| Titel: | Der Lloyd-Dampfer „Egitto“. | 
| Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. II., S. 15 | 
| Download: | XML | 
                     
                        II.
                        Der Lloyd-Dampfer
                           „Egitto“.
                        Ueber den Lloyd-Dampfer
                           „Egitto“.
                        
                     
                        
                           Derjenige Zweig der Technik, worin Deutschland und Oesterreich in der Praxis wie in
                              der Literatur im Allgemeinen jener Höhe vielleicht noch am fernsten stehen, welche
                              in anderen Fächern erreicht wurde, ist wohl unstreitig die neuere Seetechnik.
                              England liefert uns leider noch größtentheils Schiffe und Maschinen; in den
                              ausgezeichneten Werken französischer Marine-Ingenieure und Seeofficiere
                              müssen wir nach wissenschaftlicher Belehrung und richtigen Theorien suchen, und
                              selbst in unseren sonst so vortrefflichen technischen Zeitschriften findet sich nur
                              selten ein Originalaufsatz über Marinewesen. Die Ursachen dieses bedauerlichen
                              Zustandes will ich nicht näher untersuchen, um denjenigen Personen oder
                              Körperschaften, welche, wie namentlich die Verwaltungen der großen deutschen
                              Dampfschifffahrtsgesellschaften, den hauptsächlichsten Einfluß hierin zu üben
                              berufen sind, nicht zu nahe treten zu müssen und begnüge mich mit der Bemerkung, daß
                              die Schuld keinesfalls in einem Mangel an Befähigung der inländischen Techniker,
                              sondern nur im Mangel an der nöthigen Unterstützung und Aufmunterung zu suchen ist.
                              Der mit Zurücksetzung vortrefflicher einheimischer Kräfte außer seinem Vaterlande
                              angestellte Engländer fühlt sich wahrlich nicht berufen zum Nutzen deutschen Wissens
                              zu arbeiten, selbst wenn er die hierzu nöthige Bildung besäße. Als erster Schritt
                              zur Ausfüllung dieser Lücke erscheint mir die Nothwendigkeit von Veröffentlichungen
                              der thatsächlichen Leistungen ausgeführter Dampfboote, wie sie in den französischen
                              Annales du Génie maritime oder wenigstens in
                              der Art, wie sie in England in den Mittheilungen des Steamship-Committee der British
                                 Association erscheinen, und ich bitte nachfolgenden Bericht nur als ersten
                              Versuch in dieser Richtung zu betrachten, wünschend daß er Anstoß zu weiteren und
                              besseren Veröffentlichungen geben möge.
                           Bei meiner zeitweiligen provisorischen Uebernahme der technischen Direction des
                              österreichischen Lloyd fand ich ein von dem früheren Dampfer
                              „Austria“ herrührendes Maschinenpaar mit oscillirenden
                              Cylindern, von Miller und Ravenhill in London gebaut, vor, sowie den Plan für ein hölzernes
                              Räderboot, welches zur Aufnahme dieser Maschinen erbaut werden und den doppelten
                              Zweck eines Passagier- und Waaren-Dampfers erfüllen sollte.
                           Obschon im Principe hölzerne Räderschiffe mit großen, voluminösen Maschinen und
                              verhältnißmäßig geringem Laderaum als unzeitgemäß erkennend, übernahm ich dennoch,
                              wie sich von selbst versteht, im Auftrage des Verwaltungsrathes der Gesellschaft die
                              Ausführung dieses in seinen allgemeinen Zügen früher schon aufgestellten
                              Schiffsprojectes, mit gleichzeitigem Bestreben durch alle jene Vervollkommnungen,
                              welche sich bei schon vorhandenen und nicht als ganz zweckentsprechend erkannten
                              Maschinen und Kesseln nachträglich noch anbringen lassen, dem Schiffe eine möglichst
                              große Leistungsfähigkeit zu verschaffen.
                           Der Bau des hölzernen Schiffskörpers fiel dem Schiffbauingenieur der Gesellschaft Hrn. Tonello zu, von welchem auch der Plan herrührte, und zwar
                              sind folgende die Hauptverhältnisse des Schiffes:
                           Länge an der Wasserlinie: 70,760 Met.
                           Größte Breite an der Schwimmfläche: 8,768 Met.
                           Größte mittlere Tauchung mit 0,330 Met. hohem Kiele: 4,575 Met.
                           Entsprechendes Deplacement: 1400 Tonnen.
                           Entsprechende Ladefähigkeit mit Ausschluß von 120 Tonnen Kohlen: 400 Tonnen.
                           Entsprechende Oberfläche des eingetauchten Hauptspantes: 32,45 Quadratmeter.
                           Tauchung des Schiffes ohne Ladung und ohne Kohlen, aber mit Wasser in den Kesseln und
