| Titel: | Ueber englische und deutsche Feuerspritzen; von Professor Rühlmann. | 
| Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. CX., S. 410 | 
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                        CX.
                        Ueber englische und deutsche Feuerspritzen; von
                           Professor Rühlmann.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1862 S. 356.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Rühlmann, über englische und deutsche Feuerspritzen.
                        
                     
                        
                           I. Dampfspritzen.
                           Zu den Neuigkeiten im Maschinenfache, worin sich die Londoner
                              Industrie-Ausstellung von 1862 von der des Jahres 1851 unterschied, gehörten auch die Dampffeuerspritzen, und waren Sachverständige und sonst
                              Betheiligte in der Regel eifrig mit dem Studium derjenigen Exemplare beschäftigt,
                              welche die Ausstellung aufzuweisen hatte.
                           Leider nur wurde man nicht in dem Maaße befriedigt, wie von vielen Seiten erwartet
                              worden war, namentlich wenn man das in Betracht zog was englische und besonders
                              nordamerikanische Blätter vorher über Dampfspritzen veröffentlicht hatten.
                           Wie überhaupt der unglückselige amerikanische Bürgerkrieg Seitens der Nordamerikaner
                              eine höchst geringe Betheiligung an der diesmaligen Welt-Industrieausstellung
                              zur Folge gehabt hatte, so fand sich aus diesem Lande auch nur eine einzige
                              beachtenswerthe und zwar kleine DampffeuerspritzeEin zweites Exemplar amerikanischer Dampffeuerspritze fand sich noch nach
                                    Beendigung der Jury-Arbeiten ein, blieb jedoch unvollständig montirt
                                    in einem Winkel der äußersten südöstlichen Ecke des Ausstellungsgebäudes im
                                    Staube und derart verbarrikadirt stehen, daß sie fast aller Beachtung
                                    entgieng. Uebrigens versprach ihr Aeußeres sehr wenig. vor, welche Lee und Larned in New-York (Nr. 31, Classe VIII) eingesandt hatten.
                              Material und Ausführung dieser Spritze war ausgezeichnet zu nennen, minder die
                              Construction, am allerwenigsten aber konnte man die Anwendung einer
                              Centrifugal-Wasserpumpe gut heißen, die man nicht einmal nach rationellen
                              Grundsätzen construirt hatte. Leider war der Aussteller nicht zu bewegen eine Probe
                              mit seiner Spritze vornehmen zu lassen. Eine speciellere Beschreibung und Skizze
                              dieser Spritze findet sich im polytechnischen Journal Bd. CLXVI S. 7.
                           Von englischen Dampfspritzen verzeichnete der officielle illustrirte Katalog zwei
                              Exemplare. Eins unter Nr. 1928 von Merryweather und Sohn in London (Abbildungen auf Seite 48 des Katalogs)
                              und ein zweites unter Nr. 1984 von Shand und Mason (Abbildung ebendaselbst S. 68).
                           So sehr bei Merryweather Material und Ausführung,
                              namentlich sein Stahlblechkessel, belobt werden konnte, so viel ließ die Anordnung
                              des Ganzen zu wünschen übrig. Am wenigsten gelungen fand man die Gestellconstruction
                              und den Steuerungsmechanismus der horizontalen Dampfmaschine. Letztere hatte 9 Zoll
                              Kolbendurchmesser und 15 Zoll Hub, während die eincylindrige ebenfalls
                              horizontalliegende doppeltwirkende Pumpe nur 6 1/2 Zoll Durchmesser, jedoch
                              denselben Hub hatte. Die Dampfmaschine war nach amerikanischer Idee ohne Schwungrad
                              construirt.
                           Shand und Mason's Dampfspritze
                              erschien leider nicht in der Ausstellung und wurde man zur Besichtigung derselben in
                              die Office der Londoner Fire Brigade (68 Watling Street, St. Paul) gewiesen, wo allerdings der höchst
                              zuvorkommende Director Capitän Shaw nicht nur den Zutritt
                              gern gestattete, sondern auch jede erwünschte Auskunft ertheilte.
                           Die erwähnte Katalogmaschine von Shand und Mason in London (245 Black Friars
                                 road) ist nach einer Lithographie der Fabrik auf Tab. VII in Fig. 25
                              abgebildet.
