| Titel: | Ueber ein Gasthermometer zum Messen hoher Temperaturen; von V. Regnault. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. C., S. 362 | 
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                        C.
                        Ueber ein Gasthermometer zum Messen hoher
                           Temperaturen; von V.
                              Regnault.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, September 1861,
                              S. 39.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Regnault, über ein Gasthermometer zum Messen hoher
                           Temperaturen.
                        
                     
                        
                           Die verschiedenen Pyrometer, welche man vorgeschlagen hat, um die hohen Temperaturen
                              in den zu technischen Zwecken gebräuchlichen Oefen zu messen, haben bisher noch
                              keine allgemeine Anwendung gefunden. Diejenigen, welche sich auf die Ausdehnung
                              (oder die Zunahme der Spannkraft) der Luft in einem hermetisch geschlossenen Raume
                              gründen, sind schwer auszuführen und kostspielig, überdieß können sie nur von
                              solchen Personen benützt werden, die in den Manipulationen für physikalische
                              Beobachtungen sehr geübt sind.
                           Die Pyrometer, welche auf der verschiedenen Ausdehnung beruhen, die zwei Metalle und
                              ein Porzellanstab erleiden, können eigentlich nur als Pyroskope betrachtet werden,
                              um annähernd nachzuweisen, ob ein und derselbe Ofen bei mehreren auf einander
                              folgenden Operationen immer wieder bis zu der gleichen Temperatur erhitzt wird; denn
                              es ist zu schwierig, diese Instrumente zu graduiren oder sie selbst nur mit einem
                              Normalinstrument zu
                              vergleichen, um ihre Angaben in die Grade unserer gewöhnlichen Thermometerscala zu
                              übersetzen. Endlich erleidet das Instrument unter dem Einflusse der hohen
                              Temperaturen beständige Aenderungen, durch welche seine Scala gestört und die
                              Vergleichbarkeit seiner Angaben unmöglich gemacht wird.
                           Das Pyrometer von Wedgwood, welches sich auf das Schwinden
                              eines und desselben Thonstabes bei den verschiedenen Temperaturen gründet, kann
                              ebenfalls nur als Pyroskop dienen, und läßt noch mehr, als jene, zu wünschen übrig;
                              denn die Zusammenziehung, welche ein und derselbe Thon bei einer und derselben
                              Temperaturerhöhung erleidet, hängt von dem Grade der Zusammendrückung ab, welcher
                              man ihn im rohen Zustande ausgesetzt hat, ferner von der mehr oder weniger schnellen
                              Zunahme der Temperatur, von der längeren oder kürzeren Einwirkung der Wärme etc.
                           Ich habe im J. 1846 (Mémoires de l'Académie des
                                 Sciences t. XXI p. 267) einen leicht zu
                              handhabenden Apparat vorgeschlagen, mittelst dessen man mit hinreichender
                              Genauigkeit in einem gegebenen Zeitpunkt die an irgend einer Stelle des Ofens
                              herrschende Temperatur messen kann. Derselbe besteht, wie Fig. 9 der bezüglichen
                              Abbildungen zeigt, in einer kugelförmigen oder cylindrischen Flasche A aus Gußeisen, Schmiedeeisen, Platin oder Porzellan,
                              deren Fassungsraum 1/2 bis 1 Liter beträgt; der Hals a,
                                 b dieser Flasche ist durch eine aufgeschlissene Platte c, d geschlossen, die mit einer Mündung o versehen ist. In diese Flasche füllt man 15–20
                              Gramme reines Quecksilber, und stellt sie in dem heißen Ofen an die Stelle, deren
                              Temperatur man messen will. Das Quecksilber kommt sofort zum Kochen, treibt die Luft
                              aus, und entweicht selbst zum Theil in Dampfform durch die Mündung o. Nachdem die Flasche die Temperatur des Ofens
                              angenommen hat, zieht man die Platte c, d so weit nach
                              vorn, daß die Mündung o nahezu oder ganz verschlossen
                              wird, nimmt die Flasche heraus, und läßt sie rasch erkalten. Jetzt braucht man nur
                              noch das in der Flasche zurückgebliebene Quecksilber zu wägen; man gießt es aus,
                              nachdem man zuvor Wasser zugesetzt und die Flasche geschüttelt hat, und wägt es
                              entweder direct, oder löst es, wenn es verunreinigt worden ist, in einer Säure, und
                              wägt es dann in gefälltem Zustande.
                           Dem Hals der Flasche kann man auch die in Fig. 10 dargestellte
                              Gestalt geben. Derselbe endigt alsdann in einem erweiterten conischen Theil, und auf
                              dessen Oeffnung stellt man eine Kugel B, welche aus
                              demselben Material wie die Flasche besteht. Diese Kugel schließt nicht hermetisch,
                              verhindert aber die im Ofen befindlichen Gase, sich mit dem Quecksilberdampf im
                              Innern der Flasche zu mischen.
                           
