| Titel: | Versuche über die Ventilation, welche durch die Zimmerkamine hervorgebracht wird; von A. Morin. | 
| Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XI., S. 21 | 
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                        XI.
                        Versuche über die Ventilation, welche durch die
                           Zimmerkamine hervorgebracht wird; von A. Morin.
                        Aus Förster's allgemeiner Bauzeitung, 1863 Heft 9 und
                              10, S. 278.
                        Morin's Versuche über die Ventilation, welche durch die
                           Zimmerkamine hervorgebracht wird.
                        
                     
                        
                           Der General Morin hat der französischen Akademie der
                              Wissenschaften über die Resultate der Versuche berichtet, welche er unternahm, um
                              die Wirkungen der durch Zimmerkamine erzeugten Ventilation zu ermitteln. Derselbe
                              hat sich die Aufgabe gestellt, die Resultate der Versuche, die auf seine
                              Veranlassung bei gewöhnlichen Kaminen gemacht wurden, bekannt zu machen und sie zu
                              besprechen, bemerkt jedoch vorher, daß man nicht etwa erwarten möge, in diesen
                              Resultaten jene Uebereinstimmung zu finden, die man bei anderen Studien der
                              mechanischen Physik erwarten kann. Die außerordentliche Beweglichkeit der Luft, der
                              Einfluß, den die geringsten Temperatur- oder Windveränderungen auf dieselbe
                              ausüben, selbst die unvorhergesehensten Umstände sind eben so viele Ursachen der
                              Störung in den zu beobachtenden Wirkungen, und das höchste, was man bei
                              zusammenhängenden Versuchen, welche meistentheils nicht von sehr langer Dauer seyn
                              können, erreichen kann, sind durchschnittliche Resultate, aus denen es möglich ist,
                              für die Wissenschaft die Bestätigung der allgemeinen, aus den Grundsätzen der
                              Theorie abgeleiteten Gesetze zu ersehen und für die Kunst einige Schlüsse und wenige
                              praktische Regeln abzuleiten, welche, mit Klugheit, mit einer gewissen Freiheit und
                              nicht auf eine zu absolute Art angewendet, zu der Lösung der Probleme führen, die
                              dem Ingenieur gestellt sind.
                           Versuche mit Zimmerkaminen. – Diese Versuche
                              hatten den Zweck, die Luftvolume zu bestimmen, welche ein gewöhnlicher Zimmerkamin
                              unter verschiedenen
                              Verhältnissen, sey es durch bloße Wirkung der natürlichen Ventilation oder mit
                              Hinzutritt einer mehr oder minder belebten Heizung, abführen kann, und die Resultate
                              der Beobachtung mit denen zu vergleichen, welche die aus der Theorie abgeleiteten
                              Formeln liefern. Morin hat für diesen Zweck den Kamin im
                              Directionscabinet des Conservatoriums der Künste und Gewerbe gewählt. Dieses Zimmer
                              kann nach Belieben durch eine Wärmeöffnung, die zu einem Luftheizofen gehört, und
                              durch Feuer erwärmt werden, das im Kamin angemacht wird. Man hat diesen Umstand
                              benutzt, um die Methode der Luftzuführung verschiedentlich zu gestalten, und zwar je
                              nachdem die Wärmeöffnung offen oder geschlossen ist.
                           Man hat zuvörderst mehrmals das Luftvolum, das der Kamin durch die bloße Wirkung des
                              Unterschiedes der Temperatur der äußeren und der inneren Luft ohne die Unterstützung
                              einer Heizung abführt, gemessen. Dieses Volum, welches das ausmacht, was man die
                              natürliche Ventilation des Kamins im Moment der Beobachtung nennen kann, ist
                              nothwendig in jedem Falle, wenigstens annäherungsweise, kennen zu lernen, um es von
                              demjenigen abzuziehen, das durch die Wirkung verschiedener angewendeter
                              Brennmaterialien abgeführt werden sollte. Es ist indessen zu bemerken, daß diese
                              natürliche Ventilation sehr veränderlich ist, daß sie in gewissen Fällen, da sie
                              gänzlich von den inneren und äußeren Temperaturveränderungen abhängt, nicht bloß
                              Null werden, sondern selbst in entgegengesetzter Richtung erfolgen kann. Es ist
                              daher bei solchen Experimenten von Wichtigkeit, zuvörderst ihren Verlauf und ihre
                              Intensität zu constatiren.