                           Dabei ist a der senkrecht stehende Röhrenkessel, b die Stelle, wo der Dampfmaschinen-Cylinder
                              placirt ist, c der Ort der Stangenführung, hier die sog.
                              Schleifenbewegung (Krummzapfenanordnung wie bei der Carett'schen Dampfpumpe), wo auf der Krummzapfenwelle das Schwungrad e sitzt. Die Wasserpumpe, deren Kolben (wie bei den
                              Dampfpumpen) gleichsam in der Verlängerung der Dampfkolbenstange angebracht ist,
                              liegt mit der Dampfmaschine in einer Ebene und zwar an der Stelle, wo man darüberdaüber in unserer Skizze den Windkessel d sich
                              erheben sieht.
                           Wie man leicht erkennt, ruht der ganze Wagenkörper mit Kessel, Dampfmaschine und
                              Pumpe auf Federn, wobei überdieß ein kräftiger Blechkegel die Verbindung zwischen
                              Vordertheil und dem Drehschemel der Vorderräder bewirkt. Zwischen den Hinterrädern
                              hat man ferner einen Kohlenkasten h, so wie
                              (wahrscheinlich) einen Wasserbehälter g placirt. Unter
                              dem Kutscherbocke q ist ein Geräthkasten p angebracht, sowie an den Langseiten des Wagens in
                              bekannter Weise Saugschläuche s befindlich sind. Die
                              Deichsel z, das Ortscheit y,
                              sowie die Befestigungsstelle x am Rahmen der Vorderräder
                              bedürfen jedenfalls keiner Erklärung. Ebenso erkennt man bald, daß i das Dampfzuführrohr und k
                              das Dampfabführrohr bezeichnet, welches letztere den gebrauchten Dampf durch eine
                              Verengung (das Blasrohr) in den Schornstein führt, um dort gleichzeitig den
                              erforderlichen Luftzug für die Verbrennung auf dem Feuerrost des Kessels zu
                              erzeugen.
                           Der Kessel besteht aus 199 senkrecht stehenden Messingröhren von 1 1/4 Zoll
                              Durchmesser, bei 15 Zoll Länge; er folgt auf eine Feuerbüchse von 3 Fuß 4 Zoll
                              Durchmesser. – Gearbeitet wird gewöhnlich mit einem Dampfdrucke von 100 Pfund
                              pro Quadratzoll (fast 7 Atmosphären über den
                              Luftdruck).
                           Uebrigens fanden sich in der Hausflur der Office der Londoner Feuerbrigade zwei
                              Exemplare Dampfspritzen der Herren Shand und Mason vor, nämlich die bereits besprochene große und eine kleine von
                              zugleich etwas verschiedener Anordnung.
                           Diese kleinere Maschine war mit zwei einfach wirkenden Dampfmaschinen und zwei ebenfalls einfach wirkenden
                              Pumpen ausgestattet, die
                              Cylinder der letzteren aus einem einzigen Rothgußkörper gebildet.
                           Die Dampfcylinder hatten 6 1/2 Zoll Durchmesser, die Pumpencylinder nur 5 Zoll. Die
                              Wirkung war direct, daher auch der Hub beider Kolbensysteme derselbe, und zwar 8
                              Zoll.
                           Diese Maschine sollte bei Anwendung eines Mundstücks von 1 Zoll lichter Weite pro Minute 200 Gallons oder 32 Kubikfuß Wasser liefern
                              und letzteres 150 Fuß weit werfen, die Dampfspannung im Kessel zu 100 Pfd. pro Quadratzoll vorausgesetzt.
                           Der Verkaufspreis (in London) wurde zu 370 Pfd. St. (2516 Thlr.) notirt.
                           Vom Capitän Shaw wurde diese kleine Maschine sehr belobt,
                              und unter dem Dampfkessel derselben stets eine so große Leuchtgasflamme unterhalten,
                              daß dessen Wasser immer in einer Temperatur verblieb, welche ein sehr rasches Dampferzeugen möglich machte.
