| Titel: | Cylindergebläse für hohe und für niedere Windpressungen; von Leyser und Stiehler, Civilingenieure in Wien. | 
| Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. C., S. 366 | 
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                        C.
                        Cylindergebläse für hohe und für niedere
                           Windpressungen; von Leyser
                           und Stiehler,
                           Civilingenieure in Wien.
                        Patentirt in Oesterreich, den deutschen
                           Bundesstaaten und in Frankreich.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Leyser's und Stiehler's Cylindergebläse für hohe und für niedere
                           Windpressungen.
                        
                     
                        
                           Bei einem vergleichenden Blick auf die früher und bis in die neuere Zeit beim
                              Eisenhüttenwesen in Anwendung gekommenen Gebläsemaschinen bemerken wir, daß man bei
                              den erweiterten Dimensionen der Hüttenanlagen auch in immer größere Dimensionen der
                              Gebläsemaschinen hineingerieth, welche, wie allgemein bekannt, nicht allein die
                              Construction und praktische Ausführung der ersten Anlage, sondern insbesondere auch
                              die Wartung und Instanderhaltung dieser Maschinen wesentlich erschwerten und
                              vertheuerten.
                           Diese verhältnißmäßig colossalen Dimensionen der Gebläse erklären sich zwar von
                              selbst durch die engen Grenzen, in denen sich die Geschwindigkeit dieser Maschinen
                              zu bewegen pflegte, um bei der üblichen Construction derselben jenen hohen Grad von
                              Sicherheit gegen eine Betriebsstörung zu gewähren, welchen man unbedingt bei
                              Hütten- und insbesondere bei Hohofenanlagen beanspruchen muß.
                           Bei näherer Untersuchung dieses Umstandes findet man aber leicht, daß derselbe
                              lediglich in den bisher angewandten Constructionen zweier Hauptorgane der
                              Gebläsemaschine seinen Grund hatte, nämlich in den Constructionen der Kolben und
                              Ventile.
                           Um constatiren zu können, daß ausschließlich diese beiden Maschinentheile es waren,
                              welche es unmöglich machten, den Gebläsen größere Kolbengeschwindigkeiten, somit für
                              dieselbe Effectleistung kleinere Dimensionen zu geben, müssen wir diese Theile etwas
                              näher ins Auge fassen, um so mehr als dieselben auch bei unserer neuesten
                              Construction wesentliche Modificationen erfahren haben.
                           Was zunächst die Kolben betrifft, so ließe sich eine große Anzahl von Variationen für
                              Kolbendichtungen bei den älteren Gebläsemaschinen zusammenstellen, deren bessere
                              Anordnungen zumeist aus Leder in der Form von Stulpen hergestellt wurden. Bei
                              vollkommeneren Constructionen dieser Art wurden später die Dichtungen auch
                              verstellbar gemacht durch Segmente oder Ringe, die gewöhnlich aus Holz construirt
                              unmittelbar hinter den
                              Dichtungen anliegend mittelst radialer Stellschrauben der Cylinderwand näher
                              gebracht werden konnten.
                           Alle diese Kolbendichtungen leisteten im neuen Zustande und so lange die
                              ursprüngliche Weichheit und Geschmeidigkeit des Leders erhalten blieb, ziemlich gute
                              Dienste; sobald aber das Leder ausgetrocknet und dadurch hart und steif geworden
                              war, hatten sie alle mehr oder weniger folgende Nachtheile mit einander gemein.
                           1) Entweder liegen diese Lederstulpen nicht vollkommen gleichförmig an der ganzen
                              Cylinderwand an, und geben somit bedeutende Windverluste, oder dieselben liegen
                              stellenweise auch zu stark an der Cylinderwand an, namentlich dann, wenn das Leder
                              hart und steif geworden, und verursachen dadurch sehr bedeutende
                              Reibungswiderstände, im ersten Falle also geringen Nutzeffect, im andern Falle aber
                              einen ungünstigen Kraftaufwand für deren Antrieb.
