| Titel: | Ueber die Darstellung von Toluidin; von Hugo Müller. | 
| Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. XXXVII., S. 145 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXXVII.
                        Ueber die Darstellung von Toluidin; von Hugo Müller.
                        Aus der Zeitschrift für Chemie und Pharmacie, 1864 S.
                              161.
                        Müller, über die Darstellung von Toluidin.
                        
                     
                        
                           Nachdem durch Hofmann's Untersuchungen der Anilinfarben die Wichtigkeit des Toluidins in der Bildung
                              derselben dargethan wurde,Polytechn. Journal Bd. CLXIX S.
                                       376. dürfte die Mittheilung einiger Beobachtungen, die Darstellung dieses Körpers
                              betreffend, nicht ohne Interesse seyn. Es ist bekannt, daß man gewöhnlich das
                              Toluidin aus Steinkohlentheeröl-Toluol als eine flüssige oder halbflüssige,
                              in dem günstigsten Fall als eine krystallinische Masse erhält, die noch
                              beträchtliche Mengen einer flüssigen Base (Anilin) einschließt, von welcher das
                              reine krystallisirte Toluidin nur auf einem sehr umständlichen Wege abgeschieden
                              werden kann. Diese Verunreinigung mit Anilin hat ihren Grund darin, daß man sich
                              gewöhnlich begnügt mit Toluol zu arbeiten, dessen Siedepunkt nur ungefähr in der
                              Nähe desjenigen des Toluols liegt. Da man aber in der letzten Zeit fast allgemein
                              als Siedepunkt für das Toluol die Bestimmung von Church
                              zu 103,7° C. Abgenommen hat (wohl nur darum, weil dieselbe mit den
                              theoretischen Siedepunktsdifferenzen der Homologen in Uebereinstimmung ist), so ist
                              die zuweilen beträchtliche Beimengung von Anilin leicht erklärlich.
                           Ich habe mich längere Zeit mit den Homologen des Benzols aus Steinkohlentheer
                              beschäftigt und mehrmals reines Toluol dargestellt, aber nach meinen Erfahrungen
                              liegt der Siedepunkt desselben zwischen 111 und 113°, was also mit den
                              älteren Angaben von Cannizzaro (109°), Noad, Ritthausen, Wilson, (110°) und Gerhardt (114°) nahe übereinstimmt.
                           Bei 111–113° siedendes Toluol liefert das Toluidin sofort als eine
                              feste und schön krystallisirte Masse, aber es ist für die Darstellung von größeren
                              Mengen von Toluidin durchaus nicht nöthig Toluol von constantem Siedepunkt
                              anzuwenden, dessen Darstellung jedenfalls große Schwierigkeiten hat, sobald es sich
                              um große Mengen handelt. Es genügt vollkommen ein Toluol anzuwenden, das in größeren
                              Quantitäten zwischen 108 und 114° überdestillirt. Bei der Ueberführung des
                              Toluols in Nitrotoluol hat man einige Vorsicht anzuwenden, weil das Toluol große Neigung hat
                              Binitrotoluol zu bilden. Man wendet am besten Schwefelsalpetersäure an und läßt
                              diese wie bei der Darstellung des Nitrobenzols langsam zum Toluol treten. Die
                              Reduction des Nitrotoluols mit Eisen und Essigsäure geht eben so leicht von Statten
                              wie die des Nitrobenzols und man erhält das Toluidin als eine krystallinische Masse,
                              die nun wie folgt weiter gereinigt wird.
                           Ich benutze zu diesem Zweck den flüchtigeren Theil (bei 80 bis 100° siedend)
                              den vorzüglich aus Heptylhydrür (C⁷H¹⁶) bestehenden
                              Kohlenwasserstoff der Burmesenaphta oder des amerikanischen Petroleums, welches
                              letztere jetzt sehr leicht zu erhalten ist. Es genügt schon einfaches Uebergießen
                              des rohen Toluidins mit diesem Kohlenwasserstoff, um alle noch anhängende flüssige
                              Base zu entfernen; durch Auflösen und Umkrystallisiren aus dieser Flüssigkeit erhält
                              man das Toluidin als vollkommen farblose Krystallisation, die selbst bei längerem
                              Aufbewahren sich nicht bräunt. Es lassen sich auf diese Weise mit Leichtigkeit
                              selbst große Mengen chemisch reinen Toluidins darstellen. Die erwähnten
                              Kohlenwasserstoffe des Petroleums besitzen im Vergleich mit anderen ähnlichen
                              Körpern ein auffallend geringes Lösungsvermögen und besonders sind es die
                              harzartigen Körper, welche darin wenig und zum Theil ganz unlöslich sind.
                           Im vorliegenden Fall kommt die nicht unbedeutende Löslichkeitsdifferenz des Toluidins
                              und anderer ähnlichen Vasen in diesen Kohlenwasserstoffen in Anwendung.