| Titel: | Ueber Vial's Gravirverfahren auf Stahl; Bericht von Becquerel. | 
| Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. LXXII., S. 285 | 
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                        LXXII.
                        Ueber Vial's Gravirverfahren auf Stahl; Bericht von
                           Becquerel.
                        Aus den Comptes rendus, t. LVIII p. 40.
                        Becquerel, über Vial's Gravirverfahren auf Stahl.
                        
                     
                        
                           Hr. Vial hat der (französischen) Akademie der
                              Wissenschaften eine Abhandlung über neue Verfahrungsarten zum Reproduciren der alten
                              Kupferstiche und
                              über neue GravirmethodenPolytechn. Journal Bd. CLXVIII S.
                                       206. übergeben, welche von derselben einer Commission, bestehend aus den HHrn.
                              Dumas, Regnault und dem Berichterstatter, zur Prüfung
                              überwiesen wurde.
                           Obgleich diese Verfahrungsarten in Frankreich patentirt wurden, glaubt die Kommission
                              doch darüber berichten zu müssen, da eine derselben auf einer nicht bekannten
                              elektrochemischen Eigenschaft beruht.
                           Das Verfahren ist folgendes: Man überträgt auf Stahl einen Stich oder eine Zeichnung
                              mit fetter Schwärze, oder man zeichnet auf die Stahlplatte mit solcher Schwärze. Die
                              Platte wird alsdann in ein Bad getaucht, welches aus einer gesättigten Lösung von
                              Kupfervitriol, mit einer kleinen Menge Salpetersäure versetzt, besteht; nach Verlauf
                              von fünf Minuten nimmt man die Platte heraus, wäscht sie, beseitigt mit Ammoniak das
                              abgelagerte Kupfer, und die Gravirung ist fertig; die Striche der Zeichnung sind in
                              vertiefter Manier copirt. Bei den gewöhnlichen Gravirmethoden auf Metall, schützen
                              die fetten Stoffe, welche die Zeichnung bilden, dieses Metall auf den von ihnen
                              bedeckten Stellen gegen die ätzende Wirkung der chemischen Agentien, und so erhält
                              man eine erhabene Gravirung. Bei dem Verfahren von Vial
                              erhält man sofort eine vertiefte Gravirung. Ein ähnlicher Erfolg findet statt, wenn
                              man mit Kreide, Graphit, Pastell zeichnet, oder wenn man auf dem Stahl Rostpunkte
                              sich bilden läßt. Es ist kaum möglich, ein einfacheres Gravirverfahren zu
                              ersinnen.
                           Wir wollen nun die hervorgebrachten Wirkungen zu erklären versuchen. Wenn eine
                              Stahlplatte, auf welcher sich eine Zeichnung mit fetter Schwärze befindet, in eine
                              gesättigte Auflösung von schwefelsaurem Kupferoxyd getaucht wird, die eine kleine
                              Menge Salpetersäure enthält, so überziehen sich die Stellen der Oberfläche, welche
                              keine fette Schwärze empfiengen, in Folge der gemeinschaftlichen Wirkung der
                              Salpetersäure und des schwefelsauren Kupfers auf den Stahl sofort mit metallischem
                              Kupfer, dessen Theile unter sich wenig Adhärenz haben. Gleichzeitig dringt die
                              Metalllösung, mittelst Einsaugens, allmählich durch die fette Masse und gelangt auf
                              das Metall, wornach die galvanische Kette – Kupfer und Stahl –
                              hergestellt ist; das schon abgelagerte Kupfer ist der negative Pol, und der noch
                              nicht angegriffene Stahl der positive Pol. Das schwefelsaure Kupfer wird dann auf
                              elektrochemischem Wege zersetzt; der positive Stahl wird von der Schwefelsäure und
                              Salpetersäure um so tiefer angegriffen, je dicker die Schwärzeschicht ist; das von
                              der Zersetzung
                              herrührende Kupfer wird über die Ränder gedrängt und hebt endlich die Schwärze, so
                              daß eine erhabene Zeichnung in Kupfer gebildet wird, welches man mit Ammoniak
                              auflöst. Die hervorgebrachten Wirkungen haben das Merkwürdige, daß die Abstufung der
                              Vertiefungen genau diejenige der Tinten der Zeichnung repräsentirt, so daß die
                              Gravirung deren genaues Abbild ist.
                           Es ist bemerkenswerth, daß die zartesten Striche mit Schwärze, welche von der Lösung
                              zuerst durchdrungen werden, diejenigen sind, unter denen die Wirkung am wenigsten
                              kräftig ist und wo sie bald aufhört, nachdem das auf den Rändern abgelagerte Kupfer
                              sich so verbreitet hat, daß es die angegriffenen Punkte bedeckt. Kurz gesagt, die
                              Wirkung erfolgt um so langsamer und das Netzen um so tiefer, je dicker die
                              Schwärzeschicht ist; darauf beruht im Wesentlichen das Vial'sche Gravirverfahren.
                           Uebrigens haben competente Künstler, welche dieses Verfahren prüften, dasselbe in
                              artistischer Hinsicht als sehr beachtenswerth erklärt.