                           2) Unterlagen diese Lederdichtungen selbst bei geringen Kolbengeschwindigkeiten einer
                              ziemlich raschen Abnützung, deren Ersatz dann mit vielen Umständlichkeiten verbunden
                              war.
                           3) Sind alle diese Lederdichtungen überhaupt nur für sehr geringe
                              Kolbengeschwindigkeiten anwendbar, in der Regel nicht über 2' per Secunde betragend, da bei größeren Kolbengeschwindigkeiten ein
                              Warmlaufen der Cylinderwand unvermeidlich ist.
                           Durch die von uns schon seit längerer Zeit zur Anwendung gebrachten metallenen
                              Liederungen bei den Gebläsekolben, ähnlich denjenigen bei den Dampfkolben, war nun
                              freilich ein wesentlicher Schritt vorwärts geschehen, und ist bei diesen
                              Metallliederungen mit Recht das Hauptgewicht auf Erreichung der größtmöglichen
                              Elasticität und Beweglichkeit der Kolben-, resp.
                              Dichtungsringe gelegt worden, zu welchem Zwecke die Federn, durch welche die
                              Dichtungsringe an die Cylinderwand angepaßt werden, thunlichst schwach zu halten
                              sind.
                           Bei der geringen Pressung, welcher bei Gebläsen die Kolben- und Dichtungsringe
                              zu widerstehen haben, werden letztere nur dann vortheilhaft arbeiten, wenn der
                              Federdruck auf die Dichtungsringe unter keinen Umständen größer ist, als die größte
                              Pressung im Cylinder, denn dann wird der Kolben nicht allein vollkommen dicht
                              schließen, sondern es wird selbst bei der größten Geschwindigkeit, die praktisch
                              wünschenswerth erscheint, kein Warmlaufen des Kolbens erfolgen.
                           Die höchste Vollkommenheit wird jedoch nur jener Kolben beanspruchen können, d.h. es
                              wird bei vollkommen dichtem Verschluß nur jener Kolben die
                                 geringsten Reibungswiderstände verursachen, bei welchem der Druck der
                              Dichtungsringe auf die Cylinderwände sich mit der jeweiligen Windpressung im Cylinder ändert, oder
                              bei welchem diese veränderliche Windpressung selbst mittelbar dendeu Druck auf die Dichtungsringe regulirt.
                           Und dieß ist eben der Fall bei unserem neuen Kolben, bei welchem die bei den früher
                              versuchsweise angewandten sogenannten Autoclaven beobachteten Uebelstände
                              vollständig beseitigt erscheinen.
                           Wenn somit auch die in neuerer Zeit angewandten Kolben mit Metallliederungen immer
                              noch eine wesentliche Verbesserung zuließen, so kann doch bei den günstigen
                              Resultaten, die mit denselben erzielt wurden, in den Kolben selbst kein genügender
                              Grund gefunden werden, größere Geschwindigkeiten bei Gebläsen, wie dieß factisch
                              geschieht, immer noch zu umgehen; es wird vielmehr der letzte Grund dieser
                              Erscheinung in dem anderen schon erwähnten beweglichen Organ der Gebläse, in den
                              Ventilen zu suchen seyn: denn gerade die in neuerer Zeit angestrebten größeren
                              Kolbengeschwindigkeiten nöthigten den Constructeur von den früher üblichen
                              Ventilanordnungen gänzlich abzugehen.
                           Schon bei Kolbengeschwindigkeiten von 8' per Secunde
                              erweisen sich die ehemals angewandten sehr großen Klappen- oder
                              Stengelventile, deren Eigengewichte meistens noch durch Federn oder Gegengewichte
                              auf ihren Sitzen erhalten werden mußten, als vollkommen unbrauchbar.
                           Das Gewicht von so großen Ventilen, wenn auch noch so sehr reducirt, war doch immer
                              hinreichend, um bei der erwähnten Geschwindigkeit mit einem solchen Momente gegen
                              die Ventilsitze zu schlagen, daß dadurch eine um so größere Abnützung und um so
                              raschere Zerstörung der Ventile herbeigeführt wurde, je schwerer und stärker
                              dieselben gebaut waren.
