| Titel: | Verbesserungen bei der Fabrication der Salpetersäure. | 
| Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. XLIV., S. 493 | 
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                        XLIV.
                        Verbesserungen bei der Fabrication der
                           Salpetersäure.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Verbesserungen bei der Fabrication der Salpetersäure.
                        
                     
                        
                           Bei der Fabrication der Salpetersäure ist bekanntlich die den Verdichtungsapparat
                              verlassende Säure durch aufgelöste Untersalpetersäure roth gefärbt. In diesem Zustand
                              eignet sie sich für viele Anwendungen, so z.B. zur Darstellung der Schwefelsäure;
                              für die meisten Zwecke aber muß sie vorher in farblose, von NO⁴ vollkommen
                              freie Salpetersäure übergeführt werden, was durch das sogenannte Bleichen (blanchiment), und zwar auf die Weise geschieht, daß man
                              die Salpetersäure in gläsernen Ballons, die in einem bis auf 80 bis 90° C.
                              erhitzten Wasserbade sich befinden, erhitzt, so lange als noch rothe Dämpfe
                              entweichen, welche letztere man entweder in die Schwefelsäurekammer leitet oder
                              durch ein Rohr ins Freie führt. In der jüngsten Zeit sind nun in der
                              Salpetersäurefabrication wichtige Verbesserungen aufgetaucht, die sich theils auf
                              die Umgehung des Bleichens, theils auf die Condensationsapparate beziehen. In
                              ersterer Hinsicht ist eine in der Fabrik von Chevé
                              übliche Vorrichtung anzuführen. Es ist dem Praktiker bekannt, daß die rothen Dämpfe
                              bei der Fabrication der Salpetersäure sich nur bei Beginn und gegen das Ende der
                              Destillation bilden. Man braucht daher nur fractionirt zu destilliren, um einerseits
                              rothe Säure, andererseits weiße Säure zu erhalten, die, ohne der Bleichung zu
                              bedürfen, sofort in den Handel gebracht werden kann. Zu dem Ende wendet man einen
                              Hahn aus Steinzeug von der in Fig. 39 abgebildeten Form
                              an, dessen Rohr A mit dem Destillirapparat in Verbindung
                              steht, während die Rohre B und B' in verschiedene zum Auffangen bestimmte Ballons münden. Der Hahn ist so
                              gebohrt, daß man nach Belieben die Communication zwischen A und B, wobei B
                              abgeschlossen ist, oder zwischen A und B' herstellen kann. Durch geeignetes Stellen des Hahnes
                              kann man daher die rothe Säure von der weißen vollständig und kostenfrei
                              trennen.
                           Die zweite Verbesserung, von Plisson und Devers herrührend, bezieht sich auf den
                              Condensationsapparat, der aus einer Batterie von 10 Flaschen besteht, von denen 6
                              unten offen sind und in Trichter endigen, so daß sie in die Mündungen gewöhnlicher
                              Flaschen passen. G (Fig. 40) zeigt eine
                              solche unten offene Flasche. Aus dem hinter dem Mauerwerk M versteckten Cylinder geht ein Rohr aus Steinzeug, mit welchem ein
                              zweimal gebogenes Glasrohr G' in Verbindung steht, das
                              in eine der drei Mündungen der ersten Flasche A führt.
