| Titel: | Die Dungmittel auf der internationalen Industrie-Ausstellung zu London im Jahre 1862; von Dr. Robert Hoffmann, Docent der Agriculturchemie am Polytechnicum zu Prag. | 
| Autor: | Robert Hoffmann | 
| Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. LXXXVI., S. 305 | 
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                        LXXXVI.
                        Die Dungmittel auf der internationalen
                           Industrie-Ausstellung zu London im Jahre 1862; von Dr. Robert Hoffmann, Docent der Agriculturchemie am
                           Polytechnicum zu Prag.
                        (Schluß von S. 231 des vorhergehenden
                           Heftes.)
                        Hoffmann, über die Dungmittel auf der Londoner
                           Industrie-Ausstellung im J. 1862.
                        
                     
                        
                           Unter der Bezeichnung Staßfurter Abraumsalz kommt in
                              neuerer Zeit ein unreines Salz in den Handel, das als Dungsalz wegen des sehr
                              niedrigen Preises, um welchen es verkauft wird, selbst in bedeutenden Entfernungen von StaßfurtStaßfurt liegt 2 1/4 Meilen von Magdeburg unweit der Mündung der Bote in die
                                    Saale. Obwohl es schon seit älterer Zeit Salzquellen besitzt, fand man doch
                                    erst 1839 durch Bohrversuche das ungemein mächtige Steinsalzlager. Seit 1852
                                    wird es bergmännisch abgebaut. Verwendung findet. Dieses Salz lagert auf den eigentlichen Steinsalzlagern
                              von Staßfurt und muß erst entfernt werden um zu denselben gelangen zu können.
                           Diese Schichten des unreinen Salzes sind einige hundert Fuß mächtig und bieten in
                              ihrer Zusammensetzung eine große Verschiedenheit, indem das Salz dieser Schichten
                              mit verschiedenen, namentlich Kali, Magnesia, Kalk, Schwefelsäure, Kohlensäure und
                              Borsäure enthaltenden MineralienSolche Mineralien sind: Staßsurtit (Boracit), Carnallit, Kieserit, Gyps. gemengt ist, ferner variirende Mengen von Thon, Sand und organischen Stoffen
                              enthält.
                           Zu Zwecken der Düngung verliert das Staßfurter Abraumsalz durch diese Beimengungen
                              von Thon und Sand keinesfalls, im Gegentheil wird sein Werth zu in Rede stehenden
                              Zwecken eben nur erhöht, namentlich durch den Kaligehalt, indem man dem Boden
                              bedeutende Mengen von Kali auf eine sehr billige Art zuführt, da der Centner des
                              Staßfurter Abraumsalzes loco Staßfurt zu 7 Ngr. 6 Pf.
                              abgelassen wird, unter Garantie für einen Gehalt von 12 Procent bis 13 Proc.
                              Kali.
                           Es muß das landwirthschaftliche Publicum auf das Eindringlichste auf dieses so
                              überaus billige Dungsalz aufmerksam gemacht werden.
                           Das Staßfurter Abraumsalz, wie es in den Handel gebracht wird, zeigt eine sehr
                              bedeutende Verschiedenheit in der Zusammensetzung.
                           Diese verschiedene Zusammensetzung ist zum Theil dem Abraumsalz selbst eigenthümlich,
                              zum Theil jedoch durch die Beigaben von Asche und anderen beim Versieden der Soolen
                              abfallenden Substanzen (Pfannenstein u. dgl.) bedingt.
                           Ich hatte Gelegenheit mehrere Proben dieses Salzes zu untersuchen, und theile in
                              Nachfolgendem die Resultate mit. 100 Gewichtstheile enthielten:
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 IV.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   2,500
                                   8,331
                                 10,889
                                   4,331
                                 
                              
                                 Chlornatrium (Kochsalz)Aus dem Verluste bestimmt.          
                                 78,422
                                 60,150
                                 26,138
                                 73,580
                                 
                              
                                 Chlorkalium
                                   3,100
                                 14,011
                                 10,911
                                   2,329
                                 
                              
                                 Chlormagnesium
                                   3,459
                                   1,001
                                   4,632
                                   3,144
                                 
                              
                                 schwefelsauren Kalk
                                   1,199
                                   4,812
                                 18,112
                                   2,398
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 IV.
                                 
