| Titel: | Ueber die Fabrication des Sulfats (schwefelsauren Natrons) und der Salzsäure; von Dr. C. Schrader, Chemiker und Techniker. | 
| Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. LVI., S. 183 | 
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                        LVI.
                        Ueber die Fabrication des Sulfats (schwefelsauren
                           Natrons) und der Salzsäure; von Dr. C.
                              Schrader, Chemiker und Techniker.
                        Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd.
                              VI S. 435.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Schrader, über die Fabrication des Sulfats und der
                           Salzsäure.
                        
                     
                        
                           Bei der fortschreitenden Entwickelung der Sodafabrication wurde bald erkannt, daß ein
                              Hauptmoment derselben in der Darstellung eines möglichst reinen, d.h.
                              kochsalz- und säurefreien Sulfats liegt. Die scheinbar so einfache
                              Ueberführung des Kochsalzes in Glaubersalz bot im Großen insofern Schwierigkeiten,
                              als neben einer möglichst vollkommenen Zersetzung des Kochsalzes die Condensation
                              der hierbei auftretenden Salzsäure zu berücksichtigen ist. Eine Reihe praktischer
                              Erfahrungen und Constructionen führte daher erst zu der Vollkommenheit der Apparate
                              und der Sicherheit in Leitung der Operation, deren sich die Fabrication zur Zeit
                              erfreut.
                           Einer der Hauptgrundsätze, welcher bei den Constructionen von
                                 Sulfatöfen vorhanden war, lag in der Thatsache, daß die Mischung der
                              Schwefelsäure und des Kochsalzes behufs einer vollkommenen Einwirkung der Stoffe auf
                              einander, allmählich einer immer intensiver werdenden Wärme ausgesetzt werden muß.
                              Unterläßt man diese Vorsicht, so erhält man aus gleich anzuführenden Gründen stets
                              ein sehr kochsalzhaltiges Product, welches, wenn die Mischung zuvörderst in einer
                              eisernen Mischungsschale gemacht ist, auch noch durch ansehnliche Mengen Eisenoxyd
                              verunreinigt seyn kann. Findet nämlich in der Mischungsschale eine hohe Temperatur
                              statt, so werden Theile des Kochsalzes der Einwirkung der Schwefelsäure dadurch
                              entzogen, daß diese sofort mit einer Kruste von gebildetem schwefelsauren Natron
                              überzogen werden. Die hierdurch überschüssig gewordene Schwefelsäure wirkt auf das
                              Eisen der Mischungsschale, es bildet sich zunächst schwefelsaures Eisenoxydul, und
                              dieses kann nun je nach der weiteren Leitung des Processes in folgender Weise auf
                              die Verunreinigung des Sulfates und der als Nebenproduct auftretenden Salzsäure
                              influiren.
                           Besitzt die Mischungsschale eine genügend hohe Temperatur, so kann das gebildete
                              schwefelsaure Eisenoxydul schon in derselben in der Art zersetzt werden, daß es in
                              Eisenoxyd, schweflige Säure und Schwefelsäure zerfällt. Jedenfalls wird dasselbe bei
                              der späteren Bearbeitung der Massen behufs ihrer Calcination mit dem noch
                              vorhandenen Kochsalz einer Hitze ausgesetzt, durch welche das schwefelsaure
                              Eisenoxydul ebenfalls in Eisenoxyd übergeführt wird; es wird diese Substanz hierbei
                              zugleich zum Motor des alsdann in der Salzsäure sich findenden Chlors. Die durch
                              Eisenoxyd roth gefärbten Sulfate sind daher stets sehr kochsalzhaltig und in Folge
                              des Gehalts an diesem Körper im Ofen geschmolzen. Der Verf. fand so unter anderem in
                              einem derartigen durch Eisenoxyd roth gefärbten Stück geschmolzen gewesenen Sulfats
                              über 12,5 Proc. Kochsalz, während die ungefärbten Stücke derselben Mischung nur 2,5
                              Proc. Chlornatrium enthielten.
                           Wie schon aus dem Vorstehenden hervorgeht, wird durchaus nicht behauptet, daß jedes
                              sehr kochsalzhaltige Sulfat auch eisenoxydhaltig seyn muß, da ja selbst bei der
                              nothwendigen Temperatur-Regulirung des Ofens durch andere Umstände, wie eine
                              fehlerhafte Mischung etc., ein großer Kochsalzgehalt im Sulfat bedingt werden
                              kann.
