| Titel: | Beschreibung eines Apparates zur genauen Messung der Zugkraft von Oefen; von Dr. C. List in Hagen. | 
| Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. XI., S. 43 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XI.
                        Beschreibung eines Apparates zur genauen Messung
                           der Zugkraft von Oefen; von Dr. C.
                              List in Hagen.
                        Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
                              1863, Bd. VII S. 493.
                        Mit einer Abbildung.
                        List, über einen Apparat zur genauen Messung der Zugkraft von
                           Oefen.
                        
                     
                        
                           Die Genauigkeit der Apparate, welche gewöhnlich zur Bestimmung der Zugverhältnisse
                              der Oefen und anderer Feuerungsanlagen angewendet werden, steht in vielen Fällen
                              nicht im Verhältniß zu ihrer Wichtigkeit für den rationellen Betrieb. Das aus einer
                              heberförmig gebogenen, mit Wasser theilweise gefüllten Glasröhre bestehende
                              Manometer z.B. hat sich bei den Puddel- und Schweißöfen nicht als ausreichend
                              erwiesen, da bei sehr wesentlichen Differenzen in der Zugkraft doch nur so geringe
                              Unterschiede an den gehobenen Wassersäulen zu beobachten sind, daß sie nicht mit
                              genügender Schärfe gemessen werden können.
                           Dieser Mangel hat vorzüglich bei den Hüttenwerken hiesiger Gegend sich fühlbar
                              gemacht, in welchen eine größere Anzahl von Puddel-, Schweißöfen- und
                              Dampfkesselfeuerungen den Zug von einem gemeinsamen Schornstein erhalten, und da
                              gerade unter diesen Umständen die Beurtheilung der Zugkraft jedes einzelnen Ofens
                              besondere Wichtigkeit hat, so hat man sich vielfach bemüht, einen empfindlicheren
                              Zugmesser zu construiren. Diese Versuche blieben bisher erfolglos, weil man meist
                              den wissenschaftlichen Principien nicht Rechnung trug.
                           Man wollte z.B. das gehobene Wasser zwingen, eine längere Strecke zu durchlaufen,
                              indem man den einen der beiden Schenkel des Manometers aus einer engeren Röhre
                              anfertigte; bedachte aber nicht, daß nicht das gehobene Volum, sondern der Höhenunterschied der beiden
                              Niveaus das Maaß für die auf der einen Seite entstandene Luftverdünnung und mithin
                              für die Zugkraft gibt. Glücklicher war mein Gedanke, die Länge des Weges zu
                              beobachten, welchen die Flüssigkeitstheile in dem langen und engen horizontalen
                              Verbindungsstück zweier verticaler communicirender Röhren von größerem Querschnitt
                              durchlaufen müssen, wenn in einer der beiden verticalen Röhren die Flüssigkeit durch
                              Ansaugen gehoben wird.
                           Nach diesem Principe ist ein Apparat construirt, welcher, was Genauigkeit und
                              Bequemlichkeit der Handhabung betrifft, für die praktische Anwendung sich genügend
                              bewährt hat. Derselbe wurde schon in der Sitzung des technischen Vereins für
                              Eisenhüttenwesen zu Düsseldorf im Mai 1862 von Hrn. E. Elbers vorgezeigt und erregte durch die mit ihm gewonnenen Resultate das
                              Interesse der Anwesenden. Da seitdem eine größere Anzahl Exemplare dieses Apparates
                              angefertigt sind und beim Gebrauche sich bewährt haben, so werden vielleicht einige
                              nähere Angaben darüber den Lesern dieser Zeitschrift willkommen seyn.
                           In seiner jetzigen Gestalt besteht der Apparat aus einer etwa 1 Meter langen und 3
                              Millimeter weiten starken Glasröhre A (siehe beigefügten
                              Holzschnitt), an deren Enden zwei etwa 0,1 Meter lange und 0,015 Meter weite,
                              möglichst cylindrische Röhren B, B rechtwinkelig
                              angelöthet sind. An einer der beiden kürzeren Röhren sitzt rechtwinkelig ein kurzes,
                              etwas engeres Ansatzstück C, auf welches bequem, aber
                              dicht anschließend, ein Gummischlauch D, wie er häufig
                              bei Gasbeleuchtungs-Vorrichtungen benutzt wird, aufgeschoben werden kann. Das
                              andere Rohr B (auf der linken Seite) bleibt dabei oben
                              offen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 171, S. 44
                              
