| Titel: | Ueber einen Apparat zu elektromagnetischen Stahlproben; von Prof. Dr. A. von Waltenhofen in Innsbruck. | 
| Autor: | Adalbert Waltenhofen [GND] | 
| Fundstelle: | Band 170, Jahrgang 1863, Nr. XCVI., S. 346 | 
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                        XCVI.
                        Ueber einen Apparat zu elektromagnetischen
                           Stahlproben; von Prof. Dr. A. von Waltenhofen in Innsbruck.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
                        v. Waltenhofen, über einen Apparat zu elektromagnetischen
                           Stahlproben.
                        
                     
                        
                           Ich habe kürzlich in diesem JournalSeite 201 in diesem Bande. ein neues Verfahren angegeben, um die Härtegrade verschiedener Stahlsorten
                              zu bestimmen. Die Beschreibung des Apparates versprach ich nachträglich
                              mitzutheilen, weil ich bei der Abfassung jener Notiz eben keine Zeichnung zur Hand
                              hatte.
                           Die vorliegende Mittheilung hat nun den Zweck, meinen früheren Aufsatz über diesen
                              Gegenstand mit der Beschreibung des Apparates zu ergänzen, dessen ich mich bei
                              meinen Stahluntersuchungen bedient habe, mit den nöthigen Andeutungen über den
                              Gebrauch desselben. Dabei werde ich jedoch nicht das umständliche Verfahren
                              erörtern, welches ich anwenden mußte um meine Methode wissenschaftlich zu begründen,
                              sondern vielmehr ein vereinfachtes Verfahren beschreiben, welches in jenen Fällen
                              genügt, wo es sich nur um die praktische Anwendung und Benützung dieser Methode
                              handelt.
                           Der wesentlichste Theil meines Apparates ist in Fig. 22 abgebildet.
                           In der Mitte des beiderseits rahmenförmig ausgeschnittenen und mit Stellschrauben
                              versehenen Bretes A, F ist eine sehr sorgfältig
                              gearbeitete Bussole B aufgestellt, mit einer 9
                              Centimeter langen Balkennadel. Westlich davon befindet sich die
                              Magnetisirungsspirale M. Diese ist bei meinem Apparate
                              91 Millimeter lang; ihr innerer Durchmesser beträgt 30 Millimeter, der äußere 73 Millimeter; sie
                              besteht aus sechs Lagen 3 Millimeter dicken doppelt übersponnenen Kupferdrahtes von
                              je 24, also im Ganzen 144 Windungen. Sie ruht in einem passend ausgeschnittenen und
                              im Schlitze E, F verschiebbaren Schlitten. Oestlich von
                              der Bussole befindet sich, ebenso in einem Schlitten ruhend, eine zweite Spirale C, welche die Compensations-Spirale heißen mag,
                              und durchaus genau ebenso beschaffen ist wie die beschriebene Magnetisirungsspirale.
                              Zur Einstellung der Schlitten, welche mit Marken versehen sind, dient eine auf das
                              rahmenförmige Bret aufgetragene und von der Mitte aus nach beiden Seiten hin
                              numerirte Maaßstab-Theilung. Bei G befindet sich
                              ein aus Quecksilbernäpfen und dicken Drahtbügeln hergestellter Stromwechsler. Durch
                              denselben kann die Compensationsspirale nach Belieben entgegengesetzt oder
                              übereinstimmend mit der Magnetisirungsspirale verbunden oder auch ganz aus der
                              Stromleitung ausgeschaltet werden. Die Anordnung der punktirt gezeichneten
                              Stromleitungsdrähte ist in der Zeichnung zur besseren Uebersicht nur schematisch
                              angedeutet, und muß so ausgeführt werden, daß sie auch bei Anwendung der stärksten
                              Ströme keine Spur einer störenden Wirkung auf die Bussole äußert. Bekanntlich
                              vereinigt man, wenn die Drähte gut isolirt sind, die zusammengehörigen Hin-
                              und Rückleitungen, soweit es die Anordnung des Apparates gestattet, in einen Strang,
                              damit die magnetische Fernwirkung der einen Leitung durch die entgegengesetzte und
                              gleichstarke der anderen aufgehoben werde. Westlich von diesem Apparate und in
                              solchen Entfernungen, daß keine gegenseitige Störung der Instrumente stattfinden
                              kann, befinden sich die zur Messung und Regulirung des Stromes dienenden Apparate,
                              ferner noch ein Stromwechsler und endlich die Stromquelle selbst. Diese bestand bei
                              meinen Versuchen aus zwei doppelten Kohlen-Zink-Elementen, und muß bei
                              jedem Apparate natürlich mit Rücksicht auf die vorhandenen Leitungswiderstände
                              passend gewählt und combinirt werden. Zur Messung der Stromintensitäten eignet sich
                              am besten eine Tangentenbussole. Zur Stromregulirung ist, nebst einer Anzahl passend
                              angeordneter Widerstandsrollen, noch ein Rheostat zur Ausgleichung der kleineren
                              Differenzen erforderlich. Um denselben bequem handhaben zu können, während man
                              gleichzeitig an der Tangentenbussole beobachtet, ist ein Rheostat mit Schraubenwalze
                              zu empfehlen. Die Widerstandsrollen kann man sich entweder durch passend angeordnete
                              Quecksilbernäpfe und dicke Drahtbügel zweckmäßig verbinden, oder nach Art der
                              Widerstandssäule von Eisenlohr oder des Stöpselapparates
                              von Siemens und Halske.