                           Ein weiterer dabei wahrgenommener Uebelstand war aber auch der, daß die Ventilklappen
                              durch die Rückwirkung des Stoßes auf ihre Sitze in eine schwingende Bewegung von
                              mehr oder weniger langer Dauer versetzt wurden, während welcher aber bereits
                              comprimirter Wind wieder entweichen konnte und wodurch dann die Effectleistung der
                              Maschine sehr beeinträchtigt wurde.
                           Aus allen diesen Erfahrungen ergab sich demnach, daß bei Gebläsen mit größeren
                              Kolbengeschwindigkeiten nur solche Ventile zweckmäßig wirksam seyn dürften, deren
                              Gewicht auf das äußerste Minimum gebracht werden kann.
                           Diesen Bedingungen wurde nun in mehrfacher Weise und zwar zunächst dadurch
                              entsprochen, daß die für ein bestimmtes Gebläse erforderliche Ventilfläche auf eine
                              größere Anzahl weit kleinerer und somit weit leichterer Ventile vertheilt wurde,
                              deren Lage zur Cylinderstellung überdieß noch so gewählt wurde, daß sowohl Gegengewichte als auch
                              Federn an demselben erspart werden konnten.
                           Diese, aus einzelnen und selbstständigen, jedoch sehr kleinen Ventilen bestehende
                              Anordnung, deren Klappen aber dennoch stets mit Blech armirt werden mußten,
                              gestatteten schon Kolbengeschwindigkeiten bis 3' per
                              Secunde anzunehmen.
                           Als in ihrer Anordnung wenigstens noch zweckmäßiger erwiesen sich aber die
                              sogenannten Fächerventile, deren Sitze eine beliebige Anzahl rund oder viereckig an
                              einander gereihter Durchbrechungen einschließen, worüber ein ganz einfaches Stück
                              Leder oder Kautschuk, sämmtliche Durchbrechungen überdeckend, als gemeinschaftliche
                              Ventilklappe entsprechend befestigt ist.
                           Die Größe der Querschnittsfläche der einzelnen Durchbrechungen war natürlich dadurch
                              bedingt, daß die darüber liegende nicht armirte Kautschuk- oder Lederdecke
                              auch die darauf drückende Windpressung zu tragen vermochte.
                           Aber auch diese Construction der Ventile hat man wieder allgemein zu umgehen gesucht,
                              weil bei den erwähnten größeren Kolbengeschwindigkeiten das Aufschlagen der Ventile
                              auf ihre Sitze einen sehr starken weithin tönenden Schall und einen in der Nähe
                              geradezu unerträglichen Lärm verursachte, der wohl auch auf die Sicherheit der
                              Wartung der Maschine nicht ohne Einfluß bleiben konnte. Trotzdem muß man aber
                              zugeben, daß dieser mit einem starken Lärm verbundene Schlag weder die Maschine noch
                              das Ventil selbst nachtheilig erschüttert, beschädigt oder abnützt.
                           Alle im Vorstehenden angedeuteten Uebelstände bei Gebläsemaschinen müssen sich
                              natürlich in noch höherem Maaße geltend machen, sobald man mit weit größeren
                              Pressungen als gewöhnlich zu arbeiten genöthigt ist, und überdieß zugleich ein
                              beträchtliches Windquantum in der Zeiteinheit zu liefern hat. Dieß ist ganz
                              besonders der Fall beim Bessemer'schen Stahlfrischproceß,
                              wo bei einer Pressung von 18 Pd. per 1 Quadratzoll
                              zugleich ein Windquantum von circa 4000 Kubikfuß per Minute beschafft werden muß.
                           Will man daher nicht bei sehr großen Querschnittsdimensionen der Maschinen und bei
                              allen damit verbundenen Nachtheilen derselben stehen bleiben, so ist dieser
                              Bedingung nur dadurch zu entsprechen, daß die Construction der Kolben und Ventile
                              eine bedeutende Vermehrung der Kolbengeschwindigkeit der Maschine gestattet, ohne
                              der Sicherheit des Betriebes einen Eintrag zu thun.
