| Titel: | Das Bier- oder Stirlinger-Moos bei Lambrechtshausen im Herzogthume Salzburg, und dessen Ausbeute für industrielle Zwecke; Bericht von Dr. Georg Thenius, Director des Torfverkohlungs-Etablissements daselbst. | 
| Autor: | Georg Thenius [GND] | 
| Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. LXXXV., S. 296 | 
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                        LXXXV.
                        Das Bier- oder Stirlinger-Moos bei
                           Lambrechtshausen im Herzogthume Salzburg, und dessen Ausbeute für industrielle Zwecke;
                           Bericht von Dr. Georg Thenius, Director des
                           Torfverkohlungs-Etablissements daselbst.
                        (Fortsetzung von Bd. CLXIX S. 374.)
                        Thenius, über den Biermoostorf und dessen Ausbeute für industrielle
                           Zwecke.
                        
                     
                        
                           Die Torfkohlenfabrication in
                                 Biermoos.
                           Durch die bereits angeführten günstigen Resultate, welche der Biermoostorf
                              hinsichtlich seiner Verwendung zur Erzeugung von Leuchtgas und zur Darstellung einer
                              guten brauchbaren Kohle, sowie noch werthvolleren Nebenproducte gegeben hat, wurde
                              von dem Besitzer eines Theiles des Viermooses dem Verfasser die Errichtung einer
                              Torfkohlenfabrik mit Verwerthung der Nebenproducte übertragen.
                           Es ist zu bedauern, daß durch einen eingetretenen Todesfall in der Familie des
                              Besitzers die vollständige Ausführung dieses bereits ziemlich vollendeten
                              Etablissements in Frage gekommen ist, und es wäre zu wünschen, daß die Besitzung von
                              einer größeren Gesellschaft angekauft und das Etablissement vollständig in Betrieb
                              gesetzt würde. Die Rentabilität der Unternehmung ist bei der günstigen Verwerthung
                              der Torfkohlen, so wie der Nebenproducte, nicht zweifelhaft.
                           Zur Anlage der Fabrik benützte der Verfasser eine am Rande des Torfes gelegene
                              Waldparzelle, theils wegen des dort vorkommenden festeren Bodens, theils wegen des
                              darauf stehenden Holzes, welches er zum Baue verwendete, und außerdem wegen der
                              günstigen Lage in Bezug auf die Herbeischaffung des Torfes mittelst Rollbahnen. Bei
                              dem allseitigen Abfall des Moores nach der Fabrik zu, stellte sich eine
                              außerordentliche Erleichterung hinsichtlich des Transportes des Materiales heraus,
                              wobei jedoch ein anderer Uebelstand zu beseitigen war, nämlich der große
                              Wasserzudrang von allen Seiten. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, ließ der Verfasser
                              um das Grundstück herum Wasserabzugsgräben anlegen, welche in den Hauptabzugscanal
                              einmündeten.
                           Die Anlage einer künstlichen Trockenanstalt mit
                              unterirdisch eingebauten Luftheizungsöfen, nach einem vom Verfasser erfundenen
                              Systeme, wurde zuerst ausgeführt, indem eine derartige Anstalt für eine
                              Torfverkohlungsfabrik, welche ununterbrochen Sommer und Winter arbeiten und nicht
                              durch ungünstige Witterung aufgehalten seyn will, unumgänglich nothwendig ist. Der
                              hauptsächlichste Vortheil einer derartigen Anstalt ist der, daß man den im Herbste
                              nicht vollständig trockenen, noch im Freien befindlichen Torf vollständig trocknen
                              kann, während er sonst im Winter ausfrieren würde. Jedoch muß außer einer
                              künstlichen Trockenanstalt auch noch ein besonderes Vortrockengebäude vorhanden
                              seyn, um mit Vortheil arbeiten zu können, und zwar derart, daß nur der bereits im
                              Vortrockengebäude lufttrocken gewordene Torf in die eigentliche geheizte
                              Trockenanstalt geschafft wird.
                           Zur Heizung der Trockenanstalt werden bloß die Abfälle bei der Torfgewinnung und zwar
                              die getrockneten Abraumhaufen nebst etwas Reisig der Zwergkiefern verwendet, welche
