| Titel: | Maschine und Verfahren zur fabrikmäßigen Zerlegung des Weizens in Stärke und Kleber, und zur Verwendung des Klebers auf Backwerke aller Art, von Knobloch und Beyhl. | 
| Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. XXIX., S. 110 | 
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                        XXIX.
                        Maschine und Verfahren zur fabrikmäßigen
                           Zerlegung des Weizens in Stärke und Kleber, und zur Verwendung des Klebers auf Backwerke
                           aller Art, von Knobloch und
                           Beyhl.
                        Aus dem Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern, 1862 S.
                              690.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Knobloch's Maschine zur fabrikmäßigen Zerlegung des Weizens in
                           Stärke und Kleber.
                        
                     
                        
                           Auf dieses Verfahren erhielten Dr. M. Knobloch, Professor in Weihenstephan und Adolph Beyhl, Mechaniker in München, am 15. Mai 1861 ein
                              zweijähriges Privilegium für Bayern.
                           Die Maschine, Fig.
                                 17 und 18, besteht aus einem Systeme von Reibflächen, welche in Form von Wagen
                              aus starken Eisendrähten je paarweise parallell in horizontaler aber
                              entgegengesetzter Richtung sich bewegen. Der untere Wagen ist etwas länger, als der
                              obere, so daß letzterer bei seilten weitesten Bewegungen vor und rückwärts den
                              unteren noch deckt. Auf den inneren sich zugekehrten Flächen sind Strohmatten von
                              möglichst weichem Geflechte befestigt, und diese werden vor der Arbeit mit doppelten
                              Schürzen vom stärksten Käsetuche bekleidet. Die Wagen bewegen sich in Rahmen, welche
                              sie seitlich schließen, und ruhen auf einem Gestelle, das, unten abgeschlossen, die
                              erzeugte Stärkeflüssigkeit aufnimmt und sie den Rinnen zuführt, welche zu den
                              Absetzbottichen hinleiten. Die Wagenpaare liegen zu beiden Seiten der sie bewegenden
                              Achse; sie können mit der Verlängerung der letzteren beliebig vermehrt werden. Auch
                              die Größe dieser Wagen ist dem Belieben anheim gegeben;. indessen werden Dimensionen
                              von 20–24 Quadratfuß sich wohl als die zweckmäßigsten bewähren. Durch Hebel
                              und Räderwerk ist eine so ökonomische Verwendung der Kraft erzielt, daß mit 1
                              Pferdekraft leicht 420 Quadratfuß Reibfläche bewegt werden können. Sämmtliche
                              Bewegungen sind verstellbar, und lassen sich daher ganz nach Bedürfniß
                              reguliren.
                           Ueber den Wagen und gleichzeitig mit denselben bewegen sich Brausen, welche ihr
                              Wasser in einer berechneten Anzahl von Strahlen ergießen. Der Wasserzufluß kann so
                              regulirt werden, daß sich die Arbeit jeweilig mit der geringsten Wassermenge
                              verrichten läßt. Hierdurch ist an Arbeit, Raum und Geschirr sehr viel erspart, und
                              die Fabrication auch in wasserarmen Gegenden
                              ermöglicht.
