| Titel: | Ueber Metalllegirungen, mit besonderer Berücksichtigung des Aluminiums; von C. Tissier, Director der Aluminiumfabrik in Rouen. | 
| Fundstelle: | Band 166, Jahrgang 1862, Nr. XCV., S. 427 | 
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                        XCV.
                        Ueber Metalllegirungen, mit besonderer
                           Berücksichtigung des Aluminiums; von C. Tissier, Director der Aluminiumfabrik in Rouen.
                        Aus dem Technologiste, April 1862, S. 348; durch das
                           polytechnische Centralblatt, 1862 S. 1337.
                        Tissier, über Metalllegirungen, mit besonderer Berücksichtigung des
                           Aluminiums.
                        
                     
                        
                           Eine Legirung wird um so homogener und nähert sich in ihren Eigenschaften den
                              einfachen Metallen um so mehr, je inniger die Verbindung ihrer Bestandtheile ist.
                              Damit dieser Zweck erreicht werde, müssen folgende drei Bedingungen erfüllt werden:
                              1) müssen die zu legirenden Metalle eine hinreichende Verwandtschaft unter einander
                              haben; 2) muß die Verwandtschaft derart seyn, daß unter möglichst verschiedenartigen
                              Mengenverhältnissen wirkliche Legirungen entstehen; denn wenn nur bei ganz
                              bestimmten Zusammensetzungen Legirungen sich bilden und man, um die oder jene
                              Eigenschaft zu erhalten, eine andere Zusammensetzung braucht, so sucht die
                              Composition in zwei Theile zu zerfallen, nämlich in die Legirung und in das im
                              Ueberschuß zugesetzte Metall; 3) müssen die Metalle, aus denen die Legirung
                              zusammengesetzt wird, alle in gleichem Grade flüchtig seyn; denn wenn nur eines
                              derselben flüchtig ist, die anderen aber nicht, so wird es immer zu entweichen
                              suchen und die Legirung nimmt dann nicht den gehörigen Gehalt an diesem flüchtigen
                              Metalle an.
                           