                              mit Ballast: 3,507 Met.
                           Grenze des möglichen Unterschiedes der Tauchung im activen Dienste: 1,068 Met.
                           Erst nachdem der Bau des Schiffskörpers schon ziemlich weit vorgeschritten war,
                              konnte ich den kurz zuvor aus der k. k. Marine in den Dienst des öster. Lloyd
                              übergetretenen Marine-Ingenieur, Herrn Otto Dingler, Maschinen-Constructeur und Vorstand der
                              Maschinen-Abtheilung des Arsenals, mit der Einsetzung der Maschinen und
                              Kessel und der Construction der Treibräder betrauen, welcher mir sofort Projecte
                              hierüber unterlegte.
                           Der im Verhältnisse zu der Größe des Schiffes sehr bedeutende Unterschied der
                              Tauchungen schrieb nicht nur die Anwendung möglichst großer Treibräder vor, sondern
                              ließ auch den Vortheil der Anwendung von Rädern mit beweglichen Schaufeln so
                              unzweifelhaft erscheinen, daß der Verwaltungsrath die Anwendung derselben ungeachtet
                              ihrer größeren Kosten und des dieserwegen erhobenen Widerspruchs genehmigte. Bei dem
                              Baue dieser neuen Räder wurde von Hrn. Dingler neben
                              anderen nicht unwesentlichen Verbesserungen in der Detailausführung auch zum
                              erstenmale das dem Lloyd bisher noch unbekannte Princip der Verwendung von
                              Pock-Holz (lignum sanctum) zu Lagerbüchsen für
                              alle Gliederungen der Radarme und Schaufeln zur vollsten Anwendung gebracht.
                           Die Dampfspannung, mit welcher die Maschinen früher gearbeitet hatten, betrug 1,476
                              Atmosphären (7 Pfd. englisch), und die Schwäche verschiedener arbeitender Theile
                              derselben ließ mit Sicherheit keinen höheren Druck zu als 1,722 Atmosphären (10,61
                              Pfd. englisch), welcher auch angenommen wurde.
                           Die schon vorhandenen Kessel (Reservekessel des früheren Dampfers) waren gewöhnliche
                              Zugkessel (flue boilers) wie sie noch bis auf den
                              heutigen Tag beim Lloyd meistens gebräuchlich sind, und welche alle die verschiedenen diesem Systeme
                              anhängenden Vor- und Nachtheile (letztere sind jedoch sonst überall als die
                              weitaus überwiegenden bekannt) in sich vereinigten. An dem Kessel selbst ließ sich
                              demnach zur Erzielung von Brennmaterialersparniß (im Vergleiche zu dem auf den
                              Lloyd-Schiffen üblichen Verbrauche) mit Ausnahme der Anbringung des Rostes in
                              einer günstigeren Position, als die durch die Lage der Feuer- und
                              Aschenthüren angezeigte und offenbar ursprünglich beabsichtigt gewesene, uichts mehr
                              ändern. Dagegen schlug Hr. Ingenieur Dingler die
                              Anbringung eines Dampfüberhitzungsapparates vor, und arbeitete ein vollständiges
                              Project hierüber aus, zu dessen Ausführung ich ihm alsbald nach erfolgter Prüfung
                              die Ermächtigung ertheilte. Das System dieses Ueberhitzungsapparates, welcher den
                              vorhandenen Räumlichkeiten angepaßt werden mußte, besteht einfach in senkrechten
                              gezogenen eisernen Röhren aus der Fabrik von Pönsgen,
                              welche außen vom Dampfe umspült sind, und innen von den aufsteigenden heißen Gasen
                              durchzogen werden. Der Apparat kann vollständig von den vier Kesselkörpern
                              abgeschlossen, also nach Belieben außer Thätigkeit gesetzt werden, sowie auch durch
                              entsprechende Anordnung von Ventilen die Möglichkeit gegeben ist, den Dampf nur
                              theilweise zu überhitzen oder den überhitzten mit gesättigtem Dampfe zu vermischen,
                              kurzum die Temperatur des in die Cylinder eintretenden Dampfes ganz nach Belieben zu
                              reguliren.
                           Die Hauptverhältnisse des gesammten Treibapparates sind folgende:
                           a) Maschine:
                           Anzahl der Cylinder = 2
                           Durchmesser = 1,601 Met.
                           Länge des Kolbenhubes = 1,372 Met.
                           Absperrung des Dampfes bei 0,69 des Kolbenhubes.
                           b) Kessel:
                           Anzahl der einzelnen von einander unabhängigen Kesselkörper = 4.
                           Anzahl aller Feuer = 12.
                           Gesammte Heizfläche = 308,50 Quadratmet.
                           Gesammte Rostfläche = 20,9 Quadratmet.
                           Kaminquerschnitt = 1,7336 Quadratmet.
                           
