| Titel: | Gelenk-Kuppelung für Walzwerke; von C. Schaltenbrand. | 
| Autor: | C. Schaltenbrand | 
| Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. VI., S. 24 | 
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                        VI.
                        Gelenk-Kuppelung für Walzwerke; von
                           C.
                              Schaltenbrand.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Schaltenbrand's Gelenk-Kuppelung für Walzwerke.
                        
                     
                        
                           Schon seit Jahren ist es das Bestreben der Walzwerk-Techniker gewesen, die
                              festen Kuppelungen der Kammwalzen mit den Walzen, resp. die Walzen unter sich, durch
                              eine zweckmäßige Gelenkkuppelung zu ersetzen, welche neben einer vollkommenen
                              Beweglichkeit auch die Fähigkeit besitzt, große Kräfte zu übertragen.
                           Die wenigen bekannten Constructionen der Art entsprechen diesen Anforderungen nicht,
                              sie sind durchweg zu schwach und zu kostspielig, auch erfordern sie mehr Raum als
                              bei Walzwerken für sie vorhanden ist. Wenn schon bei Luppen-, Stab-
                              und Feineisen-Walzstraßen die meist mangelhafte Stellung der Walzständer zu
                              einander eine Beweglichkeit in den Kuppelungen wünschenswerth macht, so ist diese
                              Beweglichkeit bei Platten- und Universal-Walzwerken Bedürfniß, und
                              dieß um so mehr, da die zu Brückenbauten erforderlichen Platten und Flachstäbe von
                              außergewöhnlichen Dimensionen eine größere Variabilität in der Stellung der
                              Walzzapfen zu einander bedingen.
                           Die Gelenkigkeit der jetzt üblichen Kuppelungen wird durch einen den Verhältnissen
                              entsprechenden Spielraum des Kuppelzapfens in der Kuppelbüchse erreicht. Bei Zapfen
                              von 5–10 Zoll Durchmesser beträgt dieser Spielraum 1/4–3/4 Zoll. Die
                              in älterer Zeit üblichen Zapfen von quadratischem Querschnitt, Fig. 1, wurden sehr bald
                              durch solche vom Querschnitt Fig. 2 verdrängt und dieß
                              aus folgenden Gründen:
                           Wenn der in Fig.
                                 1 gezeichnete Zapfen sich von links nach rechts dreht, so faßt er die
                              Kuppelbüchse bei entsprechendem Spielraum in nur vier Linien, hier als Punkte a, b, c und d sichtbar, an
                              und überträgt an diese vier Linien die ganze Kraft, welche in dieser Weise anfassend
                              direct auf Sprengung der Kuppelbüchse wirkt.
                           Wären die Kanten des Zapfens und die Ecken der Kuppelbüchse scharf, so würde eine
                              Sprengung der letzteren bei heftigen Stößen fast unvermeidlich seyn. Aus diesem
                              Grund sind die Kanten und Ecken in gezeichneter Weise abgerundet. Die
                              Berührungsflächen a, b, c und d des Zapfens werden sich durch den großen Druck etwas abflachen und in
                              die Fläche der Kuppelbüchse eindrücken. Da bei der Schrägstellung der Kuppelspindel
                              sich diese Berührungsflächen fortwährend auf einander reiben, so werden sie sich
                              gegenseitig abnutzen und nach geringer Zeit wird des wegzuschneidenden Materials
                              noch so wenig seyn, daß der Zapfen sich in der Büchse herumwürgt.
                           Ich mache jedoch darauf aufmerksam, daß dieser Fehler sich erst bei einem großen
                              Spielraume bemerkbar macht, und ganz wegfällt, wenn es möglich wird diesen Spielraum
                              zu vermeiden.
