| Titel: | Die Dampfmaschinen und ihre Concurrenten auf der internationalen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Conrector G. Delabar. | 
| Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. I., S. 1 | 
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                        I.
                        Die Dampfmaschinen und ihre Concurrenten auf der
                           internationalen Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862; von Conrector
                           G. Delabar.
                        Delabar, über die Dampfmaschinen und ihre Concurrenten auf der
                           Londoner Industrie-Ausstellung im Jahre 1862.
                        
                     
                        
                           Die internationale Industrie-Ausstellung in London im J. 1862 hatte ihre
                              Vorgängerinnen von 1851 in London, 1853 in New-York und 1855 in Paris sowohl
                              der Ausdehnung als dem Inhalte nach bei weitem übertroffen. Wenn dieselbe sich auch
                              nicht gerade durch lauter neue Erfindungen und
                              Verbesserungen auszeichnete, so charakterisirte sie sich doch ganz entschieden darin, daß die Ausstellungsgegenstände im Allgemeinen viel zweckmäßiger angeordnet, vollkommener ausgeführt und
                                 zudem in einem weit großartigeren Maaßstabe vertreten waren als bei
                              früheren ähnlichen Anlässen. Auch das Ausstellungsgebäude
                              war beträchtlich größer und namentlich in seinem Innern weit imponirender, wenn auch
                              von Außen weniger schön und gleichmäßig als der Krystallpalast von 1851. Während
                              dieser bloß von Eisen und Glas gefertigt war, hatte jenes außerdem Stein- und
                              Ziegelwerk zu den Umfassungswänden verwendet; indessen war auch bei ihm das Eisen
                              und Glas noch immer in beträchtlicher Menge zur Anwendung gekommen, und zwar mit
                              großem Effect an den beiden mächtigen Domen und den Säulen und Dachstühlen der
                              Schiffe, wodurch das nöthige Licht zur Beleuchtung der ausgestellten Gegenstände in
                              das Innere des Gebäudes gelangte.
                           Das ganze Ausstellungsgebäude der letzten Ausstellung bedeckte einen Flächenraum von
                              wenigstens 1,400,000 QuadratfußDie Maaße sind, wenn nichts Anderes bemerkt wird, stets englische
                                    gemeint., also circa 400,000 Quadratfuß mehr als beim
                              Krystallpalast von 1851. Die Hauptfaçade schaute gegen Süden und war circa 1200 Fuß lang. Die Tiefe oder Breite des
                              Hauptgebäudes war ungefähr 700 Fuß und die zu beiden Seiten in Hufeisenform
                              angesetzten Annexe waren überdieß beziehungsweise 775 Fuß und 975 Fuß lang bei einer
                              Breite von 200 Fuß. Die Höhe des Gebäudes war ungefähr 100 Fuß. Das Mittelschiff des Hauptgebäudes war im
                              Osten und Westen von zwei Querschiffen durchschnitten und durch zwei colossale Dome
                              in Verbindung gesetzt. Diese Dome waren die weitesten die je gebaut worden sind. Ihr
                              Durchmesser betrug nicht weniger denn 160 Fuß bei einer Höhe von 250 Fuß.Die Kuppel von St. Peter in Rom hat einen Durchmesser von nur 139 Fuß bei
                                    einer Höhe von 434 Fuß, und jene von St. Paul in London eine Weite von 103
                                    Fuß bei einer Höhe von 340 Fuß. Die Eingänge zur Seite der Dome waren 60 Fuß hoch und 50 Fuß breit, die
                              kleineren Thüren der Schiffe dagegen 40 Fuß hoch und 15 Fuß breit.
                           Zu diesem Riesenbau, zu dessen Errichtung nicht einmal ganz ein volles Jahr verwendet
                              worden war, bedurfte es 80,000 Ctr. Gußeisen, 24,000 Ctr. Schmiedeeisen, davon
                              82,000 Fuß (also eine Länge von circa 4 Meilen) an
                              eisernen Säulen und 1266 Stück eiserner Stangen und Balken (in einer Länge von nicht
                              weniger denn 6 Meilen), sodann 553,000 Quadratfuß Glas und 1000 Ctr. Glaserkitt,
                              480,000 Quadratf. Filz zum Bedecken der Dächer, 1,300,000 Qdrtf. Bodenbreter und
                              über 4000 Ctr. Nägel, 600,000 Fuß Fensterrahmen, 12,000 Ctr. Farben zum Malen und
                              Anstreichen, 6000 Ctr. Zu- und Ableitungsröhren, 18,000,000 Stück Ziegel und
                              440,000 Ctr. Mörtel.
                           Die Unternehmer und Erbauer, die Herren Kelk und Lucas, erhielten hierfür zum Voraus 200,000 Pfd. Sterl. =
                              5 Mill. Francs, mit dem Versprechen von weiteren 100,000 Pfd. Sterl. = 2 1/2 Mill.
                              Frc., wenn die Einnahmen die Summen von 400,000 Pfd. Sterl. = 10 Mill. Francs
                              überstiegen haben würden, was soviel mir bekannt, jedoch nicht der Fall war.
                           Was nun aber die Ausstellung selbst betrifft, so war
                              dieselbe in vier Sectionen mit vierzig Classen abgetheilt. Zur ersten Section
                              mit vier Classen gehörten die Rohproducte, zur zweiten mit dreizehn Classen die Maschinen,
                                 Instrumente und Werkzeuge, zur dritten mit neunzehn Classen
                              die verschiedenen Manufacturwaaren und Industrieerzeugnisse, und zur vierten mit vier Classen die bildenden Künste. Die drei
                                 ersten Sectionen bildeten die eigentliche Industrie-Ausstellung und die letzte die
                              Kunstausstellung.
