| Titel: | Ueber Kalköfen; mitgetheilt vom Oberingenieur Heusinger von Waldegg zu Homburg vor der Höhe. | 
| Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. CXII., S. 415 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        CXII.
                        Ueber Kalköfen; mitgetheilt vom Oberingenieur
                           Heusinger von Waldegg
                           zu Homburg vor der Höhe.
                        Aus der Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und
                                 Ingenieur-Vereins, 1861, Bd. VII S. 307.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Heusinger von Waldegg, über Kalköfen.
                        
                     
                        
                           Ofen zur periodischen Calcination mit
                                 großer Flamme.
                           Der nachstehend beschriebene, für Steinkohlenbrand eingerichtete, sehr zweckmäßige
                              Kalkofen ist von den Gebrüdern Schwarz in Limburg an der
                              Lahn ausgeführt, und in Figur 28 in einem
                              Querdurchschnitt, in Fig. 29 in einem
                              Längendurchschnitt dargestellt.
                           Der Ofen ist im Lichten 20 Fuß lang, 9 Fuß breit, 16 1/2 Fuß hoch, steht zur Hälfte
                              seiner Höhe in der Erde versenkt, er ist mit einem Spitzbogengewölbe geschlossen und
                              mit den beiden 18 Zoll weiten Schornsteinen B, B
                              versehen. Auf den beiden Langseiten liegen die fast in die Erde versenkten
                              Arbeitsgewölbe C, C, die durch die 4 Fuß weiten Thüren
                              mit steinernen Treppen D, D von einem Ende aus
                              zugänglich sind. Ueber der Mitte eines jeden Arbeitsgewölbes ist der 15 Zoll weite
                              Dunstschornstein E, E angebracht. In jeder der beiden
                              Langseiten des eigentlichen Ofens A befinden sich 5
                              Schürlöcher, F, F, F, 20 Zoll weit; sie sind mit
                              feuerfesten Steinen überwölbt, und nach der Weite, wie sie an die Arbeitsgewölbe
                              ausmünden, mit einer 11 Zoll breiten, 6 Zoll hohen Oeffnung zum Einwerfen der Kohlen
                              versehen, die durch einen davor gestellten Backstein jedesmal wieder geschlossen
                              wird. Jedes Schürloch enthält 11 Roststäbe, 2 1/2 Fuß lang, von 3/4 Zoll starkem
                              Quadrat-Walzeisen; diese ruhen vorn und hinten auf einem eingemauerten eisernen
                              Rechen, und können von den Arbeitsgewölben aus zum Reinigen des Rostes während oder
                              nach beendigtem Brande einzeln herausgezogen werden, und sollten sie sich
                              durchgebogen haben, leicht wieder gerade gerichtet werden.
                           An den beiden schmalen Seiten befinden sich über dem Fußboden die Sandthüren G, G zum Ein- und Aussetzen, wovon die eine direct auf
                              den Fahrweg, die andere in ein luftdicht verschlossenes Magazin ausmündet; außerdem
                              sind in der Spitze des Gewölbes noch zwei kleinere 1 1/2 Fuß weite Einsetzöffnungen
                              H angebracht, um den Ofen bis unter den Scheitel des
                              Gewölbes füllen zu können.
                           
                           Das Beschicken des Ofens geschieht in der Art, daß von den einander
                              gegenüberliegenden Schürlöchern 11 Zoll weite und 2 Fuß hohe Gassen mit lagenweisen
                              Kalksteinen angesetzt, und dieselben durch größere Schlußsteine gewölbartig
                              geschlossen werden. In der Mitte dieser Gassen wird eine 1 1/2 Fuß starke
                              Scheidewand aufgeführt, damit sich die Flammen der einander gegenüberliegenden Feuer
                              nicht an einander stoßen und den Zug stören; alle übrigen Räume bis zum obern Theil
                              der Sandthüren G, oder bis zum Anfange des Gewölbes,
                              werden mit 3–6 Zoll großen Kalksteinen lose ausgefüllt und Rücksicht auf die
                              Feuerzüge genommen. Auf die Kalksteine kommen in den oberen Theil bis in die Spitze
                              des Gewölbes noch ordinäre Backsteine, die hochkantig im Stromschichtenverband mit 1
                              Zoll weiten Zwischenräumen gestellt werden. Jeder Ofen liefert circa 200 Ohm Kalk à
                              2 Centner und 7000–8000 Backsteine, und erfordert 40 Malter Steinkohlen
                              (Gries). Es können jährlich 25 bis 28 Brände geschehen. Zu bemerken ist noch, daß
                              der Ofen mit einem Dache versehen, die Hauptwände 4 bis 5 Fuß, das Gewölbe 1 Fuß
                              stark und durch den hölzernen 7 Zoll starken Rahmen I
                              der obere Theil des Ofens verankert ist.
                           