                           Der in Fig. 2
                              gezeichnete Querschnitt hat den unverkennbaren Vortheil, daß bei ihm die
                              Angriffsflächen e, f, g und h mehr radial liegen, so daß die Kraft direct auf Drehung und weniger auf
                              Zersprengung der Kuppelbüchse wirkt. Man hat versucht, und zwar hauptsächlich bei
                              den verticalen Walzen des Universal-Walzwerkes, diese Art der Kuppelung durch
                              Abrunden der Flächen in der Fig. 3 gezeichneten Weise
                              bei geringerem Spielraum zu erreichen. Es geht hierdurch die eigentliche
                              Berührungsebene e, e' im Schnitte Fig. 4 theilweise verloren
                              und ist damit noch gar
                              wenig erreicht. Wenn auch der Punkt i einen etwas
                              größeren Weg beschreiben kann, so wird ein dem Drehpunkt m näher gelegener Punkt n sehr bald an die
                              Wandung der Kuppelbüchse anstoßen und die Schrägstellung der Spindel begrenzen. Um
                              Erhebliches drehbar wird die Spindel erst dann, wenn der Nerv, Fig. 4, in den um den
                              Punkt m punktirten Kreis übergeht, und wird man bei
                              einer gründlichen Berichtigung, welche eine wirkliche Drehung um m ermöglicht, auf die Construction des Kugelscharniers
                              zurückkommen, welches für Walzwerke zu schwach und zu kostspielig ist. Der Zapfen
                              nach Querschnitt Fig. 2 kann sich bei schräger Stellung der Kuppelspindel nur mit Hülfe
                              großen Spielraumes herumwürgen und zwängen, wobei er die Berührungsflächen mit der
                              inneren Wandung der Kuppelbüchse immer ruckweise wechselt. Dieß allein erzeugt das
                              heillose Geklapper bei leerem Lauf der Walzstraße, es trägt bei zur Erschütterung
                              derselben beim Walzen und bewirkt bei großen Höhendifferenzen der Walzmittel häufig
                              Brüche der Constructionstheile.
                           Die in Fig. 5
                              bis 8
                              gezeichnete Kuppelung soll diesen Uebelständen abhelfen. Sie bietet bei möglichst
                              kleinem Spielraum für die bei Walzwerken zulässige Schrägstellung der Kuppelspindel
                              vollkommene Gelenkigkeit und genügende Festigkeit zur Uebertragung der Kräfte. Die
                              Kosten der Herstellung vergrößern sich in keiner Weise. Ich habe zu dieser
                              Construction den früher üblichen, Fig. 1 gezeichneten
                              Querschnitt mit Vermeidung des Spielraums gewählt. Hierdurch werden die Seiten mehr
                              flach an die inneren Wandungen der Kuppelung gedrückt, wie in Fig. 7 ersichtlich.
                           Auch ist in diesem Falle das wegzuschneidende Material zu groß, als daß ein Abwürgen
                              der Kanten zu befürchten wäre.
                           Die Kuppelbüchse hat die äußere Form eines Cylinders mit abgerundeten Kanten. Die
                              Oeffnung in derselben ist ein Prisma von quadratischem Querschnitt. Die Kuppelzapfen
                              sind Cylinder, deren Höhe gleich dem Durchmesser ist, so daß jeder durch die Achse
                              des Cylinders gelegte Schnitt einen quadratischen Querschnitt ergibt, dessen Seiten
                              wenig kleiner (1/16 Zoll) als diejenigen der lichten Oeffnung in der Kuppelbüchse
                              sind. Der cylindrische Zapfen ist demnach so beschaffen, daß man ihn lose durch die
                              Kuppelbüchse rollen lassen könnte. Denkt man sich einen solchen Cylinder mit seiner
                              abgeflachten Mantelfläche an die Kopffläche des Walzzapfens, einen anderen an die
                              Stirnfläche einer Spindel befestigt, und setzt die beiden Zapfen in gedachter Weise
                              so in die Kuppelbüchse, daß ihre Achsen als windschiefe Linien senkrecht zu einander
                              und direct senkrecht auf der Achse der Kuppelbüchse stehen, so erhält man die in
                              Fig. 5 bis
                              8
                              gezeichnete Gelenkkuppel. Fig. 5 und 6 zeigen Schnitte durch
                              die Achse der Kuppelbüchse, und ist Fig. 6 der
                              Horizontalschnitt von
                              Fig. 5.
                              Fig. 7 ist
                              ein Querschnitt nach k, l; Fig. 8 ist ein solcher
                              nach o, p des Aufrisses. Betrachtet man den Aufriß Fig. 5, so läßt
                              sich das Ende q der abgeschnittenen Kuppelspindel nach
                              dem Bogen rs um die Achse v seines Zapfens bewegen. Im Horizontalschnitt Fig. 6 läßt sich dasselbe
                              Ende q mitsammt der Kuppelbüchse um die Achse w des Walzzapfens nach dem Bogen tu bewegen. Es ist demnach die Möglichkeit
                              vorhanden die Kuppelspindel um zwei aufeinander senkrecht stehende Achsen zu
                              bewegen, und zwar um jede einzeln oder um beide gleichzeitig, und bei letzteren nach
                              Belieben um die eine mehr, um die andere weniger. Es besitzt also diese Kuppelung
                              alle Eigenschaften einer Gelenkkuppelung.