                           Jene zählte mindestens 25,000 Aussteller und die ausgestellten Gegenstände derselben
                              repräsentirten zusammen mindestens einen Werth von 4,000,000 Pfd. Sterl. = 100 Mill.
                              Frcs. Davon kam ein großer Theil auf den westlichen
                              Annex, in welchem die Maschinen und Werkzeuge aufgestellt waren. Diese Abtheilung, welche die Classen 5, 7 und 8, d.h. die Locomotivmaschinen, die Arbeits- und Werkzeugmaschinen und die
                              Maschinen im Allgemeinen in sich schloß, zählte
                              nämlich etwa 700 Aussteller mit einem Werth von circa
                              800,000 Pfd. Sterl. = 20 Mill. Frc. Ungefähr 100,000 Pfd. Sterl. = 2 1/2 Mill. Frc.
                              kamen bloß auf die Marinemaschinen und etwa halb soviel
                              auf die Locomotiven. Der Rest entfiel auf die
                              verschiedenen übrigen Maschinen, Werkzeuge und Apparate, von denen die meisten Arten, welche bis jetzt
                              in der Industrie und Technik nur irgendwo in Anwendung gekommen sind, vertreten
                              waren. Die landwirthschaftlichen Maschinen und gewöhnlichen Fuhrwerke, welche die 9. und 6. Classe
                              ausmachten und ihren Platz im östlichen Annex und im Hauptgebäude hatten, waren
                              hierin nicht einmal eingerechnet.
                           Der Maschinenraum war es auch, welcher auf die meisten
                              Besucher der Ausstellung die größte Anziehungskraft äußerte; denn nicht nur gehören
                              die Maschinen zu denjenigen Gegenständen, die an und für
                              sich großes Interesse darbieten und sich am augenfälligsten manifestiren, sondern
                              auch der Umstand, daß die meisten derselben in Bewegung
                                 gesetzt waren, mußte natürlich noch ganz besonders dazu beitragen, die
                              Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zu ziehen. Zu diesem Behufe diente eine ganze
                              Menge von Dampfmaschinen, welche von sechs großen Dampfkesseln, die in einem
                              Nebengebäude aufgestellt waren, gespeist wurden und eine Gesammtkraft von über 500
                              Pferdestärken lieferten. Dieß reichte jedoch für das Bedürfniß der Aussteller lange
                              nicht aus, denn Gwynne's große Centrifugalpumpe verlangte
                              allein, wenn sie in voller Thätigkeit war, nahezu 200 und die Centrifugalpumpe von
                              Appold 100 Pferdestärken, beide zusammen also
                              jedenfalls die Hälfte der zum Betriebe der verschiedenen Maschinen verfügbaren
                              Kraft. Deßhalb mußten bald nach der Eröffnung der Ausstellung noch drei weitere
                              Dampfkessel, die „Brompton boilers“
                              requirirt werden.
                           Obwohl es mir vergönnt war, die Ausstellung über vier Wochen lang zu besichtigen und
                              diese Zeit vorzugsweise zur Durchsicht und Prüfung dieser reichhaltigen Abtheilung der Maschinen zu verwenden, so war es mir doch
                              nicht möglich, diese durchgehend im Detail zu erforschen. Dieß war für den
                              Einzelnen, namentlich in so kurzer Zeit, eine fast nicht zu bewältigende Aufgabe,
                              und selbst für die Jury, welche für diese Gruppe aus
                              einer Anzahl von über 80 Preisrichtern bestand, war die vollständige Untersuchung
                              und relative Vergleichung aller ausgestellten Gegenstände derselben jedenfalls keine
                              leichte Aufgabe. Denn, um auch nur annähernd ein richtiges Urtheil über dieselben zu
                              gewinnen, wäre es nöthig gewesen, daß neben den neuen preiswürdigen Erfindungen und Verbesserungen, der
                              guten, zweckmäßigen Anordnung und der soliden, meisterhaften Ausführung, auch der
                              Preis, um den die Gegenstände bei der Bestellung geliefert würden, in Anschlag
                              gebracht worden wäre. Diese Bedingung konnte indessen schon deßwegen in den meisten
                              Fällen nicht hinreichend berücksichtigt werden, als eben nur die wenigsten
                              Aussteller die Preise ihrer ausgestellten Gegenstände angegeben hatten. Die
                              Hoffnung, welche ich in meinem „Bericht über die Pariser
                                 Industrie-Ausstellung von 1855“ ausgesprochen –
                              „daß nämlich bei dem nächsten Anlasse eines solchen universellen
                                 industriellen Wettkampfes dieses zur richtigen Beurtheilung des relativen
                                 Werthes der verschiedenen internationalen Industrie-Erzeugnisse so
                                 wichtige und in vielen Fällen allein entscheidende Element noch mehr (als in
                                 Paris) gewürdigt und demnach Allen, welche daran Theil nehmen, die gewissenhafte
                                 Angabe des wahren Preises zur Pflicht gemacht werde“ – kam
                              aber leider auch bei dieser letzten Weltausstellung nicht zur Verwirklichung.
                           Indessen ist es gar nicht meine Absicht, mich hier in einen detaillirten Bericht über
                              die ganze Ausstellung oder auch nurüber die ganze Abtheilung der Maschinen einzulassen, sondern ich werde es im
                              Folgenden bloß versuchen, die Dampfmaschinen und ihre
                                 Concurrenten einer allgemeinen Betrachtung zu unterziehen.
