| Titel: | Ueber das Beschlagen und Blindwerden des Glases, und über die Methode zur Vorherbestimmung dieser Erscheinung; von Dr. R. Weber. | 
| Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. XXXI., S. 130 | 
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                        XXXI.
                        Ueber das Beschlagen und Blindwerden des Glases,
                           und über die Methode zur Vorherbestimmung dieser ErscheinungFür diese unter dem Motto: „Die Natur der anorganischen Körper liegt in
                                    ihrer Zusammensetzung“, dem Verein für Gewerbfleiß in Preußen
                                 eingesendete Bewerbung um die vierte pro 1860
                                 gestellte Preisaufgabe wurde dem Verfasser der ausgesetzte Preis zuerkannt.; von Dr. R.
                              Weber.
                        Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
                                 Gewerbfleißes in Preußen, 1863 S. 131.
                        Weber, über das Beschlagen und Blindwerden des Glases.
                        
                     
                        
                           Es ist eine bereits seit langer Zeit gemachte Erfahrung, daß viele Gläser, besonders
                              wenn sie der feuchten Luft ausgesetzt sind, nach längerer oder kürzerer Zeit eine
                              Veränderung an ihrer Oberfläche erleiden, daß der hohe Glanz derselben verschwindet,
                              eine Verminderung der Durchsichtigkeit eintritt, daß ihre Oberfläche mit einer
                              dünnen irisirenden Schicht sich überkleidet, und sogar zuweilen dünne Blättchen sich
                              ablösen, oder viele feine Haarrisse sich zeigen.
                           Nicht alle Glassorten sind in gleichem Maaße zu diesen Veränderungen geneigt, manche
                              dagegen im hohen Grade; sie zeigen, wenn sie sorgfältig gereinigt, oft schon nach
                              einigen Tagen auf der Oberfläche entweder einen zarten Beschlag, den man für Staub
                              anzusehen geneigt seyn kann, oder sie bedecken sich mit einer äußerst dünnen
                              Feuchtigkeitsschicht, auf deren Vorhandenseyn sich durch das stärkere Anhaften des
                              Staubes schließen läßt. Solchen schon nach kurzer Zeit oberflächlich sich
                              verändernden Gläsern ist selbstredend eine längere Dauer und Haltbarkeit nicht
                              beizumessen. Andere Glassorten dagegen zeigen erst solche Veränderungen, wenn sie lange Zeit hindurch
                              unberührt geblieben sind; es haftet auf ihnen der Staub weniger fest, die Oberfläche
                              behält ihren Glanz, und es entzieht sich die Veränderlichkeit der Glassubstanz der
                              oberflächlichen Beobachtung.
                           Am auffallendsten treten diese auf einer Zersetzung des Glases beruhenden
                              Eigenschaften hervor, wenn das Glas während einer Reihe von Jahren von feuchter Erde
                              bedeckt war. Das ausgegrabene antike Glas ist meistens bis auf eine tiefe Schicht
                              opak geworden; es hat oft seine Festigkeit verloren und bildet sogar zuweilen nur
                              ein Aggregat von dünnen, trüben Lamellen. Colladon theilt
                              mit, daß frisch ausgegrabenes, lange in der Erde gelegenes Glas biegsam sey, daß es
                              aber an der Luft nach kurzer Zeit wieder hart und spröde werde.Gmelin's Handbuch der Chemie, Bd. II S. 367.
                              