                           Zur Vermeidung des erwähnten Uebelstandes sind daher die neueren Sulfatöfen der Art
                              construirt, daß die Zersetzung des Kochsalzes in denselben gleichsam in drei
                              Operationen so geschieht, daß stets kochsalzärmere Massen einer zunehmend höheren
                              Temperatur ausgesetzt werden.
                           Obgleich nun diese Oefen durch mannichfache Skizzen wenigstens theilweise bekannt
                              sind, so sey es dennoch gestattet, in Hinweis auf die weitere Discussion derselben
                              mit einigen Worten zu gedenken.
                           Ein nach dem genannten Princip eingerichteter, hier und da noch üblicher Ofen ist aus
                              Fig. 33
                              und 34 der
                              betreffenden Abbildungen im verticalen Längen- und Querdurchschnitt zu
                              ersehen.
                           An dem Flammofen A befindet sich die in einem gewölbten
                              Raume B vorhandene Zersetzungsschale b, welche gewöhnlich aus Gußeisen und nur dann aus Blei
                              gefertigt wird, wenn ein völlig eisenfreies Sulfat für die Glasfabrication erzielt
                              werden soll. Die Feuerung befindet sich auf dem Rost c:
                              die Feuerluft streicht über das Pflaster des Ofens a,
                              theilt sich am Ende
                              desselben und fällt in den Canal i. In diesem kann das
                              Feuer nun der Art geleitet werden, daß es entweder die Zersetzungsschale gar nicht
                              berührt und durch den Canal k nach dem zum Schornstein
                              führenden Canal h geleitet wird, die Schale b sich also gleichsam in einem Luftbade befindet, oder
                              es kann auch theilweise durch g, g nach h geleitet werden.
                           Die zur Mischung nothwendigen Mengen von Kochsalz und Schwefelsäure werden in die
                              Schale b gleichzeitig eingebracht. Die durchgerührte
                              Masse bleibt solange in der Schale, bis sie breiig geworden, so daß sie sich leicht
                              nach dem ersten Theil des Calcinirofens f überschieben
                              läßt. Während dieser Zeit wird das Feuer derart geleitet, daß es durch den Canal k nach dem zum Schornstein führenden Canal h geht; während des Ueberschiebens öffnet man dann den
                              Schieber und läßt das Feuer theilweise durch g nach h ziehen.
                           Bevor nun die Portion aus der Zersetzungsschale nach dem Calcinirofen f gelangt, hat man Sorge getragen, die von der letzten
                              Arbeit herrührende Mischung von f nach e zu bringen, und hat zuvor die in e fertig gewordene Portion herausgezogen. Aus der Pfanne
                              in den ersten Calcinirraum gelangt, stellt das Sulfat eine feuchte zusammenbackende
                              Masse dar, welche in diesem Stadium nur noch wenig freie Schwefelsäure enthalten
                              darf. Sie wird hier gut durchgearbeitet und möglichst zerkleinert, um alsdann in der
                              Abtheilung e des Ofens die letzte Calcination zu
                              empfangen.
                           Es ist ersichtlich, daß bei dieser Anordnung des Ofens nur das aus der Schale b entweichende Salzsäuregas condensirbar ist, während
                              das aus dem Calcinirraum entweichende, welches gegen 1/3 der ganzen Menge beträgt,
                              durch den Schornstein entfernt wird.
                           Das hier besprochene System wird verschiedentlich modificirt angetroffen. So findet
                              man diese Oefen der Art gebaut, daß die Zersetzungsschale nicht hinter, sondern über
                              dem Calcinirbette sich befindet. Derartige Etagenöfen hatte der Verfasser
                              Gelegenheit zu Ringkuhl in Thätigkeit zu sehen. Auch trifft man, wenngleich sehr
                              selten, noch Oefen, bei denen die Zersetzungsschale ein eigenes Feuer hat; diese
                              Construction ist durchaus zu verwerfen.
                           Der bei dem vorstehend beschriebenen Ofen erwähnte Uebelstand des Verlustes eines
                              Theiles der erzielten Salzsäure, und der Schaden, welcher durch dieselbe in der
                              Umgegend derartiger Fabriken erzeugt wird, führte zu der Construction der
                              Muffelöfen. Dieselben wurden, soviel dem Verf. bekannt, zuerst von dem englischen
                              Ingenieur Gamth erbaut und fanden bald allgemeine
                              Verbreitung. In Belgien ist sogar ihre Anwendung geschlich festgestellt worden.S. Rapport de la comission d'enquête à.
