| Titel: | Gewinnung des Thalliums aus dem Flugstaube, welcher sich bei Verarbeitung von Pyriten aus Theux, in einer Schwefelsäurefabrik unweit Stolbergs bei Aachen, dicht hinter dem Kiesofen in einem Canale abgesetzt hatte; von Professor Rud. Böttger. | 
| Fundstelle: | Band 168, Jahrgang 1863, Nr. CXVII., S. 444 | 
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                        CXVII.
                        Gewinnung des Thalliums aus dem Flugstaube,
                           welcher sich bei Verarbeitung von Pyriten aus Theux, in einer Schwefelsäurefabrik unweit
                           Stolbergs bei Aachen, dicht hinter dem Kiesofen in einem Canale abgesetzt hatte; von
                           Professor Rud.
                              Böttger.
                        Aus dem Jahresbericht des physikalischen Vereins
                                 zu Frankfurt a. M. für das Rechnungsjahr 1861–1862.
                        Böttger, über Gewinnung des Thalliums bei der
                           Schwefelsäurefabrication mit Pyriten.
                        
                     
                        
                           Gleich nach Beendigung vorstehenden Aussatzes erhielt ich von Hrn. Dr. Hasenclever in Aachen,
                              eine reichliche Quantität einer Art Flugstaub, welcher sich in obengenannter Fabrik
                              bei der Erzeugung von schwefliger Säure aus belgischen Pyriten in einem weiten Canale dicht
                              hinter dem Kiesofen angesammelt hatte, und nach vorläufig angestellter spectral
                              analytischer Untersuchung eine reichliche Ausbeute an Thallium zu versprechen
                              schien. Derselbe hat eine blaßröthliche Farbe, erscheint ziemlich trocken, besteht
                              größtentheils aus schwefelsaurem Zinkoxyd, schwefelsaurem Eisenoxyd, untermischt mit etwas schwefelsaurem Thalliumoxyd,
                              Kohlentheilchen, Sand u.s.w. – Auf zweierlei Art gelang es mir, daraus das
                              Thallium, fast bis auf die letzte Spur, mit Leichtigkeit zu gewinnen.
                           Kocht man nämlich in einer Porzellanschale den aufs allerfeinste zerriebenen Flugstaub mit dem 4fachen Gewichte destillirten
                              Wassers tüchtig aus, legt dann in das wiederum vollkommen erkaltete ziemlich sauer
                              reagirende Filtrat mehrere dicke Stangen (nicht dünne Bleche) reinen Zinks, so sieht
                              man schon innerhalb 8 bis 12 Stunden alles darin enthaltene Thallium in Gestalt
                              eines schweren, lockeren, schwarzen Pulvers, welches zum Theil auch die Zinkstangen
                              dicht umkleidet, sich absetzen. Gleichzeitig scheidet sich während dieser Zeit auch
                              etwas Zinkoxydhydrat mit ab, welches jedoch wegen seiner geringen Schwere leicht von
                              jenem Metallstaube durch Abschlämmen mit Wasser entfernt werden kann. Man hat dann
                              nach dem gehörigen Auswaschen des Thalliumpulvers nur nöthig dasselbe in verdünnter
                              Schwefelsäure (unter Hinzufügung einiger Tropfen Salpetersäure) in der Siedhitze
                              aufzulösen, die Lösung bis zur Trockne abzudampfen, wiederum in siedendem Wasser
                              aufzunehmen und in die erkaltete reine säurefreie schwefelsaure Thalliumoxydlösung,
                              dann von neuem einige Stücke destillirten Zinks einzutragen. Schon nach Verlauf von
                              etwa 1/2 Stunde wird sich das Thallium, und zwar oft in schönen metallisch
                              glänzenden Nadeln, bis auf die letzte Spur abgeschieden haben. Die Ausbeute an
                              reinem Thallium war eine außerordentlich große, sie betrug nahezu 1/2–3/4
                              Procent.
                           Nach der zweiten von mir in Ausführung gebrachten, im Ganzen genommen eine etwas
                              geringere Ausbeute an Metall gebenden Methode kocht man den ganz fein zerriebenen
                              Flugstaub mit Wasser aus, filtrirt, neutralisirt das in's Sieden gebrachte Filtrat
                              unter stetem Umrühren mit kohlensaurem Natron, und zwar bis zu stark vorwaltender
                              alkalischer Reaction, fügt hierauf eine nicht zu spärliche Menge
                              unterschwefligsaures Natron hinzu, kocht einigemale auf, filtrirt und leitet dann
                              durch das Filtrat einen Strom gewaschenen Schwefelwasserstoffgases. Durch
                              nachheriges schwaches Erhitzen der Flüssigkeit sondert sich das anfangs in feinen
                              Partikelchen auftretende Schwefelthallium in dicken Flocken ab. Man süßt es hierauf
                              aus und verarbeitet es dann auf die im vorigen Aufsatze angegebene Weise zu
                              Metall.
                           
                           Da das feuchte Schwefelthallium sich ungemein schnell säuert, resp. zersetzt, so thut
                              man gut, es bei Zutritt der Luft nicht länger auf einem Papierfilter auszusüßen, als
                              eben zu seiner Reindarstellung nöthig ist.
                           Den durch die Neutralisation mittelst kohlensaurem Natron erhaltenen ockergelben,
                              größtentheils aus kohlensaurem Zink und Eisenoxyd bestehenden, aber noch immer etwas
                              thalliumhaltigen Rückstand kocht man von neuem mit einer etwas concentrirten Lösung
                              von unterschwefligsaurem Natron aus, filtrirt, setzt dem Filtrate einige Tropfen
                              Aetznatronlösung zu und leitet dann durch dasselbe einen Strom
                              Schwefelwasserstoffgas. Diese letztere Methode dürfte sich, schon wegen der
                              geringeren Ausbeute an Thallium, die sie gibt, und der Beanspruchung einer längeren
                              Zeitdauer weniger empfehlen, als die vorhin erwähnte.