                           Die zweite größere Maschine, Fig. 25, welche oben
                              beschrieben wurde, war mit einer doppeltwirkenden horizontalliegenden Dampfmaschine
                              von 8 1/2 Zoll Kolbendurchmesser und 9 Zoll Hub ausgerüstet, während die ebenfalls
                              eincylindrige, doppeltwirkende Pumpe 7 Zoll Kolbendurchmesser und denselben (9 Zoll)
                              Hub hatte.
                           Das Gewicht dieser Maschine wurde leer zu 2 3/4 Tonnen (55
                              engl. Centner) und ihr Verkaufspreis zu 650 Pfd. St. (4420 Thlr.), offenbar nicht
                              wohlfeil, angegeben.Außer den beiden genannten Spritzen hatten Shand
                                    und Mason für die Londoner Fire Brigade auch eine schwimmende Dampfspritze geliefert, auf
                                    welche man die Besucher der Office besonders aufmerksam zu machen die Güte
                                    hatte. Zur Zeit der Ausstellung war diese Floating
                                       Steam Fire Engine an der Southwark
                                       Bridge stationirt zum Schutze der Waarenhäuser und anderer Gebäude
                                    mit werthvollem Inhalte, zwischen bemerkter Brücke und der London Bridge. Ihre Pumpen sollten pro Minute 2000 Gallons oder 320 Kubikfuß Wasser
                                    liefern, wozu man vier getrennte Ausgußschläuche und vier Mundstücke in
                                    Anwendung brachte.
                              
                           Nach einem (unterm 9. Juli 1862) von den Herren Shand und
                              Mason an den Referenten gerichteten Briefe, worin der
                              angeführte Preis der Spritze verzeichnet war, garantirten die Verkäufer, daß
                              dieselbe pro Minute 400 Gallons oder 64 Kubikfuß Wasser,
                              unter Anwendung eines Mundstückes von 1 1/4 Zoll Weite auf 180 Fuß verticale Höhe
                              triebe, oder auf 225 Fuß Weite würfe.
                           Das Material dieser Spritzen war wieder vorzüglich, die Ausführung gut, wenn auch
                              nicht gerade elegant; die Construction ließ hinsichtlich der gewählten Verhältnisse
                              Manches zu wünschen übrig, bestätigte übrigens nur die bekannte Thatsache, daß die Engländer keine
                              rationellen Hydrauliker sind.
                           Von äußerst großem Interesse waren die Versuche, welche am 1. Juli 1862 von den
                              Ingenieur-Mitgliedern der Classe VIII, im Hyde Park (am Serpentine River) mit den drei bis jetzt aufgeführten
                              englischen Dampfspritzen angestellt wurden und wozu man mich einzuladen die Güte
                              gehabt hatte.
                           Alle drei Spritzen waren gleich günstig in gehöriger Entfernung neben einander
                              aufgestellt, und hatten übereinstimmend ihr Wasser aus dem angeführten Flusse auf
                              etwa 6 Fuß Höhe aufzusaugen.
                           In drei Reihen hinter einander, und zwar in Distanzen von 60, 80 und 100 Fuß, waren
                              hohe Rüstbäume (je drei in einer Verticalebene) aufgerichtet und an Querbäumen
                              derselben Flaschenzüge befestigt, um daran drei aus Segeltuch gefertigte weite
                              Schläuche (Säcke) aufhängen und diese beliebig hoch oder tief stellen zu können.
                           Das eine (obere) Ende eines jeden dieser Schläuche war in einem kreisförmigen
                              eisernen Rahmen oder Ring gespannt, so daß eine Kreisöffnung von 6 Fuß Durchmesser
                              gebildet wurde. Während sich diese Mündung in verticaler Ebene befand, setzte sich
                              der Schlauch auf etwa 1/3 seiner Länge in gebogener Gestalt fort und die übrigen 2/3
                              Schlauchlänge hiengen vertical gerichtet frei herab. Um den gebogenen Theil in
                              Wünschenswerther Form und Steife zu erhalten, hatte man vom erwähnten Mündungsringe
                              ausgehend starke Drahtgerippe gebildet und den Schlauch darüber gezogen.
                           Das untere Ende des Schlauches fiel wie gesagt schlaff herab und reichte tief genug
                              in ein genau kubicirtes hölzernes Meßgefäß von parallelepipedischer Gestalt, dessen
                              Grundfläche ein Quadrat von 4 Fuß Seite (im Lichten gemessen) bildete, während seine
                              Tiefe 5 Fuß, folglich sein kubischer Inhalt 80 Kubikfuß oder 500 Gallons betrug.
