| Titel: | Entlasteter Vertheilungsschieber, von Plainemaison. | 
| Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. XC., S. 345 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XC.
                        Entlasteter Vertheilungsschieber, von Plainemaison.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, März 1863, S.
                              134.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Plainemaison's entlasteter Vertheilungsschieber.
                        
                     
                        
                           Der Druck des Dampfes auf die Schieber der bisher angewandten Steuerungen veranlaßt
                              eine gleitende Reibung, welche erhebliche Nachtheile im Gefolge hat. Es wird nämlich
                              dadurch einerseits ein Theil der Arbeit unnöthig verbraucht, andererseits eine mehr
                              oder weniger rasche Abnutzung der Flächen bewirkt, und somit werden häufige, zum
                              Theil sehr schwierige Reparaturen nothwendig.
                           Bei manchen Maschinen ist dieser Druck ein sehr starker; er ist der
                              Berührungs-Oberfläche des Schiebers und der Spannung des Dampfes, welche
                              jetzt immer mehr erhöht wird, proportional. Namentlich bei Locomotiven, bei denen
                              die Schieber einen besonders raschen Gang haben, ist die erfolgende Abnutzung sehr
                              bedeutend. Das Schmieren, wodurch man sonst die Reibung vermeidet, ist in Folge der
                              Zerstörung des Fettes durch den Dampf bei diesem Maschinentheile von unsicherer
                              Wirkung.
                           Es scheint auf den ersten Blick, als ob man diesen Druck dadurch vermeiden könnte,
                              daß man den Schieber mit einem festen Deckel versieht; allein die Abnutzung mag noch so
                              schwach seyn, so widersetzt sie sich dennoch dem beständigen Contact zwischen der
                              oberen Schieberfläche und der Deckplatte. Hierdurch wurden die in den jetzigen
                              Maschinen angewandten Constructionen mit Federn, Kolben u.s.w. hervorgerufen, deren
                              Wirksamkeit veränderlich und deren Unterhaltung schwierig ist.
                           Dagegen ist bei der hier zu beschreibenden Einrichtung das Princip der schiefen Ebene
                              in Anwendung gekommen, welches auf diese Weise ein neues technisches Resultat zu
                              erzielen gestattet. Man denke sich eine Deckplatte in Berührung mit der oberen
                              Schieberfläche, deren Enden auf Unterlagen ruhen, welche einen gewissen Winkel mit
                              der Schieberfläche bilden, und zwar so, daß, wenn nur die geringste Abnutzung an der
                              einen oder anderen Fläche stattfindet, die Deckplatte auf ihren geneigten Unterlagen
                              nachsinkt. Es ist also der Schieber durch eine den Druck des Dampfes aufnehmende
                              Platte bedeckt, welche diesen Druck auf ihre festen schräg angebrachten Unterlagen
                              überträgt, so daß die Deckplatte stets bestrebt ist niederzugehen und die Berührung
                              mit der oberen Schieberfläche zu erhalten. Auf den Schieber wird folglich kein
                              anderer als der zu dieser gleitenden Bewegung nöthige Druck ausgeübt, welchen man
                              durch den Winkel der Unterlagen beliebig klein machen kann. Die Deckplatte macht man
                              breiter als die bedeckte Fläche, damit sich bei ihrer Bewegung der Werth des
                              aufgehobenen Druckes nicht ändert.
                           Um die Deckplatte vollkommen fest zu machen und zu verhindern, daß sie durch die
                              Stöße der Maschine verschoben oder gehoben werde, muß man zwei auf ihre Ränder
                              wirkende Federn anwenden, welche die Schwere des Deckels aufheben, wenn die Schieber
                              geneigt sind und der Regulator geschlossen ist.
                           Fig. 25 zeigt
                              einen solchen Schieber für eine Locomotive im Längendurchschnitt; Fig. 26 ist ein auf
                              ersteren senkrechter Durchschnitt.
                           Der Schieber A wird wie gewöhnlich durch die Stange 1
                              bewegt und gleitet auf der passenden Fläche a, b, in
                              welcher die nöthigen Oeffnungen p, q und r angebracht sind. Die Oberfläche des Schiebers ist
                              dieser Gleitfläche des Schiebers parallel.
                           Oberhalb dieses ersten Schiebers ist die Deckplatte B
                              angebracht, welche durch die zwei angegossenen Rippen m
                              die erforderliche Steifigkeit erhält. An ihren Enden befinden sich die Füße e und f, womit sie auf den
                              Unterlagen g und h ruht,
                              welche an die Schieberbüchse selbst angegossen sind. Die Ebene dieser
                              Verbindungsflächen und Unterlagen bildet einen gewissen Winkel mit der oberen Fläche
                              c, d des Schiebers A.
