| Titel: | Ueber die Fortschritte der deutschen Gußstahlfabrication; von Friedrich Henckel, Civilingenieur in München. | 
| Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. LX., S. 208 | 
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                        LX.
                        Ueber die Fortschritte der deutschen
                           Gußstahlfabrication; von Friedrich
                              Henckel, Civilingenieur in München.
                        Vorgetragen in der Monatsversammlung des
                              österreichischen Ingenieurvereins zu Wien, den 7. Februar 1863.
                        Henckel, über die Fortschritte der deutschen
                           Gußstahlfabrication.
                        
                     
                        
                           Die jüngste Welt-Industrieausstellung zu London hat uns aufs Neue die große
                              Ueberlegenheit der deutschen Gußstahlfabrication über diejenige aller anderen Länder
                              gezeigt. England, die Wiege der Gußstahlfabrication, ist weit hinter den deutschen
                              Fortschritten zurück geblieben. Wir sahen daher in London die alten Stahlmänner
                              Sheffield's den 40,000 Pfd. schweren Krupp'schen
                              Gußstahlblock, die 20,000 Pfd. schwere Bochumer Gußstahlglocke mit Staunen und
                              Bewunderung betrachten. – Diese beiden Kernstücke repräsentiren nicht nur die
                              Höhe, auf der die deutsche Gußstahlfabrication bereits angelangt ist, sie zeigen
                              auch die Fortschrittsrichtungen derselben, nämlich:
                           1) die Erzeugung größerer Gußstahlmassen und
                           2) die Stahlgießerei in Erdformen (den Stahlfaçonguß).
                           Die erstere Fortschrittsrichtung, die Erzeugung und weitere Bearbeitung größerer
                              Gußstahlmassen, worin das Krupp'sche Etablissement zu
                              Essen vorzugsweise excellirt, wurde von demselben zu London in einer reichhaltigen
                              und kostbaren Ausstellung von nahezu einer Viertelmillion Pfunden der
                              verschiedensten Gegenstände des Krieges und Friedens, der Eisenbahnen und
                              Dampfschifffahrt, des Bergbaues, der Maschinenfabrication und anderer Zweige der
                              Technik zur Anschauung gebracht.Man s. das Verzeichniß der Krupp'schen
                                    Ausstellungs-Gegenstände im polytechn. Journal Bd. CLXV S. 231. Gewicht und Form eines Stückes bilden für dessen Herstellung aus Gußstahl
                              jetzt kein Hinderniß mehr.
                           Alle diese Gegenstände werden in dem Krupp'schen
                              Etablissement aus rohen Stahlblöcken der allereinfachsten Form, durch Hülfe
                              colossaler mechanischer Einrichtungen, mit vollkommenster Meisterschaft, in höchster
                              Vollendung dargestellt. So wird z.B. ein Schiffsanker, eine Schiffsschraube, aus
                              einem ursprünglich viereckigen Stahlblock herausgeschmiedet.
                           Ein solcher Stahlblock muß es sich sogar gefallen lassen, in einen Ring umgewandelt
                              zu werden, aus welchem schließlich eine Bandage, für ein Eisenbahnwagen- oder
                              Locomotivrad, dargestellt wird. Dieser Artikel – Bandagen für
                              Locomotiv- und Eisenbahnwagenräder, – bildet einen Hauptgegenstand der
                              Fabrication des Krupp'schen Werkes. Die Herstellungsweise
                              ist kurz folgende:
                           Ein roher Stahlblock wird zunächst flach ausgeschmiedet, an beiden Enden mit Löchern
                              versehen, mittelst Fräßarbeit kalt aufgeschlitzt, warm aufgebogen, dann unter dem
                              Hammer durch Dornen in einen Ring umgewandelt und schließlich zu einer Bandage
                              ausgewalzt.
                           Eine weitere Specialität dieses Etablissements sind Gußstahl-Kanonen, die, wie
                              die in London ausgestellten Stücke zeigten, von demselben in höchster Vollkommenheit
                              hergestellt werden. Die Fabricationsweise ist, wie die aller anderen Gegenstände
                              dieses Werkes, aus rohen einfachen Stahlblöcken, durch Hülfe colossaler mechanischen
                              Einrichtungen.