                           Beim gleichzeitigen Arbeiten aller drei erwähnten Spritzen mußte der Schlauchführer
                              das Mundstück so richten, daß er möglichst viel Wasser in die Mündung desjenigen
                              Schlauches brachte, welcher der Spritze genau gegenüber in bestimmter Höhe und
                              Entfernung aufgehangen war.
                           Nachdem man die Versuche kurze Zeit fortgesetzt hatte, zeigten sich leider bald
                              kleinere oder größere Störungen durch Loswerden, Biegen, Brechen etc. nicht
                              unwesentlicher Theile, Verstopfung der Saugrohre etc. und zwar allermeist bei Merryweather, welche die Erlangung sicherer vergleichender Leistungs-Resultate unmöglich
                              machten.
                           Das kleinere Exemplar der Spritzen von Shand und Mason wirkte recht gut, jedoch nicht so, daß die Leistung
                              nicht auch durch eine von Menschen getriebene Spritze hätte hervorgebracht werden können. Man gelangte
                              daher zu der Ansicht, daß Dampfspritzen von derartig (verhältnißmäßig) geringen
                              Dimensionen im Allgemeinen nicht rathsam seyen.
                           Am meisten Beifall überhaupt erwarb sich die größere Spritze derselben Firma, deren
                              bedeutendste Leistung während meiner Anwesenheit die war, daß unter Anwendung eines
                              1 3/8 Zoll weiten Mundstückes binnen drei Minuten 603
                              Gallons oder pro Minute 201 Gallons oder 32 Kubf. Wasser
                              in die 6 Fuß weite Mündung des Fangschlauches geworfen wurden, wobei dessen Mitte 18
                              Fuß über dem horizontalen Standpunkte der Spritze aufgehangen war. Ferner betrug die
                              zwischen Spritze und Mundstück vorhandene Schlauchlänge 30 Fuß und der Abstand der
                              Ausgußstelle bis zur Verticalebene der Fangschlauchöffnung 60 Fuß, die
                              Totalentfernung der letzteren also von der Dampfspritze 90 Fuß. Der mittlere
                              Dampfdruck war 100 Pfd. pro Quadratzoll und die größte
                              Zahl der Schwungradumdrehungen 180 pro Minute.
                           Beachtet man hierbei, daß am Versuchstage ein nicht ganz sanfter Wind wehte, der die
                              Wasserstrahlen oft von der normalen Richtung abtrieb, und auch die Geschicklichkeit
                              des Mundstückführers offenbar eine sehr bedeutsame Rolle mitspielte, so sind 32
                              Kubikfuß pro Minute, als wirklich in den Fangschlauch
                              getriebene Wassermenge, ein nicht ungünstiges Resultat zu nennen.Die Herren Shand und Mason geben in ihren Preiscouranten an, daß die fragliche
                                    Dampfspritze unter den oben angegebenen Umständen pro Minute 64 Kubikfuß Wasser werfen soll, woraus hervorgehen
                                    würde, daß bei obigem Versuche gerade nur die Hälfte des überhaupt von der
                                    Spritze gelieferten Wassers in den Fangschlauch getrieben worden wäre. Indeß
                                    sind die bemerkten 64 Kubikfuß jedenfalls zu hoch gegriffen. Berechnet man
                                    nämlich den Inhalt eines der Pumpenstiefel, so ergibt sich dieser zu 364
                                    Kubikzoll, was mit 2 × 180 (der doppelten, größten Zahl von
                                    Schwungradumläufen pro Minute) multiplicirt,
                                    124,560 Kubikzoll, oder 72 Kubikfuß pro Minute
                                    liefert. Hiernach betrüge der sogenannte Ausgußcoefficient, d. i. das
                                    Verhältniß des wirklich geförderten Wasserquantums zu dem theoretischen
                                    64/72 = 0,9 d. i. 90 Proc., was bei Feuerspritzenpumpen, wenn ihre
                                    Constructionsverhältnisse und Ausführungen nicht vollkommener als bei der
                                    Versuchsmaschine sind, jedenfalls zu hoch gegriffen seyn dürfte.