                           ––––––––––
                           Unsere Zeit ist oft die Zeit des Dampfes genannt worden,
                              und in gewisser Beziehung nicht mit Unrecht; denn ist es nicht der Dampf, welcher sozusagen alle unsere Unternehmungen
                              beherrscht? Welche Umwälzung hat nicht die Dampfmaschine
                              seit James Watt auf dem Gebiete des Gewerbs- und
                              Fabrikwesens hervorgebracht? Und welchen Aufschwung hat nicht unser Handel und
                              Verkehr zu Wasser und zu Land durch die Einführung der Dampfschifffahrt und Eisenbahnen seit Fulton und Stephenson erlangt?
                              Wie ganz anders haben sich seitdem auch unsere übrigen socialen Verhältnisse
                              gestaltet! Wem verdanken wir es, um nur Eines anzuführen, daß wir jetzt gleichsam
                              schneller und sicherer zu den entlegendsten Welttheilen gelangen und mit ihnen in
                              Verkehr treten können, als es früher den Ländern desselben Erdtheiles unter einander
                              möglich war? Wem anders als dem Dampf und der Dampfmaschine, dem Dampfwagen und den Dampfschiffen?
                           Doch wie die Erde sich stets um ihre Achse dreht und sich zugleich in ihrem Laufe um
                              die Sonne, als anziehendes Centrum, weiter fortbewegt, so schreitet auch in ihrem
                              Streben nach Vollkommenheit und Wahrheit die Wissenschaft und Kunst und ihre
                              Anwendung auf das Leben von Generation zu Generation immer weiter und weiter fort.
                              Und was wir jetzt auf
                              unserer Entwicklungsstufe für das Vollkommenste halten, das wird vielleicht schon in
                              der nächsten Zukunft durch noch etwas Vollkommeneres ersetzt werden. Das ist das
                              Loos aller menschlichen Forschungen und Unternehmungen.
                           
                              „Des Menschen Geist ringt fortwährend nach Vollkommenheit,
                              
                           
                              Indeß ist nur bei Gott die absolute Wahrheit.“
                              
                           So darf man sich denn auch nicht wundern, wenn der jetzt so mächtige Dampf dermaleinst durch einen anderen noch mächtigeren
                              Motor verdrängt werden wird.
                           Und in der That ist die Dampfmaschine hinsichtlich der
                                 ökonomischen Ausnutzung der bei ihr durch die Verbrennung der Brennstoffe
                                 erzeugten und in mechanische Arbeit umgesetzten Wärme eine so unvollkommene
                              Maschine, daß man sich keineswegs groß verwundern darf, daß wirklich schon seit
                              Jahren einzelne solcher Concurrenten aufgetreten
                              sind.
                           Der Grund davon ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, daß auch die best
                              eingerichteten Dampfmaschinen nur etwa 1/20 der im Brennstoff enthaltenen Wärme
                              nutzbar machen.
                           Diese Angabe stützt sich auf folgende Berechnung: Der Erfahrung gemäß erfordert die
                              beste Dampfmaschine per Stunde und Pferdestärke nahezu 2
                              Kilogr. gute Steinkohle. Setzen wir darum für den günstigsten Fall 1,8 Kilogr. und
                              nehmen wir die specifische Wärme eines Kilogrammes guter Steinkohle im Mittel zu
                              7000 Wärme-Einheiten und das mechanische Aequivalent einer
                              Wärme-Einheit zu 424 Kilogr.-Meter an, so entsprechen jene 1,8 Kilogr.
                              Steinkohlen, welche auch die best construirte Dampfmaschine per Stunde und Pferdestärke consumirt, einer absoluten Leistungsfähigkeit
                              von 1,8 . 7000 . 424 = 5,342,400 Kilogr.-Meter. Andererseits beträgt die
                              stündliche Nutzleistung einer Pferdestärke, diese per
                              Secunde zu 75 Kilogr.-Meter angenommen, nur 3600. 75 = 270,000
                              Kilogramm-Meter. Die Nutzleistung der besten Dampfmaschine beträgt demnach im
                              günstigsten Falle nicht mehr als 270,000/5,342,400 = 1/20 oder circa 5 Proc. der im Brennstoff enthaltenen absoluten
                              Leistungsfähigkeit. Die Ursache dieses ungünstigen thermischen Nutzeffectes der
                              Dampfmaschine liegt aber, das merke man wohl, nicht in ihrer unvollkommenen
                              Construction, sondern in der unvollkommenen Wärmeausnutzung der bei ihr verwendeten
                              Brennstoffe. Denn einmal wird bei der Dampfbildung eine große Wärmemenge gebunden,
                              welche für die äußere Arbeit verloren ist und rein nur
                              zur Erhaltung der Existenz des veränderten
                                 Aggregatzustandes, d.h. des aus Wasser gebildeten
                                 Dampfes dient. Nach Regnault beträgt die
                              Gesammtwärme, welche zur Verdampfung eines Kilogr. Wasser von der Temperatur
                                    0° in Dampf von der Temperatur 100° C.Wasser von der Siedhitze bei 100° C. in Dampf von derselben Temperatur erforderlich ist, 637° C. Während also die äußere freie Wärme dieses Dampfes nur 100° zeigt,
                              beträgt die innere gebundene 537° C., also fast 5
                              1/2mal so viel als jene. Diese latente Wärme ist aber zur Umsetzung in äußere mechanische Arbeit, wie gesagt,
                              ganz als verloren zu betrachten; dazu kann nur die freie,
                              mit dem Thermometer meßbare Wärme verwendet werden.
