| Titel: | Ueber C. Touaillon's Maschine zum Schärfen der Mühlsteine; von Carl Kohn. | 
| Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. XXVII., S. 93 | 
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                        XXVII.
                        Ueber C. Touaillon's Maschine zum Schärfen der Mühlsteine;
                           von Carl Kohn.
                        Aus den Mittheilungen des nieder-österreichischen
                                 Gewerbevereins, September 1863, S. 594.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. II.
                        Kohn, über Touaillon's Maschine zum Schärfen der
                           Mühlsteine.
                        
                     
                        
                           Es ist bekannt, daß die Mühlsteine in der frühesten Zeit und zwar in jener, wo die
                              ersten Wassermühlen errichtet wurden, mit glatten Flächen versehen waren; es waren
                              nämlich zwei Steine, der Bodenstein (feststehend) und der Läufer, welcher sich
                              parallel ober dem Bodenstein drehte und so mit seiner dem Sandsteine eigenthümlichen
                              rauhen Fläche das Korn zum Vermahlen brachte.
                           Es mögen circa 50 Jahre seyn, daß man solche Steine
                              verwarf und an deren Stelle andere mit eigens eingehauenen Furchen, welche in einer
                              gewissen Anordnung auf den Mahlstein-Flächen angebracht wurden, verwendet,
                              und zwar aus dem Grunde, weil die glatten Steine das Getreide erhitzten und dasselbe
                              überdieß unvollkommen zerrieben, so zwar, daß das Mahlgut nicht aufgelöst werden
                              konnte.
                           Die Schweizer hatten zuerst ihre Mühlsteine mit vertieften radialen Curven versehen,
                              theils in geraden Radien und zum Theil in Bogen-Curven, die vom Mittel zum
                              Rande gezogen wurden; solche vertiefte Linien werden
                              „Hauschlag“ genannt, und zwar „Schweizer
                                 Hauschlag.“
                              
                           Der Bodenstein hatte gewöhnlich 1 Meter im Durchmesser und wurde in drei Zonen
                              getheilt; die erste Zone ist das Centrum oder Coeur, die
                              zweite ist die Mittel-Zone und die dritte die Mahl-Zone.
                           Die erste Zone ist etwas concav, damit das hineingeschleuderte Korn gröblich
                              gebrochen wird; es gelangt von da in die weniger concav gehaltene Mittel-Zone, wo das Korn
                              aufgelöst wird und kommt dann in die dritte Zone, welche parallel zum Bodensteine
                              das aufgelöste Korn fein zermahlt. Die englischen und französischen Müller haben
                              verschiedenartige Schläge, welche sich theils nach dem zu vermahlenden Gut, theils
                              nach der Härte ihrer Steine richten. So z.B. haben die Schweizer sehr weit entfernte
                              Strahlen in ihrem kleiner gehaltenen Stein, während die Franzosen ihre
                              Radial-Curven sehr enge halten, daher erstere Steine schnellere Umdrehungen,
                              letztere hingegen kleinere Geschwindigkeiten benöthigen. Die Holländer haben
                              Tangenten, welche vom Rande bloß die Mittel-Zone tangiren, und so hat wieder
                              jede Steindimension ihre bestimmte Zahl. Im Mittel wird angenommen, daß jede Furche
                              im Läufer die Furche im Bodensteine 17,000 mal in einer Minute zu passiren hat.
                              Diese richtige Geschwindigkeit wird für jeden Steindurchmesser sehr leicht gefunden,
                              wenn man die Zahl 5000 mit dem Durchmesser des Steines in Zollen dividirt, das
                              Product gibt dann die Umdrehungszahl für den Läufer; hat z.B. derselbe 36 Zoll
                              Durchmesser, so ist 5000 : 36 = 138,8 per eine Minute
                              u.s.w.
                           Ohne in die Regeln der Steinzurichtung eingehen zu wollen, welche in allen Werken
                              über Mühlenbaukunst zu finden sind, soll hier bloß bekannt gegeben werden, wie die
                              Steine mit ihren Furchen durch eine Maschine eingehauen werden; da das Mahlgut
                              lediglich von der Regelmäßigkeit und Schärfe der Züge oder des Hauschlages in Bezug
                              auf Gleichförmigkeit abhängt, so hat man zu diesem Zwecke die in Fig. 13 abgebildete
                              Steinhau-Maschine construirt.