                              
                           Hätte man das Spritzwasser statt direct aus dem Serpentine
                                 River aus einem ebenfalls kubicirten Gefäße entnommen, so würde ein
                              Vergleich erhalten worden seyn, der Alles in sich gefaßt hätte, was zur Beurtheilung
                              der Spritze und ihrer Wirkung wünschenswerth war.
                           Auf die Schnelligkeit, womit die drei fraglichen Spritzen Dampf machten (in welcher
                              Beziehung der Vorzug Merryweather zuerkannt werden mußte,
                              da er in höchstens 15 Minuten Dampf von 4 Atmosphären Spannung hatte) dürfte kein zu
                              hoher Werth zu legen seyn, indem sich auch bei der Londoner Feuerbrigade mein bereits
                              früher ausgesprochener Satz bestätigt, daß die Dampfspritzen die Handspritzen mit
                              Druckbäumen etc. nicht überflüssig machen, sondern sie nur unterstützen sollen, wenn
                              Menschenkräfte erschöpft sind oder das Feuer bereits so mächtig geworden ist, daß
                              man sich demselben nur in großem Abstande nähern kann und dünne Wasserstrahlen
                              beinahe mehr schaden als nützen.
                           Unter Zusammenfassung aller bis jetzt erlangten Erfahrungen mit den zuletzt gemachten
                              Bemerkungen, hat der Magistrat der Residenzstadt Hannover bereits die Anschaffung
                              einer Dampfspritze beschlossen, deren Hauptdimensionen mit der zuletzt besprochenen
                              englischen Spritze übereinstimmen.
                           Seiner Zeit werden wir nicht unterlassen, über diese Dampfspritze und ihre Leistungen
                              zu berichten.
                           
                        
                           II. Handfeuerspritzen.
                           Die englischen Feuerspritzen construirt man zur Zeit noch immer so, daß die
                              Druckbäume parallel zur Längenachse des ganzen Baues liegen, wie solche auch vom
                              Referenten im Artikel „Feuerspritze“
                              der Supplemente zu Prechtl's technologischer Encyklopädie
                              (Bd. III, Taf. 69, Fig. 13, 14, 15) beschrieben und abgebildet wurden. Die einzige
                              und gewiß nicht unwichtige Verbesserung, welche namentlich sämmtliche
                              Ausstellungs-Spritzen, sowie die der Londoner Fire
                                 Brigade zeigten, war die Anbringung eines Windkessels am Saugrohre, wodurch das Schlagen
                              der Ventile vermindert und die zu liefernde Wassermenge vermehrt wird.Meines Wissens sind hierüber von den Herren Kirchweger und Prüsmann in Hannover
                                    angestellte werthvolle Versuche etc. in deutschen Zeitschriften ganz
                                    unbeachtet geblieben. Vollständig abgedruckt finden sich dieselben in Armengaud's Génie
                                       industriel, Tome III (1852) p. 221 und
                                    daraus im Auszuge in dem von mir verfaßten Artikel „Pumpen“ des Handbuchs der
                                    Gewerbkunde von Karmarsch und Heeren, Bd. II, S. 911. Dem aus verschiedenen
                                    Druckhöhen herabkommenden Wasser wurde durch einen (von Menschenhand
                                    bewegten) Hahn der Abfluß gestattet, wobei man die Zahl der Pumpenkolbenhübe
                                    durch die Menge der Hahnumdrehungen nachahmte. Der (a. a. O. abgebildete)
                                    Versuchsapparat war übrigens so construirt, daß der Zustand eines Pumpensaugrohrs
                                    eintrat, wenn in demselben Wasser emporsteigt. Die Resultate dieser Versuche
                                    enthält nachstehende Tabelle:Textabbildung Bd. 168, S. 416Zahl der Hahnumdrehungen
                                       pro Minute; Ausgeflossene Wassermenge pro Minute in Litern unter den
                                       Pressungen von Wassersäulenhöhen von; Mt.; Bemerkungen; Mit Windkessel;
                                       Die Ausflußmengen, welche 80 u. 100 Umgäng, entsprechen, sind die Mittel
                                       aus vier, die übrigen Mittelzahlen aus drei Versuchen; Ohne
                                       Windkessel
                           Von mancher Seite her wurde eine vom Ingenieur-Capitän Fowkes (dem Erfinder der seltsamen Architektur des Ausstellungsgebäudes
                              von 1862) angegebene Militär-Feuerspritze gerühmt, ihr auch von der Jury
                              (Classe VIII, Katalognummer 2536) eine Medaille zuerkannt, welcher jedoch deutsche
                              Sachverständige nicht Beifall schenken konnten, indem mindestens die
                              Wasserpumpenconstruction kein besonderes Lob verdiente. Eine perspectivische
                              Abbildung der Fowkes'schen Spritze befindet sich übrigens
                              im Illustrirten
                              Kataloge der Ausstellung von 1862, unter Classe VIII, Seite 69.