                           Um nun darzuthun, wie dieser Zweck bei unserer neuen Construction von Gebläsemaschinen vollkommen
                              erreicht ist, gehen wir unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen (Fig.
                                 13–17) zu deren näheren Beschreibung über und bemerken noch, daß wir diesen
                              Gebläsen wegen ihrer Anwendbarkeit für die beim Bessemer'schen Verfahren erforderlichen hohen Pressungen den Beinamen
                              „Bessemer-Gebläse“
                              gegeben haben, wobei wir jedoch ausdrücklich hervorheben, daß alle Vortheile, welche
                              diese Maschine für sehr hohe Pressungen bietet, nicht allen vollständig, sondern
                              theilweise noch in höherem Maaße auch für niedere Pressungen gelten, daher wir
                              unsere Bessemer-Gebläse ganz allgemein statt aller
                              bisherigen Gebläse-Construction, sowie auch an Stelle der Ventilatoren mit
                              den von Fall zu Fall nöthigen Modificationen zur Anwendung bringen werden.
                           Fig. 13 und
                              14
                              stellen einen Längen- und einen Querdurchschnitt des ganzen Cylinders dar;
                              Fig. 15
                              stellt einen Theil des Cylinderlängendurchschnitts an der Einströmungsseite und Fig. 16 einen
                              gleichen Durchschnittstheil an der Ausströmungsseite der Cylinder dar. Fig. 17
                              endlich zeigt einen Theil des Kolbendurchschnittes senkrecht auf die Achse des
                              Cylinders.
                           Die eigenthümliche Anordnung der Ventile bei einem solchen Gebläsecylinder bedingt
                              unter allen Umständen, es mag ein feststehender oder liegender oder auch ein in
                              diesen beiden Richtungen oscillirender Cylinder angewendet werden, die
                              Windeinströmung und Ausströmung bei demselben durch zwei an beiden Seiten des
                              Cylinders und in der Längenrichtung desselben angegossene Canäle zu führen.
                           Der mit der Atmosphäre in Verbindung stehende Einströmungscanal A geht in der ganzen Länge des eigentlichen Cylinders
                              durch, und mündet an beiden Enden desselben in die Hohlräume der daselbst
                              aufgeschraubten Deckel D. Diese hohlen Deckel, deren
                              Herstellung je aus einem einzigen Gußstücke mehr Schwierigkeiten darbietet, sind als
                              leichter ausführbar und bequemer zu bearbeiten, je aus zwei Theilen bestehend hier
                              dargestellt und bei S zusammengeschraubt.
                           Der im Durchmesser gegen die Cylinderbohrung um beiläufig 2'' kleinere und in den
                              Cylinder auf beiläufig 2'' ganz frei hineinragende cylindrische Ansatz des hohlen
                              Deckels, dessen Wandung C zwei Reihen 9''' weite und 2''
                              im Mittel von einander abstehende runde Durchbohrungen O
                              hat, bildet den eigentlichen Saugventilsitz, über welchen als Ventilklappe ein ganz
                              geschlossener elastischer Kautschukring R aufgespannt
                              ist.
                           Wird nun durch die Kolbenbewegung im Cylinder ein luftleerer oder lustverdünnter Raum
                              erzeugt, so wird der Luftdruck den über den Einströmungsöffnungen aufgespannten
                              elastischen Kautschukring ausdehnen und erweitern, und in einem beiläufig
                              concentrischen Abstand soweit über den eigentlichen Ventilsitz erheben, als dieß die
                              Windeinströmung in den Cylinder erfordert; in dem Moment aber, wo im Cylinder die
                              Atmosphärenpressung wieder hergestellt ist und noch bevor der Rücklauf des Kolbens
                              beginnt, nimmt auch der durch seine eigene Spannkraft sich zusammenziehende
                              elastische Kautschukring seine frühere Lage auf dem Ventilsitze wieder ein, und
                              schließt auf diese Weise ganz selbstthätig die Einströmungsöffnungen ab, und auch
                              weit früher als bei allen anderen Ventilanordnungen, wo dieß erst nach begonnenem
                              Rücklauf des Kolbens durch die Windpressung im Cylinder stattfindet.
