| Titel: | Ueber Palazot's rauchverzehrenden Apparat; vom k. k. Hüttenmeister R. Vogl in Joachimsthal. | 
| Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CXI., S. 428 | 
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                        CXI.
                        Ueber Palazot's rauchverzehrenden Apparat; vom k. k.
                           Hüttenmeister R. Vogl in Joachimsthal.
                        Vogl, über Palazot's rauchverzehrenden Apparat.
                        
                     
                        
                           Hr. Hofrath Ritter v. Burg hielt in den
                              Wochenversammlungen des nieder-österreichischen Gewerbevereins vom 19. und 26.
                              Februar d. J. einen Vortrag über die Frage: Gewähren die
                                 rauchverzehrenden Apparate den Industriellen bei ihren Dampfkessel-Feuerungen
                                 einen pecuniären Vortheil? In diesem VortrageAus den Verhandlungen des nieder-österreichischen Gewerbevereins mitgetheilt
                                    in diesem Bande des polytechn. Journals S.
                                    197. wird – nach den Versuchen und Berichten der französischen Ingenieure
                              Bournat und Lebleu
                              einerseits, Linder und Callon
                              andererseits – die Feuerung von Palazot als der beste
                                 der bis jetzt bekannten rauchverzehrenden Apparate empfohlen.
                           Diesem Urtheil über den Palazot'schen Apparat muß ich
                              hiermit entgegentreten, weil wir Feuerungen besitzen, welche wirklich den Rauch mehr
                              oder weniger vollständig verzehren, während nach den erwähnten Versuchen von Burnat und Lebleu der Palazot'sche Apparat fortwährend Rauch liefert, in der
                              ersten Heizperiode sogar schwarzen Rauch.
                           Abgesehen von meinem Schüttel-Pultroste, von dessen Eigenschaft den Rauch vollständig
                              zu verbrennen, sich Hunderte überzeugten und worüber auch Zeugnisse vorgebracht
                              werden könnten, verzehrt notorisch der Treppenrost, jener mit dem Fülltrichter und
                              continuirlicher Selbstbeschickung, den Rauch fo, daß man fast keinen bemerkt,
                              besonders wenn man einige der obersten Stufen blind gehen läßt. Dem Treppenroste noch weit vorzuziehen
                              ist der Langen'sche Etagenrost, welcher ebenfalls den
                              Ranch auf ein Minimum herabbringt. Duméry's und
                              Tenbrinck's Feuerungen, beide bei Locomotiven
                              angewendet, geben auch nur ein Minimum von Rauch. Bei richtigem Verständniß der
                              Rauchverzehrungsfrage kann man a priori sagen, daß alle
                              diese Feuerungsanlagen den Zweck der Rauchverzehrung viel vollständiger erreichen
                              als die Palazot'sche Vorrichtung; keine von den genannten
                              Feuerungen wird jenen schwarzen Rauch geben, welcher naturgemäß beim Schüren und
                              gewöhnlichen Aufgeben der kalten Kohlen auf die bald ausgebrannten sich entwickeln
                              muß und bei de Palazot'schen Einrichtung auch wirklich
                              erfolgt.
                           Burnat und Lebleu haben bei
                              ihren Versuchen durch eine Woche bestimmt, wie lange ein Rost mit schwarzem,
                              mittlerem, schwachem und ungefärbten Rauche bei Anwendung des Palazot'schen Apparates brennt, und durch eine Woche wie lange diese
                              Rauchnuancen bei einem gewöhnlichen Roste ohne den Apparat dauern. Bei den
                              Versuchsangaben sind diese Perioden im Ganzen auf eine Brennzeit von 100 Minuten
                              aufgeführt; da aber alle 5 Minuten geschürt wurde, so ergeben sich im Durchschnitt
                              folgende Resultate während einer Schürzeit:
                           
                              
                                 
                                 Zeitdauer.
                                 
                              
                                 
                                 Mit dem Apparat
                                 Ohne den Apparat
                                 
                              
                                 schwarzer Rauch
                                 10''
                                 55''
                                 
                              
                                 mittlerer      
                                    „
                                 19''
                                 27''
                                 
                              
                                 schwacher   „
                                 49''
                                 47''
                                 
                              
                                 ungefärbter  „
                                         3' 42''
                                          2'
                                    51''
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                         5' 0''
                                          5'
                                    0''
                                 
