| Titel: | Ziegelmaschine von Hertel und Comp. zu Nienburg a. d. S.; beschrieben von Friedrich Neumann, Civilingenieur in Halle a. d. S. | 
| Fundstelle: | Band 171, Jahrgang 1864, Nr. C., S. 403 | 
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                        C.
                        Ziegelmaschine von Hertel und Comp. zu
                           Nienburg a. d. S.; beschrieben von Friedrich Neumann, Civilingenieur
                           in Halle a. d. S.
                        Aus der deutschen Industriezeitung, 1863, Nr.
                              27.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
                        Neumann, über Hertel's Ziegelmaschine.
                        
                     
                        
                           Diese Ziegelmaschine ist eine Combination von Walzwerk mit liegendem Thonschneider,
                              der Art, daß jenes den Thon quetscht, ehe dieser ihn in sich aufnimmt; vorzugsweise
                              in dieser Einrichtung dürfte die günstige Leistung und die vorzügliche Qualität der
                              gelieferten Steine begründet seyn. Fig. 27 zeigt die
                              perspectivische Ansicht der Maschine. Die Aufgabe des Walzwerkes ist also, die Masse
                              und die in derselben befindlichen harten Knoten, Mergelknollen, Muschelschalen,
                              Steine u.s.w. zu zermalmen; im Fall aber, daß letztere zu groß oder zu hart sind, so
                              daß für einzelne Theile der Maschine die Gefahr eines Bruches entsteht, rückt die
                              eine der Walzen von selbst aus, indem sie den nöthigen Druck durch Hebel mit
                              Gewichten P erhält. Auf der festliegenden Walzenachse
                              sitzt ein Stirnrad (in der Figur nicht sichtbar), welches in das große Stirnrad B auf der liegenden Welle des Thonschneiders eingreift.
                              Die Stirnräder C, C geben die Umdrehung an die andere
                              Walze ab. Der liegende Thonschneider D hat den durch das
                              Walzwerk gegangenen Thon zu durchschroten, zu mengen, fortzubewegen und durch
                              Streichen noch besonders plastisch zu machen. Zu diesen Arbeiten sind die in der
                              Hülle des Thonschneiders auf einer liegenden Welle schraubenförmig aufgesetzten
                              Flügel bestimmt, und da der Ziegelthon, je näher er dem Ausgange der Maschine kommt,
                              in einen desto dichteren und feineren Zustand versetzt wird, so sind auch die Flügel
                              diesem Umstand entsprechend angeordnet. Am Ausgange des Thonschneiders ist das
                              Mundloch E angeschraubt, welches bekanntlich bei den
                              Ziegelmaschinen den verschiedenen Thonarten angepaßt werden muß. Der heraus
                              gedrückte Thonstrang gelangt nun an den Schneidapparat F, der aus einem festen Rollentische, einem beweglichen Rollenwagen und
                              dem eigentlichen Schneidrahmen besteht, und so eingerichtet ist, daß im Moment des
                              Durchschneidens keine Unterbrechung stattfindet, so daß die Steine vollkommen
                              rechtwinkelig abgeschnitten werden. Aus der Figur ist ersichtlich, daß durch Drähte,
                              welche vor dem Mundstück aufgespannt sind, der Thonstrang zuerst in vier Bänder
                              geschnitten wird, so daß durch den Schneidrahmen die Ziegel dann noch nach der
                              Längendimension geschnitten werden. Durch einen solchen
                              Longitudinal-Schneidapparat erhält man also Ziegel, welche, als
                              „Läufer“ verwendet, glatte (geschliffene) Flächen zeigen.
                              Verlangte man für Rohbauten den „Kopf“ nicht bloß rechtwinkelig
                              geschnitten, sondern auch glattgeschliffen, so hätte man die erstgenannten Drähte
                              wegzulassen und einen Transversal-Schneidapparat vorzulegen. Es verdient
                              hervorgehoben zu werden, daß longitudinal geschnittene Ziegel gleichmäßig trocknen,
                              absolut gerade bleiben und nur wenig reißen. Jeder Sachverständige, welcher einen
                              Longitudinal-Ziegel mit einem transversalen oder gar mit einem gewöhnlichen
                              durch Handstreicherei dargestellten Ziegel vergleicht, wird ohne weiteres den
                              Unterschied in Bezug auf Sauberkeit und ebene Flächen zu schätzen wissen. Trotzdem
                              sind für Rohbauten Transversalziegel erwünscht, und können dieselben auf dieser
                              Ziegelmaschine ebenfalls gut und sauber hergestellt werden.
                           Die Ziegelmaschine verarbeitet sowohl magere als fette Massen und stellt aus
                              gemengtem Thon, sowie aus Ziegelthon und Sand oder auch aus Thon und Kohlengrus
                              Steine her, die im Innern gleichartig, dicht und fest, im Aeußern schön, glatt und
                              sauber sind. Ueber den Feuchtigkeitsgehalt ist zu bemerken, daß die Maschine den
                              Ziegelthon sowohl in einem ziemlich trockenen, wie auch in einem sehr feuchten
                              Zustande verarbeiten kann; allein es ist ökonomisch wichtig, Mauersteine von einer
                              solchen Festigkeit herzustellen, daß dieselben in Stapeln von drei Steinen zu drei
                              bis sechs Schichten hoch aufgestellt werden können, um die kostspieligen
                              Formenbreter und Scheunengerüste zu beseitigen. Der Feuchtigkeitsgrad ist übrigens
                              dem Ziegelthon ohne kostspielige Aufbereitung in der Maschine selbst leicht zu
                              geben.