                              
                                   Höhe der Feuerdecke über den Rostbalken:
                                 1) vorn   = 0,559 Met.
                                 
                              
                                 
                                 2) hinten = 0,686 Met.
                                 
                              
                           c) Dampfüberhitzungsapparat:
                           Anzahl der Röhren = 191.
                           Länge der Röhren zwischen den Rohrplatten = 0,915 Met.
                           Innere Weite = 0,127 Met.
                           
                           Gesammte Ueberhitzungsfläche ohne Einrechnung der oberen Rohrplatte = 75
                              Quadratmet.
                           Lichter Gesammtquerschnitt durch die Röhren = 2,415 Quadratmet.
                           Verhältniß des letzteren Querschnittes zum Kaminquerschnitte = 1,393 : 1.
                           d) Räder:
                           Aeußerer Durchmesser, über die Schaufeln gemessen: 6,913 Met.
                           Mittlerer Durchmesser: 6,049 Met.
                           Schaufelbreite: 0,864 Met.
                           Länge der Schaufeln: 2,872 Met.
                           Anzahl der Schaufeln in jedem Rade = 10.
                           Entfernung zweier nächstliegender Schaufeln von Mitte zu Mitte: 1,869 Met.
                           Oberfläche einer Schaufel = 2,841 Quadratmet.
                           Nach einer mehrere Tage vorher zum Reguliren der Maschine abgehaltenen Vorprobe fand
                              am 28. October vorigen Jahres die eigentliche Probefahrt des Schiffes statt, welche
                              sich von Trieft aus, der istrianischen Küste entlang, bis jenseits Parenzo und
                              wieder nach Trieft zurück erstreckte. Es ist hier vielleicht am Platze zu bemerken,
                              daß wohl kaum eine andere Seedampfschifffahrts-Gesellschaft eine zur
                              Abhaltung genauer Proben so sehr geeignete Fahrlinie besitzt wie der österreichische
                              Lloyd; vom Leuchtturme von Trieft bis Pirano kann absolut gerade gesteuert werden,
                              von da bis Salvore ebenso und endlich von letzterem Punkte wieder bis zur äußersten
                              Spitze der Brionischen Inseln, wobei eine Menge von Zwischenpunkten, deren Lagen und
                              Entfernungen ebenso genau bestimmt und bekannt sind, als die der Endpunkte,
                              angepeilt werden können, so daß sich nicht nur die mittlere Geschwindigkeit des
                              Schiffes während der ganzen Dauer der Probefahrt, sondern auch die den verschiedenen
                              Zeitmomenten und etwaigen Veränderungen im Gange der Maschine entsprechenden
                              einzelnen Geschwindigkeiten auf das genaueste bestimmen lassen. Rechnet man hierzu
                              den gewiß auch nicht gering anzuschlagenden Vortheil, daß die Witterung in Trieft
                              stets genau auf den Zustand des Meeres längs der Küste zu schließen erlaubt, daß man
                              also, plötzlich eintretende Ungewitter abgerechnet, immer in der Lage ist das für
                              eine Probefahrt günstige Wetter zu wählen, so ist man sicher berechtigt, sein
                              Bedauern darüber auszusprechen, daß alle diese Vortheile bis vor Kurzem unbeachtet
                              und unbenützt gelassen wurden von einer Gesellschaft, welche lange Zeit die erste
                              des Continentes gewesen, und welche vor allen anderen berufen gewesen wäre zur
                              Cultivirung desjenigen Zweiges technischer Wissenschaften beizutragen, in welchem, wie oben erwähnt,
                              Oesterreich und ganz Deutschland noch am weitesten zurückstehen!
                           Um nach dieser Abschweifung wieder auf den eigentlichen Gegenstand zurückzukommen,
                              bemerke ich, daß von der um 8 Uhr 26 Minuten Morgens erfolgten Abfahrt vom
                              Lloyd-Arsenale an bis um 9 Uhr die Abspenventile des Ueberhitzungsapparates
                              vollständig geschlossen blieben, wobei die Spannung des Dampfes auf etwa 1,5
                              Atmosphären und die Anzahl der Umdrehungen der Maschine auf 22 per Minute sich stellte. Alsdann wurde der
                              Ueberhitzungsapparat in Thätigkeit gesetzt, damit bis zum Momente der Peilung des
                              Leuchtthurmes von Trieft die Maschine zur Entwickelung ihrer vollen Kraft gebracht
                              werden könne, da es sich darum handelte, zwischen Trieft und Pirano sogleich die
                              größtmögliche Geschwindigkeit zu erzielen. Die Umdrehungszahl der Maschine per Minute war hierbei anfänglich durchschnittlich 23,
                              steigerte sich aber allmählich bis auf 25 im Maximum. Die Peilungen während der
                              ganzen Fahrt waren folgende:
                           
