Bällchen, durch eine regelmäßige Behandlung, alle fette Schwärze,
                                 welche sich auf den Theilen befindet, wo das Eiweiß löslich geblieben ist. Die
                                 Zeichnung kommt dann allmählich zum Vorschein, und ich kann sie in beliebiger
                                 Schwärzung erhalten. Dieses Verfahren hat der englische Oberst James
                                 The Photographie News, 16. März 1860;
                                       polytechn. Journal Bd. CLX S.
                                          135. Photozinkographie, um Abdrücke photographischer Copien von Planen und
                                 Karten zu machen, sowie auch Hr. Asser
                                 Bulletin de la Société
                                          française de Photographie, 1859 p. 211 et 260; polytechn. Journal Bd. CLVII S. 199. angewandt.
                              Indem ich auf dem lithographischen Stein in derselben Weise operirte wie auf dem
                                 Papier, erhielt ich viel vollkommenere Resultate und schuf für die Industrie ein
                                 neues Druckverfahren, welches unter der Benennung 
                                 Lithophoto- oder Photolithographie schon sehr bekannt ist. Ich habe zwei Jahre der
                                 Vervollkommnung dieses Verfahrens gewidmet, welches gegenwärtig in der
                                 bedeutendsten und am besten dirigirten unserer Steindruckereien, derjenigen des
                                 Hrn. Lemercier, angewendet wird. Um die
                                 photographische Zeichnung auf Stein zu erhalten, verfährt man
                                 folgendermaßen:
                              Man setzt einem Ei ein Drittel Wasser zu, schlägt es und seiht die Flüssigkeit
                                 durch ein Leinentuch, um die in derselben suspendirten organischen Fasern
                                 abzusondern; dann fügt man ihr ein gleiches Volum concentrirter Auflösung von
                                 doppelt-chromsaurem Kali bei. Dieses Gemisch muß in einer Glasflasche gegen das
                                 Licht geschützt aufbewahrt werden; so lange als es flüssig bleibt, ist es
                                 verwendbar: aber nach einigen Tagen, besonders im Sommer, verdickt es sich und
                                 bekommt ein fettes Ansehen, weil die Chromsäure sogar im Dunkeln auf das Eiweiß
                                 wirkt; alsdann muß man es erneuern.
                              Die Oberfläche des Steins, welche man empfindlich machen will, muß vorher sehr
                                 fein gekörnt worden seyn; man reinigt sie durch Waschen mit Wasser, dann
                                 überzieht man sie mit einer möglichst gleichen Schicht des erwähnten Gemisches,
                                 welches man mit dem Pinsel auftragen kann; man beseitigt den Ueberschuß der
                                 Flüssigkeit, wornach man mittelst eines Bällchens aus alter Leinwand diese
                                 Schicht ausgleicht und abwischt. Alsdann wird die negative Copie der
                                 darzustellenden Zeichnung auf den Stein gelegt, so daß die Bildseite mit der
                                 empfindlich gemachten Steinfläche in Berührung ist; man befestigt sie an den
                                 Ecken, und exponirt das Ganze im directen Sonnenlicht; die Dauer der Exposition
                                 beträgt während des Sommers an der Sonne fünfzehn bis zwanzig Minuten, hängt
                                 jedoch von der größeren oder geringeren Durchsichtigkeit des negativen Bildes
                                 ab, und läßt sich bei einiger Erfahrung mit hinreichender Sicherheit bemessen.