                           Untersucht man die mit dieser Ziegelmaschine fabricirten Mauersteine grün, oder
                              nachdem sie gebrannt worden sind, so findet man in denselben eine ganz homogene
                              Masse; die Steine sind in allen Theilen von nahezu gleicher Festigkeit und können
                              ebenso gehauen und gespalten werden, wie gute Handstreichsteine, natürlich mit dem
                              Unterschiede, daß sie eine bedeutende Festigkeit und Dichtigkeit haben, mithin von
                              Seiten der Maurer schärfere Hämmer und mehr Kraft beanspruchen.
                           Der Betrieb der Maschine erfolgt von den Scheiben H (von
                              denen die eine fest, die andere los ist) und dem entsprechenden Vorgelege G, wodurch das große Rad B
                              auf der liegenden Thonschneiderwelle in Bewegung gesetzt wird; das Räderverhältniß
                              ist der Art, daß auf 24 Umdrehungen der Riemenscheibe eine Umdrehung des Rades B kommt.
                           Bei einer in der Maschinenfabrik der HHrn. Hertel und Comp. aufgestellten Ziegelmaschine erfolgt der Betrieb von der
                              vorhandenen Transmissionswelle aus; auf Verlangen werden mittelst derselben jeder
                              Zeit zugesandte Thonproben (wenigstens 15 Ctr. haltend) verarbeitet. Während einer
                              solchen Probearbeit, die am 19. März in des Verf. Gegenwart vorgenommen wurde,
                              machte die liegende Thonschneiderwelle (Rad B) zwei
                              Umdrehungen per Minute, die Riemenscheibe H hatte 28 Zoll rhein. Durchmesser und der Riemen auf
                              derselben 6 Zoll Breite; es wurde dabei in 2 Minuten dreimal abgeschnitten. Jeder
                              Schnitt lieferte vier Ziegel, so daß demnach per Minute
                              sechs Ziegel oder stündlich 360 Steine fabricirt wurden. Die Riemenbreite, sowie die
                              Peripheriegeschwindigkeit der Scheiben können zur Bestimmung der erforderlich
                              gewesenen Betriebskraft dienen. Rechnet man nämlich auf 1 Zoll Riemenbreite etwa 28
                              bis 30 Pfd. Zugkraft, so ergibt die einfache praktisch bewährte Formel b = (100 . N)/v, wo b die Riemenbreite in
                              Zollen, N die Zahl der Pferdestärken und v die Peripheriegeschwindigkeit in Fußen per Minute ausdrückt, also im vorliegenden Falle, wo b = 6 Zoll und v = 28/12 .
                              3,14 . 48 = etwa 350 Fuß ist, N = (6 . 350)/1000 = 2,1
                              Pferdestärke. In 10 Stunden hätte die Maschine also bei derselben geringen
                              Geschwindigkeit 3600 Steine geliefert, d.h. bei der verarbeiteten Thonsorte wäre für
                              jedes Tausend Steine, welches in 10 Arbeitsstunden herzustellen, eine Kraft von 2,1
                              . 1000/3600 = 0,6 Pferden zum Betriebe der Maschine erforderlich gewesen; oder bei
                              einer Production von 10 Tausend Ziegeln in 10 Arbeitsstunden brauchte man 10 . 0,6 =
                              6 Pferdestärken Betriebskraft, wobei Rad B etwa sechs
                              Umdrehungen oder Scheibe H etwa 144 Umdrehungen machen
                              würde. Der verarbeitete Thon war gut durchwintert und nicht streng; die sauber
                              geschnittenen Ziegel waren von einer Consistenz, daß sie in oben angegebener Weise
                              ohne Bretchen fortgetragen und aufgestapelt werden konnten, d.h. sie befanden sich
                              in einem Zustande, der beinahe demjenigen gleich kam, welchen man in Ziegeleien als
                              „lederhart“ bezeichnet. Aus vorstehenden Resultaten
                              erscheint es gerechtfertigt, bei Anlage von Maschinenziegeleien für jedes Tausend
                              Ziegel der bezeichneten Consistenz, welches in 10 Arbeitsstunden geliefert werden
                              soll, auf eine disponible Kraft von 3/4 Pferdestärke Bedacht zu nehmen. Wird diese
                              Kraft später wirklich nicht verlangt, so kann die Dampfmaschine mit größerer
                              Expansion oder geringerer Spannung arbeiten, worüber sich Niemand beklagen wird.
                           Die HHrn. Hertel u. Comp. geben
                              selbst für ihre Ziegelmaschine eine Betriebskraft von 8 bis 10 Pferdestärken bei einer
                              stündlichen Production von mindestens 1000 Steinen als erforderlich an, was nach
                              vorstehender Rechnung für alle Fälle ausreichende Sicherheit bietet und einen
                              lebhaften Betrieb ermöglicht. Zu weiterer Auskunft und Anordnung bei vorkommenden
                              Anlagen erklärt sich der Berichterstatter bereit.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