                              sonst als unnützer Ballast auf einem Torffelde überall die Auslegeplätze des
                              Stichtorfes beeinträchtigen. Die hierbei abfallende Asche kann entweder verkauft
                              oder zur Cultivirung des Bodens verwendet werden.
                           Dieses Torftrockengebäude befindet sich in der unmittelbaren Nähe des
                              Hauptfabrikgebäudes, und der getrocknete Torf wird ohne große Kosten in dasselbe
                              herübergeschafft. Das Torffeld befindet sich in unmittelbarer Nähe, wo der Stichtorf
                              in einer Entfernung von zwanzig bis dreißig Schuh gestochen wird.
                           Das Hauptfabrikgebäude hat eine Länge von 120 Schuh österreichisches Maaß, 42 Schuh
                              Breite und 24 Schuh Höhe. Das Dach über dem darin befindlichen Retortenlocal ist mit
                              Luken, ähnlich wie bei den Gasanstalten, versehen, damit sowohl die überflüssige
                              Hitze, als auch die bei der Entleerung der Retorten entweichenden Gase schnell
                              fortgehen können. Die Höhe dieses Locales ist derart, daß über den Retortenöfen noch
                              eine künstliche Trockenanstalt errichtet werden kann, wenn der Fußboden ähnlich wie
                              bei den Darren der Brauhäuser von durchlöchertem Eisenbleche hergestellt wird. Die
                              von den Retortenöfen entweichende Wärme trocknet den darüber befindlichen Torf
                              vollkommen aus; derselbe braucht alsdann bloß heruntergeworfen und zur Ladung der
                              Retorten verwendet zu werden.
                           Das Retortenlocal ist so groß, daß bequem 12 Oefen in zwei Reihen mit je 3 bis 5
                              Retorten darin Platz finden, also zusammen 36 bis 50 Retorten aufgestellt werden
                              können.
                           Zur Destillation des Torfes bediente ich mich schmiedeeiserner Retorten, welche eine
                              Länge von 7 Schuh österreichisches Maaß, eine Breite von 3 Schuh und eine Höhe von
                              12 Zoll haben, von der Form (); am hinteren Ende befindet sich ein
                              Abgangsrohr für die Theerdämpfe und das Ammoniakwasser, welches mit einem Schieber
                              zum beliebigen Absperren der Dämpfe versehen ist. Im Innern den Retorten, am
                              hinteren Ende vor dem nach unten abgehenden Abgangsrohre, ist eine siebförmige Einlage von 3/4 Zoll
                              starkem Eisen und 1 Zoll großen Löchern angebracht, um das Herabfallen der
                              Torfstücke in das Abgangsrohr zu verhüten, und doch den Theer- und
                              Ammoniakwasserdämpfen freien Abzug zu gestatten. Diese siebförmige Einlage muß
                              öfters mit spitzen Eisenstangen untersucht werden, ob die Löcher sich nicht
                              verstopft haben. Der Verfasser hat diese Einlage schon früher bei der Destillation
                              von Asphaltsteinen in liegenden Retorten mit gutem Erfolge angewandt. Diese Form zog
                              ich einestheils des größeren Raumes, anderntheils der leichteren Verarbeitung des
                              starken Eisenbleches und Vernietung wegen vor. Der Torf hat in diesen Retorten mehr
                              Berührungsflächen mit dem glühenden Eisen als in runden oder ovalen Retorten. Was
                              die Einmauerung dieser Retorten betrifft, so bietet sie wohl etwas größere
                              Schwierigkeiten als diejenige der runden Retorten, jedoch läßt sich dieß der übrigen
                              Vortheile wegen übersehen. Die schmiedeeisernen Retorten haben vor den gußeisernen
                              dadurch einen Vorzug, daß sie nicht springen können und weniger kosten; außerdem ist
                              ihre Dauer bei Torfheizung eine bedeutend längere als diejenige der gußeisernen,
                              namentlich wenn sie mit einem dünnen Mantel von Chamottmasse umgeben werden. Es
                              kommt jedoch bei der Herstellung der schmiedeeisernen Retorten auf die richtige
                              Vernietung und die Umlegung von starken Eisenbändern an mehreren Stellen der
                              Retorten und inwendig Einlegung von starken Eisenschienen in die Ecken sehr viel an,
                              damit die Form der Retorten beim Erhitzen nicht leidet. Die Destillationszeit ist