                              Allein auch diese erleidet noch mancherlei Verluste, unter welchen namentlich jener,
                              welcher durch Abkühlung der Dampfleitungsröhren entsteht,
                              sowie jener, welcher darin seinen Grund hat, daß der
                                 Dampf, nachdem er auf den Kolben der Maschine gewirkt und in den
                              Condensator oder in die Atmosphäre abgelassen wird, noch eine
                                 beträchtliche Wärmemenge enthält, welche dann für die Umsetzung in
                              mechanische Kraft ebenfalls verloren geht und gar nicht unbedeutend ist. Und dann
                              ist nicht zu vergessen, daß der Verbrennungsproceß an und für
                                 sich immer große Wärmeverluste mit sich führt, und zwar nicht nur solche,
                              die mit der mangelhaften Feuerungsanlage zusammenhängen
                              und sich schon wegen der nie ganz zu verdrängenden Wärme-Ausstrahlung und Leitung auch nie
                              ganz beseitigen lassen, sondern auch solche welche von dem Umstande herrühren, daß die Verbrennungsgase
                                 durchschnittlich mit einer Temperatur von 200° C., also mit einer bedeutenden unbenutzten Wärmemenge in den Kamin
                                 entweichen.
                           Diese ungünstigen Verhältnisse waren denn auch die Veranlassung, daß schon seit
                              geraumer Zeit ernstliche Versuche gemacht worden sind, nicht nur den thermischen
                              Effect der Dampfmaschinen zu verbessern, sondern auch diese selbst durch neue, ergiebigere Motoren zu ersetzen.
                           So entstanden die Maschinen mit überhitztem Dampf und die
                              Schwefeläther- und andere Gasdampfmaschinen, die calorischen oder Warmluftmaschinen, die Gasexplosionsmaschinen und die elektro-magnetischen Maschinen.
                           Die Maschinen mit überhitztem Dampf, wie sie zuerst von
                              einem Deutschen, Wilhelm Siemens,1) in England, sowie später von Wethered2) in Amerika,
                              und Testud de Beauregard3) in Frankreich u.a. vorgeschlagen und ausgeführt worden sind,1) Polytechn. Journal Bd. CXXXVIII S.
                                       241.2) Deßgl. Bd. CXXXIX S. 87.3) Deßgl. Bd. CLVI S. 81 und Bd. CLXIV S. 162. beruhen allerdings auf dem sehr günstigen Princip, den Dampf nur als Träger der in
                              mechanische Arbeit umzusetzenden Wärme zu benützen und diese ihm stets durch wiederholte Erhitzung oder Ueberhitzung beizubringen, so daß der bedeutende Aufwand an gebundener
                              Wärme ganz wegfällt und die dem Dampf mitgetheilte Wärme ungeschmälert zur
                              Vergrößerung seiner Expansion und damit zur Umwandlung in mechanische Arbeit
                              verwendet werden kann.
                           Die Schwefeläther-Dampfmaschinen und andere
                              Maschinen mit combinirten Dämpfen, so wie sie zuerst von dem französischen Ingenieur
                              Du Trembley,1)
                              Tissot,2)
                              Seyferth3) u.a.
                              ausgedacht oder ausgeführt worden sind,1) Polytechn. Journal Bd. CXXXI S.
                                       407.2) Deßgl. Bd. CXLVII S. 1.3) Deßgl. Bd. CXLVIII S. 268. wobei Wasserdampf mit Schwefelätherdampf gemischt in Anwendung kommt,
                              beruhen auf der Eigenschaft des Schwefeläthers, sehr leicht zur Verdampfung gebracht
                              werden zu können. Diese findet schon bei der Temperatur von 36° C. statt,
                              wobei überdieß die gebundene Verdampfungswärme verhältnißmäßig nur sehr gering ist,
                              nämlich per Gewichtseinheit nur 168
                              Wärme-Einheiten beträgt. Wird deßhalb gewöhnlicher Wasserdampf mit solchem
                              Aetherdampf gemischt, so kann dessen Spannung durch verhältnißmäßig geringen
                              Wärmeaufwand bedeutend erhöht und dadurch als Triebkraft benützt werden.
                           Die calorischen oder Heißluftmaschinen, bei welchen nach dem Vorgange Ericsson's, eines in Amerika lebenden Schweden,Deßgl. Bd. CLIX S. 82 und 161, Bd. CLX S. 401. statt des Dampfes atmosphärische Luft oder auch andere permanente Gase als
                              Träger der ihnen durch Erhitzung mitgetheilten Wärme verwendet werden, sind noch
                              günstiger daran, indem bei ihnen gar keine Wärme zur Veränderung des
                              Aggregatzustandes der Luft oder Gase verloren geht, und diese, um zur Wirkung zu
                              kommen, nur eine ihrer Ausdehnung entsprechende Erhitzung nöthig haben. Alle Körper,
                              somit auch die Luft- und Gasarten, dehnen sich nämlich durch die Wärme aus,
                              und zwar beträgt die Ausdehnung der atmosphärischen Luft, den Versuchen von Regnault zufolge, für jeden Grad der hunderttheiligen
                              Scala 0,003665 ihres anfänglichen Volumens. Bei einer Ausdehnung auf das doppelte
                              Volumen oder auf eine Atmosphäre Ueberdruck würde daher die Luft von 0° um
                              273° C. zu erhitzen seyn. Geschieht nun diese Erhitzung der Luft in einem
                              geschlossenen Raume, so wird das Ausdehnungsbestreben derselben auf die Wände
                              desselben einen Druck ausüben und dadurch, wenn dieser einseitig auf einen darin beweglichen Kolben
                              applicirt wird, diesen fortbewegen und ihm, wenn die Wirkung wie bei einer
                              Dampfmaschine abwechselnd auf beide Seiten desselben erfolgt, eine hin- und
                              hergehende Bewegung ertheilen.