                           Es seyen:
                           V der Fassungsraum der Flasche bei 0⁰ in Kubikcentimetern; man findet denselben
                              durch Wägung des zum Füllen der Flasche erforderlichen Wassers;
                           k der Coefficient der kubischen Ausdehnung für das
                              Material, aus welchem die Flasche besteht;
                           H der Barometerstand in dem Zeitpunkt, wo man die
                              Flasche aus dem Ofen herauszieht;
                           h die Differenz zwischen den Spannungen im Ofen und in
                              der umgebenden atmosphärischen Luft; diese Differenz ist zwar häufig zu
                              vernachlässigen, man kann sie aber auch leicht mit Hülfe eines Wassermanometers
                              bestimmen,
                           H₀ der Barometerstand H
                                 – h, auf 0⁰ reducirt;
                            die theoretische Dichtigkeit des
                              Quecksilberdampfs im Verhältniß zur Luft bei gleichen Temperaturen und Spannungen,
                              d.h. die Dichtigkeit des Quecksilberdampfes bei solchen Temperaturen, bei welchen
                              Quecksilberdampf und Luft den gleichen Gesetzen der Ausdehnung und Zusammenziehung
                              folgen; denn nur bei diesen kann das beschriebene Pyrometer genau die
                              Temperaturgrade angeben;
                           p das Gewicht des in der Flasche zurückbleibenden
                              Quecksilbers.
                           Das Gewicht Quecksilberdampf, welches die Flasche bei der Maximaltemperatur x erfüllt, ist
                           p = V (1
                              + kx)/(1 + αx)
                              0,0012932δ H₀/760,
                           woraus folgt:
                           (1 + kx)/(1 + αx) = 760/(V . 0,0012932 δ) . p/H₀,
                           oder, wenn man die für eine und dieselbe Flasche constante
                              Größe
                           760/(V . 0,0012932 δ) 
                           mit M bezeichnet,
                           (1 + kx)/(1 + αx) = M . p/H
                              
                           Hieraus wird
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 162, S. 363
                              
                           α ist 0,00367.
                           
