| Titel: | Vorschrift zur Bereitung des Collodium; von Dr. F. Luchs. | 
| Autor: | F. Luchs | 
| Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. XIV., S. 63 | 
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                        XIV.
                        Vorschrift zur Bereitung des Collodium; von Dr.
                           F. Luchs.
                        Luchs, Vorschrift zur Bereitung des Collodium.
                        
                     
                        
                           Fast von keinem Präparate existiren so vielfache Vorschriften, und jede sucht den
                              Grund des Mißlingens in etwas Anderem. Ich erlaube mir hiermit eine Vorschrift
                              mitzutheilen, die ich vor vielen Jahren in Berlin bekannt machte, und die ein
                              Mißlingen des Präparats nie gestattet. Das Räthsel der Bereitung ist einfach gelöst, wie es Jeder
                              aus der Vorschrift entnehmen kann. Mir war darnach, beim jahrelangen Arbeiten mit
                              zwei Pfund Baumwolle nie das Präparat verdorben, oder mißglückt.
                           Ich nahm einen irdenen großen Topf, wog in denselben 40 Pfund gewöhnliche englische
                              Schwefelsäure, schüttete 18 Pfund gröblich fein gestoßenen, rohen englischen
                              Salpeter (der zusammengeballten Stücke wegen noch einmal durchsiebt) hinein und
                              rührte Alles mit einem hölzernen Knüppel gut durcheinander. Nach der gegenseitigen,
                              etwa 10 Minuten lange dauernden Einwirkung, that ich zwei Pfund Baumwolle in
                              faustgroßen, aufgelockerten Ballen schnell hinein, indem eine zweite Person dieselbe
                              sogleich mit dem Gemisch in Berührung brachte. Der Brei ist so dünn, daß die
                              Baumwolle mit dem Knüppel sich gut hinunterdrücken läßt. Die Baumwolle ließ ich in dem Gemisch so lange liegen, bis eine kleine
                                 herausgenommene Probe, schnell mit Wasser ausgewaschen, ausgedrückt, mit
                              Alkohol übergossen, wieder ausgedrückt, sich leicht in einem
                                 Gemisch von 2 Thlen. Aether und 1 Thl. Alkohol vollständig löste. Ist letzteres
                                 noch nicht der Fall, so bleibt die Baumwolle so lange im Gemisch liegen, bis
                                 dieß der Fall ist. Hat die Baumwolle die Löslichkeit erlangt, so nimmt man
                              sie mit dem Knüppel aus dem Topf, bringt sie in ein Schaff mit Wasser und wäscht sie
                              vollständig aus. Die so erhaltene ganz zusammenhängende Baumwolle preßt man zwischen
                              Leinen aus, giebt sie in einen Topf, übergießt sie mit Alkohol, so daß derselbe
                              darüber steht und läßt sie 24 Stunden stehen. Folgenden Tages preßt man den stark
                              gelb gefärbten Alkohol ab, übergießt einen Theil der noch feuchten Wolle mit 2
                              Thlen. Alkohol und setzt dann 15–20 Thle. doppelt rectificirten Aether hinzu.
                              So erhält man jedenfalls ein weißes ausgezeichnetes Collodium.
                           Ich nahm die beste gereinigte Baumwolle, wie sie in den Wattenfabriken zu bekommen
                              war und fand sie größtentheils gelblich, welche Farbe sich auch später dem Collodium
                              mittheilte. Durch das angegebene Verfahren wurde die gelbe Farbe daraus
                              entfernt.
                           Eine Behandlung der Baumwolle mit Soda ist unnöthig. Die gewöhnliche englische
                              Schwefelsäure ist ausreichend stark. Der englische Salpeter ist gut genug. Die
                              Quantität desselben ist geringer wie in jeder andern, bis jetzt mir bekannten
                              Vorschrift, da der große Ueberschuß der Schwefelsäure das Gemisch mehr flüssig macht
                              und eine größere Menge Baumwolle sich, keineswegs auf Kosten der Güte des Productes,
                              unterbringen läßt. Durch den Holzknüppel, der bloß gelblich gefärbt wird und zur
                              nächsten Operation
                              jedesmal angewandt werden kann, wird die Zerbrechlichkeit eines Glasstabes und des
                              Gefäßes umgangen. Es läßt sich überhaupt besser mit einem Holz als einem Glasstabe
                              arbeiten. Jede andere Vorschrift gibt die Zeit genau an, wie lange die Baumwolle im
                              Gemisch liegen soll. Dieß hängt aber größtentheils von der Temperatur, der Länge der
                              Zeit und von der Stärke der Baumwollenfasern ab. Im Sommer sind 10 Minuten zur
                              gegenseitigen Einwirkung des Salpeters und der Schwefelsäure hinreichend, ehe man
                              die Baumwolle hineinbringt. Im Winter muß das Gemisch sogleich in warmes Wasser
                              gestellt werden, ehe die Wolle hineinkommt, sonst wird durch in der Kälte sich
                              schnell ausscheidendes zweifach-schwefelsaures Kali die Flüssigkeit zu dick,
                              und die bestimmte Quantität Baumwolle ist nicht unterzubringen. Entwickeln sich viel
                              rothe Dämpfe und kann man sich, durch Hinunterdrücken der Wolle ins Gemisch,
                              derselben nicht erwehren, so gießt man ohne Schaden für das Product noch etwas
                              Schwefelsäure hinein und die Entwickelung der Dämpfe hört sofort auf.
                           Der Uebergang der löslichen Wolle in unlösliche geht nicht sehr schnell vor sich und
                              man hat vollständig Zeit, kleine Proben im Opodeldokglase auszuführen. Wenn man die
                              Baumwolle, nachdem sie die Löslichkeit erlangt, aus dem Topfe herausnimmt, drückt
                              man so gut wie es geht die Säure aus, ehe man die Wolle auswäscht. Die erhaltene
                              Flüssigkeit kann noch sehr gut, bei großen Quantitäten, auf Salpetersäure
                              verarbeitet werden. Die ausgewaschene Baumwolle muß säurefrei seyn, was leicht durch
                              Geschmack und Lackmus erkannt wird. Die gute Wolle fühlt sich ausgewaschen weich an,
                              während die unlöslichere, feucht auseinander gezupft, zwischen den Fingern knirscht
                              und oft zerfressen ist. Die ausgewaschene und gepreßte Baumwolle lasse ich über
                              Nacht in Alkohol stehen und dieser zieht den ganzen gelben Farbstoff aus, wodurch
                              das Collodium weiß wird. Den ausgepreßten Alkohol verbraucht man zum Brennen. Die
                              Baumwolle löse ich noch feucht auf, indem das Auseinanderzupfen und das Trocknen
                              derselben erspart wird. 90procentiger Alkohol ist genügend, ebenso doppelt
                              rectificirter Aether (0,730 spec. Gew.).