                           Diese Veränderungen beruhen auf einer Zersetzung des Glases durch den Einfluß der
                              Atmosphärilien, durch Wasser und Kohlensäure, deren Wirkung auch bekanntlich die
                              meisten Minerale unterliegen. Der Feldspath, der Augit etc. verwittern, wenn sie
                              während langer Zeitperioden der directen Einwirkung dieser Agentien ausgesetzt sind;
                              die im Wasser löslichen Bestandtheile werden fortgeführt, die anderen bleiben, wenn
                              sie nicht durch Wasser mechanisch weggespült werden, an dem Orte wo die Zersetzung
                              erfolgte, zurück. Aehnlich ist der Vorgang beim Glase; durch die Einwirkung des
                              Wassers wird dem Glase zunächst Alkali in Verbindung mit etwas Kieselsäure entzogen,
                              dann wird, da bekanntlich der kieselsaure Kalk von Wasser etwas gelöst wird, auch
                              Kalkerde entfernt, und fast reine Kieselsäure bleibt zurück. Nach Griffiths VersuchenEbendaselbst. besteht das ausgegrabene antike Glas fast nur aus Kieselsäure. Hausmann
                              Liebig, Jahresbericht von 1856, S. 356. analysirte ein durch längeres Verweilen im Erdboden oberflächlich zersetztes
                              Glas, sowie den noch unverändert gebliebenen Kern. Er fand, daß die veränderte
                              opalisirende Rinde vollkommen frei von Alkali war, daß die Menge der Kieselsäure
                              relativ abgenommen hatte, die Menge der Kalkerde und des Eisenoxyduls dagegen
                              gewachsen war und daß die veränderte Glasmasse 19,3 Proc. Wasser gebunden enthielt.
                              Zuerst wird aus dem Glase Alkali und später dann Kalk entfernt. Zu ähnlichen
                              Resultaten kam Bingley,Liebig, Jahresbericht von 1858, S. 141. welcher ein Glas, das lange Zeit in einem See gelegen hatte,
                              untersuchte.
                           
                           Die Einwirkung des Wassers auf das Glas, welche bei Glasgefäßen zuerst von Scheele nachgewiesen wurde, wird sofort merklich, wenn
                              man selbst gutes hartes Glas, fein gepulvert, mit Wasser übergießt. Letztere
                              Erfahrung machten schon vor langen Jahren Bischof
                              Kastner's Archiv, Bd. I S. 443. und Fuchs;Kastner's Archiv, Bd. V S. 396. sie zeigten, daß Glaspulver mit Wasser befeuchtet, alkalisch reagirt. Als
                              eine Neuigkeit beschreibt Pelouze
                              Comptes rendus, t. XLIII p. 117; polytechn. Journal Bd.
                                       CXLII S. 121. diese Erscheinung; er theilt außerdem mit, daß feines Pulver von einem 77,3
                              Proc. Kieselsäure enthaltenden, also ohne Zweifel harten Glase, an Wasser bis 18,2
                              Proc. abgebe, und daß neben Alkali viel Kieselsäure in Lösung gehe. Den Einfluß,
                              welcher von der Kohlensäure auf das befeuchtete Glas ausgeübt wird, erweisen die von
                              dem genannten Chemiker in dieser Beziehung ausgeführten interessanten Versuche. Das
                              feine, mit Wasser durchfeuchtete Glaspulver absorbirt nämlich Kohlensäure aus der
                              Luft, braust mit Säuren. Glaspulver nimmt, wenn es mit Wasser gekocht wird, die
                              Kohlensäure noch schneller auf. Es findet also durch die Kohlensäure eine namhafte
                              Wirkung auf das Glas statt. Die von Ludwig
                              Chemisches Centralblatt, 1857 S. 829. mit Feldspathpulver ausgeführten Versuche ergeben die leichte Zersetzbarkeit
                              dieser Minerale beim Kochen ihres feinen Pulvers mit Wasser.
                           Erfahrungsmäßig widerstehen die verschiedenen im Handel vorkommenden Glassorten dem
                              Einflusse der feuchten Luft nicht in gleicher Weise; sie sind wie die
                              Gesteinsmassen, z.B. die Granite, in verschiedenem Grade zur Zersetzung geneigt.
                              Dieses verschiedene Verhalten der Gläser ist indessen lediglich auf ihre chemische
                              Beschaffenheit begründet, wogegen bei den Gesteinen noch die zufälligen
                              Structurverhältnisse, die größere oder geringere Dichtigkeit ihrer Masse, ihre
                              Festigkeit, wohl zum Theil bedingt durch den größeren oder geringeren Druck, unter
                              dem sie entstanden sind, hierbei wesentlich in Betracht kommen; denn das lockere
                              Gestein von gleicher Zusammensetzung wie das festere wird in Folge der größeren
                              Berührungsfläche leichter zersetzt. Die physikalische Beschaffenheit der Gläser ist
                              nicht in diesem Sinn erheblich verschieden, aber die chemische Zusammensetzung der
                              Glassorten weicht wesentlich von einander ab. Hierin ist das abweichende Verhalten
                              der Glassorten unter einander zu suchen. Die chemische Zusammensetzung derselben
                              bedingt allein die Eigenschaften der Glassorte; der größere oder geringere Gehalt an
                              Alkali, beziehungsweise
                              auch an Kalk in den Gläsern ist der Grund für die größere oder geringere
                              Zersetzbarkeit derselben. Nachstehende kleine Tabelle enthält die Resultate einiger
                              Glasanalysen, aus denen die Verschiedenheit in der Mischung der Gläser erhellt.
                           Ordinäres Flaschenglas.
                           
