| Titel: | Die verbesserte Turbinenconstruction von Eduard Hänel, Maschinendirector der gräfl. Stolberg'schen Maschinenfabrik in Magdeburg. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XCIII., S. 323 | 
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                        XCIII.
                        Die verbesserte Turbinenconstruction von
                           Eduard Hänel,
                           Maschinendirector der gräfl. Stolberg'schen Maschinenfabrik in Magdeburg.
                        Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
                              1861, Heft 7 u. 8, S. 163.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Hänel's verbesserte Turbinenconstruction.
                        
                     
                        
                           Durch den Bau eines neuen Walzwerks bei der der Mansfelder Gewerkschaft gehörigen
                              Rothenburger Hütte zu Rothenburg a. d. S. war der Abbruch der alten daselbst
                              befindlichen gewerkschaftlichen Mahlmühle bedingt, und der Aufbau einer neuen
                              Mahlmühle beschlossen.
                           Obgleich nun der Saalfluß ein Wasserquantum führt, welches bei dem in Rothenburg
                              vorhandenen Maximalgefälle von circa 6 Fuß auch bei
                              knappem Wasser hinreichend seyn dürfte, um den zum Betriebe der Rothenburger Hütte
                              erforderlichen Motoren für die beiden Walzwerke, die Hammerwerke und die Mahlmühle
                              zu genügen, so bedingten zwei andere Gründe, diese Motoren so zu construiren, daß
                              von denselben der bestmögliche Nutzeffect unter allen Umständen zu erreichen
                              sey.
                           Der erste Grund liegt darin, daß das erwähnte Maximalgefälle von circa 6 Fuß nur beim niedrigsten Stand des Unterwassers
                              vorhanden ist, und dieser Stand durchschnittlich nur 3 bis 4 Monate im Jahr
                              stattfindet, während für die übrige Zeit des Jahres durch Stauwasser dieses Gefälle
                              sehr veränderlich wird, und sogar beim Hochwasser, wenn auch nur auf die Dauer von
                              ein Paar Tagen, ganz verschwindet. Ist nun auch der Natur der Sache gemäß mit dem
                              Anwachsen der Saale und der dadurch bedingten Vermehrung ihres Wasserquantums durch
                              letzteres, bis zu gewissen Grenzen, ein Aequivalent für den entstandenen
                              Gefällverlust gegeben,
                              so würden doch die Motoren ohne eine rationelle Construction derselben bezüglich
                              ihres Nutzeffects zu große Dimensionen, und mit diesen kostspielige Ausführung und
                              Unterhaltung erfordern, wollte man die eintretenden schwankenden Gefällverhältnisse
                              durch eine übermäßige Mehrbeaufschlagung der Motoren compensiren. Der andere, und
                              noch wichtigere Grund, welcher den bestmöglichen Nutzeffect der Motoren bedingte,
                              bestand in der Lage des vorhandenen Wehres und des ebenfalls vorhandenen
                              Wasserzuführungsgrabens zu der zwischen Wehr und Obergraben liegenden
                              Schiffsschleuße. Es würde nämlich eine nicht unwesentliche Inconvenienz für die die
                              Schleuße benutzenden Schiffe gewesen seyn, wäre bei der beabsichtigten Vergrößerung
                              der Rothenburger Hüttenanlage durch sorglose Construction der Motoren ein wesentlich
                              größerer Wasserbedarf für dieselben erforderlich gewesen, als bei den alten
                              bestehenden Motoren, indem durch die herbeigeführte größere Wasserzuführung nach dem
                              Obergraben vor demselben eine größere Strömung entstanden wäre und so das Ein- und
                              Auslaufen der Schiffe in die Schleuße mit Gefahr für Schiff und Mannschaft
                              verbunden, oder, um diese zu vermeiden, eine zeitweilige Sistirung des Betriebes auf
                              der Hütte nöthig gewesen seyn würde.
                           Hr. Maschinenbauinspector Richards in Eisleben, welcher
                              mit den Entwürfen und Ausführungen der maschinellen Bauten der genannten
                              Gewerkschaft betraut ist, hatte zu dieser neuen Anlage, in sachgemäßer Würdigung der
                              obwaltenden Wasserverhältnisse und der Eigenthümlichkeit und Zweckmäßigkeit des
                              Betriebes entsprechend, für das neue Walzwerk als Motor ein Kropfrad und für die
                              neue Mahlmühle als Motoren Turbinen in Vorschlag gebracht.
                           Es wurde dieser Vorschlag von der Gewerkschaft genehmigt, und die gräflich Stolberg'sche Maschinenfabrik in Magdeburg aufgefordert,
                              einen Entwurf zu diesen Turbinen einzureichen, und dabei die allgemeine Bedingung
                              gestellt, daß jede der Turbinen
                           
                              „sowohl bei 4 Fuß als auch bei 6 Fuß Totalgefälle und allen dazwischen
                                 liegenden Gefällhöhen nicht nur die volle Leistung von 13 bis 15 Pferdestärken
                                 à 30600 Fußpfund pro Minute, sondern auch
                                 einen Wirkungsgrad von 55 Proc. gewähren solle.“
                              
                           So gering nun auch der beanspruchte Wirkungsgrad von 55 Proc. denjenigen erscheinen
                              mag, welche an die Richtigkeit solcher Versuche mit Turbinen glauben, wo ein
                              Wirkungsgrad von 80 Proc. und noch mehr gefunden, resp. herausgerechnet wurde, so
                              ist zu berücksichtigen, daß es für beide contrahirenden Theile angenehm ist, wenn
                              die Endresultate die Forderung übertreffen, als wenn bei einer auf das mögliche
                              Maximum gestellten Forderung, resp. Versprechen, dieselbe nur mit Mühe und Noth, oder, noch schlimmer,
                              nicht erreicht wird. Andererseits wird aber jeder Ingenieur, welcher mit der
                              Construction von Turbinen inniger vertraut ist, erkennen, daß die Erfüllung der
                              gestellten Forderung nicht so leicht ist, als es scheint, wenn dabei berücksichtigt
                              wird, daß behufs Erfüllung dieser Bedingung die Querschnitte, resp. die
                              Beaufschlagungsöffnung des Leitschaufelrades, der Bedingung wegen der Kraftäußerung
                              entsprechend, im Verhältniß
                           √6³: √4³ = 1 : 0,544
                           stehen müssen, d.h. wenn die Turbine bei 4 Fuß Gefälle mit
                              vollen Leitschaufelöffnungen arbeitet, dieselbe bei 6 Fuß und gleicher Kraftäußerung
                              nur mit
                           0,544
                           der Leitschaufelöffnungen in Thätigkeit ist.
                           Schon bei diesem Verhältniß der Beaufschlagungen einer Turbine lehrt die Erfahrung
                              nach den mit Turbinen gewissenhaft angestellten Versuchen, daß der Wirkungsgrad der
                              Turbinen bedeutend abnimmt, und selbst wenn die Turbine bei voller Beaufschlagung 70
                              oder mehr Procent gibt, der hier geforderte Wirkungsgrad von 55 Proc. bei der sich
                              ergebenden geringen Beaufschlagung von 0,544 aller Leitschaufelöffnungen selten
                              erreicht wird, wenn man nicht zu mehr oder weniger complicirter Construction der
                              Turbinen seine Zuflucht nimmt. Da es aber nach dem früher Gesagten dringend
                              wünschenswerth war, daß der Constructeur der fraglichen Turbinen mit denselben mehr
                              leistete, als die Grenzen der gestellten Bedingung forderten, so stellte er sich
                              selbst beim Entwurf der Turbinen die weit über die Grenzen der Bedingung gehende
                              Aufgabe:
                           
                              „Die für die Rothenburger Mahlmühle bestimmten Turbinen sollen sowohl bei
                                 einem Gefälle von 6 Fuß, als auch noch bei 3 Fuß Gefälle mit einem Wirkungsgrad
                                 von mindestens 60 Proc. die constante Leistung von 12 bis 15 Pferdestärken
                                 ausüben, oder, mit anderen Worten, mit einer veränderlichen
                                 Beaufschlagungsöffnung im Verhältniß von
                              
                           
                              √6³ : √4³ = 1 : 0,2828
                              
                           
                              mit mindestens 60 Proc. Wirkungsgrad arbeiten, ohne daß bei dieser
                                 Gefälldifferenz die für den Betrieb der Mahlmühle erforderliche normale
                                 Geschwindigkeit der Turbine wesentlich sich ändere, und der Wirkungsgrad von 60
                                 Proc. für alle Beaufschlagungen von 1 bis 0,2828 mindestens erreicht
                                 werde.“
                              