                           Weit größere Fortschritte als in England haben von Menschen zu bewegende
                              Feuerspritzen (Balancierspritzen mit Druckbäumen, welche letztere rechtwinkelig zur
                              Länge des Wagens liegen) in Deutschland gemacht. Abgesehen von mehrfachen
                              Verbesserungen in der Anordnung des ganzen Baues, hat man besonders dahin gestrebt,
                              die Ventile zugänglicher zu machen, ohne dabei die Fehler zu veranlassen, welche die
                              ähnlichen englischen Constructionen an sich tragen. Beispiele hierzu liefern unter
                              andern die vierrädrigen Feuerspritzen von Paul Stumpf in
                              Mainz,Preisverzeichniß vom Jahre 1854, Seite 53. die seiner Zeit von Schmidt in Wien gefertigten
                              und auf der Münchener Industrie-Ausstellung (1854) prämiirten Spritzen,Prechtl, Supplementbd. III, Taf. 69, Fig.
                                       10–12. die von Tidow und Wellhausen in HannoverIm Königreich Hannover vielfach verbreitet und im Spritzenhause der
                                    Residenzstadt für Jedermann sichtbar. u. m. a.
                           Am allermeisten Aufmerksamkeit dürften aber die Spritzen mit sogenannten Ventilhähnen verdienen, worauf bereits unterm 17.
                              December 1851 der Mechaniker und Spritzenfabrikant W. Knaust (früher Fricke) in Wien (Leopoldstadt,
                              Augartenstraße Nr. 672) ein k. k. österr. ausschl. Privilegium erhalten hat. Dem
                              Referenten ist nur (durch mündliche Angabe) eine einzige Gattung der Knaust'schen Ventilhähne, und zwar von der Anordnung zugekommen, welche
                              auf Tab. VII Fig.
                                 14a im Durchschnitte abgebildet ist.
                              Zum Verständniß der Skizze wird die Bemerkung hinreichen, daß v das Saug- und a das Steigventil ist,
                              das Wasser durch das Rohr S angesogen und nach W (zum Windkessel) hin gedrückt wird, während nach P zu der Ort des Pumpenstiefels liegt.In dem mir vorliegenden Preiscourante der Knaust'schen (vormals Fricke'schen) Fabrik,
                                    wird Seite 1 über diese Ventilhähne Nachstehendes angeführt:Ein Hauptaugenmerk richtete die Fabrik auf die Ventile. Die wichtigsten und
                                    zugleich zartesten, empfindlichsten Bestandtheile einer Spritze sind nebst
                                    Kolben, die Ventile; da die regelmäßige Erfüllung ihrer Functionen vom
                                    leichten Spiel und dichten Schluß abhängt, während die durchgehende
                                    Flüssigkeit öfters durch angesetzte Incrustationen, durch mitgeführte
                                    gröbere Unreinigkeiten, durch Verstopfung, oder namentlich durch Sand und
                                    Schlamm, Undichtheit der Ventile und mithin Unwirksamkeit der ganzen
                                    Maschine veranlaßt, wodurch diese oft in einem Augenblicke untauglich wird,
                                    wo ihr Wirken die Rettung der Habe vieler Menschen, ja selbst von
                                    Menschenleben bedingt.Diese Uebelstände können nur durch eine möglichst vollkommene Construction
                                    und Anbringung der Ventile gehoben werden, welchen die Fabrik mit Glück
                                    durch die Erfindung sogenannter „Ventilhähne“ begegnete. Die hohe k. k. österr.