                              
                                 
                                 Berthier.
                                 
                                 Dumas.
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 60,0 – 53,56
                                 –
                                 45,6
                                 
                              
                                 Kali und Natron
                                   3,1 –  
                                    5,48
                                 –
                                   6,2
                                 
                              
                                 Kalk
                                 22,3 – 29,22
                                 –
                                 28,1
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   8,0 –  
                                    6,01
                                 –
                                 14,0
                                 
                              
                                 Mangan und Eisenoxyd
                                   5,2 –  
                                    5,74
                                 –
                                   6,2
                                 
                              
                           Halbweißes französisches Glas.
                           
                              
                                 
                                 Berthier.
                                 
                                 Dumas.
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 71,6 – 69,6
                                 –
                                 2,0
                                 
                              
                                 Kali und Natron
                                 10,6 – 11,0
                                 –
                                 6,4
                                 
                              
                                 Kalk
                                 10,0 – 13,0
                                 –
                                 5,6
                                 
                              
                                 Magnesia
                                    –  
                                    –   0,6
                                 –
                                 2,2
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   3,0 –  
                                    3,6
                                 –
                                 2,4
                                 
                              
                                 Mangan und Eisenoxyd
                                   1,8 –  
                                    1,6
                                 –
                                 0,7
                                 
                              
                           Weißes Glas.
                           
                              
                                 
                                 Berthier.
                                 Dumas.
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 71,7 – 69,4
                                 –
                                 
                                 62,8
                                 
                              
                                 Kali und Natron
                                 15,2 – 11,8
                                 –
                                 
                                 22,1
                                 
                              
                                 Kalk
                                 10,3 –   9,2
                                 –
                                 
                                 12,5
                                 
                              
                                 ThonerdeEisenoxyd
                                   0,4 –  
                                    9,60,5 –    –
                                 ––
                                 
                                    
                                    