                           Zur Verarbeitung wird der Weizen überall, wo der Gebrauch der englischen Mahlmaschine
                              nicht gestattet ist, auf einer gewöhnlichen Getreidemühle gemahlen. Man scheidet
                              bloß die Kleien ab, und erzeugt nur eine Sorte Mehl. Das letztere ist einige Stunden
                              vor der Verarbeitung mit reinem Wasser in einen steifen Teig zu verwandeln. Hierzu
                              dient die große englische Knetmaschine von Swan und Comp. in London, welche in je 5 Minuten 60 Pfd. Teig
                              liefert. Der Teig wird entweder mit freier Hand oder besser mittelst Schablonen in
                              Streifen geformt, die in bemessene Entfernungen zwischen die Wagen gelegt werden. Zu
                              diesem Zwecke läßt sich der obere Wagen parallel aufziehen. Sowie ein Wagenpaar
                              geladen ist, wird die zugehörige Brause angelassen und die Maschine in Bewegung
                              gesetzt, die von nun ab ununterbrochen bis zur gänzlichen Einstellung der Arbeit
                              fortgeht. Denn, indem jedes Wagenpaar einzeln für sich beladen und dann nachgefüllt
                              werden kann, ist das Princip der ununterbrochenen Arbeit gerettet. Ständig läuft die
                              Stärke in einem Milchstrome und so rein ab, daß bei vorsichtiger Arbeit nur Stärke
                              der Prima-Sorte gewonnen wird. Gleichwohl läßt sich auf Rinnen von schwachem
                              Gefälle noch Schlammstärke erzeugen, die nach der Anzahl und Länge der einzelnen
                              Rinnen nummerirt werden kann. Zwischen den Wagen bleibt der Kleber chemisch rein
                              zurück. Er beträgt im frischen Zustande (im Zustande des frischen Thierfleisches) im
                              Mittel 33 Procent von dem Gewichte des ausgewaschenen Mehles. In diesem Zustande ist
                              er für die Brodbäckerei nicht verwendbar; seine natürliche Zähigkeit widerstrebt der
                              Bereitung eines Teiges. An der Luft trocknet er äußerlich schnell ein zu einer
                              dunkelbraunen, harten hornartigen Masse, geht aber in größeren Portionen im Inneren
                              rasch in Fäulniß über. Dem reinen Wasser gegenüber – als solches gilt auch
                              noch gewöhnliches Bach- oder Brunnenwasser – bewährt er ein
                              ausgezeichnetes Verhalten. Bei 0° des Wassers und namentlich unter Eis oder
                              Schnee bleibt er lange Zeit völlig unverändert auch in seinen physikalischen
                              Eigenschaften; je nach der Temperatur des Wassers aber wird er ohne chemische
                              Veränderungen nach längerer oder kürzerer Zeit so weich, daß er sich selbst
                              zerrühren läßt. Dieß ist der Zustand seiner Bearbeitungsfähigkeit in der
                              Brodbäckerei. Der Bäcker hat es völlig in seiner Gewalt, durch Regulirung der
                              Temperaturen die Bearbeitungsfähigkeit auf einige Minuten voraus zu bestimmen. Und
                              nun kann man entweder den Kleber für sich einmehren, und setzt dann nach dem Triebe
                              die erforderliche Menge eines Mehles beliebiger Qualität zu; oder man mehrt das Mehl
                              für sich ein und gibt den Kleber beim Teigmachen. Das letztere Verfahren soll
                              handlicher seyn. In beiden Fällen erhält man einen ausgezeichneten Trieb und
                              Gebäcke, welche hinsichtlich ihres guten Aussehens, ihres
                              Wohlgeschmackes und ihrer Nahrhaftigkeit die Brode aus den gewöhnlichen Mehlsorten um vieles
                              übertreffen. Namentlich das Hauptkennzeichen eines vorzüglichen Backwerkes, die Vielzelligkeit, ist in überraschender Weise erreicht. Hr.
                              Bäckermeister Jais in München versichert, er habe
                              versuchsweise vermittelst eines Kleberzusatzes aus Mehlsorten vortreffliches Brod
                              erzeugt, welche für sich unter keiner Voraussetzung genießbare Waare geliefert
                              hätten.
                           Das Einweichwasser löst übrigens bei höheren Temperaturen Klebertheile auf; es wird
                              deßhalb nicht weggegossen, sondern zur Bereitung des Teiges mitverwendet.
                           Die Versendung des Klebers ist höchst einfach. Er adhärirt nicht an Leder und kann
                              somit in mit Schafleder ausgefütterten Kisten leicht verpackt werden. Eine geringe
                              Beigabe von frischem Wasser oder von Eis und Schnee ist sehr zu empfehlen. Und so
                              wäre denn die Zeit vielleicht nicht mehr sehr ferne, in welcher der Verkümmerung
                              mancher Gegenden in Folge schlechter Ernährung durch Zusendung des edlen
                              Weizenklebers Einhalt geboten werden kann.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