                                       Mr. le ministre de l'Intérieur, Bruxelles, 1856. Es unterscheiden sich diese Oefen von den angeführten dadurch, daß der
                              Calcinirraum von dem Feuer durch ein Gewölbe getrennt ist. Aus Fig. 35 und 36 ist ein
                              solcher Ofen zu ersehen.
                           Das Feuer wird von dem Roste c zwischen dem Gewölbe durch
                              den Canal z, z über den Calcinirraum geführt, theilt
                              sich am Ende desselben und fällt unter das Calcinirbett. Hier circulirt es in den
                              Zügen l und 2 und 3 und 4, um sich in dem Canal i zu vereinigen, und, wie in dem vorhergehenden Ofen,
                              durch den Canal k und g nach
                              dem zum Schornstein führenden Canal h zu gelangen. Die
                              im Calcinirbett entweichende Salzsäure wird durch den Abzug s nach den Condensatoren geleitet.
                           Auch diese Oefen findet man vielfältig in ihrer Ausführung modificirt. Der Verfasser
                              erwähnt hier eine der gebräuchlichsten; dieselbe ist aus Fig. 37 und 38
                              ersichtlich. Bei diesem Ofen läßt man das Feuer nicht unter dem Calcinirraum
                              circuliren, um es dann in i wieder zu vereinigen,
                              sondern man theilt das Feuer unter dem Calcinirraum durch sieben oder mehr Füchse
                              (Fig.
                                 38), und läßt es dann nicht den Weg unter denselben wieder zurücklegen,
                              sondern vereinigt es durch die Canäle x, um es durch den
                              Canal i in der ganzen Länge des Ofens vorzuführen und so
                              abgekühlt die Zersetzungspfanne b umkreisen zu lassen.
                              Der chemischen Nachtheile dieses Ofens wird der Verf. weiter unten bei der Salzsäure
                              gedenken; was die Construction anbelangt, so hebt er die Unbequemlichkeit der
                              Reinigung der engen Züge im Canal r hervor und die des
                              Canals i, eines langen, tief liegenden, unter dem Ofen
                              sich hinziehenden Canals, der jedenfalls nicht zur Vereinfachung der Construction
                              beiträgt.
                           Was die Größe dieser Oefen anbelangt, so sind die dem Verfasser bekannten von
                              derartigen Dimensionen, daß in ihnen per Tag 50 Ctr.
                              Kochsalz zersetzt werden können. Diese Menge wird gewöhnlich in 10 Portionen à 5 Ctr., stellenweise auch in 8 Portionen à 6 Ctr., verarbeitet. Zur Zersetzung bedient man
                              sich einer Schwefelsäure von 60° B. Die Theorie erfordert auf 500
                              Chlornatrium 510,7 Schwefelsäure von 60° B. Da man nun in der Praxis nur ein
                              Kochsalz von 92–95 Proc. Chlornatrium zur Verarbeitung erhält und man
                              außerdem einen Ueberschuß von 2 bis 3 Procent Chlornatrium im fertigen Sulfat haben
                              muß (der Verfasser wird in einem späteren Artikel über die Fabrication der Soda hierauf
                              zurückkommen), so sind nach diesen Daten die Mischungsverhältnisse zu reguliren. Man
                              erzielt aus 100 Theilen Kochsalz à 95 Proc. 114
                              Theile Sulfat à 2 bis 3 Proc. NaCl. Theoretisch
                              werden aus 100 Th. Chlornatrium 121,5 Theile calcinirtes schwefelsaures Natron
                              erhalten.
                           Es sey hier noch erwähnt, daß viele Sodafabriken von den betreffenden Salinen
                              gezwungen werden, den von diesen erzeugten Pfannenstein zu verarbeiten. Derartige
                              Producte sind äußerst verschieden zusammengesetzt und enthalten meistentheils 84 bis
                              87 Proc. Chlornatrium. Behufs ihrer Zersetzung müssen dieselben indessen gemahlen
                              werden und verarbeiten sich in der Regel sehr schwer. Sie müssen daher nach Maßgabe
                              ihrer Beschaffenheit mit Kochsalz gemengt werden. Behufs der Sodafabrication sind
                              diese Sulfate von dem Nachtheil, daß man ein an Natron ärmeres Salz zum Verschmelzen
                              erhält.