                           Die Gasmaschine oder Explosionsmaschine, wie sie erst in der neuesten Zeit von Lenoir in Paris zu Stande kam,Polytechn. Journal Bd. CLIX S. 1,
                                    165 und 243, Bd. CLX S. 321, Bd. CLXIII S. 161. beruht auf der Wirkung eines Gemisches von atmosphärischer Luft mit
                              gewöhnlichem Leuchtgas, das mittelst des elektrischen Funkens in einem Cylinder
                              entzündet und zur Explosion gebracht wird, wodurch es plötzlich eine große Spannung
                              erlangt, auf die Wandungen des Cylinders drückt, und indem die Explosion abwechselnd
                              auf beiden Seiten des im Cylinder beweglichen Kolbens stattfindet, diesen: letztern
                              eine hin- und hergehende Bewegung ertheilt. Das Gas, welches hierbei benützt
                              wird, enthält 5 bis 10 Proc. des reinen Leuchtgases, und zur Hervorbringung des
                              elektrischen Funkens wird ein Ruhmkorff'scher
                              Inductionsapparat benützt. Im Uebrigen ist das Spiel und die Wirkungsweise ähnlich
                              wie bei den calorischen oder den Dampfmaschinen.
                           Die elektromagnetischen Maschinen endlich beruhen, wie es
                              der Name sagt, auf der Wirkung der Elektromagnete, mittelst welcher durch das
                              abwechselnde Schließen und Oeffnen des damit in Verbindung stehenden galvanischen
                              Stromes auf den Anker oder umgekehrt auf eine Spirale eine Anziehung hervorgebracht
                              wird, die als bewegende Kraft benützt werden kann, wie dieß bei der elektrischen
                              Telegraphie der Fall ist. Die ersten, welche auf ähnliche Weise den Elektromagnetismus – so heißt die
                              elektromagnetische Anziehungskraft – zum Betriebe von Maschinen anzuwenden
                              versuchten, waren Jacobi in PetersburgDeßgl. Bd. LXXXI S. 107, Bd. LXXXV S. 437, Bd. CXXV S. 438. und Wagner in Frankfurt a. M.,Deßgl. Bd. LXXX S. 372. welch letzterer zur Zeit sogar als Anerkennung seiner Verdienste um die
                              elektromagnetische Maschine vom deutschen Bund eine
                              Nationalbelohnung erhielt.
                           ––––––––––
                           Bei den vielseitigen und ernstlichen Bestrebungen, welche auf die angedeutete Weise
                              in der neueren Zeit allenthalben gemacht worden sind, um neben der Dampfmaschine und
                              den übrigen bisherigen Kraftmaschinen noch andere billigere und wirksamere Motoren
                              aufzufinden, hätte man nun
                              namentlich erwarten sollen, daß die angeführten neuesten und wichtigsten
                              Concurrenten der Dampfmaschine den bei der letzten internationalen
                              Industrie-Ausstellung in London eröffneten Wettkampf mit aller Energie
                              aufnehmen würden. Dieß war jedoch nicht der Fall. Denn die Dampfmaschinen, welche wir, wie bemerkt, hier einzig unter den älteren Motoren ins Auge fassen, waren gegen die
                              erwähnten neueren Concurrenten sozu stark repräsentirt und ihnen so sehr überlegen, daß sie das Feld fast ohne
                              Kampf behaupteten und zugleich ihren weiten Vorsprung glänzend an den Tag
                              legten.
                           Die elektro-magnetischen Maschinen reducirten sich
                              auf einige wenige Fälle, wobei der Elektromagnetismus weniger als Betriebskraft,
                              denn als Mittel zur Verrichtung gewisser, verhältnißmäßig nur eine geringe Kraft in
                              Anspruch nehmender Arbeiten diente. So z.B. bei Bonnelli's elektrischem Webstuhl, bei Garside's
                              elektrischer Gravirmaschine, bei verschiedenen elektrischen Signalapparaten zum
                              Sicherheitsdienst auf Eisenbahnen, sowie auch in den Apparaten von Holmes und Berlioz zur
                              Erzeugung des elektrischen Lichtes.