                           Durch diese Erklärung der Saugventile ist zugleich auch die der ganz analog
                              angeordneten Blaseventile gegeben, und bleibt hier speciell nur noch zu bemerken daß
                              die Blaseventilöffnungen O bei C durch die eigentliche Cylinderwand selbst durchgebohrt sind, und in
                              einen an jedem Ende des Cylinders daselbst angegossenen Circularcanal A' einmünden.
                           Diese Circularcanäle umfassen jedoch nicht den ganzen Gebläsecylinder, sondern sind
                              durch den Einströmungscanal A, welcher, wie schon
                              erwähnt, in der ganzen Länge des Cylinders durchgeht, unterbrochen, wie dieß in der
                              Querschnittszeichnung des Cylinders Fig. 14 ersichtlich ist.
                              Aus diesem Grunde bildet auch die Ventilklappe der Blaseöffnungen nicht wie jene der
                              Saugöffnungen einen geschlossenen Ring, sondern ein an den zwei Punkten P daselbst befestigtes elastisches Kautschukband, und
                              der ganze Unterschied in der Bewegung der Blaseventilklappen gegen jene der
                              Saugventile besteht deßhalb darin, daß erstere im ausgedehnten Zustande und während
                              des Durchganges des Windes daselbst eine excentrische Lage, letztere aber eine
                              concentrische Stellung in Beziehung auf ihre Ventilsitze einnehmen.
                           Die vor den Saugventilen bei E und über den Blaseventilen
                              bei E' angebrachten Bügel, deren 6 bis 7 Stück an jedem
                              Ventilsitz, in gleichen Abständen von einander, vertheilt sind, haben den Zweck die
                              Ventilklappen in stets die Ventilöffnungen überdeckender Stellung zu erhalten.
                           Hiernach ist einleuchtend, daß die eben geschilderte Lage und Anordnung dieser
                              Ventile eine in jeder Beziehung weit vortheilhaftere und zweckmäßigere ist, als alle
                              bisher angewandten, denn einerseits kommt beim Verschluß derselben zunächst auch die
                              eigene Elasticitätswirksamkeit des überdeckenden Kautschukmaterials zur Anwendung,
                              und andererseits sind es bei dieser Construction convexe oder äußere
                              Cylinderflächen, welche die Ventilsitze bilden, während dieß früher immer ebene oder
                              gar concave Flächen waren (wie bei den Fächerventilen), gegen welche die
                              Leder- oder Kautschukventile nur durch die Windpressung angedrückt wurden. Da
                              endlich diese ringförmigen elastischen Ventilklappen beim Durchgang des Windes ihren Umfang in gleichen
                              radialen Abständen von ihrem Sitze erweitern, so erheben sie sich weit weniger über
                              demselben, als dieß bei Ventilen mit ebenen oder gar concaven Sitzen der Fall ist,
                              wodurch sich erklärt, daß selbst bei so großen Kolbengeschwindigkeiten wie 7'' per Secunde ein kaum bemerkbares Schlagen dieser Ventile
                              stattfinden kann.
                           Die Vorzüglichkeit der von uns schon früher für Gebläse angewandten Kolben mit
                              Metallliederungen, deren Dichtungsringe gegen die Cylinderwand bisher durch
                              Druckfedern festgehalten sind, wird noch bedeutend dadurch erhöht, daß wir jetzt den
                              Anschluß der metallenen Dichtungsringe gegen die Cylinderwand durch die im
                              Gebläsecylinder herrschende Windpressung selbst und stets auch im Verhältniß
                              derselben herstellen.
                           Hierzu bedienen wir uns in ganz ähnlicher Weise wie dieß in der beschriebenen
                              Ventilanordnung der Fall ist, elastischer Kautschukringe als Mittel zur Uebertragung
                              der Windpressung auf die metallenen Kolbenringe.