                           Jeder Ingenieur, welcher schon einmal Turbinen, nicht bloß nach nicht leicht zu lösen ist, und
                              fast möchte man überhaupt an der Lösung dieser Aufgabe zweifeln, wenn man die
                              Resultate der Versuche aufmerksam prüft, welche mit Turbinen aus den anerkannt
                              besten Turbinenbauanstalten erzielt worden sind. Alle diese Resultate ergeben mit
                              Bestimmtheit, daß der Wirkungsgrad selbst der besten Turbinen in einem rapiden
                              Verhältniß sinkt, wenn das Verhältniß der Beaufschlagung der Turbinen ein kleines
                              wird, und hierin liegt auch der allgemeine Grund, weßhalb die Turbinen noch nicht
                              überall den Sieg über die gewöhnlichen Wasserräder errungen haben, trotzdem die
                              Turbinen in anderen praktischen Hinsichten entschiedene Vortheile über die
                              gewöhnlichen Wasserräder darbieten. Denn was nützt ein Motor da, wo sich das
                              Gefälle, resp. die Wassermengen fortwährend ändern, wenn derselbe nur für ein
                              bestimmtes Gefälle und eine bestimmte Wassermenge einen günstigen Wirkungsgrad gibt,
                              der um so geringer wird, je mehr es z.B. im Sommer bei vermindertem Wasserzufluß
                              oder bei eintretendem Stauwasser wünschenswerth wäre, daß der Wirkungsgrad des
                              Motors besser würde, mindestens constant bliebe. Wird da nicht mancher Industrielle
                              bei Anlage eines Motors einen solchen vorziehen, der selbst bei schwankenden Gefäll-
                              und Wasserverhältnissen einen ziemlich constanten, wenn auch etwas niedrigeren
                              Wirkungsgrad gibt, als eine Turbine nehmen, welche nur für bestimmte Verhältnisse
                              günstig arbeitet, durchschnittlich aber einen bei weiten: geringeren Wirkungsgrad
                              gibt als ein gewöhnliches Wasserrad?
                           So lange aber der gerügte Uebelstand der Turbinen besteht, so lange wird auch das
                              gewöhnliche Wasserrad, wie unbequem es auch in anderer Hinsicht seyn mag, dennoch
                              für viele Fälle ein ebenbürtiger Concurrent der Turbine bleiben.
                           Mit der Lösung der oben speciell für die Rothenburger Turbine gestellten Aufgabe hört
                              diese Concurrenz der gewöhnlichen Wasserräder mit der Turbine auf, und dieser wird
                              im Verein mit ihren anderen praktischen Vorzügen fast in allen Fällen der Vorrang
                              vor den gewöhnlichen Wasserrädern gebühren, und nur noch in solchen Fällen die Wahl
                              unentschieden bleiben, wo, wie z.B. beim Walzwerksbetriebe, zur Ueberwindung und
                              Ausgleichung momentaner Widerstände das Beharrungsvermögen der Masse des Motors
                              selbst, oder momentan anormale Beaufschlagungswassermengen in Berücksichtigung
                              gezogen werden müssen.
                           Eine Prüfung der Resultate der Versuche mit den für die Rothenburger Mühlenanlage
                              ausgeführten Turbinen zeigt, daß das Problem der gleich günstigen Benutzung einer
                              veränderlichen Wasserkraft vollständig von dem Constructeur gelöst worden ist, und
                              zwar, wie im weiteren Verlauf angegeben wird, auf die einfachste und rationellste
                              Weise. Es wäre wahrhaft
                              zu wünschen, daß die angegebene Turbinenconstruction anerkannt und vielfach
                              ausgeführt, und dadurch immer mehr und mehr das bis jetzt nicht mit Unrecht
                              bestandene Vorurtheil gegen die Turbinen verschwinden würde.
                           Zum besseren Verständniß und Beurtheilung der neuen Turbinenconstruction theilen wir
                              in Kürze das Raisonnement mit, welches der Constructeur beim Entwurf der
                              Construction aufgestellt hat.
                           Abgesehen von den verschiedenen mechanischen Constructionen der Turbine, welche bis
                              jetzt zur Ausführung gekommen sind, und welche sich nach den Namen der Constructeure
                              als Fourneyron'sche, Jonval'sche, Henschel'sche, Poncelet'sche etc. Turbinen kennzeichnen, lassen sich alle Turbinen, ihrem
                              Wirkungsprincip entsprechend, in zwei bestimmte Systeme eintheilen, welche sich, das
                              eine von dem anderen, nur durch die verschiedenen Druck- und
                              Geschwindigkeitsverhältnisse des aus den Leitschaufeln in das Druckschaufelrad
                              strömenden Wassers unterscheiden. Bei dem ersten System der Turbinen tritt das
                              Wasser aus den Leitschaufeln mit einer geringeren absoluten Geschwindigkeit, als dem
                              über den Leitschaufeln stehenden absoluten Wasserdruck oder Gefälle entspricht; die
                              Differenz zwischen dieser Geschwindigkeitshöhe und dem absoluten Gefälle erzeugt
                              beim Uebergang des Wassers aus den Leitschaufeln in das Druckschaufelrad einen
                              Ueberdruck; dieser Ueberdruck wird im Druckschaufelrad nutzbar gemacht, indem durch
                              denselben theils die lebendige Kraft, theils die Pressung des Wassers im
                              Druckschaufelrad vermehrt wird. Man kennt dieses System unter dem Namen Reactionsturbinen.
                           Bei dem anderen System der Turbinen findet ein Ueberdruck an der Uebergangsstelle
                              zwischen Leitschaufeln und Druckschaufelrad nicht statt, sondern der vorhandene
                              Druck soll gleich seyn dem entgegen wirkenden Druck der die Turbine umgebenden
                              atmosphärischen Luft, unter Umständen vermehrt um den Druck der Wassersäule, welche
                              über der Uebergangsstelle steht.
                           Somit soll bei diesem System der Turbinen die Geschwindigkeitshöhe der absoluten
                              Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den Leitschaufeln gleich dem vorhandenen
                              absoluten Gefälle seyn. Dieses System der Turbine bezeichnet man mit dem Namen Druckturbinen.
                           Hierbei ist vor der Hand von dem Einfluß desjenigen Theils der absoluten Gefällhöhe
                              abstrahirt, dessen Größe durch die verticale Höhe des Druckschaufelrades gegeben
                              ist, welche Höhe zur Erzeugung einer additionellen Geschwindigkeit des Wassers bei
                              seinem Durchgang durch das Druckschaufelrad auftritt, sobald das Druckschaufelrad
                              frei und nicht unter Wasser geht.
                           
                           Der Verf. unterscheidet diese beiden Systeme nach dem Vorgang von Weisbach durch die Benennungen
                              „Reactionsturbine“ und „Druckturbine.“
                              
                           Eine mehr bildliche Darstellung des Wirkungsprincips beider Turbinensysteme und eine
                              bestimmte Unterscheidung derselben dürfte sich ergeben, wenn man sagt: Bei den
                              Reactionsturbinen dient der Leitschaufelapparat als Generator einestheils der
                              disponibeln lebendigen Kraft des Wassers, und das Druckschaufelrad als Generator des
                              anderen ergänzenden Theils der disponibeln Kraft des Wassers und gleichzeitig als
                              Recipient der ganzen Kraft des Wassers. Bei den Druckturbinen dient der
                              Leitschaufelapparat als Generator für die ganze disponible lebendige Kraft des
                              Wassers, und das Druckschaufelrad ist nur als Recipient dieser lebendigen Kraft zu
                              betrachten.
                           In Bezug auf die bestmögliche Ausnutzung einer bestimmten disponibeln Wasserkraft
                              stehen sich beide Systeme sowohl in theoretischer, als in praktischer Hinsicht im
                              Allgemeinen gleich, da bei beiden Systemen die theoretischen Bedingungen zur
                              Erreichung eines günstigen Wirkungsgrades auch praktisch zu erfüllen sind. Versuche,
                              welche mit nach beiden Systemen ausgeführten Turbinen gemacht worden sind,
                              bestätigen das Gesagte; aber dieselben Versuche haben auch bewiesen, daß bei einer
                              Beaufschlagung einer und derselben Turbine mit veränderlichen Wassermengen, die
                              Reactionsturbinen entschieden ungünstigere Wirkungsgrade geben als die
                              Druckturbinen.
                           Die Ursache, weßhalb in dieser Beziehung die Reactionsturbinen den Druckturbinen
                              nachstehen, liegt in dem verschiedenen Wirkungsprincip beider. Soll nämlich bei den
                              Reactionsturbinen die ganze lebendige Kraft durch das Druckschaufelrad nutzbar
                              gemacht werden, so muß nach dem früher Gesagten das Wasser im Druckrad in
                              ununterbrochener Verbindung mit dem Wasser im Leitschaufelrad bleiben, denn nur dann
                              kann der zwischen Leitschaufel- und Druckschaufelrad restirende, dem ganzen Gefälle
                              zugehörige Ueberdruck dem Wasser im Druckschaufelrad mitgetheilt, in lebendige Kraft
                              umgesetzt und durch das Druckrad nutzbar gemacht werden.
                           Wird aber, wie dieß namentlich bei den Jonval-Henschel'schen Turbinen geschieht, um dieselben mit einer kleineren
                              Wassermenge zu beaufschlagen, ein Theil der Leitschaufelöffnungen geschlossen, so
                              entsteht dadurch natürlich eine Unterbrechung des continuirlichen Zusammenhanges des
                              Wassers im Leitschaufelrad mit dem Wasser im Druckschaufelrad, und die Folge davon
                              ist, daß das im Druckschaufelrad befindliche Wasser, indem dasselbe bei der
                              Umdrehung des Druckrades an dem geschlossenen Theil des Leitschaufelrades
                              vorbeigeht, keinen Impuls durch den Ueberdruck erhält, somit für diesen Theil des Wassers die dem
                              Ueberdruck entsprechende Gefällhöhe für die Nutzleistung der Turbinen verloren geht.
                              Dieser Verlust wird um so größer, je größer das Verhältniß des geschlossenen Theils
                              des Leitschaufelrades zum offenen Theil desselben ist, mit anderen Worten, je
                              geringer die beaufschlagte Wassermenge im Vergleich zur Maximalbeaufschlagung ist,
                              weil hierdurch die Zeitdauer der Unterbrechung des continuirlichen Zusammenhanges
                              des Wassers im Leitschaufel- und Druckschaufelrade eine größere und die Zeitdauer
                              des continuirlichen Zusammenhanges des Wassers eine um so kleinere wird, somit auch
                              der durch den Ueberdruck auf die einzelnen Theilchen der Wassermasse ausgeübte
                              Impuls von geringerer Dauer ist, und sich entweder gar nicht oder kürzere Zeit
                              andauernd von Wassertheilchen zu Wassertheilchen während der Bewegung des Wassers
                              durch das Druckrad fortpflanzen oder wirken kann.Nichts kann bezeichnender für die Bedingungen der bestmöglichen Wirkung der
                                    Reactionsturbinen seyn, als die französische Benennung derselben:
                                    „Roues hydrauliques à pression
                                          universelle et continue.“
                                    