                           Diese Kuppelung ist nicht nur in ihrer äußeren Form, sondern dadurch daß ihre beiden
                              Achsen nicht in derselben Ebene liegen, auch dem Princip nach, von allen früheren
                              Constructionen dieser Art wesentlich verschieden. Daß eine Kuppelung ähnlicher oder
                              gleicher Art schon früher bei Walzwerken angewandt worden wäre, ist mir nicht
                              bekannt.
                           Ein zu diesem Behuf angefertigtes Modell zeigt durch Versuch, daß durch die
                              windschiefe Lage der Achsen die Beweglichkeit der Kuppelungen nur unmerklich
                              behindert wird.
                           Fig. 9 zeigt
                              ein Bruchstück eines Universal-Walzwerkes mit oben besagten Kuppelungen. Es
                              bleibt nur noch übrig die Kuppelbüchse in ihrer Lage gegen Längenverschiebung
                              festzuhalten. Durch Kuppelhölzer kann dieß, wie bei den verticalen Spindeln
                              gezeichnet, geschehen. Es dürfen die Kuppelhölzer nur vor die Spiegelseite des
                              cylindrischen Zapfens in besonders dazu gegossene Knaggen gelegt werden.
                           Richtiger scheint mir jedoch die Anordnung bei den horizontalen Spindeln derselben
                              Figur. Es stehen hierbei die Zapfen-Achsen ein und derselben Spindel als
                              windschiefe senkrecht auf einander. Es dreht sich dadurch die Spindel in der oberen
                              Lage um die Zapfen a, a' und in der senkrecht dazu
                              gezeichneten unteren Lage um die Zapfen b, b', wodurch
                              die mathematische Länge der Kuppelspindel und der Winkel, den dieselbe mit der
                              Horizontalen bildet, nahezu constant bleiben. Kuppelhölzer sind in diesem Falle
                              schwierig anzubringen. Die bei der horizontalen Verkuppelung gezeichnete Befestigung
                              ist in Fig. 5,
                              6 und 7 in größerem
                              Maaßstabe wiedergegeben. Zwei Schrauben x und y sind mit versenkten Köpfen in die Kuppelbüchse
                              eingeschraubt und treten mit zwei Zapfen nach innen in entsprechende im Centrum des
                              Walzzapfens angebrachte Vertiefungen hinein. Diese Vertiefungen sind senkrecht zur
                              Rotationsachse, länglich, von der Breite der Schraubenzapfen, so daß diese
                              letzteren, wie aus Fig. 7 ersichtlich, durch die drehende Kraft nie in Anspruch genommen werden können. Eine auf
                              diese Weise angebrachte Schraube kann die Solidität der Construction nie
                              beeinträchtigen.
                           Da diese Art der Kuppelung eine Veränderung des Walzkuppelzapfens bedingt, so ist es
                              nicht denkbar daß diese Kuppelung sich bei im Betriebe befindlichen Walzwerken
                              schnelle Anwendung verschaffen wird. Ein Uebergang von der alten zur neuen Art kann
                              nur durch Kuppelbüchsen, welche zur Hälfte den alten, zur Hälfte den neuen
                              Querschnitt haben, vermittelt werden. Praktisch zu untersuchen bliebe noch, ob es
                              nicht möglich wäre, durch Aufsetzen eines Gußstahlschuhes auf den alten Walzzapfen
                              diesem die neue Form zu geben, da der neue Zapfen ohnehin stärkere Dimensionen haben
                              muß, als der alte. Wenn sich ein solcher Schuh als solid bewährt, so wäre durch ihn
                              das Mittel geboten, das neue System sofort bei alten Walzwerken anzuwenden. Am
                              nächsten liegt die Anwendung dieser Kuppelungen bei den verticalen Walzen des
                              Universalwalzwerkes, und bezweifle ich nicht, daß sie sich hier sofort allgemeine
                              Anwendung verschaffen werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