                           Das Ganze wird nun auf einem Brete befestigt, welches auf eine horizontale Unterlage
                              aufgestellt oder so an eine Wand aufgehängt werden kann, daß die längere Glasröhre
                              eine horizontale Lage erhält. Auf der Seite des kurzen Ansatzrohres ist hinter der
                              horizontalen Röhre eine Scala angebracht, deren Nullpunkt sich etwa in der Mitte der
                              Röhre befindet.
                           Als Flüssigkeit zum Füllen des Apparates hat sich am besten Steinöl bewährt, welchem, wenn es nicht schon von Natur hinreichend
                              gefärbt ist, durch Alkanna eine rothe Färbung gegeben werden kann. Bei den ersten
                              Versuchen, bei denen Wasser und als Index eine kleine, das Rohr absperrende
                              Wasserblase benutzt wurde, – ein Quecksilbertropfen ist der Trägheit wegen
                              unbrauchbar, – war es nicht zu erreichen, daß, wenn das Ansaugen auf der
                              einen Seite aufhörte, der Index immer wieder genau auf die Stelle zurückkehrte, die
                              er beim Ansaugen verlassen hatte. Daß der Anfang der Blase (d.h. dasjenige Ende,
                              welches nach der Seite hin gekehrt ist, wohin die Bewegung beim Ansaugen erfolgt)
                              immer wieder auf den Nullpunkt der Scala zurückkehrt, kann auch beim Steinöl nur
                              dadurch erreicht werden, daß man die Blase länger macht, als den Weg, den sie zu
                              durchlaufen hat, so daß also nach dem Ansaugen das hintere Ende der Blase den
                              Nullpunkt nicht erreichen kann, und mithin der Theil der Röhre zwischen dem
                              Nullpunkte und dem Theilstriche, bis wohin der Anfang der Blase vorgeschritten ist,
                              leer von Flüssigkeit wird. In Fällen, in welchen während der Beobachtung die Länge
                              der Blase durch Temperaturwechsel erheblich verändert werden kann, muß der Weg
                              gemessen werden, welchen die Mitte der Blase
                              zurücklegt.
                           Vor dem Gebrauche wird der Apparat vorläufig mit Steinöl so gefüllt, daß eine
                              hinreichende Menge Luft in dem längeren Rohre bleibt, und in die Lage gebracht,
                              welche er während der Beobachtung behalten soll. Darauf wird auf das Ansatzstück ein
                              Kautschukschlauch geschoben, welcher am anderen Ende mit einem kurzen eisernen Rohre
                              luftdicht verbunden ist, und alsdann der Anfang der Luftblase auf den Nullpunkt der
                              Scala eingestellt, indem man durch Einträufeln oder Fortnehmen mittelst Fließpapier
                              die in der freien verticalen Röhre enthaltene Flüssigkeit vermehrt oder vermindert.
                              Man steckt nun das Eisenrohr in eine in dem Zugcanale angebrachte Oeffnung, welche
                              darauf um das Rohr herum mit Lehm wieder ausgefüllt wird. Indem nun in der freien
                              verticalen Röhre die Flüssigkeit herabgedrückt wird, muß der in das enge horizontale
                              Rohr gedrängte Theil hier eine bedeutend größere Länge erhalten; verhalten sich, wie
                              oben angegeben, die beiden Durchmesser wie 15 : 3, so muß diese Länge 25mal so groß
                              werden. Wenn z.B. in der einen verticalen Röhre die Flüssigkeit um 10 Millimeter
                              fällt, so wird die Luftblase sich um 250 Millimeter fortbewegen. Da in diesem Falle
                              der Höhenunterschied der Niveaus in beiden Röhren 20 Millim. beträgt, so wird auf
                              unserer horizontalen Scala der 12,5 fache Werth abgelesen. Durch Einführung anderer
                              Dimensionen für die Durchmesser der Röhren kann diese Multiplication beliebig
                              gesteigert, oder, wenn es bei starken Zugkräften bequemer seyn sollte, vermindert
                              werden.
                           Eine rationelle Eintheilung der Scala würde sich leicht finden lassen, wenn die
                              Dichtigkeit des angewendeten Steinöls bestimmt, und wenn die horizontale Röhre
                              überall vollkommen gleich weit wäre, indem dann berechnet werden könnte, wie groß
                              die Länge der einzelnen Grade gewählt werden müßte, damit sie einen bestimmten Bruchtheil z.B.
                              ein Zehntel, von der Höhe angäben, auf welche eine Wassersäule durch die auf den
                              Apparat wirkende Zugkraft gehoben würde. Da nun aber jene beiden Bedingungen, und
                              namentlich die letztere, nicht leicht zu erfüllen sind, so habe ich der Scala auf
                              praktischem Wege eine solche rationelle Einheit zu Grunde zu legen gesucht.
                           Das zum Aufschieben des Gummischlauches bestimmte Ansatzstück der einen verticalen
                              Röhre wurde nämlich mit einem Korkstopfen verschlossen, in welchem eine
                              rechtwinkelig gebogene Glasröhre eingefügt war, deren nach unten gerichteter Theil
                              in einem eine Pipette verschließenden Korkstopfen steckte. In diesen Korkstopfen
                              wurde eine zweite zweimal in derselben Ebene rechtwinkelig gebogene Glasröhre
                              eingefügt, deren zweiter nach unten gehender Schenkel wiederum in einem Korkstopfen
                              steckte, welcher eine am unteren Ende nach Millimetern graduirte Glasröhre
                              verschloß. Letztere stand lothrecht in einem Gefäß mit Wasser von viel größerem
                              Durchmesser. Ließ man nun das in der Pipette enthaltene Wasser mittelst eines
                              Quetschhahnes ausfließen, so wurde durch die Vergrößerung des über dem Wasser
                              enthaltenen Luftraumes ein Ansaugen, sowohl der Flüssigkeit des Zugmessers, als auch
                              des Wassers in der graduirten Röhre, bewirkt, und, da auf luftdichten Verschluß die
                              nothwendige Sorgfalt verwendet war, blieb, wenn das Ausfließen des Wassers aus der
                              Pipette unterbrochen wurde, die Luftblase, wie auch das Wasser, in der graduirten
                              Röhre ruhig stehen.
                           Die Graduirung wurde nun so ausgeführt, daß, wenn durch tropfenweises Ausfließen aus
                              der Pipette das Wasser um 5 Millimeter gestiegen war, und die Luftblase vollkommen
                              stillstand, die Stelle bezeichnet wurde, bis wohin sie vorgerückt war; hierauf wurde
                              das Wasser wieder um 5 Millim. steigen gelassen,Die große Weite des Gefäßes verhinderte ein merkliches Sinken des äußeren
                                    Niveaus, wie beim Gefäßbarometer. der Stand der Luftblase bezeichnet und so fortgefahren, bis die Blase dem
                              Ende des horizontalen Rohres nahe gekommen war. Diese ersten Abtheilungen der ersten
                              Scala wurden zunächst in 5 gleiche Theile getheilt; werden diese als Einheiten oder
                              Grade der Zugmesserscala angenommen, so ist 1 Grad des Zugmessers äquivalent einem
                              Zehntel-Millimeter Wassersäule. Diese Grade sind je nach der Weite der Röhren
                              groß genug, um noch weiter in zwei oder mehr Theile getheilt werden zu können, wenn
                              noch schärfere Beobachtungen bezweckt werden sollten.
                           