                              bei schmiedeeisernen, mit Chamottmasse umgebenen Retorten wohl länger als in
                              gußeisernen oder in Retorten ohne Chamottmasse-Umhüllung, indem man in
                              ersteren in 24 Stunden dreimal, in letzteren in gleicher Zeit sechsmal laden kann;
                              jedoch dürfte diese längere Destillationszeit reichlich durch die längere Dauer der
                              Retorten ersetzt werden. Legt man bei der Fabrication der Torfkohlen großen Werth
                              auf die Gewinnung der Nebenproducte, so ist eine langsamere Destillation der
                              größeren Menge von Theer wegen vorzuziehen; können dagegen die gasförmigen Producte
                              gut verwerthet werden, so ist eine schnellere Destillation anzurathen. Die bei der
                              langsameren Destillation erzeugte Kohle ist weit compacter und transportfähiger,
                              während bei der letzteren Manipulation eine sehr mürbe, leicht zerreibliche Kohle
                              erzeugt wird.
                           Der Verfasser überzeugte sich hiervon in der Salzburger Gasanstalt, wo derselbe mit
                              dem dortigen Gasdirector, Hrn. v. Kraft, verschiedene
                              Versuche vornahm, wobei Quantitäten von 50 bis 80 Pfund zur Destillation gelangten,
                              und zwar die Destillationszeit eine kürzere und längere war. Bei 3/4 stündiger
                              Destillationszeit in gußeisernen Retorten bei Kirschrothglühhitze zeigte die alsdann
                              abgekühlte Torfkohle beim Zerbrechen, daß sie im Innern noch nicht vollständig verkohlt war; die
                              bei 1 1/2 stündiger Destillationszeit gewonnene Kohle war im Innern vollständig
                              verkohlt, aber leicht zerbrechlich und nicht zum Transporte geeignet. Nach den
                              gewonnenen Resultaten hält der Verfasser eine Destillationszeit von 3 Stunden bei
                              angehender Rothglühhitze und einer Ladung von 150 Pfd. Torf in nicht zu großen
                              Stücken zur Erzeugung einer guten Torfkohle und eines guten Theeres für am
                              zweckmäßigsten, jedoch darf der Torf höchstens 15 Proc. Wassergehalt besitzen. Der
                              Destillationstorf wird, wenn man gewöhnlichen Stichtorf zur Erzeugung der Torfkohle
                              verwendet, früher sortirt und zwar derart, daß man den leichteren, schwammigen und
                              lettigen ausscheidet und denselben zur Feuerung verwendet. Die Sortirung kann von
                              den zwei Arbeitern, welche die Retortenöfen bedienen, leicht verrichtet werden,
                              indem sie gleichzeitig den brauchbaren Destillationstorf in Haufen zu 150 Pfd.
                              abwiegen, damit bei der Entleerung der Retorten bereits Alles vorgerichtet ist.
                           Zum Bedienen von drei Oefen mit je drei Retorten sind nicht mehr als zwei Männer bei
                              Tag und zwei Männer bei Nacht nothwendig. Das Heizmaterial, so wie der
                              Destillationstorf wird am Tage durch besondere Arbeiter zugefahren, so daß die zwei
                              Arbeiter beim Retortenofen bloß zu heizen, den Torf zu sortiren, abzuwägen und die
                              Retorten zu laden und zu entleeren haben. Bei der Entleerung der Retorten müssen
                              folgende Vorsichtsmaßregeln beobachtet werden: Bevor der Deckel der Retorte geöffnet
                              wird, schiebt man den am Abgangsrohre angebrachten Schieber zu, damit die Dämpfe der
                              übrigen Retorten nicht beim Entladen in die zu entleerende Retorte treten können und
                              atmosphärische Luft in dieselbe gelangen kann, wodurch sehr leicht Explosionen
                              herbeigeführt werden. Diese Knallluft scheint sich durch Mischung der gasförmigen
                              Kohlenwasserstoffe mit der atmosphärischen Luft zu bilden, und ist im höchsten Grade
                              gefährlich, wie ich schon früher gelegentlich einer Explosion bei der Destillation
                              des Theeres erfahren habe, welche auch bloß durch Mischung von atmosphärischer Luft
                              mit gasförmigen Kohlenwasserstoffen entstanden war. Nachdem der Schieber zugeschoben
                              wurde, nimmt man den Deckel der Retorte unter gleichzeitiger Entzündung der