                           Aufs engste mit der Fabrication des Sulfats ist die der Salzsäure verbunden. Diese
                              Säure hat in neuester Zeit neben den schon früher gebräuchlichen Verwendungen zur
                              Fabrication von zweifach-kohlensaurem Natron, Chlorkalk, chlorsaurem Kali
                              noch eine weitere Anwendung behufs der Extraction von Kupfererzen, in der Bleicherei
                              als Ersatz für die Schwefelsäure und zur Ueberführung des rechtsdrehenden Zuckers in
                              den linksdrehenden bei der Verarbeitung von Rübenmelassen auf Spiritus gefunden.
                              Eine der wichtigsten Consumtionen der Salzsäure ist indessen die in der
                              Runkelrübenzuckerfabrication, nachdem eine rationelle Behandlung der Knochenkohle
                              immermehr in dieser Fabrication Eingang gefunden hat. Man kann den
                              Salzsäureverbrauch einer gut geleiteten Rübenzuckerfabrik, die 180,000 Ctr. per Campagne verarbeitet, auf mindestens 400 bis 500
                              Ballons veranschlagen. Zu den hier angeführten Verwendungen der Salzsäure kommen
                              noch außer deren vielfältigem Gebrauch in der kleineren Industrie die ausgedehnte,
                              durch Dr. A. Rose eingeführte
                              und jetzt allgemein angenommene Benutzung derselben zur Darstellung von
                              Superphosphat.
                           Aus dem Vorangehenden ist leicht der Schluß zu ziehen, daß die sonst den Sodafabriken
                              zur Last fallende Salzsäure jetzt in den meisten Fällen wohl ein begehrter und gut
                              Absatz findender Artikel geworden ist.
                           Wenden wir uns jetzt zur Fabrication der Salzsäure und zur
                                 Beschreibung der hierbei gebräuchlichen Apparate.
                           Das Princip derselben ist das bei allen richtig construirten Condensationsanlagen in
                              Anwendung gekommene, nämlich immer nur die concentrirtesten Flüssigkeiten mit der
                              größten Menge des zu absorbirenden Gases in Berührung zu bringen. Zur Ausführung
                              dieses Princips dienen im Wesentlichen zwei Constructionen, welche je nach localen und anderen
                              Verhältnissen in den verschiedensten Modificationen in den Fabriken angetroffen
                              werden. Es lassen sich diese Anlagen am besten nach dem Material, aus dem sie
                              gefertigt sind, unterscheiden, nämlich Condensationsapparate aus Sandstein und
                              solche aus Thon.
                           Die Sandsteinapparate bestehen aus Trögen, wie solche im Horizontaldurchschnitt und
                              in der Oberansicht entworfen sind. Diese Kästen können aus einem Sandsteinblock
                              gearbeitet und alsdann nur durch einen Deckel geschlossen, oder sie können in der
                              Art construirt werden, wie aus Fig. 39 bis 42 zu ersehen
                              ist. Auf dem aus einem Stück gearbeiteten, etwa 2,5 Fuß hohen Troge B ist ein 1,5 Fuß Hohn Aufsatz C angebracht. Derselbe besteht aus vier Stücken und ist jedes derselben
                              durch Falze in die im Kasten befindlichen Nuthen eingelassen. In ähnlicher Weise
                              sind diese vier Stücke wieder untereinander verbunden. In diesen Aufsätzen können
                              sich auch die Gaszuleitungsröhren, wie Fig. 42 zeigt, befinden.
                              Im Innern dieser Kästen kann man eine Scheidewand s
                              anbringen, so daß das Gas gezwungen wird, einen möglichst langen Weg zurückzulegen.
                              Die Kästen werden nun der Art angeordnet, daß jeder zu einer Batterie gehörige gegen
                              3 Zoll tiefer als der vorangehende aufgestellt wird, so daß die sich in denselben
                              condensirende Säure durch die Glasüberläufer b, b.. von
                              den hintersten Kästen nach den vordersten fließen kann. Die Gaszuleitung kann
                              entweder wie in Fig. 42 erzielt oder durch in die Deckel der Tröge eingelassene
                              Thonröhren (s. a', a'. Fig. 39, 40, 41) bewirkt werden.