                              
                           Daß sich durch eine solche theilweise Beaufschlagung, abgesehen von den dadurch
                              andererseits nachtheilig auftretenden anormalen Geschwindigkeitsveränderungen, der
                              Wirkungsgrad der Reactionsturbinen wesentlich alterirt und vermindert wird, ist
                              jetzt schon a priori aus dem Gesagten zu ersehen, und
                              wird auch, wie bereits oben erwähnt, durch die Versuche mit Reactionsturbinen
                              bestätigt.
                           Trotz dieses principiellen Fehlers der Reactionsturbinen, bei Abnahme eines
                              Maximalaufschlages auch eine Abnahme des Wirkungsgrades herbeizuführen, konnte der
                              Verf. dieselben für den Constructionsentwurf der Rothenburger Turbinen nicht außer
                              Acht lassen, da die Reactionsturbinen den großen Vortheil haben, daß ihr
                              Wirkungsgrad durch Stauwasser nicht wesentlich beeinträchtigt wird, und gerade diese
                              günstige Eigenschaft bei den erwähnten Gefällverhältnissen der Saale für die
                              Rothenburger Turbinen sehr zu Gunsten der Reactionsturbinen sprach.
                           Es blieb demnach zu untersuchen, was ist bis jetzt von anderen Constructeuren gethan,
                              um diesen Uebelstand bei den Reactionsturbinen zu beseitigen, und was kann in dieser
                              Beziehung zur Vermeidung dieses Uebelstandes noch gethan werden. Diese Untersuchung
                              mußte sich mit auf die bekannten Wasserregulirungen erstrecken, welche bei den
                              Turbinen seither angewandt sind.
                           Diese Regulirungsapparate kann man in zwei Classen theilen; erstens in solche, bei
                              denen der Querschnitt der Ausflußöffnungen der Leitschaufeln constant bleibt, und
                              die Regulirung durch Vermehrung oder Verminderung des Gefälles, somit durch
                              Vermehrung oder Verminderung der Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den
                              Leitschaufeln geschieht. Die zweite Classe bezieht sich auf diejenigen Apparate,
                              durch welche der Querschnitt der Leitschaufelöffnungen verändert wird, und das
                              Gefälle constant bleibt.
                           Zur ersten Classe gehört der Ringschütze welchen Köchlin
                              u. Comp. bei den von ihnen ausgeführten Turbinen
                              anwenden, ferner die Regulirung durch eine Drosselklappe im Fallrohr der Turbinen.
                              Daß diese Art der Wasserregulirung die schlechteste ist und auf den Wirkungsgrad der
                              Turbinen am nachtheiligsten einwirkt, ist ohne Weiteres leicht einzusehen, denn jede
                              Minderbeaufschlagung erfordert einen Gefällverlust, der um so größer wird, je
                              geringer das Verhältniß der effectiven Beaufschlagung zur Maximalbeaufschlagung ist.
                              Will man z.B. nur die Hälfte des Maximalaufschlags durch genannten
                              Regulirungsapparat erzielen, so muß bei constantem Querschnitt der
                              Leitschaufelöffnungen die Austrittsgeschwindigkeit auf die Hälfte reducirt werden,
                              und da sich die Quadrate der Geschwindigkeiten wie die Druckhöhen verhalten, so muß
                              in diesem Fall das Gefälle bis auf den vierten Theil des disponibeln Gefälles durch
                              Erzeugung von kraftraubenden Widerständen beim Durchgang des Wassers durch die
                              Turbine mittelst des Regulirungsapparats reducirt werden, und somit wird der
                              Wirkungsgrad der Turbine in diesem Fall nur 1/4 desjenigen seyn, welchen die Turbine
                              bei der Maximalbeaufschlagung hat. Eine derartige Wasserregulirung verdient den
                              Namen „Krafttödter“ im vollsten Sinne des Wortes, und sollte
                              füglich nur da angewendet werden, wo Kraft im Ueberfluß vorhanden ist und auf die
                              billigste Art und Weise als solche vernichtet werden soll, oder wo dieselben als
                              Sicherheitsschützen zu dienen haben, um die Turbinen bei vorkommenden Unglücksfällen
                              etc. schnell abzuschützen und zum Stillstand zu bringen, wozu sich, nebenbei gesagt,
                              namentlich der Ringschütze, wenn derselbe als Fallschütze eingerichtet ist, am
                              bestell eignet.
                           Die zweite Classe der Wasserregulirungsapparate umfaßt diejenigen mechanischen
                              Vorrichtungen, bei denen zur Veränderung des Querschnitts der Leitschaufelöffnungen:
                              auf die Leitschaufeln gelegte Sectoren, Schlußklappen, halbkreisförmige Schützen,
                              welche sich in einer verschiedenen Ebene der Leitschaufelradfläche bewegen, und je
                              eine Hälfte des Leitschaufelrades ganz oder theilweise diametral verschließen,
                              einzelne Schützen für je eine oder mehrere Leitschaufelöffnungen etc. zur Anwendung
                              kommen. So sinnreich nun diese Vorrichtungen seyn mögen, und so viel mechanisches
                              Talent auf die Construction derselben verwendet worden ist, um dieselben während des
                              Ganges der Turbine zu handhaben, so wenig entsprechen auch diese Vorrichtungen nach
                              dem früher Gesagten einer rationellen Regulirung der Aufschlagwassermenge, und können
                              nur als Geschwindigkeitsregulatoren der Turbinen dienen, ohne daß dadurch bei
                              veränderlichen Beaufschlagungen der Wirkungsgrad der Turbine ein constanter bliebe,
                              denn durch alle diese Regulirungsapparate tritt die schädliche Unterbrechung des
                              continuirlichen Zusammenhanges des Wassers im Leit- und Druckschaufelrad ein, und
                              hat die Verminderung des Wirkungsgrades zur Folge: sie heilen somit das Uebel nicht,
                              mit welchem die Reaktionsturbinen principiell behaftet sind. Bei den Fourneyron'schen Turbinen wird, außer den genannten
                              mechanischen Vorrichtungen, der ursprünglich von Fourneyron angegebene cylindrische Schütze zwischen Leitschaufel- und
                              Druckschaufelrad noch öfter zur Regulirung des Wasserzuflusses angewendet. Obgleich
                              mit diesem Schützen nur die Höhe des Leitschaufelrades verändert wird, und das
                              Wasser in diesem mit dem Wasser im Druckrad in continuirlichem Zusammenhang bleibt,
                              so treten doch durch eine solche Regulirung sowohl beim Austritt des Wassers aus dem
                              Leitschaufelrad, als auch beim Durchfluß des Wassers durch das Druckrad ganz andere
                              Geschwindigkeitsverhältnisse ein, als bei der Maximalbeaufschlagung der Turbine, wo
                              die Höhe des Leitschaufelrades gleich der Höhe des Druckschaufelrades ist, durch die
                              theoretischen Bedingungen gefordert werden; namentlich wird, wenn das Druckrad unter
                              Wasser arbeitet, somit der Querschnitt zwischen je zwei Druckschaufeln ganz mit
                              Wasser gefüllt ist, die relative und absolute Geschwindigkeit des Wassers im
                              Druckrad wesentlich abgeändert, resp. vermindert, wenn der Schütze nicht bis auf
                              seine ganze Höhe aufgezogen ist, und hierdurch tritt eine wesentliche Verminderung
                              des Wirkungsgrades der Turbine auf. Etwas günstiger gestalten sich die Verhältnisse,
                              wenn das Druckrad nicht unter Wasser, sondern frei in der Luft geht; unter diesen
                              Umständen tritt das Wasser aus den Leitschaufeln fast mit der dem Totalgefälle
                              entsprechenden Geschwindigkeit aus, und die Reactionsturbine verwandelt sich in eine
                              Druckturbine; immerhin bleibt aber auch hier der Wirkungsgrad wesentlich hinter
                              demjenigen zurück, welcher sich bei der Maximalbeaufschlagung ergibt, wobei die
                              Turbine in ihren normalen Zuständen als Reactionsturbine arbeitet. Der Grund hierfür
                              liegt darin, daß das Wasser bei seinem Durchgang durch das Druckrad am Anfang schon
                              wesentliche Geschwindigkeitsstörungen wegen der größeren Höhe des Druckrades
                              erleidet, und daß der Austrittswinkel der Leitschaufeln und der Ein- und
                              Austrittswinkel der Druckschaufeln, resp. die Querschnitte zwischen je zwei
                              Druckschaufeln, den Elementarbedingungen einer Druckturbine nicht entsprechen,
                              wodurch namentlich eine große Unregelmäßigkeit der Bewegung des Wassers durch das
                              Druckrad entsteht, welche höchst nachtheilig auf den Wirkungsgrad einwirkt.
                           
                           Man hat ferner, um das Uebel in engere Grenzen zu bringen, die Reactionsturbinen mit
                              getheilten Leit- und Druckschaufelrädern construirt, welches System zuerst Fourneyron durch seine Etagenräder in die Praxis
                              eingeführt hat, und bei den sogenannten Jonval'schen
                              Turbinen schon seit längerer Zeit von Escher, Wyß und Comp. in Zürich, sowie von Hänel selbst im Jahre 1848 bei einer für die fürstl. Waldenburg'sche Mahlmühle zu Waldenburg ausgeführten Turbine in Anwendung
                              gekommen, und neuerer Zeit fast von allen Turbinenconstructeuren für solche Fälle
                              adoptirt ist, wo die Turbine mit veränderlichen Wassermengen, resp. Gefällen, zu
                              arbeiten hat, und wo die bestmögliche Ausnutzung der disponibeln Wasserkraft
                              gefordert wird.
                           Es ist nicht zu läugnen, daß diese Construction die allgemeinere Einführung der
                              Turbinen veranlaßt, und das bis dahin gerechtfertigte Vorurtheil gegen die Turbine
                              ein gutes Theil abgeschwächt hat. Dennoch bleibt diese Construction ein Palliativ,
                              da durch dieselbe das Uebel nur gemildert, aber nicht radical gehoben wird.
                           Um diesen Ausspruch zu beweisen, denke man sich, es soll durch eine Turbine eine
                              Wasserkraft bestmöglich nutzbar gemacht werden, welche, sey es durch die
                              Gefällschwankungen oder durch die Wasserverhältnisse, erfordert, daß die
                              Querschnitte der Leitschaufelöffnungen sich im Verhältniß wie 1 : 3 = 1/3 : 1 als
                              äußerste Grenzen ändern müssen. Man kann für diesen Fall die Turbine dann so
                              construiren, daß dieselbe zwei Abtheilungen erhält, wovon die eine 2/3, die andere
                              1/3 des ganzen erforderlichen Querschnitts der Leitschaufelöffnungen hat. Man wird
                              also für die Maximalwassermenge durch Beaufschlagung beider Radabtheilungen, für 2/3
                              der Maximalwassermenge durch Beaufschlagung der 2/3 großen Radabtheilung und
                              Verschluß der 1/3 großen Radabtheilung, und endlich für 1/3 der Maximalwassermenge
                              durch Beaufschlagung der 1/3 großen Radabtheilung und Verschluß der 2/3 großen
                              Radabtheilung, der theoretischen Bedingung des continuirlichen Zusammenhanges der
                              Wassermasse im Leit- und Druckschaufelrad vollständig Genüge leisten können, und
                              somit für diese drei Fälle mit constantem Wirkungsgrad der Turbine arbeiten. Kommen
                              aber Wassermengen zur Verwendung, welche zwischen der Maximalwassermenge und 2/3
                              derselben, oder zwischen 2/3 der Maximalwassermenge und 1/3 derselben liegen, so muß
                              ein theilweiser Verschluß der 2/3 großen Radabtheilung, resp. der 1/3 großen
                              Radabtheilung, stattfinden. Hierdurch wird der continuirliche Wasserzusammenhang bei
                              einer oder der anderen Radabtheilung unterbrochen, somit der Wirkungsgrad der
                              Turbine herabgezogen, und kann deßhalb derselbe für alle Beaufschlagungen zwischen
                              der Maximal- und Minimalwassermenge nicht constant bleiben.
                           
