| Titel: | Die amerikanischen Hinterladungsgewehre des Lindner'schen Systems. | 
| Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. II., S. 2 | 
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                        II.
                        Die amerikanischen Hinterladungsgewehre des Lindner'schen Systems.
                        Die amerikanischen Hinterladungsgewehre des Lindner'schen Systems.
                        
                     
                        
                           Dieses, einem in Nordamerika ansässigen deutschen Ingenieur, Hrn. Lindner zu New-York, für die unionistischen
                              Staaten patentirte System, welches gegenwärtig bei einem Theile der nordstaatlichen Infanterie im
                              Kriegsgebrauche ist und sich ganz besonders zu einer billigen und zweckmäßigen
                              Umgestaltung der noch vorhandenen Vorderladungsgewehre für Infanterie in
                              dergleichen, das Laden in jeder Stellung und Lage gestattenden Hinterladungswaffen
                              eignen würde, besteht nach der „Allgemeinen
                                 Militär-Zeitung“, 1864 Nr. 6, in Folgendem:
                           Die Grundidee der Construction ist die Verbindung des Rohres mit dem Kammerstück
                              durch eine, beide Theile umfassende Schraubenmutter. Von dem Rohr ist das hintere
                              Ende auf die Länge von 8 Centimetern abgeschnitten; dieses abgeschnittene
                              Kammerstück ist sodann wieder durch eine 6 Centim. lange Schraubenmutter in der
                              Weise mit dem eigentlichen Rohre verkuppelt, daß die Trennung und correcte
                              Verbindung beider Theile in überraschend einfacher Weise bewirkt wird. Die genannte
                              Kuppelung oder Mutter bildet nämlich einen hohlen Cylinder oder eine 6 Centim. lange
                              Röhre, deren vorderer Theil, als Mutter, das (mit entsprechendem Gewinde versehene)
                              hintere Rohrende umfaßt, während sich im hinteren Theil eine vorstehende Leiste
                              befindet, welche in eine am vorderen Ende des Kammerstücks eingedrehte ringförmige
                              Nuth greift, so daß durch das Drehen der Schraube das Kammerstück herangezogen und
                              fest gegen das Rohrende gepreßt wird. Der hintere Theil der Verbindungsröhre ist zur
                              Hälfte herausgeschnitten, bildet also eine offene Rinne, um das niedergedrückte
                              Kammerstück aufzunehmen; bei der Drehung der Mutter führt sich die erwähnte Leiste
                              in der entsprechenden Nuth und zieht zugleich die Kammer an den Lauf heran. Der
                              ganze Mechanismus fordert kein allzu exactes Ineinanderpassen der einzelnen Theile,
                              um richtig zu fungiren. – Außer jener horizontalen Bewegung des Kammerstücks
                              ist natürlich noch eine Drehung (Aufrichtung) der Kammer erforderlich, um das Laden
                              zu ermöglichen. Den Pivot dieser Drehung bildet die vordere Schloßschraube, welche
                              quer durch den Haken der Schwanzschraube geht; der betreffende Durchlaß ist nicht
                              rund, sondern länglich, um das horizontale Vor- und Zurückschieben der Kammer
                              zu gestatten. Auf den Haken der Schwanzschraube drückt von oben eine starke Feder,
                              welche das Kammerstück unmittelbar aufrichtet, sobald es durch Aufdrehen der
                              Kuppelung frei wird. Die erwähnte Feder wird durch eine, dem Schweif einer Bascüle
                              ähnliche, nur breitere Kappe gedeckt und getragen.
                           Um die Solidität der Waffe in der Längenrichtung, besonders unter der Kuppelung zu
                              erhalten, wird hier eine eiserne Schiene, entweder in der Schaftrinne, oder auf der
                              unteren Seite des Schaftes, in der Verlängerung des Bügelblechs, eingelegt. Der
                              Lauf, auf welchen der Rückstoß hauptsächlich wirkt, muß mit einem unteren Ansatze oder Stollen in die
                              genannte Schiene eingreifen; der überflüssig gewordene Ladestock wird mit dem
                              unteren Ende in das Stoßblech festgeschraubt, vermehrt also die Festigkeit der Waffe
                              und kann demnach zu besonderen Zwecken herausgenommen werden.
                           Dy.,          Artillerie-Hauptmann.