                                   2,6
                                 
                              
                           Diese wenigen Anführungen mögen genügen, um die große Verschiedenheit in der
                              Zusammensetzung der Gläser zu zeigen. Die Menge der Kieselsäure variirt von
                              45,6–71,7 Proc., der Alkaligehalt liegt zwischen den Grenzen 3,1–22,1
                              Proc., und der Kalkgehalt zwischen 9,2–29,2 Proc. Das verschiedene Verhalten
                              der Gläser kann daher nicht überraschen.
                           Die fehlerhafte Beschaffenheit des Glases kann nun entweder darin sich zeigen, daß
                              das Glas, wie oben bemerkt, mit einem zarten, staubähnlichen Beschlage, der sich auf
                              den Gläsern zeigt, selbst wenn sie vor Staub geschützt aufbewahrt werden, und
                              welcher nach dem jedesmaligen Abwischen sich erneuert, überzieht, oder auch darin,
                              daß die Oberfläche des Glases feucht wird, daß ein feiner Thau, der gleichfalls nach
                              erfolgter Entfernung desselben bald wieder erscheint, sich darauf absetzt. Der
                              Angriff, den das Glas innerhalb kurzer Zeitperioden erfährt, ist meistens nicht sehr merklich,
                              denn die Glasoberfläche ist nach Entfernung dieser Beschläge anscheinend
                              unverändert, weil der Angriff an allen Punkten der Oberfläche gleichzeitig
                              stattgefunden. Nach längerer Zeit wird aber die Veränderung der Oberfläche dennoch
                              sichtbar.
                           Es ist nicht zweifelhaft, daß diese zersetzbaren Gläser in den meisten Fällen, wie
                              bereits mehrfach ausgesprochen, einen zu großen Gehalt an Alkali besitzen, und daß
                              daher die Menge der vorhandenen Kalkerde nicht ausreicht, um, selbst wenn es an
                              Kieselsäure nicht mangelt, die widerständige Doppelverbindung von kieselsaurem
                              Alkali mit kieselsaurem Kalk, resp. Blei- oder Zinkoxyd, zu bilden. Denn auf
                              die Bildung von Doppelsilicaten gründet sich bekanntlich die Entstehung der den
                              Säuren widerstehenden Glasmasse; jedes der componirenden Silicate, sowohl das
                              kieselsaure Alkali als der kieselsaure Kalk etc., werden von Säuren aufgeschlossen.
                              Die Darstellung alkalireicher Gläser mag wohl oft aus dem Grunde geschehen, weil ein
                              solcher Glassatz leichter schmelzbar ist, dünnflüssiger wird, leichter blank
                              schmilzt und daher weniger Brennmaterial erfordert. Ein zu kalkreiches Glas wird,
                              wenn es im Satze an Kieselsäure mangelt, von Säuren gleichfalls leicht angegriffen;
                              eine derartige Erscheinung beobachtet man öfter an den unter Zusatz von Basalt
                              geschmolzenen grünen Gläsern. Warrington
                              Philosophical Magazine, vol. XXVI p. 578. theilt die Analyse eines derartigen fehlerhaften Buttel-Glases mit,
                              welches enthielt:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 49,00
                                 
                              
                                 Kalkerde
                                 24,75
                                 
                              
                                 Kali
                                 7,25
                                 
                              
                                 Natron
                                 2,00
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 10,10
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 4,10
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 2,00
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 99,30
                                 