                           Bei meinem Apparate war zwischen k und l noch eine zweite, östlich aufgestellte
                              Tangentenbussole eingeschaltet. Diese ist aber für gewöhnlich nicht nöthig und es können daher
                              die Drahtenden k und l
                              unmittelbar mit einander verbunden werden. Die Meßinstrumente, von welchen soeben
                              die Rede war, müssen zur Vermeidung von Erschütterungen auf Unterlagen placirt seyn,
                              welche, ohne Verbindung mit dem Boden, an den Wänden festgemacht sind.
                           Die Stromleitung geschieht auf dem Wege aMbcdegCfhiklmno.....a, wobei also zwischen o
                              und a die oben aufgezählten westlich aufgestellten
                              Apparate eingeschaltet sind. Die Compensationsspirale C
                              muß durch entsprechende Stellung des Stromwechslers G so
                              eingeschaltet seyn, daß ihre Wirkung auf die Bussole B
                              derjenigen gerade entgegengesetzt ist, welche die
                              Magnetisirungsspirale M auf die Bussole B ausübt. Bei meinen Versuchen war die Mitte der
                              Magnetisirungsspirale genau 380 Millimeter von der Mitte der Bussole B entfernt. Man kann diese Entfernung füglich
                              beibehalten und die Magnetisirungsspirale dann ein für allemal feststellen, indem
                              man den Schlitten in welchem sie ruht, auf eine passende Art festklemmt, was z.B.
                              mit einer durch die Rahmenleiste seitwärts eingeführten messingenen Bremsschraube bewerkstelligt werden kann. Wenn dieß geschehen
                              ist, muß die Compensationsspirale C so eingestellt
                              werden, daß sie die Wirkung, welche die Magnetisirungsspirale M auf die Bussole B ausübt, vollkommen neutralisirt. Diese Stellung läßt sich daran
                              erkennen und erproben, daß die Bussolennadel B
                              vollkommen ruhig bleibt, wenn man die Verbindung mit der galvanischen Batterie
                              abwechselnd unterbricht und wieder herstellt. Es ist rathsam zu dieser Probe, welche
                              vor jeder Untersuchung sorgfältig wiederholt werden
                              muß, sehr starke Ströme anzuwenden. Der ganze Apparat muß natürlich ursprünglich so
                              aufgestellt werden, daß die Nadel der Bussole B genau
                              auf dem Nullpunkt einsteht.
                           Wenn der Apparat auf die beschriebene Art vorbereitet und rectificirt worden ist,
                              wird der Strom unterbrochen und das zu untersuchende Stahlstäbchen so in die
                              Magnetisirungspirale M eingelegt, daß es beiderseits genau gleichweit aus der Spirale hervorragt. Wenn hierauf
                              ein Strom eingeleitet wird, zeigt die Bussole B eine
                              Ablenkung, welche offenbar nur vom magnetisch gewordenen Stäbchen herrühren kann,
                              weil ja die Spiralen M und C
                              bei der oben vorgeschriebenen Einstellung gar keine ablenkende Wirkung auf die
                              Bussole B äußern können.
                           Wenn der an der Bussole B beobachtete Ablenkungswinkel =
                              β ist, so kann man die Tangente dieses
                              Winkels β als Maaß des Stabmagnetismus ansehen;
                              ich will künftighin immer tang β = y, setzen. Der Strom, welcher diesen Stabmagnetismus
                              hervorgebracht hat, kann nun gleichzeitig an der Tangentenbussole gemessen werden.
                              Ist nämlich der an der Tangentenbussole beobachtete Ablenkungswinkel = α, so kann die Tangente desselben die Stromstärke vorstellen; ich
                              will künftighin immer tang α = x setzen.