                           Als Beweis für die Brauchbarkeit des vorbeschriebenen Apparates mögen die folgenden
                              Beobachtungen dienen, welche mir von Hrn. E. Elbers aus
                              einer Reihe von interessanten Versuchen zu diesem Zwecke gütigst mitgetheilt worden
                              sind. – Es sey zuvor bemerkt, daß in dem Hüttenwerke von Funcke und Elbers, wo diese
                              Versuche ausgeführt sind, die Puddelöfen paarweise mit dem Rücken aneinander liegen
                              und mit cylindrischen Dampfkesseln versehen sind. Die Feuerzüge bestreichen von den
                              Puddelöfen ab geradeaus die untere Fläche der Kessel, können am Ende der letzteren
                              durch ein Register geschlossen werden, und fallen jeder für sich schräge in die
                              rechtwinkelig an dem hinteren Ende der Kessel vorbeiführenden Luftcanäle, welche in
                              die Schornsteine münden.
                           Die Empfindlichkeit des Apparates zeigt sich recht deutlich daraus, dah, wenn er am
                              Zuge unter dem Kessel angebracht wird, ein Rückgang der Blase um etwa 5 Grade
                              eintritt, sobald das Plättchen vor der Arbeitsöffnung der Puddelthür weggenommen
                              wird, und die Blase um ebensoviel wieder vorangeht, wenn diese Oeffnung wieder
                              geschlossen wird. Das Oeffnen und Schließen der ganzen Puddelofenthür bewirkt
                              Schwankungen um 20 bis 30 Grade.
                           Während an dem hinter einem Ofen (A) liegenden Kessel
                              eine Reparatur angenommen werden sollte, und deßhalb zur rascheren Abkühlung das
                              Register geöffnet worden war, wurde an dem daneben und zwar dem Schornsteine näher
                              liegenden Ofen (B) über kalten Gang geklagt. Um zu
                              untersuchen, in wie weit das Oeffnen des Registers von A
                              (also das Einströmen von kalter Luft) auf den Zug in B
                              einen Einfluß ausübe, wurde der Zugmesser an dem Feuerzuge unter dem Kessel von B angebracht. Er zeigte nun bei wiederholten Messungen
                              übereinstimmend, wenn das Register von A geöffnet war,
                              121 Grade, dagegen beim Schließen 165 Grade; das Einströmen der kalten Luft bewirkt
                              mithin eine Differenz von 44 Graden in der Zugkraft.
                           Wie der Apparat die Aenderungen in der Zugkraft während verschiedener Perioden einer
                              Puddelcharge angibt, zeigen die folgenden Beispiele. Es ergaben sich
                           