                           Der Hauptgrund, warum bis jetzt die elektromagnetischen Kräfte beim Betriebe der
                              Maschinen keine stärkere Verwendung gefunden, liegt indessen nicht allein in dem
                              Uebelstande, daß die magnetische Anziehung nur auf sehr kleine Entfernungen (von
                              1–2 Millim.) wirkt, oder in der Schwierigkeit, welche sich der Construction
                              solcher Maschinen überhaupt entgegensetzt, sondern auch in dem Kostenpunkte, der
                              sich bei ihnen zur Zeit eben noch viel höher als bei den Dampfmaschinen
                              herausstellt. Nach den Untersuchungen, welche Rankine in
                              dieser Beziehung angestellt hat, beträgt die mechanische Arbeit der Wärme, welche
                              bei der elektrochemischen Zersetzung von 1 Pfund Zink erzielt werden kann, je nach
                              der Beschaffenheit der Batterie, die dabei verwendet wird, nicht mehr als
                              4/10–4/16 von jener Arbeit, welche die Wärme aus 1 Pfund Kohlenstoff bei der
                              Verbrennung zu entwickeln im Stande ist, während umgekehrt das Zink 40–50mal
                              so theuer ist als sein Aequivalent Kohlenstoff. Die Speisung oder Unterhaltung der
                              elektromagnetischen Maschinen kommt demnach 100–200mal so hoch als bei
                              Dampfmaschinen zu stehen. Damit stimmt auch das Resultat überein, auf welches der
                              verstorbene Robert Stephenson noch kurz vor seinem
                              Hinscheiden gekommen ist, wornach für 1 Shilling (engl.) per Tag auf 1 Fuß Höhe gehoben werden können: durch Elektromagnetismus
                              300,000 Pfund, durch Dampfkraft über 56,000,000 Pfund, durch erstere Kraft also nur
                              circa der 187ste Theil von der Leistung der
                              letzteren.
                           Hieraus folgt nun aber, daß die elektromagnetischen Maschinen so lange keine günstige Aussicht
                              auf Erfolg haben werden, als sich nicht das Zink 100–200mal billiger
                              beschaffen läßt oder dafür ein anderer elektrochemischer Motor entdeckt werden wird,
                              der im gleichen Verhältniß wohlfeiler ist als gegenwärtig das Zink. Ist jetzt auch
                              noch nicht abzusehen, ob und wie bald das Eine und Andere erreicht werden wird, so
                              steht doch Beides im Bereiche der Möglichkeit. Wenn dieß erreicht seyn wird, dann
                              wird der Elektromagnetismus auch als mechanische Betriebskraft die ihm gebührende
                              Wichtigkeit erlangen, namentlich allen jenen Kraftmaschinen gegenüber, welche, wie
                              die Dampfmaschine, an den Brennstoff und das Wasser gebunden oder sonst ihrer Natur
                              nach und ihres großen Gewichtes wegen in vielen Fällen der Praxis nicht anwendbar
                              sind.
                           Aehnlich verhält es sich mit den Gasmaschinen. Denn auch
                              bei diesen kommt nach allem, was bis jetzt über dieselben bekannt geworden, die
                              darin erzeugte motorische Kraft noch bedeutend höher als bei den Dampfmaschinen zu
                              stehen, abgesehen davon, daß sich bei der Construction dieser Art von Maschinen noch
                              andere und nicht so leicht zu überwindende Schwierigkeiten einstellen. Man darf sich
                              daher auch nicht wundern, daß auf der letzten Ausstellung in London, außer einem
                              kleinen Locomotiv-Modell von Gallardo aus
                              Barcelona, welches mittelst Wasserstoffgas betrieben worden ist, bloß eine einzige
                              Maschine dieser Art zu sehen war. Es war eine kleine Gasmaschine, welche der
                              Erfinder, Lenoir, selbst ausgestellt hatte, und die,
                              ungeachtet der Preismedaille, womit sie von der Jury ausgezeichnet worden ist,
                              keineswegs geeignet war, dem aufmerksamen Beobachter ein besseres Urtheil
                              beizubringen, als aus den verschiedenen Berichten, welche über diesen Motor
                              veröffentlicht wurden, abstrahirt werden konnte. Da ich von Anfang an nicht zu den
                              Enthusiasten gehörte, welche, ohne weitere Untersuchungen und Erfahrungen
                              abzuwarten, schon nach den ersten „glänzenden“ Berichten, wozu
                              der sonst sehr tüchtige und ehrenwerthe k. k. österreichische Consul, Dr. Wilhelm Schwarz in Paris,
                              allerdings nicht wenig beigetragen, die neue Maschine in den Himmel zu erheben
                              suchten und durch sie die Dampfmaschinen und alle übrigen Motoren schon ganz aus dem
                              Felde geschlagen wähnten, so war ich auch gar nicht überrascht, als ich den neuen
                              Motor zum erstenmal in der letzten Londoner Ausstellung sah. Im Gegentheil, ich traf
                              ihn ungefähr gerade so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Ihrem äußeren Habitus
                              nach nimmt sich die Gasmaschine in der That auch gar nicht übel aus, und in dieser
                              Beziehung übertrifft sie die bis dahin bekannter gewordenen Formen der calorischen
                              Maschine jedenfalls weit. Etwas anderes ist es aber, wenn man ihren Gang und ihre Kraftentwickelung
                              ins Auge faßt. Allein da hieß es dann jedesmal – und ich bemerke hier
                              ausdrücklich, daß diese meine Beobachtung während meines vierwöchentlichen
                              Aufenthaltes sehr oft wiederholt und bestätigt worden ist –: „es
                                 sey eben nicht genug Gas vorhanden, um sie in den rechten Gang zu bringen und
                                 zur gehörigen Kraftentwickelung kommen zu lassen.“ Ich verstand die
                              „Excuse,“ und ich denke, auch der Leser wird merken, was
                              ich mit diesem „Exposé“ sagen will. Und darum habe ich
                              wohl auch nicht nöthig, mich länger bei dieser neuen Maschine aufzuhalten. Es ließe
                              sich wohl manches gegen dieselbe aussetzen, aber um billig zu seyn, kann man doch
                              nicht anders, als der genialen Erfindung Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und
                              ihr, nach dem Vorgang des Preisgerichtes, wenigstens bis zu einem gewissen Grade die
                              verdiente Anerkennung zu zollen, wenngleich alle Sachverständigen darin einig sind,
                              daß dieselbe in ihrem jetzigen Stadium der Entwickelung noch nicht mit Erfolg als
                              Concurrent der Dampfmaschine auftreten kann.