                           In den Kolbenkörper K (siehe Längendurchschnitt Fig. 13 und
                              Fig. 16)
                              sind zwei durch eine Scheidewand W von einander
                              getrennte Nuthen so tief eingedreht, daß in jeder derselben sowohl ein daselbst
                              aufgespannter elastischer Kautschukring R, als auch ein
                              aus zwei Halbkreisen bestehender, an beiden Stößen überplatteter gußeiserner
                              Kolbenring R' aufgenommen werden kann.
                           Letztere übergreifen aber die Scheidewand W in der Weise,
                              daß daselbst beide Kolbenringe unmittelbar aufeinander liegen. Die tiefste Stelle
                              der beiden eingedrehten Nuthen tangirend, sind von beiden Seiten des Kolbens und
                              beiläufig 3'' von einander abstehend, 6''' weite Durchbohrungen V siehe Kolbenquerschnitt Fig. 14, 16 und 17) bis auf die
                              Scheidewand W angebracht, die in der Breite der Nuthen
                              und nach beiden Seiten des Umfangs derselben etwas erweitert sind.
                           Durch diese Bohrungen nun wirkt in der jeweiligen Richtung der Kolbenbewegung die
                              Windpressung, gleich einem Federsystem von der Elasticitätsbeschaffenheit der
                              Windpressung selbst, je auf einen der elastischen Kautschukringe, und durch diesen
                              auf den davor liegenden gußeisernen Kolbenring gegen die Cylinderwand, und schließt
                              dadurch den ausblasenden Cylinderraum von dem ansaugenden Cylinderraum in einer der
                              geringsten Kolbenreibung vollkommen entsprechenden Weise ab.
                           In der von der Windpressung abgekehrten Kolbenseite dagegen bleibt der elastische
                              Kautschukring auf seinem Sitz liegen, und der dazu gehörige gußeiserne Kolbenring
                              wird, ohne einen Druck auf die Cylinderwand auszuüben, nur leer mitgeschleift.
                           Es ist somit die Bestimmung des über der festen Kolbenwand W aufgespannten Kautschukringes eine doppelte: erstens überträgt derselbe
                              durch seine
                              Ausdehnung die Windpressung auf die Kolbenringe, und zweitens entlastet er auch die
                              Kolbenringe, sobald die Windpressung soweit abgenommen hat, um ihn vermöge seiner
                              eigenen Elasticität wieder zum Schluß gelangen zu lassen.
                           Im ersten Falle findet zur Ueberwindung der Spannkraft des Kautschukrings ein
                              Pressungsverlust statt, welcher für den vortheilhaftesten Effect der Kolbendichtung
                              von Werth ist, weil erfahrungsgemäß eine namhaft geringere Pressung als die im
                              Cylinder vorhandene hinreicht, den Kolben vollkommen dicht zu schließen; man hat
                              somit durch die richtige Bestimmung der Stärke und Spannung der Kautschukringe das
                              Mittel in der Hand, die Reibung der Kolbenringe bei ganz verläßlichem Verschluß auf
                              ein Minimum zurückzuführen.
                           Auf die letzterwähnten Umstände legen wir um so mehr Gewicht, als bei diesen
                              Maschinen ungeachtet ihres schnellen Ganges weder Cylinder noch Kolben geschmiert
                              werden sollen, außer beim Einlaufen und Einschleifen des letzteren, und zwar
                              mittelst Graphit oder Federweiß.
                           Aus demselben Grund erscheint es auch von Werth, den hohlen geschlossenen Deckelraum
                              bei den Cylindern anzuwenden, um anstatt die einzusaugende Luft direct durch den
                              Cylinderboden eintreten zu lassen, dieselbe beliebig aus einem anliegenden Raume
                              zuführen zu können, falls die Atmosphäre des Maschinenraumes selbst, wie dieß so
                              häufig vorkommt, regelmäßigen Verunreinigungen ausgesetzt ist.