                              
                                 Leuchtthurm von Triest:Pirano
                                   8h 32' 15''10h 34' 30''
                                 
                                    
                                    
                                 Entfernung
                                 10,70 Meilen
                                 
                              
                                 SalvoreCittanova
                                 11h11h 57' 30''
                                 
                                    
                                    
                                 „
                                 10,60     „
                                 
                              
                                 CittanovaSalvore
                                   0h  7'  1h  4'
                                 
                                    
                                    
                                 „
                                 10,60     „
                                 
                              
                                 PiranoTriest
                                   1h 30'
                                    30''  2h 27'
                                    30''
                                 
                                    
                                    
                                 „
                                 10,70     „
                                 
                              
                           Die hieraus sich ergebende mittlere Geschwindigkeit beträgt somit 10,934 Seemeilen
                              oder Knoten zu 1854 Met., die entsprechende vermittelst Zählwerkes gemessene
                              mittlere Umdrehungszahl 23,75 per Minute und demnach
                              (die Schiffsgeschwindigkeit als Einheit angenommen) der Rücklaufcoefficient der
                              Schaufelräder 33,528 Proc. oder 24,59 Proc. bei Annahme der Geschwindigkeit des
                              Schaufelmittelpunktes als Einheit. Bei Beurtheilung dieses allerdings etwas groß
                              erscheinenden Rücklaufcoefficienten darf nicht aus dem Auge verloren werden, daß der
                              ausübende Maschinenconstructeur bei seiner Uebernahme der Arbeiten am
                              „Egitto“ die Lage des Achsenmittels schon als
                              unveränderlich vorfand und auch wegen dem bedeutenden Tauchungsunterschiede zwischen
                              beladenem und unbeladenem Schiffe genöthigt war bei Gestaltung der Verhältnisse der
                              Treibräder etwas von den gewöhnlichen Regeln abzuweichen.
                           Zur Constatirung des Brennmaterialverbrauches bei vollständig thätigem
                              Ueberhitzungsapparate wurden während einer Fahrtdauer von 5 Stunden 15 Minuten 5600 Kilogramme
                              vorher abgewogener Cardiff-Kohlen verbrannt, woraus sich ein Consum von 1066
                              Kilg. per Stunde ergibt. Bei Anfang der Kohlenprobe
                              zeigte das Quecksilbermanometer eine Dampfspannung von 1,54 Atmosphären im Kessel,
                              welche jedoch baldigst so gesteigert wurde, daß beständig ein mehr oder weniger
                              starkes Abblasen des Dampfes stattfand und sogar zeitweilig das Manometer einen
                              Druck von über 1,75 Atmosphären angab. Der Schluß der Kohlenprobe geschah bei 1,63
                              Atmosph. Spannung.
                           Die Temperatur des überhitzten Dampfes schwankte zwischen 134° und 152°
                              C., betrug aber im Mittel gegen 140°, welcher im Verhältnisse zur Größe der
                              Ueberhitzungsfläche etwas niedrige Stand sich dadurch erklärt, daß fast beständig
                              ein ziemlich starkes Ueberkochen in den Kesseln stattfand, wodurch natürlich eine
                              bedeutende Menge Wassers mechanisch in den Ueberhitzungsapparat mitgeführt wurde,