                              Letzteres ist insofern praktischer, als durch die über den Kästen liegenden
                              Thonröhren eine bessere Abkühlung der Gase erfolgt. In einigen Etablissements sucht
                              man diese auch noch dadurch zu erzielen, daß man die Tröge in aus Sandstein
                              construirte Wasserreservoirs stellt. Eine derartige Vorrichtung ist aus Fig. 41 zu
                              ersehen.
                           Was die weitere Anordnung des Apparates anbelangt, so wird derselbe derart
                              aufgestellt, daß das aus der Zersetzungspfanne und das aus dem Calcinirraum des
                              Sulfatfeuers erzielte Salzsäuregas getrennt in für sich abgeschlossenen Batterien
                              condensirt werden. Oder man verstärkt wohl auch die aus dem Calcinirraum erhaltene
                              Säure durch Gas der Pfanne der Art, daß letzteres hierdurch in feiner Weise mit den
                              Dämpfen des Calcinirraums gemengt wird. Der Grund dieser Einrichtung ist aus dem
                              über die Einrichtung der Sulfatöfen Gesagten leicht zu erkennen. Man erzielt durch
                              diese Trennung aus der von der Pfanne herrührenden Säure ein bei weitem reineres
                              Product, als aus der von dem Calcinirraum herstammenden. Namentlich ist die aus der
                              Pfanne stammende Säure bei der in Fig.
                                 41 angegebenen Einrichtung stets schwefelsäurefrei, was von Bedeutung für
                              die Verwendung zur Regeneration der Knochenkohle ist. Der unter Fig. 43 discutirte
                              Sulfatofen hat neben den schon erwähnten constructiven Nachtheilen noch den, daß bei
                              ihm die Pfanne zu heiß und daher stets schwefelsäurehaltige Salzsäure (die bis gegen
                              1 Proc. davon enthält) erzielt wird.
                           Es sind außer dieser durch die Trennung der beiden Gasportionen hervorgerufenen
                              Reinigung der Salzsäure noch verschiedene andere Methoden zur Entfernung der
                              Schwefelsäure in Gebrauch, z.B. Fällung derselben mittelst Chlorcalcium. Diese
                              Methode, welche von mehreren Fabriken angewendet wird, hat den Nachtheil, stets eine
                              chlorcalciumhaltige Salzsäure in den Handel zu bringen.
                           Während nun nach der ersten Methode nur ein Theil der Salzsäure schwefelsäurefrei
                              erhalten, nach der zweiten aber stets eine chlorcalciumhaltige Säure erzielt wird,
                              umgeht ein von Dr. A. Rose zu
                              Schöningen in Anwendung gebrachtes Verfahren, die Salzsäure mittelst Baryt zu
                              reinigen, alle diese Nachtheile. Der Verfasser ist nicht ermächtigt, diese
                              ausgezeichnet sinnreiche Methode zum Gegenstand der Discussion zu machen.
                           In dem hier gewählten Apparat streichen nun die aus Pfanne und Calcinirraum kommenden
                              Gase durch je fünf Condensationströge; die Gase sowohl, als die denselben
                              entgegenfließende Säure werden so geleitet, daß sie einen möglichst weiten Weg
                              zurückzulegen haben. Es sind zu diesem Zweck außer den erwähnten Scheidewänden auch
                              die Ueberläufer b, b.., sowie die Verbindungsröhren a', a'.. stets abwechselnd an den entgegengesetzten
                              Seiten der Tröge angebracht. Das in diesen Condensatoren nicht absorbirte Gas wird
                              durch die Canäle a', a' ebenfalls getrennt behufs
                              weiterer Condensation in die mit Kohks gefüllten Thürme F,
                                 F geleitet. Diese sind ebenfalls aus Sandstein erbaut und in den
                              verschiedenen Etablissements nach abweichendem System construirt. Der Verf.
                              beschreibt hier die beiden gebräuchlichsten Arten, welche in den Fig. 39, 40, 43 und 44 skizzirt sind.
                           Auf dem gemauerten Fundament E liegt eine 13 bis 14 Zoll
                              starke Sandsteinplatte P, in die zunächst die 12 Zoll
                              starken Platten P', P', P', P' eingelassen sind. Diese
                              haben eine Höhe von 4 bis 5 Fuß und sind der Art unter einander befestigt, daß je
                              zwei Platten über die andere hinweg und durch Nuth und Falz in einander greifen, wie
                              aus dem Grundrisse in Fig. 39 zu ersehen ist.