                           Bei der von uns zu Grunde gelegten Kolbengeschwindigkeit von 6' per Secunde erzeugt ein Cylinder von 21'' Bohrung und
                              24'' Hub ein Brutto-Windquantum von 850 Kubikfuß per Minute; es reicht somit einer derselben für den Betrieb des größten
                              Cupolofens einer Gießerei oder zum Betrieb von wenigstens 24 großen Schmiedefeuern
                              hin; zwei combinirte Cylinder aber genügen für den Betrieb eines Hohofens von
                              gewöhnlicher Dimension.
                           Um schließlich einige der gewöhnlichsten Vortheile dieser Maschine zusammenzufassen,
                              heben wir Folgendes hervor:
                           
                              1) wird die Maschine an und für sich bedeutend vereinfacht, und
                                 die Anzahl ihrer Theile namhaft vermindert;
                              2) ist keiner der Maschinentheile mehr einer gefährlichen
                                 Abnützung unterworfen, d.h. einer solchen Abnützung, die eine plötzliche
                                 Betriebsstörung herbeiführen könnte;
                              3) ist bei der äußerst vortheilhaften Anwendung der Saug-
                                 und Druckquerschnitte, ferner bei dem auf ein wahres Minimum zurückgeführten
                                 schädlichen Raum und bei der Einfachheit sowie dem sicheren Verschluß der
                                 Ventile und der Kolbenliederung, eine bedeutende Erhöhung des Nutzeffects der
                                 Maschine erreicht, für den wir 70 Proc. garantiren;
                              4) ist zum Betrieb dieser Gebläse weniger Kraft erforderlich, und
                                 bei dem raschen Gang derselben sind weniger Uebersetzungen nöthig;
                              5) sind diese Gebläse sowohl für hohe als niedere Pressungen
                                 gleich vortheilhaft;
                              6) erfordern dieselben bei ihrer großen Kolbengeschwindigkeit,
                                 zumal bei Anwendung zweier Cylinder mit Kurbelwechsel, gar keine oder nur sehr
                                 kleine Regulatoren zur Ausgleichung der Windpressung;
                              7) sind diese Gebläse sehr billig herzustellen, zumal auch aller
                                 kostspielige Einbau bei denselben wegfällt.
                              
                           Aus diesen Gründen, namentlich aber mit Rücksicht auf die billige Herstellung dieser
                              Maschinen, hoffen wir, den Ventilatoren und insbesondere deren Anwendung für
                              Gießereien, Schmieden, mit Erfolg Concurrenz zu machen. Denn wenn der
                              Maschinenfabrikant und Hüttenbesitzer die häufigen Reparaturen und Betriebsstörungen
                              bei seinen Ventilatoren in Anschlag bringt, wenn er rechnet, wieviel kostspielige
                              Kraft und Kraftübertragungsmittel, als: Riemen, Transmissionen etc. ihn diese
                              Ventilatoren kosten, wenn er sich vergegenwärtigt, welche beträchtlichen Quantitäten
                              von Brennmaterial in Folge des geringen Nutzeffects und insbesondere in Folge der
                              ungenügenden Pressung ihm zugleich bei Cupolöfen und Schmiedefeuern unnütz verzehrt
                              werden, wenn er ferner bedenkt, um wieviel vortheilhafter überhaupt der
                              Schmelzproceß im Cupolofen, sowie auch die Arbeit beim Schmiedefeuer zu
                              bewerkstelligen sind, falls man die Windpressung gehörig in seiner Gewalt hat, und
                              wieviel Ausschuß und Kaltguß endlich in der Gießerei vermieden werden könnte, sofern
                              dieselben häufig nur in ungenügender Pressung des Windes beim Ofen ihren Grund haben
                              – wie gesagt, wenn diese Nachtheile auf der einen Seite mit jenen Vortheilen
                              auf der andern verglichen werden, so muß Jedermann finden, daß solche Gebläse nicht
                              nur relativ viel billiger sind als Ventilatoren, sondern auch, daß sie absolut
                              billiger sind als alle bis jetzt construirten Apparate, um gepreßten Wind in
                              größeren Quantitäten zu erzeugen.
                           Wien, im Januar 1863.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