                           Aus diesen ersten Versuchen hat sich ergeben, daß bei äußeren Temperaturen von + 1,8
                              bis 10° C. und inneren Temperaturen von 18 und 22° im Durchschnitt ein
                              Luftvolum von beiläufig 400 Kubikmetern per Stunde durch
                              den Kamin des gedachten Zimmers abzog. Da dieses Cabinet für eine einzige Person
                              bestimmt ist, in welchem sich zufälliger Weise 10 bis 12 Personen für einen Monat
                              versammeln, so ist es durch die einzige ansaugende Wirkung des Kamins, selbst wenn
                              kein Feuer darin vorhanden, aufs Reichlichste ventilirt.
                           Directe Versuche haben gezeigt, daß das auf 20° erwärmte Luftvolum, das durch
                              die Wärmeöffnung in das Zimmer eindringt, 157 Kubikmeter per Stunde betrug, wenn es bei Temperaturen von 70 bis 100°
                              einströmte, aber nur 123 Kubikmeter, wenn diese Temperatur bloß auf 40°
                              stieg.
                           Dieses Resultat, welches beweist, daß das von den Luftheizöfen ausströmende Luftvolum
                              mit dem Hitzegrade wächst, der ihm mitgetheilt wird, erklärt es, wie die Constructeurs dahin geführt
                              werden, die Temperatur der von diesen Apparaten gelieferten Luft zu erhöhen.
                           Weiter unten werden wir übrigens sehen, daß dieses durch die Wärmeöffnung strömende
                              Luftvolum mit der Stärke des Zuges zunimmt, der durch die Kamine entsteht.
                           Luftvolum, das durch die Fugen der Thüren und Fenster
                                 eindringt. – Die nachstehenden Beobachtungen wurden bei dem
                              ungeheizten Kamine gemacht, von welchem bisher die Rede war.
                           Aus dem Obigen folgt, daß, wenn man von dem durch den Kamin abziehenden Luftvolum
                              dasjenige abzieht, welches durch die Wärmeöffnung eingeführt wird, welche dieselbe
                              Temperatur hat als das Cabinet, der Rest das Luftvolum bei derselben Temperatur
                              geben wird, das durch die Fugen der Thüren und Fenster einströmt; es hat sich bei
                              diesen Versuchen mit 246 Kubikmetern per Stunde für zwei
                              Thüren und zwei Fenster ergeben.
                           Versuche über die Wirkungen der Ventilation, die durch die
                                 Kamine mittelst der directen Konsumtion verschiedener Brennmaterialien
                                 erfolgt. – Um dahin zu gelangen, diese Wirkungen unter zweckmäßigen
                              Bedingungen zu bestimmen, begann man mit der Verbesserung in der Construction des
                              Kamins, um in demselben so viel als möglich die entstehenden Wirbel und die Verluste
                              an lebendiger Kraft, die dadurch entstehen, zu vermindern. Die Rauchröhre des Kamins
                              wurde so weit reducirt, daß sie an ihrer Basis nur eine Passage von 0,40 Millim.
                              Breite bei 0,22 Millim. Tiefe bildete, die mit der oberen rechtwinkeligen Röhre
                              regelmäßig verbunden war. In Folge dieser Modificationen wurde die Contraction der
                              Luft beim Eintritt merklich annullirt, die Wirbel wurden beseitigt und die Bewegung
                              der Luft wurde von der Basis bis zur Röhre gradatim beschleunigt. Die Heizung fand
                              hinter einander mit Holz, Steinkohlen und Gas statt und man notirte die consumirten
                              Quantitäten.
                           Ohne hier in alle Details der erhaltenen Resultate einzugehen, glaubt Morin sich darauf beschränken zu müssen, die
                              hauptsächlichsten Ergebnisse der an zwei Kaminen gemachten Versuche zu
                              bezeichnen.