                                    Regierung hat der Fabrik bereits unterm 17. December 1851 ein k. k. ausschl.
                                    Privilegium auf diese Erfindung ertheilt.Diese Ventilhähne, welche bei Spritzen sowohl wie bei Pumpen, auf
                                    Klappen-, Kegel-, Muschel- oder Kugelventile gleich
                                    anwendbar sind, bieten folgende Vortheile:1) Das Ventil einer Feuerspritze kann durch bloße Lösung einer einzigen
                                    Schraube oder eines Keils, aus der Maschine herausgenommen, besichtigt,
                                    zerlegt, eingeschliffen oder sonst gereinigt, und hernach eben so schnell
                                    ohne Kitt, Lederscheiben, Stellschrauben oder andere Zwischenmittel wieder
                                    eingesetzt werden.2) Jede damit versehene Spritze gewinnt an Einfachheit, da diese im
                                    Verhältniß zu den bisherigen Ventilen in Ventilkästen weniger Raum
                                    erfordern.3) Reparaturen an Feuerspritzen reduciren sich auf das Minimum der Kosten,
                                    indem alle Arbeitslöhne für das Bloßlegen der Ventile welche oft die meisten
                                    Auslagen verursachen, wegfallen, da keine Zerlegung der Spritze nothwendig
                                    ist um die Ventilhähne herauszunehmen.4) Der Eigenthümer einer Spritze mit Ventilhähnen an einem von mechanischen
                                    Werkstätten entfernten Orte kann im Falle einer Schadhaftigkeit dieselben
                                    zur Reparatur versenden, und erspart dabei außer den Zerlegungskosten auch
                                    die theuren Transportspesen für die ganze Maschine.5) Viele Reparaturen werden geradezu vermieden, weil wegen der leichten
                                    Zugänglichkeit der Ventilhähne, diese weit öfter nachgesehen und jede
                                    Unregelmäßigkeit im Entstehen beseitigt werden kann.Wenn sich die Beschaffungskosten von Maschinen mit solchen Ventilhähnen auch
                                    etwas höher belaufen, als bei Spritzen mit gewöhnlichen Ventilen, so
                                    gewinnen die Eigenthümer dennoch wesentlich dabei, wenn man berücksichtigt,
                                    daß jede Feuerspritze mit dieser Einrichtung doppelten Werth erhält,
                                    dadurch, daß jede während des Ganges derselben eintretende Verstopfung der
                                    Ventile gleich an Ort und Stelle in zwei Minuten gehoben werden kann.
                              
                           Bekannt geworden sind, meines Wissens, Feuerspritzen mit
                              Ventilhähnen (jedoch ohne Angabe der Detailconstruction) zuerst durch die Herren Voigt und Guthmann in
                              Chemnitz, welche in der sächsischen Industrie-Zeitung vom 24. Mai 1861, Seite
                              246, eine Besprechung dieser Spritzengattung unter Beifügung eines Holzschnittes
                              lieferten, wobei letzterer jedoch nur die allgemeine Anordnung, nicht aber die Einrichtung des
                              wesentlichsten Theiles, nämlich die des Ventilhahnes, erkennen läßt.
                           Es dürfte daher nicht unangemessen seyn, wenn wir auf Tab. VII mit Fig. 14b die bezeichnete Skizze liefern, welche
                              den Ventilhahn im Verticaldurchschnitte darstellt (den Hahnkörper mit horizontal
                              liegender Achse gedacht) und woraus hervorgeht, daß hier alle vier Ventile in einem
                              und demselben Körper aufgenommen sind. Stehen die Stiefel der sonst vorhandenen
                              einfach wirkenden Pumpen beziehungsweise in P₁
                              und P₂ und wird das Wasser von S aus angesogen und nach W
                              hin fortgedrückt, so erklärt sich das Spiel der Saugventile u, v eben so von selbst wie das der Steigventile a und b.
                           Das Vollkommenste seiner Art, was mir bis jetzt bekannt wurde (wie schon erwähnt,
                              habe ich eine speciellere Einsicht von den Knaust'schen
                              Ventilhähnen nicht erlangen können), ist unstreitig der Ventilhahn der Herren Dürkoop und Comp., Mechaniker
                              und Spritzenfabrikanten in Braunschweig, wovon sich in Fig. 15–22 so viel
                              Ansichten gezeichnet vorfinden, als dessen Verständniß erfordert.
