| Titel: | Ueber die von Dr. Otto Siemens empfohlene Gewinnung von schwefelsaurem Natron aus Gyps und Kochsalz; von H. L. Buff in Göttingen. | 
| Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. LXXIII., S. 282 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXXIII.
                        Ueber die von Dr. Otto Siemens empfohlene Gewinnung von
                           schwefelsaurem Natron aus Gyps und Kochsalz; von H. L. Buff in Göttingen.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1864 S. 14.
                        Buff, über die Gewinnung von schwefelsaurem Natron aus Gyps u.
                           Kochsalz.
                        
                     
                        
                           Der Gegenstand der unter vorstehender Ueberschrift vor einiger Zeit mitgetheilten
                              Versuche (polytechn. Journal Bd. CLXIX S.
                                 207) ist für die Industrie von dem größten Interesse, zumal da der
                              Verfasser behauptet, den eingeschlagenen Weg so weit durchgeführt zu haben, daß die
                              eigentlichen Schwierigkeiten ziemlich beseitigt seyen.
                           Siemens leitete in ein geschmolzenes Gemisch von Gyps und
                              Kochsalz Wasserdampf und beobachtete hierbei eine Zersetzung. Nach einer Angabe von
                              Trommsdorff (Gmelin,
                              Handbuch Bd. II S. 185), welche ich bestätigen kann, zersetzen sich Kochsalz und
                              Gyps nicht beim Zusammenschmelzen. Die Schmelze gibt an absoluten Alkohol nichts ab
                              und enthält also kein Chlorcalcium. Wasser entzieht ihr das Kochsalz, wobei
                              Erkältung eintritt, also einfache Auflösung des Salzes. Hätte sich Chlorcalcium
                              gebildet, so konnte dasselbe durch Wasserdampf zersetzt und so nach und nach alles
                              Chlor in Form von Salzsäure entfernt werden, die rückständige Masse würde dann beim
                              Auslaugen schwefel saures Natron und Natronhydrat geliefert haben.
                           Da also unter den Verhältnissen des Versuches die beiden Salze sich nicht umsetzen
                              und weder Gyps noch Kochsalz durch Wasserdampf zersetzt werden, Siemens aber eine Zersetzung beobachtet hat, so muß noch
                              ein anderer Factor mitgewirkt haben.
                           Die Beschreibung des Versuches zeigt uns dieses Agens in dem glühenden eisernen
                              Apparate.
                           Indem der Wasserdampf auf glühendes Eisen einwirkt, entsteht Eisenoxydul und
                              Wasserstoff. Das entstandene Eisenoxydul setzt sich mit Kochsalz in Natriumoxyd und
                              Eisenchlorür um, und da diese Zersetzung in einer Atmosphäre, welche Wasserdampf
                              enthält, vor sich geht, so entstehen Natronhydrat, Eisenoxydul und Salzsäure.
                              Letztere wird einen Theil des Natronhydrats rückwärts in Chlornatrium verwandeln und
                              verläuft somit die Zersetzung nicht glatt.
                           Weiter wird die Salzsäure die Einwirkung des Wasserdampfes auf das Eisen des
                              Apparates verstärken und die Zerstörung desselben beschleunigen. Durch die
                              Einwirkung von Eisen, Wasser und Kochsalz entstehen also Natronhydrat, Salzsäure und
                              Wasserstoff.
                           
                           Eisenoxyd und Kochsalz zersetzen sich in ähnlicher Weise; es findet diese Zersetzung
                              bekanntlich Anwendung beim Glasiren des Steingutes.
                           Bei den Versuchen von Siemens findet, neben den erwähnten
                              Reactionen, eine zweite Reihe von Umsetzungen statt. Für jedes Aequivalent Eisen (23
                              Gewichtstheile) entsteht ein Aequivalent Wasserstoff (1 Gewichtstheil). Ein Theil
                              desselben wirkt reducirend auf den anwesenden Gyps, worauf dann die vorhandene
                              Salzsäure das Product der Reduction weiter zersetzt.
                           Es bedarf nun keiner Auseinandersetzung, daß Wasserstoff überhaupt nicht, und
                              besonders nicht als Aequivalent des Eisens vom Apparate, dazu geeignet ist Gyps zu
                              reduciren, und es leuchtet ein, daß eine Methode, welche auf die entwickelten
                              Zersetzungen gegründet ist, nicht das geringste technische Interesse beanspruchen
                              kann.