                              Die Platte B kann also frei auf ihren Unterlagen gleiten
                              und wird mit denselben in dichter Berührung durch die Federn i, i' erhalten, durch welche die Bolzen o hindurchgehen,
                              deren Enden in die Vorsprünge, worauf die Deckplatte ruht, festgeschraubt sind. Sie
                              sind, behufs Vermeidung des Lockerwerdens, mit Doppelmuttern versehen, wodurch auch
                              die Spannung der Federn abgeändert werden kann.
                           Um durch einen solchen Schieber eine regelmäßige Arbeit und ein möglichstes
                              Gleichgewicht des Druckes zu erzielen, muß man alle Kräfte, welche während seines
                              Spiels in Betracht kommen, in Rechnung ziehen. Der Druck des Schiebers ist
                              wechselnd, je nach seiner Stellung auf der Gleitfläche; ebenso wechselt der
                              Gegendruck, je nach der Expansion, nach der Stellung des Regulators und nach der
                              größeren oder geringeren Leichtigkeit des Dampfaustrittes. Die Differenz zwischen
                              Druck und Gegendruck ist es aber, welcher das Gleichgewicht gehalten werden muß, und
                              da sie veränderlich ist, so muß derselben durch Veränderung in der Größe der mit der
                              Deckplatte in Berührung stehenden oberen Schieberfläche Rechnung getragen
                              werden.
                           Es ist nicht vortheilhaft, namentlich bei Locomotiven und Schiffsmaschinen, den
                              ganzen Druck aufzuheben, da man sonst die für eine gute Reibung erforderliche
                              Adhärenz zerstören würde und möglicherweise der Schieber gehoben werden könnte. Auch
                              muß man, um die zu bedeckende Fläche zu berechnen, den Druck und Gegendruck an
                              einigen Punkten des Ganges kennen, was durch keine Versuche genau zu ermitteln ist;
                              man muß sie daher annähernd annehmen, und wenn sich hieraus eine zu große obere
                              Fläche ergibt, so würde der begangene Irrthum ebenfalls Hebungen veranlassen. Aus
                              diesem Grunde beläßt man einen nicht ausgeglichenen Druck von etwa 5–6 Proc.
                              des Gesammtdruckes.
                           Wenn also ein Schieber nach diesem System construirt werden soll, so hat man zunächst
                              den auf den Schieber wirkenden und den zu belassenden Druck zu berechnen, hernach
                              die zu bedeckende Fläche und den Neigungswinkel der beiden Schieber zu ermitteln,
                              damit der Deckel nicht mehr als gerade nothwendig zum Hinabsinken geneigt bleibt;
                              endlich muß die Spannung der Federn berechnet werden.
                           Solche Schieber gewähren nach dem Erfinder folgende erhebliche Vortheile:
                           1) Man kann nach Belieben die Oberfläche der Schieber und der Oeffnungen vermehren,
                              da sie ohne Einfluß auf die Dampfspannung sind.
                           2) Die Einrichtung vermindert die Abnutzung der Schieber und aller ihrer Theile.
                           3) Sie vermindert den Arbeitsverlust aller mit der Dampfvertheilung zusammenhängenden
                              Maschinentheile, so wie den Dampfverlust durch die in Folge der Reibung
                              entstehenden Undichtheiten; sie bewirkt also Brennstoffersparniß.
                           4) Sie gestattet auf die Schieber leicht einzuwirken, sowohl mit der Hand als
                              mittelst eines Regulators, um die Expansion während des Ganges der Maschine
                              abzuändern; ebenso ist die Bewegungsrichtung unter allen Umständen leicht
                              umzusteuern.
                           Für stehende Maschinen von geringer Dampfspannung und kleiner Schieberfläche
                              reduciren sich diese Vortheile auf die bloße Verminderung der Abnutzung. Bei solchen
                              Maschinen aber, welche mit Umsteuerung versehen sind, werden die Vortheile größer,
                              besonders wenn man die Steuerung öfter mit der Hand regiert, da es hierzu nicht mehr
                              nöthig ist, erst den Regulator zu schließen oder gar eine besondere Dampfmaschine zu
                              benutzen. Mit dem neuen Schieber werden alle vorkommenden Verrichtungen leicht und
                              es ist sogar die plötzliche Umsteuerung der Maschine bei eintretender Gefahr
                              möglich.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