                              
                           Der Gehalt an Kalk ist in dem analysirten Glase zwar sehr hoch, aber es ist zu
                              erwähnen, daß das Glas 10 Proc. Eisenoxyd enthält, und schon deßhalb kein normal
                              zusammengesetztes Glas ist.
                           Die auf der Oberfläche leicht zersetzbarer Gläser ausgeschiedenen, entweder
                              staubförmigen oder deliquescirenden Massen reagiren alkalisch; der reifartige
                              Beschlag enthält vorzugsweise Natron, in dem flüssigen Beschlage dagegen befindet
                              sich Kali. Die Mengen der ausgewitterten Substanzen sind zwar meistens nur klein;
                              indessen erkennt man vermittelst des Spectralapparats mit großer Sicherheit die Gegenwart
                              des Kalis in dem feuchten Beschlage. Zur Nachweisung des Natrons ist jenes feine
                              Hülfsmittel nicht erst erforderlich. Hiernach hat es nun den Anschein, daß das
                              Beschlagen mit Feuchtigkeit den überschüssig Kali enthaltenden Gläsern, das
                              Verwittern unter Ausscheidung fester Salze den fehlerhaft zusammengesetzten
                              Natrongläsern eigen ist Die kalkfreien, auflöslichen Kali- und Natrongläser
                              zeigen dasselbe Verhalten; Kaliwasserglas nämlich deliquescirt, Natronwasserglas
                              dagegen überzieht sich, der Luft ausgesetzt, mit einem pulverigen Beschlage.
                           Derartiges fehlerhaftes Glas ist für optische Zwecke nicht verwendbar; Linsen aus
                              demselben geschliffen, werden in Folge des Ueberzuges trübe. Die Beseitigung
                              desselben ist oft, wenn die Gläser in Röhren eingesprengt sind, schwierig, der
                              Ueberzug kommt bald wieder zum Vorschein, und zwar besonders dann, wenn die Gläser
                              so eingefaßt sind, daß nur ein geringer Luftwechsel eintreten kann. Mit der Zeit
                              wird die Glasoberfläche matt. Sehr störend wirkt diese Beschaffenheit besonders bei
                              den zu Reflexionsgläsern verschlissenen Platten an Meßinstrumenten, vorzüglich bei
                              den für den Gebrauch auf der See bestimmten Instrumenten, weil die Schärfe des
                              reflectirten Bildes durch den Beschlag auf dem Spiegel sehr beeinträchtigt wird.
                              Deßgleichen sind beschlagende Scheiben als Spiegelplatten, oder zum Verglasen der
                              Fenster und Spinden, sehr lästig. Es ist ferner oft von Interesse, das für
                              physikalische Zwecke zu verwendende Glas auf die Eigenschaft, zu beschlagen, zu
                              prüfen, denn ohne Zweifel leitet das feucht beschlagende Glas die Electricität und
                              ist deßhalb für die Construction elektrischer Apparate nicht brauchbar.
                           Zur Erkennung dieser Fehler hat man verschiedene Mittel benutzt; man hat
                              vorgeschlagen, das Glas auf seine Härte zu prüfen. Das härtere Glas ist dem
                              weicheren vorzuziehen. – Dieß Prüfverfahren kann aber leicht zu Irrthümern
                              Veranlassung geben, denn bekanntlich ist Kaliglas härter als Natronglas, und
                              haltbareres Natronglas, welches man für chemische Zwecke dem ersteren oft vorzieht,
                              kann sich weicher als jenes Kaliglas erweisen. Auch entbehrt diese Methode jeder
                              Schärfe.
                           Ferner hat man vorgeschlagen,Gmelin, Handbuch der Chemie, Bd. II S. 367. Säuren auf den zu prüfenden Gegenständen zu erhitzen und zu untersuchen, ob
                              ein Angriff merklich ist oder nicht. – Auch diese Methode ist nur sehr roh,
                              denn da der Angriff auf allen Punkten der Glasfläche stattfindet, so ist er, wie
                              oben bemerkt, nur schwer
                              merkbar und diese Methode ist zur Erkennung feinerer Unterschiede nach den
                              Erfahrungen des Verfassers durchaus ungeeignet.
                           Verdünnte Flußsäure greift das schlechte Glas zwar etwas mehr an als gutes;
                              deßgleichen wirkt auch Kieselflußsäure, wenn man sorgfältig deren Verdunstung
                              hindert, auf gutes Glas wohl weniger ein als auf schlechtes, aber als
                              Unterscheidungsmittel erscheinen diese Säuren, da die Anzeichen nicht scharf genug
                              sich kundgeben, ungenügend.
                           Lösungen von Alkalien erwiesen sich gleichfalls nicht brauchbar. Auch das Ammoniak,
                              dessen zersetzende Wirkung sehr merkwürdig ist, dessen Wirkung man an
                              Reagenzflaschen sowohl als auch an den Glasscheiben, mit denen Stallfenster verglast
                              sind, wahrnimmt, kann für den in Rede stehenden Zweck nicht dienen.
                           Bekanntlich greifen manche Salzlösungen schon in der Kälte das Glas an; die Flaschen,
                              in denen Lösungen von phosphorsaurem Natron aufbewahrt werden, erschienen sehr
                              häufig corrodirt;Muspratt, Encyklopädie, Bd. II S. 920. oft ist die Lösung getrübt von feinen irisirenden Lamellen. Zur Prüfung der
                              Gläser erschien aber dieses Mittel nicht geeignet.
                           Als ein Mittel zur Erkennung der fehlerhaften Eigenschaften der Gläser ist ferner von
                              Vogel und Reischauer eine
                              concentrirte Lösung von salpetersaurem Zinkoxyd, in der dieselben mehrere Tage
                              erwärmt werden, bezeichnet worden.Polytechn. Journal Bd. CLII S.
                                       181. Die schlechten, zur Aufnahme von Wasser disponirten Gläser erleiden dadurch
                              eine leicht wahrnehmbare Veränderung, welche gute Gläser nicht zeigen. In derartigen
                              von dieser Lösung angegriffenen Gläsern fanden die genannten Chemiker:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 65,16
                                 –
                                 64,04
                                 –
                                 66,47,
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                 3,39
                                 –
                                 1,69
                                 –
                                 3,10,
                                 