                           Bei den gewöhnlich vorkommenden Kupferlegirungen, Bronze und Messing, hat man selten
                              auf diese Grundsätze Rücksicht genommen, weil die Gießer für die Herstellung dieser
                              Legirungen fast immer nur zwei Metalle, nämlich das Zinn und das Zink, zu ihrer
                              Verfügung hatten; es kam nicht darauf an, ob diese Metalle für die Anwendung, zu der
                              die Legirung bestimmt war, sich vorzugsweise eigneten, weil man immer nur den Preis
                              im Auge hatte und diese Metalle die billigsten sind, die sich zu Kupferlegirungen
                              verwenden lassen.
                           Die gewöhnlichsten, im Handel vorkommenden Metalle sind: Zink, Antimon, Silber,
                              Eisen, Wismuth, Quecksilber, Aluminium, Blei, Gold, Nickel, Kupfer, Platin. Platin,
                              Gold, Quecksilber und Silber lassen sich nicht anwenden, theils weil sie dem Kupfer
                              keine besonderen Eigenschaften ertheilen, theils weil man eine zu ihrem Preise nicht
                              im Verhältniß stehende Menge zusetzen müßte, um zu irgend einem Resultat zu
                              gelangen. Geringe Mengen Eisen oder Blei hat man wiederholt beizugeben versucht, um
                              dem Kupfer und seinen Legirungen andere Eigenschaften zu ertheilen; aber die
                              gewonnenen Resultate waren niemals hinreichend übereinstimmend, was auch nicht zu
                              verwundern ist, da Eisen und Blei nur eine sehr geringe Verwandtschaft zum Kupfer
                              haben und daher dieses sich immer von jenen abzutrennen sucht.
                           Antimon und Wismuth geben spröde Legirungen, die wegen ihrer großen Zerbrechlichkeit
                              keiner Anwendung fähig sind. Bekanntlich schaden schon ganz geringe Mengen dieser
                              Metalle der Hämmerbarkeit des Kupfers, ohne demselben irgend eine andere nützliche
                              Eigenschaft zuzuführen.
                           Bisweilen hat man das Arsenik zu Legirungen benutzt. So stellt man z.B. für Knöpfe
                              ein Tombak her, welches aus 97 Th. Kupfer, 2 Thle. Zink und 1 Thl. Arsenik besteht.
                              Es ist begreiflich, daß durch den Arsenikzusatz die Hämmerbarkeit des Kupfers
                              vermindert wird; aber dieß ist nicht in so hohem Grade der Fall, als man glauben
                              könnte. Der Verf. hat Kupfersorten analysirt, welche 1,8 bis 2 Proc. Arsenik
                              enthielten, und er fand dieselben immer noch ziemlich dehnbar, wenn auch weniger,
                              als reines Kupfer. Das arsenikhaltige Kupfer erkennt man sofort an seiner größeren
                              Härte, seiner gelblichen Farbe und an dem Umstande, daß es sich an der Luft und
                              besonders unter Einwirkung von Schwefelwasserstoff schneller verändert. Das Arsenik
                              ist also im Stande, die Eigenschaften des Kupfers zum Theil in günstiger Weise
                              umzuändern, und wenn es in den bezeichneten Mengenverhältnissen zugesetzt wird, so
                              wird es mit einer solchen Zähigkeit im Kupfer zurückgehalten, daß es selbst durch
                              wiederholtes Umschmelzen unter Luftzutritt nicht zum Entweichen gebracht werden
                              kann. Nur durch bedeutenden Ueberschuß an Luft kann man es austreiben, und dieß hat natürlich auch
                              immer einen bedeutenden Metallverlust im Gefolge.
                           Im vergangenen Jahre schlug der Verf. die Anwendung von Natriumdämpfen, die unter
                              besonderen Umständen billig zu erzeugen sind, zur Reinigung des KupfersPolytechn. Journal Bd. CLX S.
                                       122. vor. Die Kosten, welche mit dieser Operation verbunden sind, betragen bei
                              weitem noch nicht so viel, als der Verlust an Kupfer, den man bei den gewöhnlichen
                              Verfahrungsweisen hat.
                           Schließlich bleiben also dem Gießer zur Herstellung seiner Kupferlegirungen nur vier
                              Metalle übrig, nämlich Zink, Zinn, Nickel und Aluminium, die wir jetzt nacheinander
                              betrachten wollen.
                           Das Zink hat eine sehr große Verwandtschaft zum Kupfer und scheint in allen möglichen
                              Mengenverhältnissen sich mit demselben zu verbinden. Die Verbindungen erscheinen
                              homogen, und Ausscheidungen des einen oder anderen Metalles machen sich nicht
                              bemerklich. Allein die Gegenwart eines flüchtigen Metalles in so großer Menge, wie
                              die ist, in der das Zink zugesetzt wird, bringt es natürlich mit sich, daß die
                              Mengenverhältnisse in der Legirung immer andere sind; denn trotz aller Vorsicht
                              entweicht während der Dauer der Schmelzung ein Theil des Zinks, und wenn man die
                              Legirung mehrmals umschmelzen muß, so weiß man schließlich gar nicht mehr, nach
                              welchem Verhältniß dieselbe zusammengesetzt erscheint.
                           Andererseits besitzt das Messing für eine Menge von Anwendungen nicht genug Härte und
                              Zähigkeit. Diesem Uebelstand begegnet man durch den Zusatz einer kleinen Menge Zinn.
                              Die Legirung nähert sich dann in der Härte der Bronze, von der sogleich die Rede
                              seyn wird; aber die Hämmerbarkeit ist zerstört und die Legirung läßt sich nicht mehr
                              walzen und ziehen. Auch ändert sich während der Schmelzung wegen der Verflüchtigung
                              eines Theiles Zink und während der Erkaltung, weil das Zinn sich abzuscheiden sucht,
                              das Verhältniß der Zusammensetzung. Gerade hierin liegt ein Hauptnachtheil der
                              Legirungen von Zinn mit Kupfer. Der Mangel an Homogenität bei der Bronze ist der
                              Stein des Anstoßes für den Kanonengießer; denn wenn er auch die Zusammensetzung der
                              Legirung, wie sie in die Form fließt, kennt, so ist er doch immer noch der unter
                              kein Gesetz zu bringenden Krystallisation während der Erkaltung des Gußstücks
                              ausgesetzt, und wenn er dann die Zusammensetzung des erkalteten Stücks untersucht,
                              so findet er sie immer an verschiedenen Stellen verschieden. Gewöhnlich ist der
                              untere Theil reicher an Kupfer und der obere Theil reicher an Zinn, als nach der
                              ursprünglichen Mischung.
                           