                           Bezüglich des Fabricationsprocesses finden wir die Fortschritte der deutschen
                              Gußstahlfabrication vorzugsweise in der Anwendung des Puddelstahles als Rohmaterial,
                              gegenüber dem cementirten Stabeisen in England. Es wird hierdurch eine Stufe der
                              Fabrication – das Cementiren – ganz überschritten, indem man dem
                              Rohmaterial die Stahlqualität im Puddlings-Proceß ertheilt. Die in
                              Deutschland eingeführte Anwendung größerer Tiegel und größerer Oefen, sowie das
                              Zusammenlegen einer größeren Anzahl Oefen an einen Kamin, ändert zwar nichts im
                              Principe des Schmelzprocesses, ist aber dennoch als ein wesentlicher Fortschritt der
                              deutschen Gußstahlfabrication zu betrachten, weil hierdurch die Darstellung größerer
                              Gußstahlstücke ermöglicht wurde. In den weiteren Stadien des Fabricationsprocesses
                              ist Hr. Krupp und mit ihm alle kleineren deutschen
                              Gußstahlfabrikanten, bei dem ursprünglichen (englischen) Verfahren, den flüssigen
                              Stahl in einfache gußeiserne Formen (Coquillen) zu gießen, stehen geblieben.
                           Ich komme nun zu der zweiten Fortschrittsrichtung, der Stahlgießerei in Erdformen,
                              dem Stahlfaçonguß.
                           Diese Methode steht als eine selbstständige hochwichtige Erfindung in der
                              Stahlfabrication da; ihr Erfinder ist der technische Director des
                              Bochumer-Vereins für Bergbau und Gußstahl-Fabrication, Hr. Jacob Mayer zu Bochum.
                           Es scheint zwar nahe zu liegen, ein flüssiges Metall in eine, dem darzustellenden
                              Gegenstand entsprechende Form zu gießen, so daß man denken sollte, es müßte der
                              erste Erfinder des Gußstahls schon darauf gekommen seyn. Auch sind thatsächlich eine
                              Menge Versuche in dieser Richtung gemacht worden, die aber sämmtlich an der
                              Schwierigkeit eines, der hohen Temperatur des flüssigen Stahles widerstehenden und
                              gleichzeitig der
                              Contraction des gegossenen Stückes nachgebenden Materiales der Erdform scheiterten.
                              Hrn. Mayer gelang es indeß diese Schwierigkeiten zu
                              überwinden und Stahlstücke von jeder Form und Größe direct in Guß darzustellen.
                           Selbst nachdem derselbe das Problem gelöst und Kirchenglocken aus Stahl in Erdformen
                              gegossen dargestellt hatte, womit der Bochumer Verein im Jahre 1855 zum erstenmale
                              auf der Pariser Industrie-Ausstellung erschien, wurde noch von sonst
                              tüchtigen Fachmännern und Autoritäten in der Gußstahlfabrication, die Möglichkeit
                              den Stahl in anderen als in eisernen Formen (Coquillen) zu gießen, aufs
                              hartnäckigste bestritten, bis Hr. Mayer damals durch das
                              Zerschlagen und Ausschmieden der angezweifelten Glocken deren Stahlqualität evident
                              nachwies. Unter anderen technischen Autoritäten sprach sich auch Hr. Professor Karmarsch in Hannover über diesen interessanten
                              Gegenstand aus.Man s. polytechn. Journal Bd. CXXXIX S.
                                       461.
                              
                           Wie nun alles wirklich Gute und Nützliche in der Technik schließlich zur Anerkennung
                              kommen muß, so endete diese hartnäckige Verfolgung der Mayer'schen Erfindung auch endlich mit derer vollkommensten Anerkennung
                              und gänzlicher Niederlage der Zweifler. Dem Bochumer Verein wurde die große goldene
                              Ehrenmedaille zuerkannt, und Hr. Mayer mit dem Orden der
                              Ehrenlegion decorirt.
                           Ungleich wichtiger für die Technik und ein bedeutender Fortschritt der deutschen
                              Gußstahlfabrication, ist indeß die Anwendung des Bochumer Stahlfaçongusses
                              für Gegenstände des Eisenbahndienstes.
                           Der Bochumer-Verein hat einige dieser Gegenstände, Bandagen und Räder für
                              Locomotiven und Eisenbahnwagen, in London zur Anschauung gebracht. Die Sache ist von
                              so hochwichtigem Interesse, daß es mir gestattet seyn möge, hier etwas näher darauf
                              einzugehen.