                           Noch auffallender würde der Unterschied der Wirkungsgrade einer Turbine mit
                              Abtheilungen seyn, wollte man, wie bei den Rothenburger Turbinen oben angenommen
                              ist, bei dem bedingten Verhältniß der Querschnitte der Leitschaufelöffnungen wie 1 :
                              0,2828 nur zwei Radabtheilungen nehmen; nothwendig müßte man bei einem solchen
                              Verhältniß, unter Sicherung eines ziemlich constanten Wirkungsgrades, das Leit- und
                              Druckschaufelrad in drei Abtheilungen theilen. Hiergegen treten aber andere
                              praktische Gründe auf, zu welchen die complicirtere Ausführung der Turbine, das
                              entstehende Mißverhältniß der Seitendimension der Ausflußöffnung zwischen je zwei
                              Leitschaufeln und zwei Druckschaufeln, sowie endlich wegen der wesentlich
                              verkleinerten Austrittsquerschnitte die Besorgniß der Verstopfung der Turbine durch
                              mit dem Wasser geführte Unreinigkeiten, als Laub etc., zu rechnen sind. Diese
                              praktischen Gründe sowohl, als auch das Bewußtseyn, daß durch Etagen- oder
                              abgetheilte Turbinen das vorgesteckte Ziel doch nicht vollständig erreicht werden
                              kann, bestimmten den Verf., von dieser Construction für die Rothenburger Turbinen
                              abzusehen.
                           Es bleibt nun für die Reactionsturbinen noch eine Construction derselben übrig, um
                              dieselben bei veränderlicher Beaufschlagung mit constantem Wirkungsgrad arbeitend
                              fähig zu machen, und diese Construction besteht darin, daß das Verhältniß der
                              Leitschaufelöffnungen und der Druckschaufelöffnungen ein constantes bleibt und nur
                              die absolute Größe beider bei veränderlichen Beaufschlagungen entsprechend geändert
                              wird. Hierdurch wird der gerügte Uebelstand bei den Reactionsturbinen radical
                              beseitigt, denn die Turbine arbeitet stets mit jeder Wassermenge unter den
                              günstigsten normalen Verhältnissen und wird auch ihr Wirkungsgrad nahezu constant
                              bleiben.
                           Eine derartige Construction hat Hänel für die Fourneyron'sche Turbine entworfen, und im Jahre 1846 in
                              Nr. 49 der deutschen Gewerbezeitung von Wieck bekannt
                              gemacht; dieselbe besteht im Wesentlichen darin, daß die Höhe des Leitschaufelrades
                              durch Hebung oder Senkung einer ringförmigen Platte im Leitschaufelrad und einer
                              ähnlichen Platte im Druckschaufelrad dem Wasserconsum entsprechend vermehrt oder
                              vermindert werden kann, somit die erwähnten Nachtheile der Etagenturbinen oder
                              solcher mit abgetheilten Radkränzen bei dieser Construction ganz vermieden
                              werden.
                           Da aber diese Construction, so rationell dieselbe theoretisch ist, in der Ausführung,
                              Instandhaltung und Dauer wesentliche praktische Schwierigkeiten und Bedenken
                              darbietet, und dieselbe genügend praktisch brauchbar eigentlich nur für Turbinen
                              nach der Fourneyron'schen Construction ausführbar ist,
                              Hänel aber aus anderen praktischen Rücksichten für
                              die Rothenburger
                              Turbinen als Typus die Jonval-Henschel'sche
                              Turbinenconstruction aufgestellt hatte, und ihm für diese trotz aller Mühe keine
                              zweckmäßige Anordnung gelang, um die gleichmäßige Veränderung der Breite des
                              Leitschaufelrades und des Druckschaufelrades erzielen zu können, so mußte er auf
                              diese rationelle Wasserregulirung total verzichten, und er kam zu der Ueberzeugung,
                              daß alle bei den Reactionsturbinen zur Zeit ausgeführten oder projectirten
                              mechanischen Vorrichtungen und Anordnungen, den mehrfach gerügten Uebelstand der
                              Reactionsturbinen zu beseitigen, theils in theoretischer, theils in praktischer
                              Hinsicht durchaus nicht geeignet sind, daß er demnach für den Entwurf der
                              Rothenburger Turbine von dem Wirkungsprincip der Reactionsturbine abstrahiren mußte,
                              sollte die gestellte Aufgabe sowohl in theoretischer als in praktischer Beziehung
                              vollständig gelöst werden. Leider opferte er damit gleichzeitig die vortreffliche
                              Eigenschaft der Reactionsturbinen, daß dieselben bei Stauwasser, oder wenn das
                              Druckschaufelrad unter Wasser geht, mit unverändertem Wirkungsgrad arbeiten.
                           Auf die bezügliche Untersuchung der Druckturbinen übergehend, überzeugte sich Hänel sofort, daß nach dem eben erwähnten Wirkungsprincip
                              der Turbinen, wonach die ganze lebendige Kraft des Wassers schon im
                              Leitschaufelapparat erzeugt werden und kein dem Arbeitsgefälle zugehöriger
                              Ueberdruck zwischen Leit- und Druckschaufelrad vorhanden seyn soll, die
                              Wasserregulirung ohne Schwierigkeiten rationell und ohne wesentliche Erniedrigung
                              des Wirkungsgrades stattfinden kann.
                           Aus dem früher Gesagten ist es einleuchtend, daß eine Unterbrechung des
                              continuirlichen Zusammenhanges des Wassers zwischen Leit- und Druckschaufelrad bei
                              den Druckturbinen ohne wesentliche Nachtheile geschehen kann, weil das
                              Druckschaufelrad nur als Recipient der schon im Leitschaufelrad entwickelten
                              lebendigen Kraft der ganzen Wasserkraft dient, und im Druckrad selbst nur noch
                              diejenige Größe an lebendiger Kraft hinzutritt, welche aus dem Fall des Wassers
                              durch die Höhe des Druckschaufelrades entsteht, wenn letzteres frei und nicht unter
                              Wasser arbeitet. Letzterer Zuwachs an lebendiger Kraft geschieht aber, gleichviel ob
                              der Raum des Druckrades mit dem Raum des Leitschaufelrades in Verbindung steht oder
                              nicht, und wird durch einen partiellen Abschluß der Leitschaufeln nicht gestört.
                           So vollkommen nun auch die Druckturbinen in Bezug auf die rationelle Ausnutzung
                              veränderlicher Wassermengen sind, und so sehr auch die mit Druckturbinen
                              angestellten Versuche diesen eminenten Vorzug derselben vor den Reactionsturbinen
                              bestätigen, eben so sehr ist dieser günstige Erfolg an die für deren allgemeine
                              Anwendbarkeit lästige Bedingung geknüpft, daß das Druckschaufelrad einer Druckturbine sich frei und
                              nicht unter Wasser bewegen darf, da im letzteren Falle die Druckturbinen nicht
                              allein bei partieller, sondern selbst bei der Maximalbeaufschlagung minder günstige
                              Wirkungsgrade ergeben als die Reactionsturbinen. Der Grund dieser Erscheinung liegt
                              nach Hänel in Folgendem: Sowohl bei den
                              Reactionsturbinen, als auch bei den Druckturbinen ist es zur Erreichung eines
                              möglichst hohen Wirkungsgrades nothwendig, den Ausflußwinkel am Fuße der
                              Druckschaufeln möglichst klein zu nehmen, damit das Wasser mit der möglichst
                              geringen absoluten Geschwindigkeit das Druckrad verläßt; hierdurch wird aber auch
                              ein kleiner Winkel für den Ausfluß des Wassers aus den Leitschaufeln bedingt. Damit
                              nun das Wasser aus den Leitschaufeln ohne Stoß in das Druckrad trete, besteht eine
                              bestimmte Beziehung zwischen der absoluten Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus
                              den Leitschaufeln, der Radgeschwindigkeit und dem Austrittswinkel am Fuße der
                              Leitschaufeln zu dem Eintrittswinkel bei den Druckschaufeln, oder zu der Richtung
                              der relativen Eintrittsgeschwindigkeit des Wassers in das Druckrad; mit der
                              weiteren, für einen hohen Wirkungsgrad günstigen Bedingung, daß die relative
                              Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den Druckschaufeln gleich oder nahezu
                              gleich der Radgeschwindigkeit seyZeuner im Civil-Ingenieur, Bd. I S. 157., ergibt sich, daß, während für die Reactionsturbinen ein ziemlich großer
                              Spielraum für die Wahl des Winkels der Richtung der relativen
                              Eintrittsgeschwindigkeit mit der Richtung der Radgeschwindigkeit bleibt, dieser
                              Winkel für die Druckturbinen ein ganz bestimmter, und ohne Rücksicht auf die
                              Bewegungswiderstände des Wassers in der Turbine und des durch die Radhöhe etwa
                              erzielten Gefälles genau doppelt so groß als der Austrittswinkel am Fuße der
                              Leitschaufeln seyn muß, um der Bedingung zu genügen, daß die Geschwindigkeitshöhe
                              der absoluten Geschwindigkeit des aus den Leitschaufeln laufenden Wassers gleich ist
                              dem Arbeitsgefälle.Siehe Weisbach's Ingenieur- und
                                    Maschinen-Mechanik, 2te Aufl., Bd. II S. 350; auch Zeuner, Civil-Ingenieur, Bd. II S. 101.
                              