                           Diese Maschine, welche auf der Mahlfläche des Bodensteines A liegt, worauf die beliebigen Furchen vorgezeichnet werden, besteht aus
                              einer schweren gußeisernen Bodenplatte B, B, welche an
                              ihrer unteren Fläche gehobelt ist, damit sie gut auf dem Steine aufliegt. An dem an
                              der Bodenplatte angegossenen Lager ist der Länge nach eine Rundspindel C von Stahl gut egalisirt angebracht, auf welcher sich
                              ein metallener Schlitten D schieben läßt. Dieser
                              Schlitten hat rechtwinklich zur Spindel oder Leit-Colonne eine Metallhülse
                              E, durch welche sich ebenfalls eine Leitschiene
                              aus- und einschieben läßt, die mit F bezeichnet
                              ist; an dem Ende dieser zweiten Schubstange befindet sich eine beliebig zu
                              verstellende Kurbel G, um deren Zapfen sich der Support
                              I bewegen kann, durch welchen die verschiebbare
                              Stahlstange H, H festgestellt wird, an deren Ende ein
                              Klemmkopf K befestigt ist. In diesem Klemmkopf wird die
                              Spitz- oder Flachpille eingeklemmt; diese Pille kann durch eine kleine
                              Drehung der Stange H, H unter jedem beliebigen Winkel
                              gestellt werden. Sind alle Schraube S, S, S
                              festgestellt, so kann mit der linken Hand die ganze Maschine auf der Leitspindel C, C beliebig verschoben werden, während mit der rechten
                              Hand die Pille auf und nieder geschlagen wird. Je nach der Hubhöhe wirkt die Pille
                              tief oder seicht, ohne daß sich hierbei die schwere Grundplatte, welche auf dem
                              rauhen Steine liegt, verschieben kann. Um aber auch gleichzeitig die Schiebestange
                              F successive in gleichförmigen Abständen
                              vorzuschieben, ist an dem Schlitten E eine
                              Schraubenhülse derart angebracht, daß man mit einer Flügelmutter mittelst des
                              Daumens der linken Hand leicht um einen aliquoten Theil des Schraubenganges drehen
                              kann; es sind deßhalb verschiedene solche Flügel- oder Lappenmuttern
                              einzusetzen, die 3, 4, 6 Flügeln haben, so daß man um 1/3, 1/4 oder 1/6 Zoll die
                              Pille während dem Schlagen weiter schieben kann.
                           Man wird allerdings fragen, wozu diese Maschine? Man kommt so auch zum Ziel, indem
                              man bloß eine Pille mit Stiel braucht und so auch durchkommt.
                           Solche Hauschläge mit freier Hand hervorzubringen, ist ungemein schwer; man wird
                              nicht leicht einen Schärfer finden, der im Stande ist, die Curven so gleichförmig
                              tief zu machen und sie bis an den Rand verlaufen zu lassen. Zu diesem Ende ist im J.
                              1831 und 1832 von dem Franzosen Touaillon eine Maschine
                              construirt worden, die ganz so, wie sie damals construirt wurde, auch heute noch
                              besteht, und das ist diese obige, nach der Natur gezeichnete Maschine: man kann mit
                              derselben den Stein vollkommen mathematisch behauen.
                           Der Schärfer, welcher seinen Stein behauen will, stellt selbe erst auf den Stein, in
                              das Mittel zeichnet er sich seine Radien oder geraden Linien mit der Kohle auf den
                              Stein beiläufig auf und beginnt dann mit dem Hauen auf diese Weise; wenn er in
                              gerader Stellung geht, so schlägt er lauter kleine Furchen heraus, die die Breite
                              des Meißels haben; will er schmälere Furchen haben, so verdreht er bloß das Messer
                              und es wird in diesem Zustand, wo das Messer diagonal ist, eine schmälere Furche
                              einhauen; ebenso kann er auch mit dieser breiten Pille eine Furche einhauen, die am
                              Ende nur zwei Linien breit ist; nur während der Steinhauer oder Steinschärfer diese
                              Pille in Bewegung setzt, defilirt das Messer nach auswärts, er haut mit einem Stein
                              oder umgekehrt, wird nach dieser Richtung gedreht, so
                              geht die Spindel nach einwärts, während er nur darauf losklopft, ohne zu sehen
                              wohin.