                           Einige Minuten nach dem Guß entsteht in den oberen Theilen der Form ein Aufwallen,
                              das um so länger dauert, je größer das Gußstück ist und je heißer die eingegossene
                              Metallmischung war. Ein Theil der Bronze erhebt sich in Gestalt eines Pilzes, und
                              dieser ist der reichste an Zinn, der Zinngehalt in demselben beträgt 20 bis 22
                              Procent. Die Zinnflecken, welche man so häufig in der Masse zerstreut findet,
                              bestehen aus kleinen, sehr harten Massen einer Legirung mit 20–25 Proc.
                              Zinngehalt, die sich ausgeschieden haben und nicht bis in den Gießzapfen haben
                              aufsteigen können. Es ist kaum möglich, daß die Erkaltung eines einigermaßen großen
                              Gußstücks so rasch von statten geht, daß die Erstarrung augenblicklich erfolgt und
                              kein Theil der Legirung Zeit gewinnt, sich auszuscheiden. Erlangt man eine
                              vollkommene Homogenität, so ist dieß nur dem Zufall zuzuschreiben.
                           Fassen wir das Gesagte kurz zusammen, so finden wir, daß die Legirungen des Zinks mit
                              dem Kupfer nicht zuverlässig in der Zusammensetzung sind, und daß sie wenig
                              Festigkeit und wenig Härte haben. Den Legirungen des Zinns mit dem Kupfer fehlt es
                              an Hämmerbarkeit und an Homogenität.
                           Die Aufgabe besteht also darin, eine solche Kupferlegirung herzustellen, welche die
                              Hämmerbarkeit des Messings mit der Härte der Bronze verbindet und dabei durch und
                              durch homogen ist. Diese Bedingungen erfüllt das Aluminium. Ein Zusatz von 1 Procent
                              macht das Kupfer schmelzbarer, gibt ihm die Fähigkeit die Form auszufüllen und nimmt
                              ihm die sehr unbequeme Eigenschaft, in den Formen aufzusteigen, die man bisher nur
                              durch einen in anderer Beziehung wieder schädlich wirkenden Bleizusatz beseitigen
                              konnte. Der Einfluß chemischer Reagentien wird geschwächt, und Härte und Zähigkeit
                              werden größer, ohne daß die Dehnbarkeit verloren geht.
                           Die Kupferlegirung mit 1 Proc. Aluminiumgehalt oxydirt sich nicht während des Gusses;
                              die daraus gegossenen Gegenstände behalten daher an ihrer Oberfläche einen gewissen
                              Glanz.
                           Um die Zähigkeit derselben zu untersuchen, wurden aus Legirungen für welche
                              Minnesotakupfer verwendet worden war, runde Stäbe von 50 und 6 Millimeter gegossen
                              und der Biegung unterworfen. Die Gewichte, welche dieselben aushielten, ohne die
                              Elasticitätsgrenze zu überschreiten, betrugen:
                           
                              
                                 
                                 Kilogram.
                                 
                              
                                 für gehämmertes Kupfer mit 1 Proc. Aluminium
                                 19
                                 
                              
                                 für gezogenes reines Kupfer
                                   7
                                 
                              
                                 für gezogenes Messing
                                   8
                                 
                              
                           
                           Man sieht hieraus, welchen Einfluß diese geringe Menge Aluminium auf die
                              Eigenschaften des Kupfers ausübt. Dabei behält des Metall seine Hämmerbarkeit
                              unverändert bei; denn der dem Versuche unterworfene Stab wurde ungeglüht und kalt
                              unter dem Hammer so viel gestreckt, daß sein Durchmesser auf die Hälfte des
                              ursprünglichen reducirt wurde. Gleich merkwürdig ist der Einfluß des Aluminiums auf
                              die Legirungen von Kupfer und Zinn. Mit einem einzigen Procent Aluminium kann man so
                              viel Zinn ersetzen, daß die Legirung härter wird, als die gewöhnliche Kanonenbronze.
                              Dabei bleibt sie ebenso hämmerbar wie das Messing. Wie die Zähigkeit und der
                              Widerstand gegen den Bruch durch den Alummiumzusatz gehoben werden, lehrt die
                              folgende Tabelle:
                           Biegungsversuche an einem runden Stab von 50 bis 6 Millimetern.
                           
                              
                                 Zusammensetzung der Legirung
                                 Physikalischer
                                 Gewicht welches ohneUeberschreitung der
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 Zinn
                                 Aluminium
                                 Zustand
                                 Elasticitätsgrenze
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 getragen wurde
                                 
                              
                                 96
                                   4
                                 0
                                 gegossen
                                        4
                                    Kilogr.
                                 
                              
                                 96
                                   4
                                 1
                                 „
                                 10     „
                                 
                              
                                 96
                                   4
                                 1
                                 gehämmert
                                 16     „
                                 
                              
                                 89
                                 11
                                 0Gewöhnliche Kanonenbronze.
                                    
                                 gegossen
                                 10     „
                                 
                              
                           Die Legirung aus 96 Kupfer, 4 Zinn und 1 Aluminium zeichnet sich durch Schönheit der
                              Farbe und des Bruchs, Homogenität, die Leichtigkeit mit welcher sie sich gießt,
                              Härte und Hämmerbarkeit aus. Während des Gusses oxydirt sie sich nicht, und sie ist
                              daher frei von den Oxydhäuten, mit welchen die aus gewöhnlicher Bronze gegossenen
                              Gegenstände überzogen sind. In Bezug auf Härte, Zähigkeit und Hämmerbarkeit kommt
                              sie der Aluminiumbronze, die aus 90 Kupfer und 10 Aluminium besteht, gleich, und
                              kann daher, da sie bedeutend billiger ist, mit großem Vortheil an Stelle derselben
                              angewendet werden.