                           Nicht viel günstiger stellte sich das Urtheil für die calorischen Maschinen, wovon in der Ausstellung ebenfalls nur einige
                              wenige Exemplare zu sehen waren. Zwei davon waren aus Amerika, die eine eine kleine
                              Ericsson'sche Maschine, von Goddard aus New-York, die andere eine Wilcox'sche Heißluftmaschine, von Denison aus
                              Westerley in Rhode Island, drei weitere, ebenfalls nach Ericsson's System, aus England von Fawcett,
                                 Preston und Comp. in Liverpool, Chalmers in Glasgow und Neill
                              in London, eine nach gleichem System aus Oesterreich von Schmied in Wien und eine aus Preußen von Schwarzkopff in Berlin nach eigenem System.
                           Auch diese Maschinen, welche dem Princip nach, worauf ihre Wirksamkeit beruht, wie
                              wir gesehen, gegen die meisten übrigen Motoren und ganz besonders gegen die
                              Dampfmaschinen, allerdings bedeutend im Vortheil sind, haben es bis jetzt gleichwohl
                              noch zu keiner rechten Brauchbarkeit in der praktischen Anwendung gebracht. Die
                              Hauptschwierigkeit, welche sich der Einführung dieser Maschinen bis dahin
                              entgegengesetzt, besteht bekanntlich darin, daß die hohe Temperatur, welche die
                              erhitzte Luft schon bei verhältnißmäßig nicht sehr hoher Spannung mit sich bringt,
                              die Schmierung der beweglichen Maschinentheile unmöglich macht, weil bei derselben
                              alle uns zu Gebote stehenden Schmiermittel verdampfen und sich nicht in flüssigem
                              Zustand erhalten. Aus diesem Grunde ist man daher bis jetzt genöthigt gewesen, diese
                              Maschinen vorzüglich nur für Niederdruck zu construiren, für welchen dieselben aber
                              schon bei verhältnißmäßig kleiner Kraftentwickelung ungewöhnlich starke Dimensionen
                              und plumpe Formen erhalten müssen. Schwarzkopff
                              behauptete zwar, diese
                              Schwierigkeit in seiner Maschine, in welcher die Luft, ohne erneuert zu werden,
                              abwechselnd erhitzt, abgekühlt und wieder erhitzt, oder, wie man auch sagt, regenerirt oder überhitzt
                              wird, durch eine ganz verschiedene Construction überwunden zu haben. Allein da
                              dieselbe wie die übrigen calorischen Maschinen der Ausstellung nicht in Thätigkeit
                              gesetzt war, so war es auch nicht möglich, in dieser Beziehung ein richtiges Urtheil
                              über dieselbe zu gewinnen. Indessen wollen wir gerne zugeben, daß diese Schwarzkopff'sche geschlossene Maschine mit überhitzter Luft, unter den erwähnten calorischen
                              Maschinen der Ericsson'schen Construction die relativ
                              vollkommenste Einrichtung haben mochte, obgleich sie in Folge des zu späten
                              Eintretens nicht, wie einige der übrigen, mit einem Preise bedacht worden ist. Daß
                              aber die oben berührten Schwierigkeiten bei ihr gänzlich beseitigt seyen, muß ich,
                              auch ohne nähere Kenntniß ihrer inneren Einrichtung, bezweifeln.
                           Wesentlich verschieden von diesen, dem Ericsson'schen
                              System nachgebildeten calorischen Maschinen mit Niederdruck war, wenn auch nicht im
                              Princip, so doch in der Anordnung und Construction, die erwähnte Heißluftmaschine von Wilcox,
                              welche ich in diesem Journal Bd. CLXX S. 321
                              bereits in einem besonderen Artikel mit Abbildungen beschrieben habe. Ist dieselbe
                              auch bezüglich der Lufterhitzung mit derselben Schwierigkeit behaftet wie alle
                              übrigen calorischen Maschinen, so bietet sie hinsichtlich ihrer Einrichtung doch
                              sehr wesentliche Vortheile dar, wie ich in jenem Artikel des Näheren
                              auseinandergesetzt habe.
                           Von einer eigentlichen Concurrenz mit der Dampfmaschine kann aber bei der Wilcox'schen Maschine ebensowenig als bei irgend einer
                              anderen Heißluftmaschine aus dem schon oben angegebenen Grunde zur Zeit die Rede
                              seyn. Dagegen ist nicht zu zweifeln, daß die Dampfmaschinen gerade von dieser Seite
                              einstens die gefährlichste Concurrenz zu bestehen haben werden. Die carolischen oder
                              Heißluftmaschinen haben darum ihres vortrefflichen Princips wegen jedenfalls eine
                              schöne Zukunft für sich. Die endliche Verwirklichung derselben dürfte aber meiner
                              Meinung nach weniger von weiteren mechanischen
                                 Erfindungen abhängen als vielmehr von der chemischen
                                 Entdeckung eines neuen Schmiermittels, das in flüssigem Zustand eine weit
                              höhere Temperatur verträgt als alle bis jetzt bekannten zu Maschinenschmiere
                              benutzten Fette und Oele, oder von der Auffindung eines physikalischen Vorgangs, wodurch die Umsetzung von Wärme in Arbeit auf
                              eine ganz andere und ergiebigere Weise erfolgt als durch das Mittel der Ausdehnung
                              und Volumensänderung wie bisher. Solange jedoch nicht das Eine oder Andere geschehen
                              sehn wird, werden sich auch die Dampfmaschinen behaupten und die calorischen, wie die elektromagnetischen
                              und Gasmaschinen nur in Ausnahmsfällen und überhaupt nur für kleinere Betriebskräfte
                              in Anwendung kommen. Damit stimmt auch die Ansicht überein, welche Redtenbacher, mein verehrter Lehrer, noch kurz vor seinem
                              Tode in den Schlußbetrachtungen über die calorische und Gasmaschine im zweiten Bande
                              seines Maschinenbaues ausgesprochen hat und welche zur Zeit von allen
                              Sachverständigen getheilt wird.