                              welches dort erst wieder verdampft werden mußte und somit die Temperatur in dem
                              Apparate nicht auf die volle Höhe steigen ließ. Dieser Umstand wirkte nachtheilig
                              auf den Kohlenverbrauch und die entwickelte Maschinenkraft, sowie nicht minder auch
                              das ziemlich starke Abschäumen, welches gleichfalls durch das Ueberkochen des bei
                              einer ersten Fahrt unvermeidlich schmutzigen und fetthaltigen Kesselwassers bedingt
                              worden war.
                           Die zahlreichen Indicatoraufnahmen zeigen, daß bei der oben angegebenen
                              Dampfabsperrung bei 0,69 des Kolbenhubes der mittlere effective Dampfdruck auf den
                              Kolben zwischen 10365 Kilogr. und 11777 Kilogr. per
                              Quadratmeter schwankte. Eine genau der früher erwähnten vermittelst Zählwerkes
                              gemessenen mittleren Umdrehungszahl von 23,75 entsprechende Indicatorcurve ergab
                              einen effectiven Druck auf die Kolbenflächen von 11243 Kilogr. per Quadratmeter und eine zugehörige Kraftleistung von
                              647 Indicator-Pferdekräften, welcher Werth auch in den nachfolgenden
                              Rechnungen zu Grunde gelegt worden ist, als die einzig richtige Basis zur
                              Beurtheilung des Verhältnisses zwischen Kraftentwickelung und Kohlenverbrauch. Es
                              ist vielleicht am Platze zu bemerken, daß fremdländische Lieferanten und ihre
                              Vertreter auf dem Festlande zur Täuschung des Publicums und namentlich der
                              Auftraggeber, wenn sie nicht daran verhindert werden, oft belieben als Leistung
                              ihrer Maschinen diejenige Kraftentwickelung in Rechnung zu bringen, welche sich
                              während der kurzen Dauer einer Indicatoraufnahme durch Forciren der Feuer und
                              Schließen der Abschaumhähne unter übermäßigem Abblasen des Dampfes erzwingen läßt.
                              Die mit geflissentlicher möglichster Beseitigung aller Ausnahmsverhältnisse
                              erreichte Maximalleistung in unserem Falle steigerte sich bis über 700
                              Pferdekräfte.
                           
                           Die der Umdrehungszahl 23,75 entsprechende sogenannte Nominalpferdekraft (nach der
                              Formel (d² × c
                              × n)/0,59, worin d =
                              Cylinderdurchmesser, c = Kolbenhübe und n = Umdrehungszahl, d.h. die sogen. englische
                              Admiralitätsformel in französische Maaße übersetzt) beträgt 283 Pferde.
                           Das Vacuum im Condensator schwankte zwischen 0,610 u. 0,635 Met. Quecksilberhöhe,
                              welcher etwas niedrige Stand einestheils durch die neuen Verpackungen, anderntheils
                              durch eine erst beim Ansetzen der Maschine zum Vorscheine gekommene kleine
                              Undichtheit des unteren Sicherheitsventils des Backbord-Cylinders sich
                              erklärt.
                           Spannung des Dampfes beim Eintritte in den Cylinder = 1,60 Atmosphären.
                           Verhältniß der letzteren zur Spannung im Kessel = 0,929 : 1.
                           Verhältniß des mittleren effectiven Druckes auf den Kolben zur absoluten
                              Dampfspannung laut Belastung des Sicherheitsventiles = 0,632 : 1.
                           Die Hauptverhältnisse der eingetauchten Schiffstheile bei der Probefahrt waren
                              folgende:
                           
                              
                                   Tauchung
                                 vorn:
                                 3,507 Met.
                                 
                              
                                 „
                                 achter:
                                 4,003 Met.
                                 