                                 Nach beendigter Exposition bringt man den Stein in das Arbeitslocal zurück, und
                                 läßt ihn, gegen das Licht geschützt, die umgebende Temperatur annehmen. Beim
                                 Abheben des angewandten Bildes findet man die Zeichnung schwach in brauner Farbe
                                 auf dem hellen Grunde des Steines copirt. Behufs des Auftragens der fetten
                                 Schwärze befeuchtet man vorher die ganze belichtete Oberfläche des Steins mit
                                 einem mit Wasser getränkten Schwamm, dann überfährt man sie in allen Richtungen
                                 mit einer Schwärzwalze, welche mit autographischer
                                    Tinte überzogen ist. Dieses Schwärzen muß mit der größten Sorgfalt
                                 ausgeführt werden, weil davon das Gelingen der Operation abhängt; es läßt sich
                                 schnell und mit Leichtigkeit bewerkstelligen, wenn die Expositionszeit die
                                 geeignete war. Man erhält so eine positive Copie der angewandten Zeichnung, weil
                                 der fette Körper nur
                                 denjenigen Theilen anhaftet, auf welche das Licht einwirkte, wo sich folglich
                                 das modificirte Eiweiß nicht befeuchtet, wogegen in den anderen Theilen das
                                 Eiweiß löslich blieb, sich daher befeuchtet und den fetten Körper abstoßt; es
                                 wirkt wie das arabische Gummi bei der gewöhnlichen Lithographie. Man kann so auf
                                 Stein ein eben so vollkommenes Lichtbild erhalten, wie auf Papier, welches mit
                                 Silbersalzen präparirt ist. Wenn die Exposition zu lange dauerte, so erhält man
                                 eine Zeichnung, welche zu stark geschwärzt ist; man kann alsdann deren Ton durch
                                 Behandlung mit Terpenthinöl herabstimmen, wornach man den Stein vollkommen
                                 befeuchtet, und ihn neuerdings, aber schwach, einschwärzt. Im entgegengesetzten
                                 Falle, wenn die Exposition nicht lange genug gedauert hat, fehlt es der
                                 Zeichnung an Halbtinten; wenn man dann das Einschwärzen weiter treiben will, so
                                 vermischt man das Ganze; es ist daher vorzuziehen, die Operation auf einem
                                 andern Stein zu wiederholen. Nachdem man die Zeichnung erhalten hat, läßt man
                                 sie beiläufig einen Tag liegen, damit die Schwärze in den Stein eindringt und
                                 ihm stärker anhaftet; hernach gummirt man denselben, und schwärzt ihn
                                 neuerdings, worauf man die Bildfläche wie für eine gewöhnliche Zeichnung in
                                 Kreidemanier präparirt, nämlich schwach mit Salpetersäure geschärftes Wasser
                                 schnell auf dem ganzen Stein verbreitet. Derselbe wird alsdann druckfertig
                                 gemacht, und liefert eben so viele gute Abdrücke wie die gewöhnlichen
                                 lithographischen Zeichnungen; die Erfahrung hat sogar gezeigt, daß ihm der fette
                                 Körper stärker anhaftet.
                              Die nach diesem Verfahren erhaltenen photolithographischen Abdrücke werden von
                                 den Künstlern und insbesondere von den Archäologen sehr geschätzt; sie
                                 concurriren schon mit den gewöhnlichen Lichtbildern, und haben vor denselben
                                 nicht nur den Vortheil der Unveränderlichkeit, sondern auch den, daß sie in Ton
                                 und Farbe einander ganz gleich sind; überdieß können sie zu einem geringeren
                                 Preise geliefert werden. Die Feinheit der mit Silbersalzen auf Papier
                                 dargestellten Lichtbilder erreichen sie jedoch nicht, weil die Zeichnung beim
                                 Uebergang vom Stein auf das Papier immer verliert.
                              Hr. Lemercier (an welchen ich meine Patente abgetreten
                                 habe) stellt nach diesem Verfahren auch sehr schöne farbige Abdrücke dar, welche
                                 die bisherigen Chromolithographien an Weichheit und an Harmonie
                                 übertreffen.Der dritte Theil dieser Abhandlung von Poitevin betrifft die Wirkung des Lichts auf ein Gemisch von Eisenchlorid und
                                          Weinsteinsäure, und die Anwendung derselben zur Darstellung von
                                          Tintebildern, Kohlebildern, von Bildern, welche aus farbigen Pulvern
                                          bestehen, und von Emailbildern. Wir haben den Inhalt dieses
                                       Theiles bereits aus den Comptes rendus im
                                       polytechn. Journal Bd. CLIX S.
                                          444 vollständig mitgetheilt.A. d. Red.