                              
                                 Kalkerde
                                 4,69
                                 –
                                 7,80
                                 –
                                 5,60,
                                 
                              
                                 Kali
                                 22,31
                                 –
                                 20,64
                                 –
                                 18,79,
                                 
                              
                                 Natron
                                 2,47
                                 –
                                 4,94
                                 –
                                 5,61.
                                 
                              
                           Nach der Ansicht des Verfassers müssen die Fehler der obigen drei Glassorten sehr
                              deutlich ausgeprägt seyn, denn ein Glas mit 24,4–25,6 Proc. Alkali enthält
                              fast so viel Alkalien wie manches Wasserglas, in dem wohl 32–35 Proc. Kali
                              oder 25–27 Proc. Natron enthalten sind.Muspratt, Encyklopädie, Bd. II S. 1024. – Vergleichende Versuchsreihen hat der Verfasser nicht
                              angestellt.
                           Schlechte Gläser zeigen auch die Eigenschaft, beim Erhitzen trübe zu werden, eine Erscheinung, auf
                              deren Nutzanwendung zur Erkennung der Fehler Splitgerber
                              Poggendorff's Annalen, Bd. LXXXII S. 453;
                                    polytechn. Journal Bd. CXX S.
                                       195. aufmerksam gemacht hat.
                           Bei den mitgetheilten Prüfungsverfahren wurden stets Prüfungsmittel in flüssiger Form
                              auf das Glas gebracht und aus dem erfolgten Angriff nach der Entfernung derselben
                              auf die Güte des Glases geschlossen. Der Werth dieser Methoden ist, wenn es sich um
                              Beurtheilung seiner Unterschiede handelt, sehr zweifelhaft; denn bei besseren, aber
                              doch für optische Zwecke nicht mehr zu empfehlenden Gläsern, bei denen ein zarter
                              Beschlag erst wenn sie längere Zeit eingeschlossen sind hervortritt, ist der
                              erfolgte Angriff nicht immer der Art, daß eine sichere Beurtheilung möglich ist. Es
                              wird nämlich von der Glasoberfläche mit der später entfernten Prüfflüssigkeit die
                              vom Glase abgelöste Substanz entfernt, und da der Angriff sehr gleichmäßig erfolgt,
                              so wird er nicht leicht bemerkt, denn es wird die Politur nicht wesentlich lädirt.
                              Es wird daher darauf ankommen, die durch das Reagens aus dem zersetzbaren Glase
                              geschiedene Substanz auf der Glasoberfläche zu erhalten, um aus dem Vorhandenseyn
                              kleinerer oder größerer Mengen derselben einen Schluß auf die Beschaffenheit des
                              Glases zu machen. Deßhalb ist die Anwendung gas- und dampfförmiger Reagentien
                              zur Prüfung der Gläser nach den Erfahrungen des Verfassers vorzuziehen. Am
                              geeignetsten erwies sich Salzsäure; sie wird in folgender einfacher Weise zur
                              Anwendung gebracht:
                           In ein flaches Glasgefäß wird starke, rohe, rauchende Salzsäure gegossen, auf den
                              Rand des Gefäßes, zur Unterstützung der zu prüfenden Glasplatten, werden
                              Glasstreifen gelegt, und das so vorgerichtete Gefäß wird auf eine abgeschliffene
                              Glasplatte gestellt und endlich eine am Rande abgeschliffene Glasglocke, die also
                              dicht abschließt, darüber gestülpt. Die Gläser werden vorher höchst sorgfältig
                              gereinigt und in dem einfachen Apparate der Wirkung der Dämpfe der rauchenden Säure
                              24–30 Stunden lang ausgesetzt. Die Temperatur ist zweckmäßig