                           Der erste dieser Kamine, in welchem sich kein Apparat mit hohlen Rosten befand und
                              dessen Röhren auf die angeführte Weise verbunden waren, um so viel als möglich die
                              Wirbel und die Verluste lebendiger Kraft zu verhindern, führte 1200 bis 1300
                              Kubikmeter Luft per Stunde ab, und das verbrauchte Holz
                              betrug per Stunde 8,26 Kilogr.
                           Der zweite Kamin, dessen Eingang durch einen Apparat mit hohlem Rost zum Theil
                              versperrt und im Inneren weniger gut eingerichtet war, führte nur 835 Kubikmeter Luft in der
                              Stunde bei einer Consumtion von 8,88 Kilogr. Holz per
                              Stunde ab.
                           Der Mehrbetrag der Temperatur in dem Kamin über die äußere Temperatur war übrigens in
                              den beiden Fällen von geringem Unterschied und in dem ersten Falle war die
                              Temperatur sogar noch geringer.
                           Das Volum neuer Luft, das durch die Wärmeöffnung des Rostapparates im zweiten Kamin
                              eingeführt wurde, betrug nur 19 Kubikmeter per Stunde
                              oder 1/44 des durch diesen Kamin abgeführten Totalvolums; seine Temperatur beim
                              Ausströmen durch die Oeffnung war 132°.
                           Wärmemenge, welche der Luft durch die Holzverbrennung
                                 mitgetheilt wird. – Wenn man das von dem Kamin angezogene Luftvolum,
                              seine anfängliche Temperatur und diejenige kennt, die es angenommen hat, so kann man
                              in jedem Falle die Anzahl der Wärmeeinheiten berechnen, welche ihm mitgetheilt
                              wurden und welche er ohne Nutzen für die Heizung des Zimmers entführt hatte. Diese
                              Wärmemengen waren in dem Kamin ohne Rostapparat am 19. März 3269 Wärmeeinheiten, am
                              18. April 4191, durchschnittlich 3735 Wärmeeinheiten, in dem Kamin mit einen:
                              Rostapparat am 4. Juni 2796 Wärmeeinheiten.
                           Aus diesen Zahlen ersieht man, daß der offene Kamin für die Ventilation die ganze
                              Wärme benutzt hat, welche das Holz entwickelte und welche bei gut ausgetrocknetem
                              Holze beiläufig 3600 Wärmeeinheiten beträgt.
                           Der Kamin mit dem Rostapparat hat ein weniger günstiges Resultat ergeben. Es läßt
                              sich indessen annehmen, daß bei einer längere Zeit fortgesetzten Heizung das
                              anstoßende wenig Wärme leitende Mauerwerk zu einer normalen Temperatur gelangt wäre,
                              und daß dann die Benutzung der Wärme sich jenem Werth genähert hätte, den man bei
                              dem ersten Kamine beobachtete.
                           Heizung mit Steinkohle. – Aehnliche Versuche, wie
                              die vorigen, wurden in demselben Kamine ohne hohlen Rost ausgeführt, indem man darin
                              Steinkohle auf einem Rost verbrannte, dessen Lage man veränderte, um in Bezug auf
                              die Ventilation die günstigsten Resultate zu erhalten. Das Bemerkenswertheste davon
                              ist, daß man mit Hülfe eines gewöhnlichen Zimmerkamins die natürliche Ventilation
                              auf 300 Kubikmeter Luft per Kilogr. verbrannter
                              Steinkohle bringen kann, und da sich in demselben leicht 4 Kilogr. Steinkohle per Stunde verbrennen lassen, so folgt, daß das
                              Luftvolum, welches ein ähnlicher Zimmerkamin abzuführen vermag, auf wenigstens 1200
                              Kubikmeter per Stunde gesteigert werden kann. Die
                              Erfahrung lehrt auch, daß die Wärmequantität, die durch die abströmende Luft entführt wird, sich auf
                              6000 oder 6500 Einheiten per Kilogr. verbrannter
                              Steinkohle erhebt, folglich mindestens 7/8 der durch das Brennmaterial entwickelten
                              Totalwärme.