                        
                           Ofen zur periodischen Calcinirung durch
                                 lagenweises Eintragen, oder mit kleiner Flamme.
                           Die Oefen zu dieser Brennart haben gewöhnlich die Form eines abgekürzten verkehrten
                              Kegels oder einer dergleichen Pyramide; letztere sind etwas einfacher herzustellen,
                              erstere verdienen aber den Vorzug, da sie einen viel gleichmäßiger gebrannten Kalk
                              liefern. – Als Brennstoff wird Steinkohle,
                              zuweilen auch Torf verwendet. Man schichtet den Brennstoff und die Kalksteine in
                              horizontalen Lagen in dem Ofen auf, deren Dicke sich nach ihrem Abstande von dem
                              Feuerroste und nach der Dichtheit des Kalksteines richtet. Je dichter der Stein ist,
                              desto mehr Dicke müssen die Lagen des Brennstoffes erhalten, und diese muß abnehmen,
                              je höher die Lage von dem Roste absteht. Das umgekehrte Verhältniß findet bei den
                              Steinlagen statt: die größeren Steine müssen nämlich in die Höhe des Ofens zu liegen
                              kommen, aus dem Grunde, weil das Feuer zuerst von unten aus entzündet wird, und nach
                              und nach die höheren Lagen ergreift, daher auf diese längere Zeit einwirkt, als auf
                              die unteren. Die Dicke der Schichten kann von 6 bis 24 Zoll steigen.
                           Gewöhnlich werden zwei oder drei solcher Oefen zusammengelegt. Figur 30 stellt einen
                              Grundriß, resp. Horizontalschnitt, und Figur 31 einen
                              Verticalschnitt nach AB der Figur 30 von drei solchen
                              Oefen dar, wie sie in der Umgegend von Frankfurt a. M. meist angelegt werden. Sie werden ganz oder zum
                              größten Theil ihrer Höhe in den Boden versenkt, und bedürfen dann nur einer
                              schwachen Futtermauer. Um das Arbeitsgewölbe C herum
                              liegen zwei oder drei Oefen D, D,; bei a, a sind die Schürlöcher; bist der Rost, aus 4 bis 5
                              gußeisernen Stäben bestehend und auf eingemauerten schmiedeeisernen Platten ruhend,
                              c der Aschenfall, d ein
                              von diesem bis an die obere Mündung führendes, mit einem 1/2 Stein stark
                              ausgemauerten Zugloch. Die Oefen werden 1 Backstein stark nach einer Schablone
                              – einem Breterrahmen von der Hälfte des Verticalschnitts efbc, der oben und unten in (auf der Mitte
                              querüber befestigter Dielen) angebrachten Löchern mit senkrechten Zapfen sich dreht
                              – in Rollschichten gemauert und am besten oben durch einen flachen
                              gußeisernen, mit Rand nach unten versehenen Ring e, e
                              gesichert. Bei E ist die vertiefte Anfahrt für das
                              Fuhrwerk, um die rohen Kalksteine beizubringen und den gebrannten Kalk abzufahren.
                              Das Ganze ist durch ein leichtes, auf den in Sandsteinpostamenten ruhenden Pfosten
                              h, h liegendes Ziegeldach überdacht. Bei F befindet sich ein Zimmer und darüber die Schlafstelle
                              für die Arbeiter.
                           Vor dem Beginn der Füllung dieser Oefen legt man auf den Rost Reisigbündel zum
                              Anzünden; darauf kommt eine Lage Stückkohlen, alsdann die abwechselnden Schichten
                              Kalksteine und Kohlengries. Um der Flamme freien Durchzug zu lassen, stellt man die
                              Steine mit den spitzeren oder dünneren Enden nach unten, wobei man jedoch sorgen
                              muß, daß die Fugen der Lagen mit Steinkohlen verzickt werden, damit das Kohlenklein
                              nicht nach unten falle; die dickeren Kalksteine setzt man in die Mitte, die
                              kleineren an die Umfangswände, so daß die Schichten etwas gewölbt werden. Um
                              sicherer die Feuerzüge zu bilden, kann man mehrere 3 bis 4 Zoll dicke runde Hölzer
                              1,1 beim Einsetzen verwenden, die man, je weiter man herauf kommt, nachzieht. Ist
                              der Ofen zur Hälfte ausgesetzt, so zündet man ihn an; das Anzünden geschieht durch
                              ein Bündel Stroh, das man unter den Rost schiebt. Sobald das Feuer zusammenbrennt,
                              was man vorzüglich an dem durch die Gicht aufsteigenden Rauch gewahr wird,
                              verschließt man das Schürloch durch loses Aussetzen mit Backsteinen, damit die
                              Verbrennung nicht zu schnell die oberen Lagen ergreift; dann setzt man die Füllung
                              des Ofens schichtweise bis oben fort.
                           Wenn das Feuer die Höhe des Ofens erreicht hat, so werden die Stellen, wo sich die
                              Gluth zeigt, mit einer dünnen Erddecke bedeckt, bis sich die Gluth über die ganze
                              Oberfläche ausgebreitet hat. Gegen starke Winde ist die obere Mündung durch
                              Schirmwände zu verwahren, die man aus Bretern auf einige Fuß Höhe über dem Niveau
                              aufstellt, je nach dem
                              Drehen des Windes verändert, und beim Wiederfüllen des Ofens auf die Seite
                              stellt.
                           Die zu einem Brande nöthige mittlere Zeit ist 3 bis 4 Tage; das Entleeren des Kalkes
                              nach völliger Gaare geschieht zum Theil von unten, wo er schon erkaltet ist, während
                              oben noch die Gluth steht, theils von oben.
                           Diese Art periodischer Oefen mit kleiner Flamme werden im Allgemeinen den
                              continuirlichen Oefen dieser Gattung vorgezogen und haben letztere in hiesiger
                              Gegend ganz verdrängt, indem in ersteren der Kalk viel gleichmäßiger gebrannt werden
                              und das Brennen nach dem Absatz eingerichtet werden kann. Man kann sowohl nur einen
                              einzelnen Ofen und diesen selbst nur zum Theil gefüllt brennen, als auch für einen
                              stärkeren Betrieb sämmtliche Oefen hinter einander beschicken, so daß während der
                              eine brennt, der andere ausgeleert und der dritte wieder eingesetzt wird, und da ein
                              jeder Ofen 2 Mal allwöchentlich circa 60 Bütten gebrannten Kalk liefern kann, so kann fast jeden Tag ein
                              Ofen ausgeleert werden; sie bieten daher dieselben Vortheile, wie die
                              continuirlichen Oefen, ohne deren Nachtheile zu haben.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