                           Während z.B. bei einer Reactionsturbine mit einem Austrittswinkel am Fuße der
                              Leitschaufel von 15° der Winkel der Eintrittsrichtung der relativen
                              Geschwindigkeit des Wassers 90° und noch größer seyn kann, müßte für diese
                              Turbine, soll dieselbe als Druckturbine construirt werden, letzterer Winkel 2
                              × 15 = 30° werden. Denkt man sich nun zwei Druckschaufeln dieser
                              beiden Turbinen, die eine mit einem Anfangswinkel z.B. von 90°, die andere
                              von 30°, wie Skizze Fig. 3 und 4 angeben, gezeichnet, so findet man, daß unter
                              Voraussetzung einer für die ganze Höhe des Druckrades gleichen Kranzbreite sich die
                              Querschnitte im Druckkranz wie die Normalen a.....a₆ in Fig. 3 für die
                              Reactionsturbine, und wie die Normalen b.....b₆
                              in Fig. 4 für
                              die Druckturbine verhalten. Die Querschnitte in Fig. 3 nehmen von a bis a₆ stets ab,
                              während die Querschnitte in Fig. 4 von b bis b₂ zunehmen und
                              von da bis b₆ abnehmen. Zieht man nun in
                              Betracht, daß die Curve AB, Fig. 3, und die Curve CD, Fig. 4, die Richtung der
                              bezüglichen relativen Geschwindigkeit ist, mit welcher das Wasser durch die Turbine
                              geht, und daß diese relative Geschwindigkeit bei den Reactionsturbinen wegen des
                              vorhandenen Ueberdrucks an der Uebergangsstelle von a
                              bis a₆ wächst, während dieselbe bei den
                              Druckturbinen von b bis b₆ mehr constant bleibt oder, wenn der Druckkranz frei und nicht unter
                              Wasser geht, wie bei den Jonval-Henschel'schen Turbinen,
                              durch den Fall des Wassers durch die Radhöhe vermehrt wird, so ergibt sich, daß bei
                              den Reactionsturbinen der Raum zwischen je zwei Druckschaufeln, resp. die
                              Querschnitte a.....a₆, vollständig mit dem
                              Betriebswasser ausgefüllt werden, und da sich die Geschwindigkeiten umgekehrt wie
                              die Querschnitte verhalten, das Gesetz der Abnahme der Querschnitte auch das Gesetz
                              der Zunahme der relativen Geschwindigkeit des Wassers im Druckkranz ist, somit
                              werden auch für die relative und die daraus mit resultirende absolute
                              Geschwindigkeit des Wassers durch das Druckrad keine Störungen stattfinden können,
                              und die theoretischen Voraussetzungen erfüllt werden, gleichviel ob das Druckrad
                              unter oder über Wasser arbeitet, und hierin liegt der Grund, daß die
                              Reactionsturbinen eben so günstig in Bezug auf den Wirkungsgrad arbeiten, ob das
                              Druckrad derselben über oder unter Wasser geht.
                           Ein anderes Verhalten zeigt sich bei den Druckturbinen; da bei denselben, wie oben
                              gesagt, die relative Geschwindigkeit des Wassers durch das Druckrad nahezu constant,
                              resp. wenig zunehmend ist, so müßten auch bei den Druckturbinen die Querschnite b....b₆ zwischen je zwei Druckschaufeln dem
                              Gesetz der relativen Bewegung des Wassers durch das Druckrad entsprechen; dieß ist
                              aber nicht der Fall, vielmehr ändern sich, wie oben gezeigt, diese Querschnitte nach
                              einem anderen Gesetz; die Folge hiervon ist, daß das Betriebswasser bei seiner
                              Bewegung durch das Druckrad den Raum zwischen je zwei Druckschaufeln nicht stetig
                              ausfüllt, oder, wenn dieß geschieht, daß die relative, resp. absolute
                              Geschwindigkeit des Betriebswassers sich entgegen den theoretischen Bedingungen
                              ändert. Geht das Druckrad über Wasser, so kann man füglich annehmen, daß das
                              Betriebswasser bei seinem Durchgang durch dasselbe theils durch das
                              Beharrungsvermögen, theils durch die Adhäsion der einzelnen Wassertheilchen, und,
                              weil keine
                              besonderen Widerstände vorhanden sind, so viel Zusammenhang unter sich hat, daß es
                              sich als geschlossener Wasserkörper auf der concaven Seite der Druckschaufel C, D,
                              Fig. 4,
                              bewegt, und die Geschwindigkeit der einzelnen Theilchen des Wassers im Druckrad den
                              theoretischen Voraussetzungen entspricht; bei einer solchen Bewegung des Wassers
                              wird aber die convexe Seite der gegenüber liegenden Druckschaufel E, G nicht berührt, es bildet sich, begrenzt durch diese
                              Seite und die äußere concave Fläche EFG des
                              Wasserkörpers, ein Raum, welcher unter den angeführten Umständen nur mit Luft
                              erfüllt ist; auch bei theilweiser Beaufschlagung der Turbine wird sich eine Störung
                              der vorgeschriebenen Bewegung des Wassers aus den Leitschaufeln und in dem Druckrad
                              nicht ergeben, da sich der Außen- und Innendruck an der Uebergangsstelle zwischen
                              Leit- und Druckschaufeln und somit auch die Austrittsgeschwindigkeit aus den
                              Leitschaufeln ziemlich gleich bleibt, und endlich das Betriebswasser sich durch das
                              Druckrad als zusammenhängender Wasserkörper bewegen wird, da der Raum zwischen zwei
                              Druckschaufeln nur mit Luft erfüllt seyn kann, und hierdurch keine bedeutende
                              Veranlassung zu Störungen der Bewegung des Wassers oder Ausbreitung des
                              durchfließenden Wasserkörpers gegeben ist. Hieraus geht hervor, daß, wenn das
                              Druckrad einer Druckturbine über Wasser in freier Luft geht, eine wesentliche
                              Störung der Bewegung des Wassers im Druckrad nicht eintreten, somit der Wirkungsgrad
                              auch nicht alterirt werden kann, und nahezu constant bleiben wird, wie auch die
                              Größe der Beaufschlagung der Turbine ist. Sobald aber das Druckrad ganz oder auch
                              nur theilweise unter Wasser geht, ist natürlich der Raum zwischen je zwei
                              Druckschaufeln vollständig, resp. theilweise mit Wasser ausgefüllt, und das in das
                              Druckrad tretende Betriebswasser ist durch die Erfüllung des Raums mit Wasser
                              gehindert, als ein für sich allein zusammenhängender Wasserkörper, wie oben erwähnt,
                              durch das Druckrad zu gehen; vielmehr wird das im Raum zwischen EFG und EG
                              bereits befindliche Wasser mehr oder weniger mit zur Bewegung veranlaßt werden, und
                              dadurch entstehen bedeutende Störungen in der theoretisch vorgeschriebenen Bewegung
                              des Betriebswassers, welche entschieden von dem nachtheiligsten Einfluß auf den
                              Wirkungsgrad seyn müssen; noch mehr tritt dieser Uebelstand hervor, wenn die
                              Leitschaufeln theilweise geschlossen sind, indem das aus den offenen Leitschaufeln
                              tretende Betriebswasser vorerst dem todten Wasser im Druckrad einen Impuls zur
                              Bewegung ertheilen muß, wodurch sehr störende Unregelmäßigkeiten, namentlich in der
                              absoluten Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den Leitschaufeln, entstehen, und
                              sich unter diesen Verhältnissen, ähnlich wie bei den Reactionsturbinen, aber
                              intermittirend ein
                              Ueberdruck an der Uebergangsstelle bildet, wodurch der Ueberdruck der Turbine bei
                              theilweiser Beaufschlagung derselben, wie oben erwähnt, um so mehr geschwächt
                              wird.
                           Wäre es also möglich, die günstige Eigenschaft der Reactionsturbine, ohne Nachtheil
                              unter Wasser arbeiten zu können, mit der anderen günstigen Eigenschaft der
                              Druckturbinen, die rationelle Wasserregulirung derselben betreffend, combiniren zu
                              können, ohne die gerügten Nachtheile beider Systeme mit in Kauf nehmen zu müssen, so
                              wäre auch damit die Aufgabe für die Rothenburger Turbinen gelöst.
                           Diese Vereinigung der günstigeren Eigenschaften beider Turbinensysteme und die Lösung
                              des Problems ergab sich bei Anwendung der vom Ingenieur Girard in Paris erfundenen, so überaus genialen Construction der hydropneumatischen Turbinen.Man sehe die Mittheilungen über Girard's Turbinen
                                    im polytechn. Journal Bd. CXXXVII S.
                                       10, Bd. CXL S. 412, Bd. CXLII S. 1 und Bd. CXLIV S. 401.
                              
                           Girard's Construction besteht in der Hauptsache darin,
                              daß das Leitschaufel- und das Druckschaufelrad durch ein besonderes, diese Theile
                              umgebendes Gehäuse, oder dem entsprechende Construction des Untergerinnes, von der
                              äußeren atmosphärischen Luft, ähnlich wie der Taucher in seiner Glocke,
                              abgeschlossen ist; dieses Gehäuse taucht in das Unterwasser ein und das Innere
                              desselben steht mit einer durch die Turbine bewegten Luftpumpe in Verbindung, welche
                              in den Raum des Gehäuses nach Maaßgabe der Höhen des Unterwassers comprimirte Luft
                              einpumpt, so daß das sonst in diesen Raum eintretende Unterwasser aus demselben nach
                              außen verdrängt wird, und das durch den Raum umschlossene Druckrad der Turbine sich
                              frei in der Luft bewegt.
                           Die Girard'sche Turbine selbst ist nach dem
                              Wirkungsprincip der Druckturbinen construirt, so daß in Verbindung mit der
                              Hydropneumatisation derselben, wodurch das Druckrad sich stets frei in der Luft und
                              nie unter Wasser bewegt, die Girard'sche
                              hydropneumatische Turbine vollständig den angestrebten Erfolg haben muß. Durch die
                              mit Girard'schen Turbinen angestellten Versuche und die
                              damit erlangten günstigen Resultate wird die Richtigkeit der Constructionsprincipien
                              nachgewiesen; außerdem hatte Hänel Gelegenheit auf der
                              Pariser Industrie-Ausstellung im Jahre 1856 und bei einem Besuch der berühmten
                              Turbinenbauanstalt von Fontaine und Brault in Chartres sich noch durch eigene Anschauung von der allgemeinen
                              Zweckmäßigkeit der Girard'schen Turbinenconstruction zu
                              überzeugen, und so stand er nicht an, in seiner ersten Beantwortung der eingangs
                              erwähnten Aufforderung, die Construction der 
                              Girard'schen hydropneumatischen Turbinen als diejenige zu
                              bezeichnen und zu empfehlen, durch welche auf die rationellste Art und Weise die bei
                              den Rothenburger Turbinen vorgeschriebene Bedingung erfüllt würde, dabei noch
                              anheimgebend, andernfalls Reactionsturbinen mit abgetheilten Radkränzen zu
                              adoptiren.
                           Nach diesem Vorschlag ging ihm von betreffender Seite die Entscheidung zu, daß für
                              die zum Betriebe der Rothenburger Mahlmühle bestimmten Turbinen die Reactionsturbine
                              mit abgetheilten Radkränzen aus den von ihm angeführten Gründen nicht zur Anwendung
                              kommen sollte, und wenn auch das rationelle Princip der Girard'schen hydropneumatischen Turbinen nicht verkannt würde, so müßte
                              man auch von diesen wegen der größern Complication der Turbine durch die bedingte
                              Anbringung der Luftpumpe und des hydropneumatischen Abschlusses der Turbine absehen,
                              und könne sich nur dann für dieselbe entscheiden, wenn das Princip der Girard'schen Turbinen unbeschadet der vergleichsweisen
                              Einfachheit der Construction gewöhnlicher Turbinen innegehalten werden könne, und
                              stellte als ergänzende Bedingung zu der eingangs erwähnten noch die: daß dem
                              geforderten Wirkungsgrad und der beanspruchten Leistung bei den genannten
                              Gefällgrenzen ohne Anwendung von Luftpumpen und nur mit einfachem Kranze der Turbine
                              Genüge geleistet werden müsse. In Folge dieser Entscheidung bemühte sich Hänel für die bei den Girard'schen Turbinen nöthige Luftpumpe ein genügendes Ersatzmittel ausfindig
                              zu machen; es gelang ihm aber nicht, ein Ersatzmittel dafür aufzustellen, welches
                              einfacher als die Luftpumpe war. Stellt man sich nun ernstlich die Frage, welchen
                              Zweck verfolgte und erreichte Girard mit seinen
                              hydropneumatischen Turbinen, so kann man keine andere Antwort finden, als der
                              Verfasser schon oben bei Erklärung der Eigenthümlichkeiten der Druckturbinen und der
                              Girard'schen Turbinen gegeben hat, und bei weiterer
                              Verfolgung der Bewegung und Wirkung des Betriebwassers in einer Druckturbine ergab
                              sich die Lösung des Problems einfach dadurch:
                           