                              Die obere Seite dieser zwei Paar Platten ist mit einer Nuth n, n versehen, in welche die Falze des zweiten Plattenpaares eingreifen.
                              Diese sind wie die ersteren unter einander befestigt, nur läßt man das
                              entgegengesetzte Plattenpaar hier übergreifen. Indem man beim weiteren Aufbau der
                              Thürme in dieser Art den lichten Durchmesser derselben in keiner Weise verjüngt, muß
                              man, um den Thürmen die nöthige Stabilität zu verleihen, die Stärke der Platten der
                              Art abnehmen lassen, daß sie auf je 10 Fuß um mindestens 1 Zoll sich verringert. In
                              entsprechender Weise verringert man auch die Höhe eines jeden Aufsatzes. Durch eine
                              Sandsteinplatte werden alsdann diese Thürme geschlossen. Es befinden sich auf
                              denselben die Wasserreservoirs, welche zur Speisung des Apparates dienen.
                           Im Innern enthalten die Thürme etwa 2 Fuß über ihrer Endfläche noch die Roste und
                              Tropfvorrichtung r, r. Auf den Rosten liegen die Kohks,
                              möglichst große gute Stücke, welche nach einem bestimmten System, das vor
                              Verstopfung schützt, eingepackt werden müssen. Durch die Röhren i läßt man die in diesen Thürmen condensirte Säure nach
                              den Trögen abfließen. Um den nothwendigen Zug in dem ganzen Apparat hervorzurufen,
                              befinden sich auf den Thürmen entweder kleine, 4 Zoll Durchmesser habende
                              Schornsteine, durch welche die nicht condensirten Gase entweichen, oder es findet
                              sich an den Thürmen ein Seitencanal von 1 Quadratfuß im Lichten, in welchem die
                              letzten Reste der Säure sich condensiren, die dann in unter denselben angebrachten
                              Tourilles aufgefangen werden können. Diese stehen
                              erst in directer Verbindung mit dem Hauptfabrikschornstein.
                           Die zweite Art der Construction dieser Thürme ist aus Fig. 43 und 44 im
                              Durchschnitt und Grundriß zu ersehen. Die einzelnen Theile des Thurmes sind hier aus
                              einem Stück gearbeitet, entweder rund oder viereckig, und dieselben sind durch Falz
                              und Nuth in angegebener Art unter einander verbunden.
                           Schließlich sey hier erwähnt, daß alle hier in Anwendung kommenden Sandsteinapparate
                              in Theer sehr sorgfältig gekocht werden müssen, wodurch der Sandstein für Säuren
                              ganz undurchdringlich wird. Die einzelnen Theile des Apparates werden durch Pechkitt
                              gedichtet.
                           Statt der in Sandstein ausgeführten Condensationsconstructionen bedient man sich auch
                              häufig solcher, die in Thon ausgeführt sind. Auch bei diesen Anordnungen trifft man
                              selbstverständlich die verschiedensten Modificationen. Der Verf. bringt in den Fig. 45, 46 und 47 eine
                              äußerst vortheilhafte Combination in Vorschlag.
                           Dieselbe besteht aus vier Reihen Tourilles, welche auf
                              zwei Bänken A, A und B, B
                              stehen und durch die Röhren e, e und f, f mit den in Thon ausgeführten Thürmen von 15 Fuß
                              Höhe in Verbindung sind. Man läßt die Gase durch Röhren ebenfalls getrennt hindurch
                              gehen, d.h. leitet die
                              Gase der Pfanne durch die Röhren a, a in die Tourilles der Bank A, die
                              des Calcinirofens durch b, b in die Tourilles der Bank B. Die
                              der Pfanne ihren Ursprung verdankende Säure passirt die Tourilles der Bank A und tritt dann durch die
                              Röhren e, e in den mit Kohks gefüllten Thurm 1. Die in
                              diesem nicht condensirten Gase treten (Fig. 47) durch das Rohr 4
                              in den Thurm 2, in welchem sie abermals in die Höhe steigen, um durch das Rohr 5 in
                              den dritten Thurm zu gelangen. In diesen treten zugleich die Salzsäuredämpfe, welche
                              dem Calcinirraum der Sulfatöfen ihren Ursprung verdanken und die Tourilles der Bank B passirt
                              haben. Diese Gase Passiren nun gemeinschaftlich den Kohksthurm 3 und gelangen so zu
                              dem Rohr 6, welches entweder direct mit dem zum Schornstein führenden Canal oder
                              noch mit einigen Tourilles, in denen die letzten Reste
                              der Säure sich condensiren, in Verbindung steht. Auf den mit einem Gerüst umgebenen
                              Thürmen steht das Wasserreservoir w, von welchem aus der
                              Apparat folgendermaßen gespeist wird.