                           Wie bei Knaust sind auch hier zwei Hähne h₁ h₁ und h₂ h₂ Fig. 15
                              vorhanden, nur liegen jetzt die Ventile eines jeden hintereinander. Ihr Ort in Bezug
                              auf das Saugrohr S, auf die Stiefel P₁ und P₂,
                              sowie auf den Windkessel W und das Steigrohr T, erhellt ohne weiteres aus der gedachten
                              Grundrißfigur, die übrigens auf völlige Richtigkeit keinen Anspruch machen
                              kann.Ich bin nur in den Besitz eines Dürkoop'schen
                                    Hahnes gelangt, welcher der Maschinen-Modellsammlung der polytechn.
                                    Schule in Hannover gehört, habe aber weder eine zugehörige Spritze noch die
                                    Zeichnung einer solchen zu Gesicht bekommen.
                              
                           Vor dem Chemnitzer Hahne dürfte der Dürkoop'sche den
                              Vorzug haben, daß der Raum zwischen dem Pumpenkolben und den Ventilen möglichst
                              klein wird, auch die sonstigen Dispositionen der Spritze, namentlich das Verhältniß
                              der Hebellängen zwischen Kolbenstangen und Druckbäumen, sich nicht ungünstig
                              gestaltet, kein zu geringer Kolbenhub erzeugt wird etc.
                           Die Lage und Gestalt vom Saugventil k, wie Druck-
                              oder Steigventil k₁ erhellt hinlänglich aus den
                              Durchschnittsfiguren 20 und 21, die beziehungsweise nach den Linien ab und cd von
                              Fig. 16
                              und 19
                              genommen sind. Die Richtung der Spindeln (Achsen), um welche sich beide
                              Klappenventile k und k₁ drehen, sind in Fig. 22 durch die Linie
                              gg angedeutet, wobei noch auf die oben und
                              unten sichtbaren Schrauben aufmerksam zu machen seyn dürfte, nach deren Entfernung die
                              Ventilspindeln wie die Klappen k, k₁
                              herausgenommen werden können. Mit Ausnahme der Mutter r,
                                 r besteht der ganze übrige Körper aus einem einzigen Messinggußstücke.
                           Bei dem mir vorliegenden Dürkoop'schen Hahnexemplare weiß
                              man nicht, was man mehr beloben soll, den vortrefflichen Guß oder die ganz
                              vorzügliche Ausführung. Gleich günstige Urtheile sind mir über die Dürkoop'schen Feuerspritzen überhaupt bekannt
                              geworden.
                           Schließlich wird es nicht ohne Interesse seyn, ein den Mechanikern Tidow und Wellhausen in
                              Hannover patentirtes Wagengestell für Feuerspritzen vorzuführen, welches die
                              Vortheile vier gleicher und hoher Räder mit großer Gelenkigkeit und Festigkeit
                              vereinigt, und in Fig. 23 und 24 abgebildet ist. In der
                              Aufrißfigur 23 hat man die vier Räder r, r weggelassen,
                              welche im Grundrisse Fig. 24 sichtbar sind.
                              Uebrigens bemerkt man leicht, daß das Hauptprincip der Construction in der Anordnung
                              eines zweitheiligen Langbaumes L₁ L₂ besteht, dessen Vereinigungs- und
                              Drehpunkt ein Bolzen M bildet. Wie das Wagengestell mit
                              der Hauptbohle A des Wasserkastens der Feuerspritze
                              verbunden ist, die Anordnung der Drehschemel m, deren
                              Reibnagel B, der Zugschwengel o nebst Waage (Sprengwaage) q und deren
                              eisernen Stützstäben (Streitstangen) p, p erhellt ohne
                              weitere Beschreibung aus unserer in 1/32 der wahren Größe ausgeführten
                              Zeichnung.Zur Begrenzung der Einschlagungsgröße (des Lenkungswinkels) der beiden
                                    Gestelltheile, ist (wie Fig. 24 punktirt
                                    angegeben) an der Bohle A eine Knagge i befestigt, gegen welche beim Einschlagen der
                                    Langbaum L₂ tritt.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