                              „die Druckschaufeln einer Druckturbine in der Art zu construiren, daß das
                                 Betriebswasser bei seinem Durchgang durch das Druckrad, gleichviel ob dasselbe
                                 frei oder unter Wasser arbeitet, keine andere Bewegung und Geschwindigkeit
                                 annehmen kann, als solche durch die Theorie für den günstigsten Wirkungsgrad
                                 streng vorgeschrieben ist, und daß somit die auf der Bewegungsrichtung normal
                                 stehenden Querschnitte genau mit der geforderten Geschwindigkeit des Wassers im
                                 Einklang stehen, oder mit anderen Worten, daß das Gesetz der Veränderung der
                                 Wassergeschwindigkeit das gleiche, aber umgekehrte, für die Veränderung der
                                 Querschnitte zwischen je zwei Druckschaufeln ist.“
                              
                           Diese Bedingung konnte erfüllt werden, wenn man, mit
                              Berücksichtigung der Skizze Fig. 4 und des oben
                              angeführten Verhaltens der Bewegung des Wassers durch das Druckrad einer
                              Druckturbine, die concave Seite EFG des durch den
                              Druckkranz in normalen Verhältnissen gehenden Wasserkörpers durch eine besondere
                              Schaufel begrenzt; und damit ergab sich Hänel's
                              Construction der Druckturbinen mit Rückschaufeln, wodurch die Bewegung des Betriebswassers unter allen
                              Verhältnissen normal bleibt, und weder durch Unterwasser, noch durch die beim
                              Freigehen des Druckrades in demselben befindliche Luft gestört werden kann.
                           Von der Richtigkeit dieser Construction vollständig überzeugt, wurde eine
                              Modellturbine mit einem mittleren Durchmesser von 2 Fuß angefertigt, welche so
                              eingerichtet war, daß dieselbe als Reactionsturbine, ebenso als Druckturbine mit
                              oder ohne Rückschaufeln, untersucht werden konnte, und war die Einrichtung
                              getroffen, daß das Druckrad sowohl in freier Luft, als auch unter Wasser
                              arbeitete.
                           Die Versuche mit dieser Turbine wurden am 17., 18., 19. und 20. Juni 1858 in
                              Rothenburg im Beiseyn des Hrn. Maschinenbauinspector Richards und des Hrn. Hüttenmeister Joachimi, Dirigent der Rothenburger Hütte, unter Assistenz des Hrn.
                              Werkführer Demelius von Hänel
                              vorgenommen, und die Resultate der abgenommenen Versuche zeigten mit Evidenz, daß
                              die Druckturbine mit Rückschaufeln bei den verschiedensten Beaufschlagungen
                              derselben, und unter Wasser gehend wesentlich constanter bleibende Wirkungsgrade
                              ergab, als bei der nämlichen Beaufschlagung mit der Reactionsturbine erzielt
                              wurden.
                           In Folge dieser Resultate übergab die Mansfelder Gewerkschaft der gräflich Stolber'schen Maschinenfabrik in Magdeburg die zum
                              Betriebe der Mahlmühle erforderlichen acht Stück Turbinen als Druckturbinen mit
                              Rückschaufeln zur Ausführung.
                           Diese Turbinen, welche sämmtlich einander gleich sind, besitzen, wie der
                              Verticaldurchschnitt einer derselben Fig. 1 zeigt, in ihren
                              Details mannichfache Eigenthümlichkeiten im Vergleich zu der einfachen, jetzt noch
                              am häufigsten ausgeführten Bauart.
                           Das Fundament der Turbine besteht aus einem Pfahlrost, dessen Pfähle circa 40 Fuß tief eingerammt sind; mit demselben ist
                              zunächst ein horizontales Balkenwerk verbunden, und auf diesem liegt ein aus
                              starken, eichenen Schwellen gezimmertes Kreuz. Auf dieser Schwellenlage, und durch
                              dieselbe hindurch mit 14 Bolzen verankert, ruht die Sohlplatte, welche ein
                              vierarmiges Kreuz bildet und in der Mitte eine mit einem runden Fuß versehene Säule
                              zur Aufnahme einer schmiedeeisernen Spindel trägt, auf deren oberem Ende sich die
                              Spurplatte zum Zapfen befindet. Die Spindel ist in die gußeiserne Säule conisch
                              eingesetzt, und wird durch einen Keil gegen Umdrehung geschützt. Auf den vier
                              Sohlplattenarmen stehen auf länglichen Füßen vier Säulen, auf denen, mit ihnen
                              verschraubt, der Tragkranz mittelst röhrenartiger Ansätze, in welche die Säulen
                              eingedreht sind, ruht.
                           Das Leitrad besteht aus einem inneren Kranze mit den
                              Schaufeln und einem äußeren Kranze, welcher letztere in den Tragkranz eingelegt und
                              mit demselben, durch Stellschrauben gesichert, verbunden ist. Die Anzahl der
                              Leitschaufeln beträgt 32, und jede derselben ist durch zwei vernietete Zapfen mit
                              dem inneren Kranze fest verbunden. 24 Schaufeln haben eine Blechdicke von 1/4 Zoll,
                              8 jedoch eine Dicke von 3/8 Zoll, und letztere sind an der obern Seite in radialer
                              Richtung mit schmiedeeisernen Schienen versehen, deren vor die Peripherie der
                              Schaufeln vorspringende Enden sich in entsprechende Lücken im äußeren Kranz
                              einsetzen, und das Leitschaufelrad mit der auf demselben liegenden Abschützung und
                              die darüber stehende Wassersäule zu tragen haben. Der äußere Leitschaufelkranz
                              bildet durch seine drei Wände einen hohlen Raum, welcher durch einen aufgelegten,
                              schmiedeeisernen Ring abgeschlossen, und durch eingegossene Zwischenwände in 32
                              Kammern abgetheilt wird, von denen jede mit einer Zelle des Leitrades mittelst eines
                              in den äußeren Leitschaufelkranz eingebohrten Loches communicirt. Ebenso enthält der
                              aufgelegte Ring für jede Kammer ein Loch, in welches sich ein bis über das Wasser
                              hinaus gehendes schmiedeeisernes Rohr, das mit einem ringförmigen Ansatze auf dem
                              Deckringe steht, einsetzt.
                           In dem inneren Leitradkranz ruht, und ist mit demselben durch Stellschrauben ein
                              Kranz verbunden, welcher mit 4 Armen und einem nabenartigen Mittelstück aus dem
                              Ganzen besteht. Die Flächen zwischen den Armen werden durch eingefaßte Blechsectoren
                              ausgefüllt. Der genannte Mitteltheil besteht aus einem Hohlcylinder, dessen obere
                              äußere Peripheriefläche als Zapfen für den Abschützapparat, und dessen untere innere
                              Peripheriefläche als Gehäuse für das untere Halslager der Turbinenwelle dient.
                              Dieses Lager besteht aus einem in den Hohlcylinder eingeschobenen gußeisernen Körper
                              mit 3 Kammern, in welchen sich Pockholzklötze als Lagerung für die Welle befinden.
                              Das Pockholz eignet sich, wie die Erfahrung gelehrt hat, für Lagerungen unter Wasser
                              ganz vorzüglich; das hier verwandte Holz hatte noch, um eine möglichste Sicherheit
                              für seine Unwandelbarkeit im Wasser zu erlangen, vor seiner Verwendung während
                              einiger Monats im Wasser gelegen. Durch hinter dem Pockholz befindliche Keile, deren Seitenflächen an
                              den Kammerwänden und deren äußere Flächen an dem Hohlcylinder anliegen, werden die
                              Klötze in ihrer Lage zur Welle fixirt. Um die Keile leicht bewegen zu können, gehen
                              dieselben an ihren oberen Enden in Stangen über, die über dem Wasser nach Bedürfniß
                              angezogen werden können. Mit der unteren Manische des Hohlcylinders ist eine Scheibe
                              verschraubt, auf welcher der gußeiserne Lagerkörper ruht, und in beiden befindet
                              sich noch, entsprechend eingedreht, ein metallener Führungsring. In der Richtung
                              nach oben wird das Lager durch einen Einsatz, mit Lücken für die Keilstangen
                              versehen, festgehalten. Ein auf den Hohlcylinder aufgesetztes, bis über das Wasser
                              ragendes Blechrohr schützt das Lager vor von dem Wasser mitgeführten
                              Unreinigkeiten.
                           Das Druckrad besteht aus einem vierarmigen Kreuze mit der
                              Nabe, einem gußeisernen Kranze mit den eingenieteten Blechschaufeln und einem
                              äußeren Blechmantel. Der gußeiserne Kranz sitzt mit entsprechenden Lappen auf dem
                              Kreuze, und nimmt dasselbe durch in dem Kreuz vernietete Stifte mit, welche zur
                              einen Hälfte von den Lappen umschlossen werden, zur anderen Hälfte im Arme
                              liegen.
                           Die Anzahl der Druckschaufeln ist 32; jede Schaufel ist 1/4 Zoll stark und durch drei
                              vernietete Zapfen an den gußeisernen Kranz befestigt. Nach Redtenbacher würden die Schaufeln 0,025 des Radius, also 3/4 Zoll stark,
                              und von Gußeisen zu machen seyn; die Stärke von 1/4 Zoll, welche 0,008333 R entspricht, ist jedoch hier vollkommen genügend, da
                              den Schaufeln durch die angenieteten Rückschaufeln eine bedeutende Stabilität
                              gegeben ist. Die Oberflächen der Schaufeln des Druckrades sowohl, als auch die des
                              Leitrades, sind abgeschliffen worden, um den Druckhöhenverlust durch Reibung des
                              Wassers an den Schaufeln möglichst herabzuziehen.
                           Der äußere Blechmantel besteht aus zwei Theilen, welche an ihren Schnittstellen
                              mittelst zweier Klammern zusammengehalten und durch zwei angenietete Nasen, welche
                              sich in entsprechende Löcher an zwei Schaufeln einsetzen, getragen werden. Werden
                              die Klammern gelöst, so lassen sich die beiden Ringhälften abheben, und alsdann die
                              Schaufeln auf die leichteste Weise reinigen. Die Nabe des Druckrades sitzt auf einem
                              in die Welle eingelassenen, schmiedeeisernen Ringe, und nimmt die letztere durch
                              eine starke Feder mit.
                           An den Tragkranz ist ein Blechcylinder von 8 Fuß Durchmesser geschraubt, durch
                              welchen der Turbine das Oberwasser zugeführt wird; derselbe liegt mit seinem oberen,