                              
                                 beim letzten Umsetzen
                                 151 Grade
                                 
                              
                                 bei halbgeschlossenem Register
                                   82    „
                                 
                              
                                 bei offenem Register während der
                                    Vorbereitungen    für die neue
                                    Charge
                                 142    „
                                 
                              
                                 während des Einschmelzens
                                 165    „
                                 
                              
                           Bemerkenswerth ist, daß in ihrer Lage und Construction übereinstimmende Oefen (bei
                              auch im Uebrigen gleichen Verhältnissen) fast übereinstimmende Zahlen ergeben; die
                              Zahlen werden kleiner, je weiter die Oefen von dem gemeinschaftlichen Schornsteine entfernt
                              liegen; schlecht gehende Oefen liefern durchgehend niedrigere Zahlen.
                           Schließlich noch ein Beispiel, welches zeigt, wie der Apparat dazu dienen kann, die
                              Gesammtzugkraft eines Schornsteines, an welchem mehrere Oefen hängen, anzugeben. 8
                              Oefen, welche von demselben Schornsteine ihren Zug erhalten (indem vier an der einen
                              und vier an der anderen Seite liegen), hatten folgende Zahlen ergeben:
                           
                              
                                 1.
                                 2.
                                 3.
                                 4.
                                 5.
                                 6.
                                 7.
                                 8.
                                 
                              
                                 122
                                 110
                                 178
                                 180
                                 184
                                 173
                                 132
                                 125,
                                 
                              
                           in Summa 1204.
                           Nachdem an 1 und 2 eine Aenderung gemacht war, welche die Zugkraft vermehren sollte,
                              ergaben sich (bei ziemlich gleicher Lufttemperatur) die folgenden Zahlen:
                           
                              
                                 1.
                                 2.
                                 3.
                                 4.
                                 5.
                                 6.
                                 7.
                                 8.
                                 
                              
                                 145
                                 160
                                 170
                                 175
                                 163
                                 160
                                 123
                                 112,
                                 
                              
                           in Summa 1208.
                           Ich wiederhole, daß diese einzelnen Angaben nur als Beweise für die Brauchbarkeit des
                              beschriebenen Zugmessers dienen sollen; die Discussion der Resultate möge einer
                              anderen Gelegenheit vorbehalten bleiben.
                           Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, daß der Apparat sich auch bei Versuchen auf
                              der hiesigen Gasanstalt als nützlich zur Messung des Gasdruckes bewährt hat.