                           Das eben beschriebene Verfahren kann sich in vielen Fällen nützlich erweisen; allein
                              es erfordert das Einführen des Apparats in den Ofen und das Herausziehen desselben
                              aus dem Ofen, und dieß kann störend auf den Gang des Ofens einwirken. Ich habe noch
                              einen anderen Apparat construirt, welcher dem älteren insofern vorzuziehen ist, als
                              er immer an seiner Stelle stehen bleibt, und dabei zu jeder Zeit das Messen der
                              Temperatur, auch wenn diese sich verändert, gestattet. Derselbe wird zunächst zur
                              Bestimmung der Temperaturen dienen, bei welchen man in der kaiserlichen
                              Porzellanfabrik zu Sèvres das Einbrennen der Emails und der Malereien in das
                              Porzellan ausführt.
                           Dieser Apparat besteht aus einer schmiedeeisernen Röhre A,
                                 B (Fig.
                                 11), deren Länge von der Ausdehnung des Raumes, dessen Temperatur man
                              bestimmen will, abhängt. Ihre lichte Weite schwankt zwischen 2 und 5 Centimeter, und
                              ist um so größer zu nehmen, je kürzer die Röhre ist. An beiden Enden ist die Röhre
                              durch aufgeschraubte und festgelöthete, schmiedeeiserne Scheiben geschlossen, und
                              von diesen gehen schmiedeeiserne Capillarröhrchen a, b
                              und c, d aus, die bis durch die Ofenwände C, C' hindurch fortgesetzt sind. Diese Röhrchen zieht
                              man aus Cylindern, die aus sehr weichem Eisen bestehen, und die man vorher geglüht
                              und in der Richtung der Achse mit 3 bis 4 Millimeter Lochweite durchbohrt hat. Beide
                              Capillarröhrchen münden außerhalb der Ofenwände in Dreiweghähne R und R'.
                           Mit Hülfe des Hahnes R kann man die weite Röhre A, B nach einander mit den Rohrleitungen e und f in Verbindung
                              setzen, und durch den Hahn R' ist die Röhre A, B mit den Rohrleitungen g
                              und h in Communication zu bringen. Die Leitung h ist an ein Kupferrohr l
                              angeschweißt, welches mit Kupferoxyd angefüllt ist.
                           Will man die Temperatur des Ofens in einem gegebenen Zeitpunkt bestimmen, so bringt
                              man die Hähne R und R' in
                              die Stellungen, welche Fig. 11 angibt, und setzt
                              die Leitung f mit einem Apparate in Verbindung, welcher
                              ununterbrochen trockenes und vollkommen gereinigtes Wasserstoffgas entwickelt. Das
                              Wasserstoffgas treibt die Luft aus der Röhre A, B aus
                              und entfernt sie durch die frei bleibende Mündung der Leitung g. Die Wasserstoffentwickelung setzt man so lange fort, bis die Luft
                              vollständig ausgetrieben ist; das Oxyd, welches etwa an der Innenwand der Röhre A, B anhängen könnte, wird dabei in den metallischen
                              Zustand zurückgeführt.
                           Darauf dreht man den Hahn R in die Stellung 2 (Fig. 12),
                              hängt den Wasserstoffapparat von der Leitung f
                              ab, und setzt die Leitung e mit einem Apparat in Verbindung, welcher zu dem geeigneten Zeitpunkte
                              mit einer beliebig zu
                              regulirenden Geschwindigkeit trockene Luft entwickelt. Dieser Apparat, der in Fig. 13
                              dargestellt ist, besteht in einer Flasche V, in welche
                              aus einem höher liegenden Reservoir X durch ein Bleirohr
                              a, b Wasser zugeleitet wird; die Menge des
                              Wasserzuflusses wird durch einen Hahn r in der
                              Rohrleitung a, b regulirt. Die Luft aus der Flasche V geht durch eine Röhre c,
                                 d, in welcher mit concentrirter Schwefelsäure getränkter Bimsstein sich
                              befindet. Wenn der Hahn r' geschlossen ist, so nimmt die
                              Luft in der Flasche V eine höhere, als die
                              atmosphärische Spannung an, weil die Wassersäule in der Röhre a, b auf sie drückt.
                           Die Röhre A, B ist jetzt mit Wasserstoffgas gefüllt,
                              dessen Spannung H₀ der Spannung der Atmosphäre
                              gleich ist; seine Temperatur x ist aber unbekannt. Das
                              mit Kupferoxyd gefüllte Kupferrohr C wird durch eine
                              intensive Gasflamme bis zum Rothglühen erhitzt, und durch die Leitung i mit einem Uförmig
                              gebogenen Rohre S, das mit einer abgewogenen Quantität
                              mit Schwefelsäure getränkten Bimssteins gefüllt ist, in Verbindung gesetzt. Der Hahn
                              R ist jetzt in der Stellung 2, und der Hahn R' in der Stellung 3 (Fig. 12). Nachdem man den
                              Hahn R auf ganz kurze Zeit und nur wenig geöffnet hat,
                              um das Wasserstoffgas aus der Leitung l auszutreiben,
                              bringt man den Hahn R' in die Stellung l und endlich den Hahn R in
                              die Stellung 3. Oeffnet man jetzt vorsichtig den Hahn r'
                              (Fig.
                                 13), so tritt die trockene Luft langsam in die Röhre A,
                                 B über, treibt das Wasserstoffgas aus derselben aus, verbrennt es dabei zum
                              Theil, und zwingt den nicht verbrannten Theil, durch das Kupferoxyd zu gehen, das
                              die Verbrennung vollendet; das durch die Verbrennung entstehende Wasser schlägt sich
                              an der Bimssteinfüllung der Röhre S nieder. Den
                              Luftstrom läßt man so lange durch die Röhre A, B gehen,
                              bis das Wasserstoffgas und der Wasserdampf vollständig ausgetrieben sind; das
                              reducirte Kupferoxyd oxydirt sich dabei von neuem.
                           Es seyen:
                           V der Fassungsraum des Apparats bei 0⁰ in Kubikcentimetern;
                           δ die Dichtigkeit des Wasserstoffgases im
                              Verhältniß zur Luft;
                           α der Ausdehnungscoefficient des
                              Wasserstoffgases;
                           k der Coefficient der kubischen Ausdehnung für das
                              Metall, aus dem die Röhre A, B besteht;
                           P das Gewicht des in der Röhre S angesammelten Wassers.
                           Dann ist
                           12,5/112,5 P = V (1 + kx)/(1 + αx) δ 0,0012932 H/760
                           Bei einem Vorversuch, den man vor dem Einführen der Röhre A,
                                 B in den Ofen anzustellen hat, umgibt man die Röhre A, B mit schmelzendem Eis und verfährt im Uebrigen auf die beschriebene Weise.
                              Dadurch erhöht man das Gewicht P' des Wassers, welches
                              der durch den Apparat gehende Wasserstoff bei der Temperatur von 0⁰ und der Spannung H' liefert. Für diesen Vorversuch wird
                           12,5/112,5 P' = V δ . 0,0012932 H'/760
                           Durch Division der beiden letzten Gleichungen erhält man
                           (1 + kx)/(1 + αx) = P/H . H¹/P¹ 
                           Der Werth H'/P', der durch den Vorversuch mit dem
                              schmelzenden Eise bestimmt wird, bleibt für alle zu ermittelnden Temperaturen
                              constant; nennt man ihn M, so geht die Gleichung über
                              in
                           (1 + kx)/(1 + αx) = M . P/H,
                           woraus sich ergibt:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 162, S. 366
                              
                           Die Ermittelung der Temperatur nach diesem Verfahren erfordert nur sehr wenig Zeit,
                              und der Apparat ist schnell zur Anstellung eines neuen Versuchs fertig gemacht. Man
                              kann daher mit Hülfe desselben sehr leicht den Gang der Temperatur in ihrer Ab- oder
                              Zunahme beobachten.
                           
                        
                     
                  
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