                              durch einen aufgenieteten Ring verstärkten Ende in einem in die Verdielung des
                              Obergerinnes eingelassenen Ringe aus Winkeleisen an. Dieser Anschluß erleichtert die
                              Montirung, und gestattet dem Obergerinne eine kleine Senkung ohne Einfluß auf die
                              Turbine.
                           Die hier gewählte, von Fontaine zuerst angegebene
                              Anordnung einer hängenden Welle, eine gegen die gewöhnliche Einrichtung mit
                              stehendem Zapfen allerdings complicirtere und somit theurere Construction, steht
                              jedoch der gewöhnlichen Einrichtung in der Sicherheit und Bequemlichkeit des
                              Betriebes durch den wesentlichen Vorzug sehr voran, daß der der Abnutzung und
                              Veränderung am meisten ausgesetzte Theil, der Spurzapfen, ohne Schwierigkeit
                              zugängig ist, und die Schmierung desselben auf die leichteste und sicherste Art
                              bewirkt werden kann.
                           Die Turbinenwelle ist ein gußeisernes Rohr; auf dasselbe
                              ist ein cylindrischer Körper mit zwei Durchbrechungen, eine sogenannte Laterne
                              aufgeschoben, und durch vier Schrauben, deren Köpfe in eingefrästen Löchern der
                              Welle liegen und deren Muttern sich auf der Laterne befinden, mit der Welle fest
                              verbunden. In die Welle ist eine schmiedeeiserne Mutter eingelegt, welche mit zwei
                              in die seitlichen Durchbrechungen der Laterne passenden Lappen versehen ist, und
                              durch die letzteren von der Laterne mitgenommen wird. Die Mutter enthält eine
                              schmiedeeiserne Schraube, welche nach unten in den stehenden Zapfen endigt, nach
                              oben in eine glatte Spindel mit sechseckigem Ansatz ausläuft.
                           In das Kopfende der gußeisernen Welle ist eine Metallbüchse eingeschoben, welche den
                              Zapfen umschließt. Die Spurplatte sowohl, als auch der Zapfen sind von Stahl,
                              mittelst Ansätzen in die Schraubenspindel und die schmiedeeiserne Säule eingelassen,
                              und mit denselben durch Längskeile an den Ansätzen verbunden. Zwischen die
                              Spurplatte und den Zapfen ist eine Platte von Hartmetall, welche sich frei und
                              unabhängig von den stählernen Spurplatten bewegen kann, eingelegt. Auf dem oberen
                              Ende der Schraubenspindel befindet sich ein Oelkelch mit Röhrchen und Docht, dessen
                              Oel der Spur durch die Bohrung in der Spindel zugeführt wird. Damit sich die
                              Schraube in ihrer Mutter bei der Umdrehung der Turbinenwelle nicht drehe, wird die
                              erstere in ihrem oberen glatten Theile durch eine Pressionsschraube festgehalten;
                              diese letztere liegt in einem Ringe, welcher auf das obere Ende der Laterne
                              aufgeschoben ist.
                           Bei dieser Zapfenanordnung ist die Möglichkeit gegeben, durch Drehen der Schraube das
                              Druckrad etwas heben oder niederlassen, somit die Spalte zwischen Leitrad und
                              Druckrad nach Erforderniß stellen zu können, was namentlich bei Abnutzung der
                              Spurflächen wichtig ist, da in Folge einer zu großen Spalte der gute Uebertritt des
                              Wassers aus den Leitschaufeln in die Druckschaufeln gefährdet, und bei einem
                              etwaigen Ueberdruck des Wassers an der Spalte ein größerer Wasserverlust durch
                              dieselbe, also eine
                              Verminderung des Wirkungsgrades der Turbine veranlaßt wird. Auch das Auswechseln
                              irgend eines Theiles des Zapfens kann bei dieser Construction ohne alle
                              Schwierigkeit geschehen, da man durch Drehen der Schraube die Welle bis zum
                              Aufsitzen auf die unter ihr stehende gußeiserne Säule niederlassen, und nach dem
                              Aufwärtsdrehen der Schraube den betreffenden Theil herausnehmen kann.
                           Die Turbinenwelle wird in ihrem oberen Theile noch durch ein Halslager geführt,
                              dessen gußeiserner Körper auf einem doppelt gerippten Träger sitzt, welcher
                              seinerseits wieder auf, mit der Wand durch Bolzen verankerten Consolen ruht.
                           Die Turbine wird durch einen Kreisrechen gegen die von dem Wasser angeschwemmten
                              Gegenstände geschützt; derselbe wird von 64 Stück 5/80 zölligen Stäben und den 32
                              Rohren gebildet, welche sämmtlich durch einen schmiedeeisernen Rechenkranz oberhalb
                              des Wassers gehen. Die Stäbe sind in eingebohrte Vertiefungen des auf dem äußeren
                              Leitschaufelkranz liegenden Deckringes eingesetzt, und 56 an ihren oberen Enden mit
                              Haken versehen, um sie leicht ausheben zu können. Während der Kranz durch acht mit
                              Bünden versehene Rechenstäbe getragen wird, ist er in horizontaler Richtung durch
                              vier mit einer gußeisernen Scheibe verschraubte Spannstangen festgehalten. Diese
                              Scheibe ist mit dem die Welle umgebenden Blechrohre verbunden, und hat außerdem noch
                              den Zweck, die Keilstangen des Pockholzlagers aufzunehmen und den Muttern derselben
                              als Unterlage zu dienen.
                           Die Abschützung der Leitschaufeln geschieht, ähnlich einer
                              von Henschel zuerst ausgeführten Construction, durch zwei
                              diametral einander gegenüber liegende conische Rollen, welche außer der Bewegung um
                              ihre geometrische Achse eine im Kreis um die Turbinenachse auf dem Leitrad
                              fortschreitende Bewegung besitzen, so daß jede Rolle einen auf sie aufgewickelten
                              Gutta-percha-Streifen auf eine halbe Ringfläche des Leitrades abrollen kann. Durch
                              die Achse jedes Kegels geht ein Bolzen, an dessen Enden die Arme einer Gabel
                              angreifen; diese Gabel sitzt mit ihrem einfachen Ende in einer Hülse fest, welche
                              auf einer horizontalen Achse drehbar ist. Der früher beschriebene Mitteltheil des
                              Kreuzes auf dem Leitrade dient als Achse für ein Zahnrad, welches sich um dieselbe
                              dreht. Die Nabe des Rades ist mit einer Metallpfanne versehen, welche auf einem über
                              den Hohlcylinder geschobenen losen Ring ihre Unterlage findet. Das Rad selbst
                              besteht aus zwei mit einander verschraubten Hälften, von denen die eine verzahnt,
                              die andere ohne Zähne ist, aber zwei Ohren besitzt, welche die horizontale Achse, an
                              deren Enden sich die Gabeln mit den Rollen befinden, trägt. In die Verzahnung des
                              Kranzes greift ein an einer verticalen Welle sitzendes Getriebe. Der Zapfen dieser Welle steht in
                              einem mit Pockholz ausgekleideten Lager, welches mit einem Arme des in den innern:
                              Leitschaufelkranz eingelegten Kreuzes verschraubt ist. Durch Umdrehen der verticalen
                              Welle wird der Zahnkranz bewegt, und hiermit die horizontale Achse mit den Rollen
                              verschoben, in dessen Folge sich die Rollen drehen und die auf sie aufgewickelten
                              Gutta-percha-Streifen abgewickelt werden. Da sich mit dem durch die Abwicklung
                              veränderten Durchmesser der Rollen deren Höhe über dem Leitschaufelkranz etwas
                              ändert, so kann sich bei der hier getroffenen Anordnung die Gabel mit der Hülse um
                              die Achse der letzteren etwas drehen und heben. Die Rollen sind hohl und durch
                              Ausfüllung derartig schwer gemacht, daß die durch ihr Gewicht auf den Streifen
                              hervorgebrachte Reibung groß genug ist, um die Steifigkeit der Streifen zu
                              überwinden und kein Gleiten zu gestatten. Ein jeder der Gutta-percha-Streifen ist
                              mit dem einen Ende an einer Leitschaufel, mit dem andern an der Rolle befestigt und,
                              um ihm Widerstandsfähigkeit gegen den Druck des Wassers zu verleihen, mit
                              schmiedeeisernen Schienen versehen, welche an der äußeren Peripherie des 1/4 Zoll
                              starken Streifens 1/8 Zoll dick, 7/8 Zoll breit und 1/8 Zoll von einander entfernt,
                              und durch vier Kupferniete mit dem Streifen verbunden sind. Die Schienen verjüngen
                              sich nach innen derart, daß die Spitzen der Ergänzungskegel bei jedem Durchmesser
                              der Rollen in der Turbinenachse, um welche ihre Bewegung erfolgt, liegen. Auf diese
                              Weise dient die Gutta-percha nur als Scharnier für die Eisenschienen und als
                              Abdichtung. Die verticale Abschützwelle wird an ihrem oberen Ende durch ein auf den
                              vorderen Träger geschraubtes Halslager geführt. Ein Winkelradvorgelege bringt die
                              verticale Welle mit einer horizontalen und ein zweites Winkelradvorgelege die
                              letztere mit einer wiederum verticalen Welle, deren Spurlager sich auf dem vordern
                              Träger befindet und die sich bis in den Raum der Mahlgänge fortsetzt, und daselbst
                              durch ein Griffrad bewegt werden kann, in Verbindung. Ein ferner noch an dieser
                              Stellvorrichtung befindliches Zählwerk gibt die Anzahl der geöffneten Zellen an.
                           Es hat sich sowohl bei den Versuchen, als auch im Laufe der Zeit keinerlei
                              Unregelmäßigkeit oder Nachtheil dieser Schützenvorrichtung herausgestellt. Ein
                              solcher Kreisschütze besitzt aber gegen die am häufigsten angewandte Art der
                              Abdeckung mittelst Klappen die Vorzüge, daß man den Wasserzufluß in sehr engen
                              Grenzen reguliren kann, ferner daß derselbe in der Handhabung sehr bequem, leicht
                              und einfach ist und, daß, den mit der Hand zu bewegenden Klappen gegenüber, die
                              Gefahr eines einseitigen Drucks der Turbinenwelle auf das Halslager, welches bei
                              nachlässigem Ziehen der Klappen eintreten kann, vermieden ist.
                           