                           Was die Tiefe des Hiebes anbelangt, so erfordert dieselbe eine ganz kleine Uebung; er
                              hat bloß das gleichhohe Aufheben zu beobachten, was sehr leicht ist. Wenn er sieht,
                              daß die Schneide die Kurbel verläßt, so ist es hoch genug.
                           Das Schärfen der Steine mit dieser Maschine geht so schnell, daß man nur ungefähr ein Drittel der
                              gewöhnlichen Zeit bei harten Steinen braucht; dabei hat man den Vortheil: 1) daß der
                              Hieb gleichförmig wird, 2) daß die Kante, weil der Support nicht nachläßt, scharf
                              bleibt, und 3) daß man seinen Stein in einem Drittel der Zeit schneller in Betrieb
                              bringt, was bei dem Müller die Hauptsache ist.
                           Unsere Steine müssen jeden zweiten Tag geschärft werden; die französischen Mahlsteine
                              haben die Eigenschaft, daß man sie nur alle 6 bis 7 Tage einmal zu schärfen braucht,
                              wenn sie auch in dieser Zeit jeden Tag 24 Stunden in Gebrauch standen, und dazu sind
                              hauptsächlich diese Maschinen für harte Steine vorzuziehen.
                           Was das Hauen der ganz weichen Steine anbelangt, so ist dasselbe mit freier Hand sehr
                              schwer; wenn man sieht, wie die Müller dieses Hauen handhaben, so sollte man gar
                              nicht glauben, daß dieß möglich wäre; natürlich geht ein guter, großer Theil des
                              Mahlgutes verloren, weil es nicht durchgebeutelt, nicht vollständig aufgelöst und
                              gesäubert wird, und das liegt einzig und allein – was zwar unsere Müller
                              nicht glauben wollen – an dem Hiebe, nämlich nicht nur an der Art und Weise
                              des Hiebes, sondern an der Gleichförmigkeit desselben, und eine solche im Hiebe
                              durch die Hand hervorzubringen, ist so ziemlich eine Unmöglichkeit.
                           Man braucht zum Behauen von 30zölligen Steinen fünf Stunden, zu weichen und
                              französischen Steinen 1 1/2 Tag; diese Maschine braucht für Steine von 40 Zoll im
                              Durchmesser bloß vier Stunden. In Frankreich existirt fast gar keine ordentliche
                              Mühle, wo nicht diese Maschine verwendet wird.
                           Von Oesterreich weiß ich es nicht recht, dieß bleibt noch ein Geheimniß; einige
                              Müller haben wohl den Wunsch eine solche Maschine zu besitzen, aber gesehen habe ich
                              noch gar keine, wo mir doch übrigens auch jene Objecte nicht entgangen sind, die man
                              sonst zu verheimlichen sucht.
                           Eine rationelle Mühle ohne diese Maschine läßt sich nicht denken, und unter einer
                              rationellen Mühle verstehe ich natürlich diejenige, wo das Getreide bloß zum Mehl
                              verwandelt und eine größtmögliche Menge erzielt wird, das nebenbei eine besondere
                              Güte hat; und dazu ist dieses Instrument von der größten Wichtigkeit.
                           Es ist übrigens sehr einfach, so zwar, daß, wenn ein Bursche von 15 Jahren sich
                              darüber macht, er in acht Tagen eben so gut schärfen kann, als Schärfer, die
                              30–40 Jahre dabei sind und die am besten bezahlt werden.
                           Daß die Schärfer keine Freunde dieser Maschine sind, ist selbstverständlich; es
                              dürfte dieselbe viel wichtiger seyn, als sie zu seyn scheint, da sie nicht beachtet
                              und von den Müllern selbst schief angesehen wird, weil sie immer in dem Glauben
                              sind, die Maschinenarbeit könne keine Handarbeit ersetzen. Das ist zum Theil wahr,
                              aber es ersetzt auch nie Händearbeit die Maschinenarbeit.Der Preis einer solchen Maschine ist 300 Francs.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