                           Bei den steigenden Anforderungen an den Cisenbahndienst, stellte sich schon längst
                              das Bedürfniß eines besseren Materials heraus. Ganz besonders fühlbar wurde dasselbe
                              bei den Bandagen der Locomotiven- und Eisenbahnwagenräder. Für die immer
                              größer werdenden Belastungen genügte auch das beste Eisen nicht mehr, der
                              Bandagenverschleiß war ein enormer und bei starkem Betrieb die Reparaturen kaum noch
                              zu bewältigen. Man gieng nun zwar zu einem härteren Material – dem
                              Puddelstahl – über, aber auch dieses entsprach, wegen häufiger Ungleichheit
                              und ungenügender Leistung, den Anforderungen nicht. Da trat Hr. Krupp im Jahre 1853 mit Bandagen aus Gußstahl hervor, die
                              er damals wie noch jetzt, aus einem in Coquille gegossenen Stahlblock darstellte,
                              doch war der Preis
                              derselben, 55 Thlr. per Ctr., ein so hoher, daß nur hie
                              und da ein kleiner Versuch gemacht, eine allgemeine Einführung jedoch nicht erzielt
                              werden konnte. Hr. Krupp ermäßigte nun zwar successive
                              seinen Preis bis auf 40 Thlr. per Ctr., immer aber
                              wollte eine allgemeine Einführung bei diesem, gegen eiserne Bandagen circa vierfachen Preise, nicht gelingen, so sehr
                              dieselbe auch von der Eisenbahntechnik gewünscht wurde. – Im Jahre 1858 nahm
                              nun auch der Bochumer-Verein diesen Fabricationszweig, unter Anwendung seines
                              Façongußverfahrens auf, indem er die Bandage von vorn herein in Ringform mit
                              Spurkranz in doppelter Stärke im Guß darstellte, und nach Beseitigung des Eingusses
                              einer kräftigen Auswalzung unterwarf. Natürlich mußte dieses Verfahren eine billige
                              Herstellung gestatten und wirklich lieferte der Bochumer-Verein auch sofort
                              seine Bandagen zu 26 Thlr. per Ctr. Versuche bei
                              verschiedenen Eisenbahnen zeigten nun bald, daß die Bochumer Bandagen den Krupp'schen an Qualität durchaus nichts nachgaben. Jetzt
                              erst gieng Hr. Krupp mit seinen Bandagenpreisen rasch
                              herunter, um von der Bochumer Concurrenz nicht überflügelt zu werden, während die
                              Eisenbahntechnik dieselbe aufs freudigste begrüßte, denn nun erst war die
                              Möglichkeit gegeben, Gußstahlbandagen allgemeiner einzuführen, und jetzt wird in
                              Deutschland fast keine Locomotive mehr gebaut, bei der nicht Gußstahlbandagen
                              angewendet werden. Gegenwärtig befinden sich bereits 8000 Stück Bochumer
                              Gußstahlbandagen bei 36 verschiedenen Eisenbahnen im Betriebe und bewähren sich
                              überall nicht minder gut als die Krupp'schen.
                           Das Bochumer Verfahren der Bandagenfabrication ist ein durchaus rationelles. Jeder
                              gewaltsame Arbeitsproceß, wie z.B. das öftere Schmieden, Aufbiegen, Dornen etc.
                              kommt dabei ganz in Wegfall. Die Bandagen werden, wie gesagt, in Ringform mit
                              Spurkranz in doppelter Stärke gegossen. Soll also z.B. eine Bandage im fertigen
                              Zustande 2 Zoll Stärke behalten, so wird der Ring 4 Zoll stark gegossen. Nachdem
                              derselbe vom Eingusse befreit ist, wird er nach einmaliger Erwärmung, mittelst einer
                              enorm starten Walzenpressung, in einem durch 300 Pferdekräfte betriebenen Walzwerke
                              zu einer Bandage ausgewalzt. Dieses Strecken der gegossenen Bandagenringe geschieht
                              in Bochum mit einer Sicherheit und Vollkommenheit, die Jedem, der Gelegenheit hat
                              dasselbe zu beobachten, das vollste Vertrauen einflößen muß.