                           Die Transmittirung der Bewegung von der Turbinenwelle auf die Königswelle geschieht
                              durch ein Stirnrädervorgelege mit eisernen Kämmen. Das Stirnrad auf der
                              Turbinenwelle ruht, gleich dem Druckrade, auf einem aus zwei Theilen bestehenden, in
                              die Welle eingedrehten Ringe auf, und ist durch eine starke Feder mit der Welle
                              verbunden. Der Spurtopf der Königswelle steht auf einem dem des Turbinenhalslagers
                              im Allgemeinen gleichen, gußeisernen Träger, welcher auf Consolen liegt, die mit
                              denen des vorderen Trägers aus dem Ganzen und mit den Gewölbmauern verankert sind.
                              Beide Träger sind durch vier Querbalken mit einander verbunden.
                           Die Hauptdimensionen der Turbine sind folgende:
                           
                              
                                 Der äußere Durchmesser des Druckrades an der
                                    Eintrittsseite    und des Leitrades
                                 5 Fuß
                                 7 1/2 Zoll
                                 
                              
                                 Der innere Durchmesser 
                                 4   „
                                 4 1/2   „
                                 
                              
                                 Der mittlere Durchmesser 
                                 5   „
                                 –        
                                    „
                                 
                              
                                 Der äußere Durchmesser des Druckrades an der Austrittsseite 
                                 6   „
                                 3        
                                    „
                                 
                              
                                 Der innere Durchmesser 
                                 3   „
                                 9        
                                    „
                                 
                              
                                 Das Verhältniß des inneren zum äußeren Durchmesser
                                    des    Druckrades an der Eintrittsseite 
                                 0,7777
                                 = 7/9
                                 
                              
                                 An der Austrittsseite 
                                 0,6
                                 = 3/5
                                 
                              
                                 Die Höhe des Druckrades 
                                 1 Fuß.
                                 
                                 
                              
                           Die Winkel auf dem Mantel des mittleren Cylinders von 5 Fuß Durchmesser sind, nach
                              einer an der ausgeführten Turbine vorgenommenen Messung, folgende:
                           
                              
                                 Der Austrittswinkel aus den Leitschaufeln 
                                 α = 22° 30'
                                 
                              
                                 Der Eintrittswinkel in die Druckschaufeln,
                                    genommen    in der Bewegungsrichtung des
                                    Rades 
                                 β  =
                                    45°
                                 
                              
                                 Der Austrittswinkel aus den Druckschaufeln an
                                    der    concaven Curve 
                                 δ = 26° 20'
                                 
                              
                                 An der convexen Curve 
                                 δ = 23°.
                                 
                              
                           Der Winkel β ist an der inneren Peripherie des
                              Druckradkranzes ein kleinerer, an der äußeren Peripherie ein größerer als auf der
                              mittleren Cylinderfläche, indem berücksichtigt worden ist, daß die
                              Peripheriegeschwindigkeit in der Radweite eine veränderliche, die absolute
                              Austrittsgeschwindigkeit aus den Leitzellen eine constante, und somit die relative
                              Eintrittsgeschwindigkeit ihrer Richtung und Größe nach variabel ist.
                           Fig. 2 zeigt
                              die Schaufelung der Turbinen, wie sie sich ergibt, wenn die auf dem Mantel des
                              mittleren Cylinders befindlichen Schaufelquerschnitte in eine Ebene gelegt werden;
                              die Leitcurven sind nur in ihren unteren Theilen angegeben. Die normalen Querschnitte der
                              Laufradzellen sind an allen Punkten gleich groß, sowie auch die relativen
                              Geschwindigkeiten, wenn das Rad unter Wasser geht. In eine der Zellen ist der
                              mittlere relative Weg des Wassers eingezeichnet, und aus diesem unter der Annahme,
                              daß die relative Geschwindigkeit gleich der Peripheriegeschwindigkeit ist, der
                              absolute Weg des Wassers construirt worden, und ebenso für sämmtliche zwischen zwei
                              Radcurven auf dem mittleren Cylindermantel befindlichen Wassertheile. Die Fläche der
                              absoluten Wasserwege einer Zelle hat bei dieser Schaufelung eine vom Eintritt bis
                              zum Austritt stetig zunehmende Breite.
                           Die normale Geschwindigkeit der Turbine war für den Betrieb der Mahlmühle zu 30 bis
                              36 Umdrehungen pro Minute festgestellt, also im Mittel
                              zu 33 Umdrehungen.
                           Die genaue Ermittelung des Austrittsquerschnittes für das Leitrad erfordert bei der
                              eigenthümlichen Schaufelconstruction noch folgende Betrachtung. Der Winkel β der Druckschaufel ist für die Hauptcurve
                              45°, für die Rückcurve dagegen ein kleinerer; dieser kleinere Winkel ergibt
                              sich dadurch, daß der Punkt D der Rückcurve, in welchem
                              die Eintrittsnormale steht, geradlinig mit dem Anfang der Hauptschaufel verbunden
                              ist. Die Druckschaufel hat an ihrem oberen Ende einfache Blechstärke; der obere Stoß
                              ist nicht abgerundet, sondern ebenflächig. Das Wasser strömt mit der absoluten
                              Geschwindigkeit c und unter dem Winkel α in der Normale GJ, aus und beginnt unter dem Winkel α
                              seinen absoluten Weg durch die Druckzelle. Das bei A
                              ankommende Wasserelement gleitet entlang der concaven Druckcurve, und durchläuft den
                              absoluten Weg AM. Unter denselben Bedingungen, wie
                              dieses Element, befindet sich bei D, woselbst die
                              Tangente DE unter 45° gegen AC liegt, ein Element, welches entlang der
                              Rückcurve gleitend, den absoluten Weg EON
                              verfolgt. Es ist ersichtlich, daß die Wasserfäden, welche auf die Rückcurve von B bis D, resp. von B bis O treffen, nicht
                              fortgeleitet werden können, sondern sich über der Linie BO in der Richtung des Austrittswinkels α in Ruhe befinden werden. Der Punkt E
                              ist der letzte, an welchem ein unter α aus der
                              Leitzelle tretendes Element seinen absoluten Weg durch die Druckzelle unter dem
                              gleichen Winkel beginnen, und ohne Stoß an der Rückcurve fortgleiten kann. Der
                              Wasserkeil BED muß also als in Ruhe befindlich
                              betrachtet, und als die durch die Druckschaufel verursachte Verengung des
                              Austrittsquerschnittes der Leitzelle die auf GJ
                              bezogene Projection KL der Linie CB + BE = CE angenommen werden. Es versteht sich von selbst,
                              daß der Wasserkeil BED nicht so unwandelbar, wie
                              es die vorige Betrachtung annimmt, bestehen wird, da durch die Reibung der an der Wasserfläche
                              ED gleitenden Wasserschicht auch das Wasser
                              des Keils in Mitleidenschaft gezogen werden wird; ferner wird, so oft ein
                              Druckschaufelstoß unter einen Leitschaufelstoß zu treten beginnt, der Wasserkeil
                              ganz oder zum Theil abfließen und, wenn die vollkommene Deckung der Stöße aufzuhören
                              anfängt, von dem Wasser aus der nächsten Leitzelle wieder ersetzt werden müssen. Es
                              können jedoch diese beiden Umstände für den vorliegenden Zweck unbeachtet gelassen
                              werden, da der erstere sich in einer kleinen Störung der Bewegung der die Rückcurve
                              entlang fließenden Wasserschicht äußern, der letztere in der wiederholten
                              Herstellung eines ruhenden Keils, dessen Wasser seine Geschwindigkeit einbüßte,
                              einen sehr kleinen Effectverlust hervorbringen wird.
                           In Folge der Dicke der Leitschaufeln bildet sich unter den Stößen in der Richtung der
                              Schaufeln bei unter Wasser stehendem Leitrad ein mit unbewegtem Wasser, bei über
                              Wasser befindlichem Leitrad ein mit Luft erfüllter Raum, dessen verticaler
                              Querschnitt ein Dreieck bildet. In Fig. 2 ist derselbe für
                              den Leitschaufelstoß HG construirt. Die Seite HP ist der absolute Weg des bei H austretenden Wassertheilchens; die Seite GP ist ein Parabelbogen, welcher von dem bei G unter dem Winkel α
                              ausströmenden Wasserelement durchlaufen wird. Dadurch, daß die von den beiden
                              Flächen einer Leitschaufel abfließenden Wasserschichten in dem Druckrad auf einander
                              treffen, wird eine gewisse Unregelmäßigkeit in der Wasserbewegung entstehen. Diese
                              Störung wächst mit der Dicke der Schaufeln, da mit derselben der Winkel, unter
                              welchem sich die Wasserschichten wieder vereinigen, ein größerer wird, und es ist
                              gut, die Leitschaufeln nicht stärker, als eben nöthig, zu machen. Der betrachtete
                              Wasserkeil verschwindet, so oft eine Druckschaufel unter die Leitschaufel tritt, und
                              sein Vorhandenseyn findet daher nach demselben Gesetze statt, welches für die
                              Verengung des Austrittsquerschnitts aus den Leitzellen aufgestellt wurde.
                           Für die Construction des absoluten Weges des Wassers ist, wie bereits bemerkt,
                              angenommen worden, daß die relative Austrittsgeschwindigkeit gleich der
                              Peripheriegeschwindigkeit ist; das Wasser wird unter dem Winkel δ – 26° 20' aus dem Druckrad treten, und, wie in der Zeichnung angedeutet ist, ein
                              beim Unterwassergang der Turbine mit todtem Wasser erfüllter keilförmiger Raum von
                              der Austrittsnormale ab an der Rückcurve verbleiben.
                           Bezüglich der angestellten umfassenden Versuche und der Discussion ihrer Resultate
                              verweisen wir auf die ausführlichen Mittheilungen in unserer Quelle.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