                           Während des Ueberschiebens der Mischung aus der Pfanne nach dem Calcinirraum und des
                              Beschickens der Pfanne mit neuer Mischung werden die an dem Wasserreservoir w befindlichen Hähne geöffnet; es strömt dann Wasser
                              über einen Siebboden auf die Kohks. Nach beendeter Beschickung schließt man die
                              Hähne. Die in den Thürmen sich condensirende Säure fließt durch die Röhren r, r, r nach den Reservoirs g' und g. Hier wird dieselbe gesammelt und sie
                              dient in der Art zur Speisung der Tourilles, daß sie
                              mittelst eines Hebers in den letzten derselben F'
                              gezogen wird. Dieses Füllen der Tourilles mit der 10 bis
                              12° B. haltenden Thurmsäure geschieht gleichzeitig während des Abziehens der
                              Säure aus den Tourilles F, und es wird hier so lange
                              Säure abgezogen und in die letzten Tourilles F' so lange
                              Thurmsäure einlaufen gelassen, als die bei F abgezogene
                              Säure noch die nöthige Stärke von 21 bis 22° B. hat. In gleicher Weise wird
                              auf der anderen Seite des Apparates bei B gearbeitet.
                              Die Tourilles sind durch die 2 Zoll von dem Boden
                              derselben entfernten Ueberläufer z, z, Fig. 45, unter einander
                              verbunden.
                           Die Arbeit mit den vorhin beschriebenen in Sandstein ausgeführten Constructionen ist
                              dieser beinahe analog, nur ist hier zu berücksichtigen, daß sich die Tröge von
                              selbst mit der Thurmsäure füllen und so der Säurestand in denselben sich selbst
                              regulirt. Man zieht bei x und x', Fig.
                                 39, ebenfalls so lange Säure ab, als sie die gewünschte Stärke hat. Es ist
                              klar, daß man durch Reguliren des Wasserzuflusses beliebig concentrirte Säure
                              erhalten kann.
                           
                           Was nun die durch diese Apparate zu erzielende Ausbeute betrifft, so erinnert der
                              Verfasser zunächst an einige theoretische Zahlen.
                           100 Theile Chlornatrium liefern der Theorie nach 62,3 Theile Salzsäuregas, welche
                              191,1 Theilen Salzsäure von 21 bis 22° B. entsprechen. Da jedoch nach früher
                              Mitgetheiltem mindestens 8 Proc. des zur Zersetzung gelangenden Kochsalzes
                              Chlornatrium in Abrechnung zu bringen sind, so wäre die theoretische Ausbeute von
                              100 Theilen Kochsalz 175,9 Theile Salzsäure von 21 bis 22° B., eine Zahl, die
                              jedoch in der Praxis nicht erreicht werden kann. Nach den Erfahrungen des Verf. ist
                              man im Stande, mit den nach oben erwähnten Principien erbauten Apparaten bis 145
                              Theile Salzsäure von 21 bis 22° B. aus 100 Theilen Kochsalz zu gewinnen.
                           Die vorstehenden Zahlen geben auch einen Einblick in die Quantitäten Wasser, welche
                              zur Condensation der Salzsäure nothwendig sind.
                           Da 100 Theile Kochsalz 175,9 Theile Salzsäure von 21 bis 22° B. liefern
                              können, welche 57,2 Theile Salzsäuregas enthalten, so sind zu deren Condensation
                              117,7 Theile Wasser erforderlich. Eine Portion à
                              500 Pfd. Kochsalz gebraucht daher 8,90 Kubikfuß Wasser. Es ist natürlich, daß diese
                              Zahl etwas zu hoch gegriffen ist, da nicht nur bei dem Eintragen der Mischung,
                              sondern auch durch Undichtheit der Apparate etc. ein großer Theil jener 30 verloren
                              gehenden Theile Salzsäure nicht zur Condensation kommt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