                           Nach dem in meiner früheren Mittheilung aufgestellten Gesetze ist der Stabmagnetismus
                              mit der Potenz 4/3 der Stromstärke und mit der Potenz 3/4 des Stabgewichtes
                              proportional. Bezeichnet man daher das Gewicht des untersuchten Stahlstäbchens mit
                              g, so ergibt sich die Gleichung tang β = Cg3/4 (tang α)4/3 oder y = Cg3/4
                              x4/3, wobei C eine von der Beschaffenheit der Stahlsorte abhängige
                              Zahl ist. Um diese zu finden, hat man daher nach diesen Gleichungen nur immer den
                              Quotienten tang β/(g3/4(tang α)4/3) zu bestimmen. Es ist
                              jedoch, um sichere Resultate zu gewinnen, erforderlich, für jeden Stab mehrere
                              Versuche mit verschiedenen Stromstärken zu machen, sodann aus jedem Versuche den
                              Werth von C abzuleiten und hieraus den Mittelwerth von
                              C zu berechnen. Mit Hülfe der Widerstandsrollen und
                              des Rheostaten läßt sich die Stromstärke leicht so reguliren, daß sich die
                              aufeinanderfolgenden Werthe von x z.B. wie 1, 2, 3... 5
                              zu einander verhalten, und daß die kleinste dieser Stromstärken das Stäbchen
                              hinreichend magnetisirt, um an der Bussole B eine
                              meßbare Ablenkung hervorzubringen. Man beginnt also, sobald das Stahlstäbchen
                              eingelegt ist, mit dieser ersten Stromstärke und steigert dieselbe, ohne die Kette je zu unterbrechen, nach und nach auf die
                              höheren Abstufungen, jedoch immer mit der Vorsicht, daß die
                                 entsprechenden Einstellungen an der Tangentenbussole nicht durch zu rasche
                                 Verminderung des Widerstandes überschritten werden.
                           Die Resultate werden natürlich noch viel verläßlicher, wenn man von jeder Stahlsorte
                              zwei Stäbchen untersucht.
                           Alle Stäbchen, welche zu diesen Untersuchungen verwendet werden, müssen ganz genau gleich lang seyn und zwar ein wenig länger als
                              die Spirale; es dürfte am besten seyn, die Länge von 103 Millimetern beizubehalten,
                              welche ich bei meinen Versuchen immer angewendet hatte. Die passendste Dicke ist 3
                              bis 4 Millimeter, in keinem Falle dürfen die Stäbchen dicker seyn als 5 Millimeter.
                              Außerdem ist zu beobachten, daß die Stäbchen nothwendig
                                 cylindrisch seyn müssen und in keinem Falle prismatisch seyn dürfen, weil
                              letztere, wie ich nachgewiesen habe, bei gleicher Stromstärke etwas weniger
                              Magnetismus zeigen, und überhaupt nicht so einfache Gesetze befolgen wie die
                              ersteren. Endlich dürfen zu diesen Untersuchungen des Härtegrades nur solche
                              Stäbchen verwendet werden, welche noch nie magnetisirt worden
                                 sind, weil ein magnetisirter Stab, auch wenn er wieder entmagnetisirt worden ist, ein anderes
                              elektromagnetisches Verhalten zeigt als ein ursprünglich unmagnetischer. Je größer
                              der Werth von C für eine Stahlsorte ausfällt, desto
                              kleiner ist der betreffende Härtegrad; hat man z.B. für zwei zu vergleichende
                              Stahlsorten C und C₂
                              gefunden und sucht die betreffenden Härtegrade H₁
                              und H₂, so hat man die Proportion H₂ ÷ H₁
                              = C₁ ÷ C₂; nimmt man die Härte H₁ zur Basis
                              der Vergleichung und will die H₂ Härte H₂ Procenten ausgedrückt, so ist H₂ = 100 C₁/C₂. Diese Andeutungen und die
                              in meiner früheren Mittheilung enthaltenen theoretischen Bemerkungen genügen
                              vollkommen, um die Benützung des beschriebenen Apparates für praktische Zwecke klar
                              zu machen. In vielen Fällen wird sich die Sache noch viel einfacher gestalten.
                           Wenn es nicht darauf ankommt genaue Zahlenverhältnisse zu ermitteln, sondern nur
                              annähernd die Härtegrade zweier Stahlsorten zu vergleichen, so wird man sich mit ein
                              Paar Versuchen mit jeder Sorte begnügen können.
                           Es würde nicht schwer seyn, dem beschriebenen Apparate eine noch viel einfachere und
                              wohlfeilere Construction zu geben, doch würde dazu erst dann eine Veranlassung
                              vorhanden seyn, wenn diese Methode in weiteren Kreisen Beachtung und Anklang finden
                              sollte.
                           Innsbruck, am 4. November 1863.
                           
                        
                     
                  
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