                              entweichenden Gase mit einem brennenden Holzspane ab und zieht die glühenden Kohlen
                              in daruntergestellte schmiedeeiserne Kühlapparate mittelst eiserner Krücken. Sobald
                              die Retorte entleert ist, werden die Kühlapparate, welche oberhalb mit einem
                              vertieften Rande versehen sind, der mit Asche oder Wasser gefüllt wird und in
                              welchen der Deckel gut paßt, mittelst desselben geschlossen, um den Zutritt der Luft
                              zu verhindern. Die Retorte wird hierauf schnell mit 150 Pfund Torf geladen, der mit
                              Lehm bestrichene Deckel aufgeschraubt und alsdann sogleich wieder der Schieber am Abgangsrohre
                              geöffnet.
                           Die Kühlapparate bleiben in der Regel 12 Stunden stehen, bis die darin enthaltenen
                              Kohlen vollständig abgekühlt sind. Hierauf werden die Kohlen am besten in gemauerte
                              Gruben entleert, welche mittelst eines schmiedeeisernen Deckels geschlossen werden
                              können, indem die Torfkohlen die Eigenschaft besitzen, die Gasarten sehr rasch
                              aufzusaugen und dadurch die nicht vollständig abgekühlten Kohlen sich wieder
                              entzünden. Das Ablöschen mit Wasser nützt nicht viel, weil die Torfkohle dasselbe
                              nicht annimmt, so daß es rasch abläuft. Die Ausbeute an Torfkohlen in Biermoos
                              betrug 40 Proc., jedoch nur bei sehr guter Verschließung der Kühlapparate.
                           Von großer Wichtigkeit bei der Torfkohlenfabrication ist die Anwendung von
                              überhitzten Wasserdämpfen, besonders wenn es gelingt, dieselben auf eine billigere
                              Weise als bisher herzustellen. Der Destillationsproceß wird dadurch wesentlich
                              verkürzt, und die Quantität der Kohlen läßt nichts zu wünschen übrig, wovon ich mich
                              durch Versuche im kleineren Maaßstabe überzeugt habe. Der bei dieser Destillation
                              erhaltene Theer ist sehr paraffinreich und enthält wenig Kreosot, was bei der
                              Reinigung der Oele und des Paraffins von wesentlichem Vortheile ist. Die
                              Theerausbeute ist auch eine größere als bei der trockenen Destillation. Der bei der
                              Destillation in Biermoos erzeugte Theer ist bei gewöhnlicher Temperatur von
                              butterartiger Consistenz, in Folge des Paraffingehaltes, und besitzt keinen so
                              penetranten Geruch wie der aus Wiesenmoostorfen erzeugte Theer. Wahrscheinlich rührt
                              dieser Geruch, welcher dem Dippel'schen Oele gleich
                              kommt, von den animalischen Stoffen her, welche in größerer Menge sich in den Torfen
                              der Wiesenmoore finden, während die Torfe der Hochmoore wenig davon enthalten. Das
                              Ammoniakwasser ist von dunkler, brauner Farbe, starkem Geruche und saurem
                              Geschmacke; es enthält Holzgeist, viel Essigsäure und wenig Ammoniak. Die Gewinnung
                              des Holzgeistes geschieht durch Destillation des mit Kalk neutralisirten
                              Ammoniakwassers in großen eisernen Blasen. Das Destillat wird mit Schwefelsäure
                              neutralisirt und einer nochmaligen Rectification unterworfen, wobei das
                              schwefelsaure Ammoniak in der Destillirblase zurückbleibt und der Holzgeist
                              übergeht. Um letzteren noch stärker zu erhalten, wird er über Chlorcalcium
                              rectificirt. Der erhaltene essigsaure Kalk wird alsdann entweder als roher
                              essigsaurer Kalk verkauft oder zu reiner Essigsäure verarbeitet.
                           Da der Verfasser auf die specielle Verarbeitung des Theeres sowie der Nebenproducte
                              später zurückkommen wird, so unterläßt er hier die ausführliche Beschreibung
                              anzuführen, und theilt über die quantitativen Ausbeuten der Torfverkohlung in Retorten in Biermoos noch
                              Folgendes mit:
                           1) Bei wiederholter Destillation von 150 Pfund vollkommen
                              trockenem leichtem Torf vom ersten Stiche und faseriger Structur wurden erhalten von
                              100 Theilen:
                           