                           Die gewöhnlichen Dampfmaschinen stehen daher noch immer an
                              der Spitze der Kraftmaschinen und werden allem Anschein nach nicht sobald von einem
                              ihrer Concurrenten überflügelt werden. Dieß scheint auch nicht durch ihre eigenen
                              Kinder, die Aetherdampfmaschinen und die Regenerativ-Dampfmaschinen, in naher
                              Aussicht zu stehen. Denn was die ersteren, die Aetherdampfmaschinen und die Maschinen mit
                                 combinirten Dämpfen überhaupt betrifft, so waren dieselben auf der letzten
                              Londoner Industrie-Ausstellung gar nicht repräsentirt, was schließen läßt,
                              daß sie großentheils wieder aufgegeben worden seyn müssen. Die meiste Aussicht auf
                              Erfolg hatte unter den verschiedenen Versuchen, welche in dieser Beziehung gemacht
                              worden sind, Du Trembley's
                                 Schwefeläther-Dampfmaschine. Da jedoch der Schwefeläther nicht nur
                              eine sehr leicht verdampfbare, sondern zugleich eine äußerst flüchtige und leicht
                              entzündbare Substanz ist, so ist es bis jetzt nicht gelungen, selbst diese Maschine
                              in Aufnahme zu bringen. Trotz aller Sorgfalt, welche man auf die
                              Dichtungseinrichtungen verwendete, waren dieselben doch nicht genügend, die ohnedieß
                              mit großer Feuersgefahr verbundene Maschine vor großen Aetherverlusten zu schützen.
                              Diese, sowie ihre complicirte Einrichtung überhaupt, machten sie natürlich
                              kostspielig und krafterschöpfend, und man begreift leicht, daß sie unter solchen
                              Umständen nicht mit der gewöhnlichen Dampfmaschine concuriren konnte.
                           Was endlich die Maschinen mit regenerirtem oder überhitztem
                                 Dampf anbelangt, so waren dieselben ebenfalls nicht in der früher von Siemens, Wethered, Testud de Beauregard und Anderen
                              vorgeschlagenen Form vertreten. Dafür aber waren mehrere der ausgestellten
                              Dampfmaschinen, namentlich unter den transportabeln und den Schiffsmaschinen, mit
                              Dampfüberhitzungsapparaten versehen, welche sich durch die Praxis bewährt haben
                              sollen und die ich am gehörigen Orte näher bezeichnen werde.
                           Der Grund, warum auch diese vom theoretischen Standpunkt immerhin einige Vortheile
                              versprechenden Maschinen in London nicht besser repräsentirt waren, mag
                              verschiedenen Ursprungs seyn und darf jedenfalls nicht allein der Zurückhaltung
                              zugeschrieben werden, wie sie gewöhnlich bei neuen Erfindungen beobachtet wird. Wie
                              dem auch sey, so beweist diese Thatsache doch ganz gewiß, daß auch die Maschinen mit
                              überhitztem Dampf in ihrer jetzigen Entwickelung die gewöhnlichen Dampfmaschinen
                              keineswegs zu verdrängen im Stande sind. Und wenn man erwägt, daß dieselben
                              bezüglich der hohen Temperatur, welche mit dem überhitzten Dampf verbunden ist, mit
                              derselben praktischen Schwierigkeit behaftet sind wie die eigentlichen calorischen
                              Maschinen, so wird man zugeben müssen, daß dieß überhaupt nicht sobald der Fall seyn
                              wird.
                           Dasselbe darf wohl auch von Siemens' neuester Regenerativ-Gasmaschine gesagt werden, in welcher die den
                              früheren Constructionen der Dampfmaschinen mit regenerirtem Dampf anklebende und von
                              der starken Erhitzung herrührende Schwierigkeit dadurch zu beseitigen gesucht wird,
                              daß das gasförmige Brennmaterial in demselben Gefäße zur Verbrennung gebracht wird,
                              in welchem durch Zuleiten von etwas Wasser zugleich Wasserdampf erzeugt und
                              überhitzt wird und in welchem aus der combinirten Wirkung der Gase und Dämpfe eine
                              solche Volumensvermehrung und Spannung entsteht, daß bei abwechselnder
                              Schieberstellung der in demselben befindliche Kolben hin und her bewegt wird. Von
                              dieser Maschine, welche gegenwärtig im Bau begriffen ist, hatte Siemens ein Modell auf der Industrie-Ausstellung
                              von 1862 ausgestellt und wurde dafür mit einer Medaille ausgezeichnet. Näheres über
                              die Einrichtung und Leistung der neuen Maschine selbst ist indessen bis jetzt nicht
                              bekannt geworden.Siehe das Practical Mechanic's Journal von 1862
                                    und Wieck's Deutsche Gewerbezeitung Nr. 52 von
                                    1862.
                              
                           
                              
                                 (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)