                              
                           Deplacement: 1005 Kubikmeter.
                           Hauptspant: 24,34 Quadratmeter.
                           Winkel der Tangente der oberen Wasserlinie mit dem Kiele:
                           vorn 21°
                           achter 21°.
                           Summe der eingetauchten Schaufelflächen: 11,80 Quadratmet.
                           Verhältniß letzteren Werthes zum Hauptspante = 0,484 : 1.
                           Aus diesen Daten lassen sich nun folgende, die theoretische und die ökonomische
                              Nutzleistung charakterisirende Resultate ableiten:
                           Gewicht des per Stunde verbrauchten Dampfes von 1,60
                              Atmosph. Druck (Spannung im Cylinder) mit Einschluß des Verlustes durch den 5,8
                              Proc. des nützlichen Dampfvolumens betragenden schädlichen Raum: 10275 Kilogr.
                           Dampfverbrauch per Stunde und per Indicatorpferdekraft: 15,88 Kilogramme.
                           Stündlicher Dampfverbrauch per Quadratmeter Heizfläche:
                              33,306 Kilogramme.
                           Stündlicher Dampfverbrauch per Quadratmeter Rostfläche:
                              491,62 Kilogramme.
                           
                           Stündliches Dampfquantum per Quadratmeter
                              Ueberhitzungsfläche: 137 Kilgr.
                           Gewicht des durch Verbrennung von einem Kilogramm Kohlen
                              verdampften Wassers ohne Berücksichtigung der Verluste durch Abblasen, innere
                              Condensation und Ausblasen = 9,638 Klgr.
                           Stündlicher Kohlenverbrauch per Quadratmeter Rostfläche =
                              51 Klgr.
                           Stündlicher Kohlenverbrauch per
                              mittlere Indicatorpferdekraft = 1,647 Klgr.
                           Stündlicher Kohlenverbrauch per s. g. Nominalpferdekraft:
                              3,731 Kilogramme.
                           
                              
                                   Verhältniß
                                 der
                                 Indicatorpferdekraft
                                 zum
                                 Hauptspante
                                 = 26,58 : 1.
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 Deplacement
                                 = 0,643 : 1.
                                 
                              
                           Als Nutzleistungscoefficienten ergeben sich nach der Darstellungsweise von Paris in seinem Traité de
                                 l'Hélice und in seiner Utilisation
                                 économique des Machines à vapeur folgende Werthe, wobei
                           V die Geschwindigkeit des Schiffes,
                           B² die Fläche des Hauptspantes,
                           D das Deplacement,
                           N die Indicatorpferdekraft und
                           C den stündlichen Kohlenverbrauch bedeuten:
                           1) theoretische Nutzleistung
                              
                           a) (V³ × B²)/N = 49,176
                           b) (V × D²/³)/N = 202,710
                           2) ökonomische Nutzleistung
                              
                           c) (V³ × B²)/C = 29,847
                           d) (V³ × D²/³)/C = 123,033
                           Vergleicht man diese Ziffern und namentlich die letztere mit den in obengenannten
                              Werken zusammengestellten entsprechenden Coefficienten einer großen Anzahl von
                              Schiffen der französischen und englischen Kriegs-Marine und der Messageries impériales, so findet man, daß unter
                              den Kriegsschiffen bloß „Algéziras,“
                              „Tourville“ und „Sêvre“ höhere
                              Werthe für die Formel d aufzuweisen haben, während z.B.
                              die in Tableau VIII, Colonnen 14, 21 und 28 der Utilisation économique enthaltenen
                              Nutzleistungscoefficienten des (musterhaft geleiteten) activen Dienstes der Messageries impériales bloß in zwei vereinzelten
                              Fällen die Höhen von 106,5 und 103,34 erreichen, sonst aber für alle dem
                              „Egitto“ an Größe ähnlichen Schiffe ungefähr zwischen 60 und
                              85 schwanken, und kann man selbst unter Berücksichtigung der nothwendigen
                              Differenzen zwischen Probefahrten und activem Dienste, nicht umhin die
                              Vorzüglichkeit der Leistungen des „Egitto“ hervorzuheben und
                              dem österreichischen Lloyd Glück zu wünschen zu einem ersten so vollkommenen Resultate auf der von ihm endlich betretenen Bahn des wissenschaftlichen Fortschrittes.
                           Libert de Paradis,k. k.
                              Oberst,        emerit.
                              Admiralitäts-Rath.