                              
                                 Theer
                                 4,1
                                 
                              
                                 Ammoniakwasser
                                 36,2
                                 
                              
                                 Kohlen
                                 35,7
                                 
                              
                                 Gase und Verlust
                                 24,0
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           2) 150 Pfund vollkommen trockener Torf vom mittleren Stiche,
                              welcher ziemlich dicht und ohne holzige Theile war, ergaben von 100 Theilen:
                           
                              
                                 Theer
                                 5,6
                                 
                              
                                 Ammoniakwasser
                                 37,2
                                 
                              
                                 Kohlen
                                 42,5
                                 
                              
                                 Gase und Verlust
                                 14,7
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           3) 150 Pfund vollkommen trockener Torf vom untersten Stiche,
                              welcher etwas lettig und mit holzigen Theilen vermengt war, ergaben von 100
                              Theilen:
                           
                              
                                 Theer
                                 4,4
                                 
                              
                                 Ammoniakwasser
                                 34,6
                                 
                              
                                 Kohlen
                                 41,8
                                 
                              
                                 Gase und Verlust
                                 19,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           Aus diesen Resultaten ersieht man, daß der leichtere Torf vom ersten Stiche und der
                              lettige vom untersten Stiche sich nicht so gut zur Torfkohlen- und
                              Theerfabrication eignen, und der mittlere Stich unbedingt vorzuziehen ist. Da aber
                              bekannt ist, daß der Torf auch selbst im mittleren Stiche sich in seiner
                              Beschaffenheit und Güte ändert, so kann man obiges Resultat des mittleren Stiches
                              nicht als Durchschnittsresultat annehmen, wie sich dieß auch im größeren Maaßstabe
                              gezeigt hat. Das Durchschnittsresultat von allen drei Sorten ist für 100 Theile Torf
                              folgendes:
                           