                           Es ist vielfach noch die Meinung verbreitet, daß das Ausschmieden der Bandagenblöcke
                              vor dem Walzen von besonderem Werth sey, das Walzen aber nur dazu dienen soll, der
                              Bandage Form und Rundung zu geben. Diese Meinung ist durchaus irrig, denn wenn ein
                              Stahlblock unter dem
                              Dampfhammer ausgereckt wird, so streckt sich dessen Oberfläche mehr als der Kern,
                              daher erscheint das Ende desselben stets concav. Die Zeitdauer der Krafteinwirkung
                              auf die Stahlmasse (der Schlag des Hammers) ist zu kurz; die Molecüle finden nicht
                              Zeit sich gleichförmig zusammenzufügen, zu verdichten. Wird dagegen ein rothwarmer
                              Stahlblock unter einer Presse ausgereckt, so finden die Molecüle Zeit sich bis nach
                              der Mitte hin zusammenzufügen. Da hierdurch eine größere Masse im Kern
                              zusammengeschoben wird, so sucht sich dieselbe in der Längenrichtung Platz, daher
                              erscheint das Ende eines unter der Presse ausgereckten Stahlblockes stets stark
                              convex.
                           Ich hatte in Wien vor wenigen Tagen Gelegenheit, die so eben ausgesprochene
                              Behauptung auf die eclatanteste Weise bestätigt zu finden. In der Maschinenfabrik
                              der Staatsbahngesellschaft ist bekanntlich die höchst interessante Haßwell'sche hydraulische Schmiedepresse in Thätigkeit,
                              und es werden damit alle größeren Schmiedearbeiten, wie z.B.
                              Locomotiv-Achsen, gefertigt. Dabei zeigt sich nicht nur das Herausdrücken des
                              Kernes bei einem Schmiedestück in auffallender Weise, sondern es lassen auch die
                              Brüche gepreßter Achsen ein vortreffliches Gefüge erkennen und liefern den Beweis,
                              daß das Material unter der Presse besser und gleichförmiger durchgearbeitet wird,
                              als unter dem Hammer.
                           Wie schon erwähnt, werden die Bochumer Bandagen in einem durch 300 Pferdekräfte
                              getriebenen Walzwerke in rothwarmem Zustande um die Hälfte ihrer ursprünglichen
                              Stärke zusammengepreßt, respective ausgereckt, und es dürfte nach dem Vorerwähnten
                              keinem Zweifel unterliegen, daß diese Art der Bearbeitung nicht nur das Schmieden
                              vollkommen ersetzt, sondern auch eine größere Garantie für ein gleichmäßiges und
                              dichtes Material liefert.
                           Ob nun das Bochumer oder das Krupp'sche Verfahren der
                              Bandagenfabrication das bessere ist, darüber wage ich nicht zu entscheiden.
                              Jedenfalls ist die Bochumer Methode rationeller. Die praktischen Resultate zeigen
                              indeß eine durchaus gleiche Güte der Fabricate beider Etablissements. Uebrigens
                              können wir weder den Coquillen- noch den Erdformguß, die gewaltsame oder
                              rationelle Bearbeitung, als Hauptfactoren für die Güte des Gußstahles anerkennen.
                              Die Kerntugenden desselben sind „gute Stahlmischung und dichter
                                 Guß“, und hierin haben es beide Etablissements zu einer hohen
                              Vollkommenheit gebracht.
                           Einen weiteren nicht minder wichtigen Fortschritt der deutschen Gußstahlfabrication
                              zeigen die in London ausgestellten Bochumer Gußstahl-Scheibenräder für
                              Locomotiven und Eisenbahnwagen. Hierbei kommt der Bochumer Façonguß in hoher
                              Vollkommenheit zur Geltung.
                           
                           Bei diesem Rade bilden Nabe, Scheibe und Bandage ein einziges Stück. Dasselbe wird in
                              eine feuerbeständige Erdform gegossen, die so beschaffen ist, daß sie der
                              Contraction der erkaltenden Stahlmasse nachgeben kann, ohne zu zerreißen. Die
                              Herstellung dieser Formen ist z. Z. noch ein Geheimniß des Bochumer Vereins.