                              In dieser Flasche sammelt sich das zuerst Uebergehende, das, was vielleicht
                              übersteigt, und überhaupt, alle Unreinigkeiten. Die Flasche A ist inwendig mit einem kleinen Rohr T
                              versehen, das einen hydraulischen Verschluß bewirkt, in der Weise, daß, wenn die
                              Flüssigkeit in der Flasche eine Höhe von einigen Centimetern erreicht hat, der
                              Ueberfluß durch das Rohr T in die gut verschlossene
                              Flasche A' abfließt. In der zweiten Mündung der Flasche
                              A ist ein Trichter, durch welchen Wasser aus F in die Flasche A
                               fließt und die
                              Condensation unterstützt. Durch ein Glasrohr S gehen die
                              Säuredämpfe aus der Flasche A in die Flasche B, welche, ebenso wie die beiden Flaschen B' und B'', die in ihnen
                              verdichteten Producte durch das Rohr T' in den Ballon
                              A'' führt. Die in B
                              nicht condensirten Dämpfe gehen nach C und von da nach
                              D; in diesen beiden Flaschen verdichtet sich ein
                              Theil der Säure, der nach B und endlich nach A fließt; der nicht condensirte Rest geht durch das
                              Glasrohr S' nach D', dann
                              nach C'' und endlich nach B', worin die verdichteten Theile sich ansammeln. Von da gehen die Dämpfe
                              durch die Flaschen B'', C'', D'', und aus der letzten
                              Flasche das, was noch nicht verdichtet ist, in den Rauchfang. Aus den Mariotte'schen Flaschen F'
                              und F'' fließt Wasser zu, was im Verein mit dem Wasser
                              aus F die producirte Säure bis auf 36°
                              Baumé (= 1,31 spec. Gewicht = 42,2 Proc. NO⁵) verdünnt. Um jedem Druck
                              in den Flaschen A' und A''
                              vorzubeugen, geht ein Rohr H und ein ähnliches H' (in der Abbildung weggelassen) von T und T' ab, um die nicht
                              verdichteten Dämpfe in die Flasche B'' zu führen, wo sie
                              sich mit dem nicht condensirten Reste vereinigen. Der ganze Apparat, der auf den
                              ersten Anblick complicirt zu seyn scheint, ist äußerst leicht zu handhaben; die
                              Säuredämpfe condensiren sich im Anfange in der Flasche A, aus welcher sie in einen besonderen Recipienten A' geführt werden; daraus verdichten sie sich in den Flaschen B, B', B'', aus welchen das Product in den allgemeinen
                              Recipienten A'' fließt.
                           Dieser neue Verdichtungsapparat ist äußerst vortheilhaft. Einmal zusammengesetzt,
                              braucht er nur sehr selten aus einander genommen zu werden. Die Handarbeit des
                              Leerens und Zusammenfügens bei dem gewöhnlichen Apparat und der damit
                              zusammenhängende große Kittverbrauch fallen bei dem neuen Apparat hinweg. In Folge
                              des langen Weges, den die Dämpfe zurückzulegen haben, geht die Condensation
                              vollständiger vor sich, wie die Ausbeute von 132 bis 134 Kilogr. Säure von
                              36° B. auf 100 Kilogr. Salpeter beweist, während die älteren Apparate nur 125
                              bis 128 Kilogr. liefern.
                           Die innere Einrichtung der Flaschen und der den hydraulischen Schluß bewirkenden
                              Hebertrichter ergibt sich aus Folgendem. In jeder der Flaschen der unteren Reihe
                              befindet sich ein gebogenes Rohr aus Steinzeug T (Fig. 41),
                              dessen Mündung O ins Freie geht; eine spaltförmige
                              Oeffnung L stellt die Communication zwischen der
                              Flüssigkeit und dem Innern der Röhre her; die Flüssigkeit kann demnach in der
                              Flasche nur bis zu einer gewissen Höhe sich ansammeln. Es ist klar, daß hierdurch
                              die Flasche einen hydraulischen Schluß erhält. Der Hebertrichter besteht aus einem
                              thönernen Rohr von etwa 3 Centimetern Durchmesser, dessen Seitenwand der Länge nach
                              durchbohrt ist (Fig. 42); die in das Innere der Röhre gelangende Flüssigkeit kann mithin
                              nur bis zur Oeffnung O steigen; sobald diese Höhe
                              erreicht ist, fließt die Flüssigkeit in demselben Verhältniß aus, als durch den
                              Trichter E nachströmt. (Aus dem Dictionnaire de Chimie industrielle von Barreswil und Girard, durch Wagner's Jahresbericht für chemische Technologie,
                                 Jahrgang 1861.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