                              
                                 Theer
                                 4,7
                                 
                              
                                 Ammoniakwasser
                                 36,0
                                 
                              
                                 Kohlen
                                 40,0
                                 
                              
                                 Gase und Verlust
                                 19,3
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           Man ersieht aus diesen Resultaten ferner, daß namentlich der leichte Torf des
                              obersten Stiches bei der Destillation die meisten gasförmigen Producte, die wenigsten Kohlen
                              und die geringste Menge Theer gibt; und es ist daher erforderlich, wie der Verfasser
                              schon früher bemerkt hat, den Destillationstorf zu sortiren, um ein bestimmtes
                              Durchschnittsresultat an Kohle und Theer zu erzielen. Verarbeitet man
                              Maschinen- oder condensirten Torf, so ist selbstverständlich die Sortirung
                              nicht nothwendig. Hinsichtlich der bei der Destillation entweichenden Gase wäre es
                              höchst vortheilhaft, dieselben in einem kleineren Gasometer aufzufangen und zur
                              Feuerung der übrigen Apparate zu verwenden, wodurch eine viel größere Rentabilität
                              des ganzen Unternehmens erzielt werden könnte. Die Gase gehen bis jetzt unbenützt
                              fort und verunreinigen dadurch die Luft der ganzen Umgebung der Fabrik, was für die
                              Gesundheit des Arbeitspersonales höchst schädlich ist. Bei einem großen Betriebe von
                              36 Retorten müßten die entweichenden Gase entweder in den Schornstein oder in einer
                              längeren unterirdischen Röhrenleitung an einen von der Fabrik entfernteren Punkt
                              geführt werden, um sowohl den ersteren angeführten Uebelstand zu beseitigen, als
                              auch der Gefahr der leichten Entzündlichkeit dieser Gase vorzubeugen. Jedenfalls ist
                              bei einem großen Betriebe die Aufstellung eines besonderen Gasometers rathsam. Wenn
                              man einen Ziegelofen mit Gasheizung errichtet, so können die im Gasometer
                              aufgefangenen Gase sehr vortheilhaft zum Brennen der Ziegel verwendet werden.
                           Außerdem ist die Beleuchtung sämmtlicher Fabrikslocalitäten mit Gas auch in Anschlag
                              zu bringen, indem die Beleuchtung mit Oel oder anderen Stoffen jährlich eine nicht
                              unbedeutende Summe erfordert, welche auf diese Weise gespart werden kann. Die
                              größeren Unkosten der Aufstellung eines Gasometers werden in kurzer Zeit gedeckt
                              werden, und alsdann der sich ergebende Nutzen der Unternehmung zu gute kommen.
                           
                        
                           Vergleichung der Meilerkohle mit der
                                 Retortenkohle.
                           Der Verfasser erlaubt sich nur noch auf die Vorzüge der in Retorten dargestellten
                              Torfkohle im Vergleich mit der Meilerkohle aufmerksam zu machen.
                           Die in Meilern erzeugte Torfkohle ist hinsichtlich ihrer physikalischen
                              Beschaffenheit weit leichter, mürber und zerbrechlicher als die in Retorten