                              
                                 schwefelsaures Kali
                                   2,220
                                   0,831
                                   3,163
                                   3,471
                                 
                              
                                 schwefelsaures Natron
                                 –
                                   6,432
                                   4,321
                                 –
                                 
                              
                                 kohlensauren Kalk
                                 –
                                   2,100
                                   1,000
                                 –
                                 
                              
                                 borsaure Magnesia
                                 Spur
                                   0,199
                                   0,911
                                   0,199
                                 
                              
                                 Holzkohle
                                   2,200
                                 –
                                 –
                                   3,210
                                 
                              
                                 Sand, Thon u. dgl.
                                   2,600
                                 10,020Mit Braunkohlenasche.
                                 18,311Mit Braunkohlenasche.
                                   4,173
                                 
                              
                                 in Wasser lösliche organische Stoffe
                                   4,400
                                   2,113
                                   1,612
                                   3,165
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,000
                                 100,000
                                 100,000
                                 100,000
                                 
                              
                           Das österreichische Finanzministerium hatte ebenfalls Dungsalz ausgestellt. Es unterscheidet sich von dem Staßfurter Abraumsalz
                              in zwei wesentlichen Punkten: 1) ist es theurer, 2) enthält es nur geringe Mengen
                              von Kalisalzen.
                           Ich gebe im Nachfolgenden die eigene Analyse zweier Dungsalze aus Gmunden:
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   2,00
                                   0,8
                                 
                              
                                 Chlornatrium (Kochsalz)
                                 91,27Mit 1,13 Chlormagnesium.
                                 90,5
                                 
                              
                                 Eisenoxyd (Thonerde)
                                   0,55
                                   2,6
                                 
                              
                                 schwefelsauren Kalk (Gyps)
                                   0,63
                                   1,0
                                 
                              
                                 kohlensauren Kalk
                                 –
                                   2,1
                                 
                              
                                 Kohle (Enzian)
                                   2,00
                                   0,7
                                 
                              
                                 Sand und in Säuren unlösl. Rückstand
                                   3,55
                                   2,3
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,0
                                 
                              
                           Daß unter den 25,000 Ausstellern aus allen Theilen der Welt, nur, wie mitgetheilt
                              wurde, 54 Aussteller von Dungmitteln waren, denn viele der größten Düngerfabriken
                              selbst von England hatten nicht einmal ausgestellt, muß besonders in zwei Momenten
                              gesucht werden.
                           Vorerst ist den Düngerfabrikanten ganz gut bekannt, daß kein Landwirth in Folge einer
                              ausgestellten Probe aus dem bloßen Ansehen oder in Folge einer beigegebenen Analyse
                              einen Dünger kaufen wird; denn weder die ausgestellte Waare, noch die beigegebene
                              Analyse bietet dem Consumenten Bürgschaft für die Güte des Düngers, welchen er aus
                              der Fabrik beziehen wird, wenn dieß nicht die Solidität des Fabrikanten thut, und
                              solche bekannte Firmen bedürfen demnach einer Ausstellung ihrer Producte nicht.
                              Weiter war durch den Beschluß, Düngerpräparate nicht zu prämiiren, den
                              Düngerfabricanten alle Aussicht benommen, eine neue Empfehlung für ihre Producte
                              sich zu erwerben.
                           
                           So ungerecht diese Nichtprämiirung, die sich wahrscheinlich bei einer künstigen
                              Ausstellung auf alle Gegenstände beziehen dürfte, auf den ersten Blick auch
                              vielleicht erscheinen mag, so erscheint sie doch vollkommen gerechtfertigt durch die
                              obwaltenden Verhältnisse bei den Düngerpräparaten; denn durch eine Prämiirung
                              derselben würde der Schwindel mit diesen Fabricaten nur noch mehr befördert werden
                              – es war dieß die Meinung der größten Düngerfabrikanten Englands selbst. Was
                              die Qualität der ausgestellten Düngerpräparate anbelangt,
                              so weisen wohl die denselben beigegebenen Analysen zuweilen bedeutende Mengen der
                              wichtigsten Nahrungsmittel nach, allein dieß sagt noch, wie allbekannt, sehr wenig,
                              und man kann selbe also gar nicht bestimmen, und würde man sich auch die Mühe
                              nehmen, dieselben zu analysiren, so würde man doch nur ihren Werth, aber keinesfalls den Werth des wirklich in den einzelnen
                              Fabriken erzeugten Düngers erfahren.
                           Es fragt sich nur noch, ob etwa ein neues Dungmittel sich unter den ausgestellten
                              befand, das besonders die Aufmerksamkeit des landwirthschaftlichen Publicums
                              verdienen würde? Wir müssen die Frage verneinend beantworten. Alles was wir auf der
                              Ausstellung von Düngerpräparaten anwesend gefunden (Phosphate, Guano und künstliche
                              Dungmittel) ist schon bekannt und mehr oder weniger in Verwendung.
                           Die Dungmittel auf der Londoner Weltausstellung boten demnach
                                 weder in qualitativer noch in quantitativer Beziehung etwas
                                 Hervorragendes.