                           Nachdem das Rad die Form verlassen hat, wird es vom Eingusse befreit und sorgfältig
                              ausgeglüht. Eine weitere Schmiede-, Presse- oder Walzarbeit erfährt
                              dasselbe nicht, sondern wird nur mit Hülfe von Bohr- und Drehbänken fertig
                              gemacht. Dieses Gußstahl-Scheibenrad ist das beste und stärkste aller bis
                              jetzt erfundenen Räder für Eisenbahnfahrzeuge, wie durch mehrfache Versuche
                              festgestellt und durch die technischen Journale zum Theil bekannt ist.Man s. polytechn. Journal Bd. CLVII S.
                                       1.
                              
                           Es ist in der Anschaffung billiger als andere, mit Gußstahl-Bandagen von
                              gleicher Dicke versehene Räder, und gewährt im Betriebe größere Vortheile als diese.
                              Dabei ist es mit Ausnahme des Nachdrehens keinerlei Reparaturen unterworfen und kann
                              nach Abnützung der angegossenen Bandage wie jedes andere Rad neu bandagirt werden.
                              Dieses Rad vereinigt alle Vortheile der bandagirten schmiedeeisernen und gegossenen
                              eisernen Scheibenräder in sich, ohne die Nachtheile beider Constructionen zu
                              besitzen. Von diesen Gußstahlscheiben-Rädern sind u.a. 300 Stück bei den
                              großherzogl. badischen Verkehrsanstalten im Betriebe, von denen nach circa 12,000 durchlaufenen Meilen auch noch nicht eines
                              die Notwendigkeit des Nachdrehens erkennen läßt. Bei der Cöln-Mindener
                              Eisenbahn, wo circa 800 derselben im Betriebe sind, ist
                              ein erstmaliges Nachdrehen nach 19,400 durchlaufenen Meilen erfolgt, und bei der
                              thüringischen Bahn haben dieselben unter Gepäckwagen mit Bremsen bereits über 22,000
                              Meilen zurückgelegt, ohne bis dahin nachgedreht worden zu seyn. Für Locomotiven sind
                              Gußstahl-Scheibenräder u.a. bei der Cöln-Mindener Bahn im dritten
                              Jahre mit 300 Zoll Ctr. Belastung per Achse im Betriebe,
                              ohne ein erstmaliges Nachdrehen erfordert zu haben. Der Bochumer Stahlguß wird
                              endlich auch für schwierige Maschinentheile, die eine große Materialfestigkeit
                              beanspruchen, z.B. Kurbeln für Dampfmaschinen, sowie zur Herstellung von Herzstücken
                              für Eisenbahnhöfe, mit gleich günstigem Erfolge angewendet.
                           Bei dem Besuche der Londoner Weltausstellung überraschte es vielleicht Manchen, von
                              einem englischen Hause, Naylor Vickers u. Comp. in
                              Sheffield, ganz ähnliche Gegenstände mit großem Pomp ausgestellt zu sehen, wie sie der
                              Bochumer-Verein, als seine Erfindung, dort ausstellte. Es mag deßhalb zur
                              Aufklärung dienen, daß dieses Haus die Bochumer Erfindung für England angekauft hat,
                              laut Vertrag mit dem Bochumer Verein, aber keinerlei nach dem
                              Bochumer-Verfahren dargestellten Gußstahlartikel nach Deutschland liefern
                              darf, wogegen sich der Bochumer-Verein verpflichtete, dergleichen nicht nach
                              England zu liefern. Gegenwärtig legt dieses Haus ein großartiges
                              Gußstahl-Bandagenwerk bei Sheffield an, wozu die Pläne, unter Leitung des
                              technischen Directors Hrn. Mayer, in Bochum gemacht
                              werden.
                           Die Einführung der Bochumer Erfindung in England und deren dort wie hier glänzender
                              Aufschwung, lassen dieselbe unzweifelhaft als einen hochwichtigen Fortschritt in der
                              Gußstahlfabrication erscheinen und schwerlich dürfte sich jetzt wohl noch Jemand
                              finden, der es unternehmen wollte, dagegen anzukämpfen. Die vorliegenden Resultate
                              sind über jeden Zweifel erhaben. Für den deutschen Erfindungsgeist kann es nur
                              ehrenvoll und aufmunternd seyn, wenn deutsche Erfindungen auch im Auslande zur
                              Anerkennung kommen und dort Käufer finden.
                           Ich schließe mit dem Wunsche, daß es unserer deutschen Gußstahlfabrication auch
                              ferner gelingen möge, stets als Sieger das Feld zu behaupten.