                              erzeugte; die erstere ist in Folge dieser Eigenschaften sehr wenig oder gar nicht zu
                              metallurgischen Processen zu verwenden, indem die Kohle im Hohofen die große Last
                              der Erze nicht zu tragen vermag, und im Essenfeuer bei Schmiedearbeiten unter
                              starkem Zug zu leicht verfliegt. Mit dem Biermoostorf wurden auf dem Biermoos
                              Versuche bezüglich der Verkohlung in Meilern angestellt, wobei man im Maximum 20
                              Proc. Kohle erhielt, welche ebenfalls oben beschriebene Eigenschaften besaß.
                              Außerdem War eine nicht
                              unbeträchtliche Anzahl der Stücke unvollkommen verkohlt, so daß das ganze Resultat
                              als kein günstiges bezeichnet werden kann. Das Hüttenwerk Achthal hat Versuche mit
                              dieser Kohle angestellt, konnte sie aber wegen ihrer oben beschriebenen
                              Eigenschaften nicht benützen, während die Versuche mit der in dem
                              Torfverkohlungs-Etablissement zu Biermoos erzeugten Retortenkohle im oben
                              genannten Hüttenwerke sehr gute Resultate ergaben.
                           Es verdienen hier noch die Versuche, welche im königl. bayerischen Hüttenwerke
                              Weiherhammer bei Weiden in Oberfranken durch den königl. Vorstand Schmidt ausgeführt wurden, angeführt zu werden; derselbe
                              erhielt aus 270 Centner Torf bei der Meilerverkohlung 68 Centner Kohle oder 27,7
                              Proc. Derselbe hatte ebenfalls einen nicht unbedeutenden Verlust durch Abbrand und
                              Zerbröckeln der Kohle, was meine obige Ansicht bestätigt. Forstmeister Mooser in Wunsiedel in Oberfranken erhielt bei der
                              Verkohlung des Torfes im geschlossenen Raume 40 1/2 Proc. der Masse, und 28 Proc.
                              dem Gewichte nach Torfkohlen. Ein Kubikfuß dieser Torfkohlen wog 11 Pfund, während
                              ein gleiches Volumen Nadelholzkohle bloß 8 Pfund wog. Hieraus ersieht man, daß die
                              aus Stichtorf erzeugten Torfkohlen ein größeres specifisches Gewicht als die
                              Nadelholzkohlen besitzen. Das specifische Gewicht der aus condensirtem Torf
                              erzeugten Kohlen muß noch bedeutend größer seyn, als das von oben angeführten
                              Kohlen, und erstere werden sich bei weitem besser für Hüttenzwecke ihrer dichteren
                              Beschaffenheit wegen eignen. Es ist wohl einleuchtend, daß die Verkohlung des Torfes
                              in Retorten der Meilerverkohlung vorzuziehen ist, indem nicht nur eine fast doppelt
                              so große Ausbeute an Kohlen erzielt wird, sondern man auch die werthvolleren
                              Nebenproducte, wie Theer und das an Essigsäure so reichhaltige Ammoniakwasser
                              gewinnen kann. Es würden nach meiner Ansicht nur noch quantitative Versuche bei
                              Hohöfen anzustellen seyn, wie viel man Torfkohle in Vergleich zur Holzkohle
                              benöthiget. Die Gründung von Etablissements, welche sich ausschließlich mit der
                              Fabrication der Torfkohle befassen, hat bis jetzt nur wenig Anklang gefunden, und
                              dürfte sich auch nur unter folgenden Bedingungen rentiren:
                           