                              15–20° C. An den Gläsern haftet alsdann meistens ein zarter Thau,
                              besonders wenn die Gläser zur Zersetzung neigen, zuweilen jedoch zeigt sich derselbe
                              nicht. Eintretende Temperaturdifferenzen spielen hierbei eine Rolle. Nachdem die
                              Gläser den Dämpfen 24–30 Stunden ausgesetzt waren, stellt man sie in einen
                              verschließbaren Schrank und läßt sie wieder 24 Stunden stehen. Jede Spur
                              Ammoniakdampf und Staub ist auf das sorgfältigste abzuhalten. Die auf diese Weise
                              trocken gewordenen Gläser betrachtet man im durchfallenden Lichte; zeigt sich ein
                              weißer, zarter Beschlag, den man leicht abwischen kann, so sind die Gläser verwerflich. Wenn die Fehler
                              stärker ausgeprägt sind, so ist der Beschlag sehr deutlich; solche Gläser sollte man
                              füglich nicht einmal zum Verglasen nehmen. Bemerkt man im durchgehenden Lichte
                              keinen Beschlag, so betrachtet man sie im schräg einfallenden, und zieht mit einer
                              abgerundeten Messerschärfe einen Strich darüber. Das ist die feinste
                              Beobachtungsweise; der leiseste Anflug wird hierbei sichtbar. Bei sehr gutem Glase
                              sieht man keinen Anflug, weniger haltbare Gläser zeigen denselben mehr oder weniger
                              deutlich. Da die guten in die schlechteren Gläser gradatim und nicht sprungweise
                              übergehen, so ist naturgemäß keine derartige scharfe Grenze, wie bei den
                              Faser-Stoffen, die z.B. entweder Wolle oder Baumwolle etc. sind, hier
                              vorhanden. Es spiegelt sich vielmehr in dieser Reaction das Verhalten des Glases zu
                              den zersetzend wirkenden Agentien ab, und es zeigt sich, welches Glas zersetzbarer
                              als anderes ist. – Die nöthige Erfahrung und Uebung wird leicht gewonnen.
                           Obiges Prüfverfahren ist, da die Gläser dabei nicht lädirt werden, auch für fertig
                              verschlissene Gläser anwendbar. Dem Verfasser wurden mehrere gute und beschlagende
                              Objective aus größeren Fernröhren zur Prüfung vorgelegt, und es wurden die guten
                              Gläser von den schlechten sicher unterschieden.
                           Die Prüfung von buntem Glase erfolgt auf dieselbe Weise. Das Verfahren ist indessen
                              nicht mehr anwendbar auf Gläser, bei denen der färbende Theil einen dem Gewichte
                              nach wesentlichen Bestandtheil bildet, wie z.B. bei den tiefrothen, im Tageslichte
                              vollkommen undurchsichtigen Sonnengläsern. Diese werden nämlich von den Dämpfen
                              angegriffen.
                           Deßgleichen wird das Faraday'sche Borsäureglas
                              angegriffen.
                           Dagegen läßt sich hiernach die Güte des Flintglases beurtheilen, was kaum zu hoffen
                              war. Gutes Flintglas erleidet nur einen sehr unbedeutenden Angriff. – Diese
                              Beobachtung stimmt mit einer älteren, von Griffith (Gmelin's Handbuch, Bd. II S. 366) gemachten Wahrnehmung,
                              nach welcher Salzsäure aus Flintglaspulver kein Bleioxyd, sondern nur Alkali
                              auszieht, überein.
                           Es dürfte wohl von Interesse seyn, die Zusammensetzung der durch längeres Aufbewahren
                              als mehr oder weniger beschlagend erkannten und nach dieser Methode geprüften Gläser
                              zu kennen, um hiernach die Zusammensetzung des Glassatzes festzustellen und die
                              Grenzen zu bezeichnen, bis zu denen der Alkaligehalt ohne wesentliche
                              Beeinträchtigung der Güte des Glases gesteigert werden kann; der Verfasser wird die
                              Untersuchung derartiger Gläser ausführen und das Ergebniß demnächst vorlegen.