                              1) wenn der Torf einen sehr geringen Aschengehalt besitzt;
                              2) wenn die aus dem Torf erzeugte Kohle transportfähig ist, und
                                 nur Spuren von Schwefel und Phosphor darin enthalten sind;
                              3) wenn Eisenwerke oder viele Feuerarbeiter in der Nähe sind, um
                                 die Kohle schnell und ohne zu weiten Transport absetzen zu können;
                              4) wenn die Nebenproducte der Destillation richtig verarbeitet
                                 werden.
                              
                           Durch die Ausführung des letzten Punktes erhält die Torfkohlenfabrication eine Stütze, wodurch sie leicht
                              mit der Holzkohle und guten englischen Kohks concurriren kann, vorausgesetzt daß man
                              zur Destillation einen guten condensirten Torf verwendet. Die hierbei erhaltene
                              Kohle ist viel dichter, und kann auch an entferntere Orte versandt werden. Eben so
                              wenig wie die Erzeugung der Torfkohlen allein lohnend und gewinnbringend ist, kann
                              eine Fabrik bei der alleinigen Erzeugung von Theer aus Torf rentiren, und es ist
                              daher unbedingt nothwendig, beide Zweige zu vereinigen. Im Königreiche Sachsen ist
                              eine Fabrik zur alleinigen Verarbeitung des Torfes auf Theer, Photogen und Paraffin
                              in der Nähe von Radeberg gegründet worden, welche der
                              dabei erzeugten Torfkohle keine besondere Aufmerksamkeit schenkte, und so viel ich
                              weiß, auch nicht mehr in Betrieb ist. Ich habe die in dieser Fabrik gewonnene Kohle
                              zwar nicht untersucht, es scheint mir jedoch der Schwefel- und Phosphorgehalt
                              derselben ein Hinderniß gewesen zu seyn, warum man sie nicht zur Eisenindustrie
                              verwendet hat. Der in dieser Fabrik verwendete Torf war ein Wiesen- oder
                              Rasentorf, welcher gewöhnlich viel unorganische Bestandtheile enthält, und sich
                              nicht gut zur Torfkohlenfabrication verwenden läßt. Diese Torfe dürften nur dann zu
                              dieser Fabrication benutzbar seyn, wenn dieselben vorher einem Schlämmungsproceß
                              unterworfen worden sind, und es ist daher vor der Hand rathsam, nur Torfe der
                              Hochmoore dazu zu verwenden. Ich unterlasse nicht, wenigstens einige mir zur
                              Kenntniß gekommene Resultate der Radeberger Fabrik hier
                              anzuführen.
                           Die Fabrik wurde auf die Verarbeitung von circa 4
                              Millionen Stücke Torfziegel gegründet, wovon 1000 Stücke circa 13 bis 14 Centner wiegen, und der Centner Torf circa 6 bis 8 Proc. Theer ergibt. Die Torfziegel wurden
                              gestrichen, und tausend Stücke davon kosteten getrocknet und in das Magazin
                              gestellt, 1 1/2 Thaler = 2 fl. 25 kr. N. Oester. Währ.
                           Zur Destillation des Torfes dienten große gußeiserne Retorten, in welche circa 300 Stücke Torfziegel im Gewichte von 400 Pfd.
                              hineingiengen. Eine Destillation dauerte volle 12 Stunden, und es verarbeitete
                              sonach eine Retorte in 24 Stunden 600 Stücke oder 8 Centner Torf. Die acht in einem
                              Ofen liegenden Retorten, welche die Fabrik besaß, verarbeiteten demnach in 24
                              Stunden 64 Ctr. oder 4800 Stücke Torf, wobei bei 6 Proc. Theer 384 Pfund, bei 8
                              Proc. Theer 512 Pfund Theer erhalten wurden.
                           Aus 1200 Pfund Theer wurden bei der Destillation erhalten:
                           
                              
                                 420 Pfund rohes Photogen
                                 35 Proc.
                                 
                              
                                 580    „    
                                    paraffinhaltiges Oel
                                 48    „
                                 
                              
                                 200    „    
                                    Asphalt
                                 16    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 99 Proc.
                                 
                              
                           
                           Von 480 Kannen Rohöl wurden nach Behandlung mit Schwefelsäure und caustischer Lauge
                              276 Kannen Oel zur Rectification erhalten, welche 57,5 Proc. gleich sind, folglich
                              ein Verlust von 42,5 Proc. durch obige Behandlung entstanden ist, welcher jedenfalls
                              vom Kreosotöle und Brandharze herrührt.
                           1200 Pfund Theer gaben folgende reine Producte:
                           
                              
                                 240 Pfund leichtes Photogen
                                   20    Proc.
                                 
                              
                                 270    „    
                                    schweres Photogen
                                   22,5    „
                                 
                              
                                   30    „    
                                    Paraffin
                                     2,5    „
                                 
                              
                                 200    „    
                                    Asphalt
                                   16,0    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                   61,0 Proc.
                                 
                              
                                 folglich Verlust bei der Destillation u. Reinigung
                                   39,0 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0 Proc.
                                 
                              
                           Obiger Verlust scheint mir jedoch etwas gering zu seyn, indem nach. meinen
                              Erfahrungen bei guten Theeren durchschnittlich 50 bis 55 Proc. reine Producte
                              gewonnen werden. Die erhaltenen leichten Torföle brennen in guten Photogenlampen,
                              wenn sie gut gereinigt sind, ohne merkliche Verkohlung des Dochtes, welche
                              Eigenschaft das Hamburger Photogen in hohem Grade besitzt. Sind die Oele aber nicht
                              gut gereinigt, so dunklen sie sehr bald nach, in Folge von Sauerstoffaufnahme aus
                              der atmosphärischen Luft. Das Paraffin ist sehr weiß und transparenter als das von
                              Braunkohlen erzeugte, nur ist der Schmelzpunkt dieses Paraffins niedriger als
                              derjenige des Braunkohlenparaffins, daher dem Torfparaffin bei der Kerzenfabrication
                              viel Stearin zugesetzt werden muß.
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)