                              
                           Diesen Angaben ist offenbar kein großes Vertrauen zu schenken, denn die genaue
                              Bestimmung (in Secunden), wann der schwarze Rauch aufhört, wann der mittlere und
                              wann der schwache beginnt, ist in den nächst aufeinander folgenden Schürperioden
                              zweier zu vergleichenden Feuerungen kaum möglich.
                           Im wesentlichen besteht die Palazot'sche Einrichtung
                              darin, daß hinter dem Roste durch einen Ziegelgurt eine Verengerung hergestellt ist,
                              worin die Rauchgase zusammengedrängt werden und der unverbrannte Kohlenstoff
                              verbrannt werden soll. Nun beweisen aber zahlreiche Feuerungen, daß durch eine
                              Zusammenpressung der Rauchgase dieser Zweck nicht erreicht wird; bei einem
                              Porzellanofen z.B. müssen die Rauchgase ebenfalls eine Mauerverengung, einen Fuchs,
                              gleich hinter dem Roste passiren, dessen Querschnitt ziemlich zwischen den von Palazot empfohlenen Grenzen liegt, überdieß ist noch ein zweiter und dritter
                              solcher Fuchs vorhanden, und dennoch ist der entwickelte Rauch so stark wie bei
                              einer anderen gewöhnlichen Feuerung.
                           Der Rauch muß, wie jedes Brennmaterial, angezündet werden,
                              wenn er verzehrt werden soll, und durch eine fortwährende Flamme streichen, wenn er
                              fortwährend verbrennen soll. Ueber diesen Punkt, über diese Anforderung an einen
                              rauchverzehrenden Apparat, kann heutzutage kein Zweifel mehr bestehen. – Burnat und Lebleu haben in
                              ihrer summarischen Uebersicht und Kritik der bis jetzt bekannten Typen oder Systeme
                              der Rauchverzehrung über den Typus 3): Durchstreichen des
                                 Rauches der neu aufgeschütteten Steinkohlen über jene, welche bereits in
                                 weißglühende Kohks verwandelt worden, den Stab gebrochen, während die
                              wirklich rauchverzehrenden Feuerungen, der Treppenrost, Langen's Etagenrost, Dumérys und Tenbrinck's Einrichtung etc., gerade auf diesem Princip
                              beruhen.
                           Nur der Punkt ist gegenwärtig noch unentschieden, ob es nothwendig sey zur
                              vollständigen Rauchverzehrung den entstehenden Rauch nicht allein durch das Feuer,
                              Typus (a) meiner systematischen Eintheilung der
                              sogenannten rauchverzehrenden Feuerungsanlagen,S. 262 und 339 in diesem Bande des polytechn. Journals. sondern auch durch die Gluth, Typus (b),
                              streichen zu lassen. Bei Stoffen von festem Aggregatzustande findet unter glühenden
                              Kohlen durchaus keine Oxydation statt, selbst nicht bei solchen, welche eine große
                              Verwandtschaft zum Sauerstoff haben, wie Blei, Schwefelnatrium etc.; vorerst glaube
                              ich deßhalb daß auch gasförmige Stoffe unter brennenden Kohlen sich nicht mit
                              Sauerstoff verbinden, d.h. verbrennen können, und daß man den rauchverzehrenden
                              Apparat sehr vereinfachen kann, wenn man den von den frisch aufgegebenen kalten
                              Kohlen entwickelten Rauch bloß durch die Flamme und nicht auch durch die Gluth
                              streichen läßt.
                           Die erstere Einrichtung, den entstehenden Rauch bloß durch das Feuer streichen zu
                              lassen, wird am einfachsten dadurch realisirt, daß man die Kohlen aus einem
                              Fülltrichter continuirlich über schief gestellte Roststäbe hinabgleiten läßt, und
                              das gleichmäßige Fortschreiten der Kohlen durch zeitweise Erschütterung der Stäbe
                              (von 5 bis 10 Minuten) bewirkt. Dann streicht der Rauch continuirlich durch die
                              Flamme am unteren und inneren Theile des Rostes, und wird dort vollständig
                              verbrannt, auf welchem Princip mein Schüttel-Pultrost beruht.
                           Die zweite Einrichtung, wo der Rauch durch Gluth und Flamme ziehen muß, ist bisher in
                              praktischer Hinsicht am besten durch Langen's Etagenrost erreicht. Der Mangel
                              der continuirlichen Beschickung wird hierbei minder fühlbar dadurch gemacht, daß die
                              Kohlen nur schaufelweise auf den Rost gebracht werden, und wie ich mich erst nach
                              der schließlichen Redaction meiner Abhandlung: „System und Kritik der
                                 sogenannten rauchverzehrenden Feuerungsanlagen“ vor Kurzem zu
                              überzeugen Gelegenheit hatte, ist die Beschickung mit Kohlen nicht so schwierig, wie
                              ich es mir früher vorstellte.
                           Nach Vorstehendem ist es also nur noch zweifelhaft ob der Schüttel-Pultrost oder der
                              Langen'sche Etagenrost den Vorzug verdiene. Sollte
                              sich durch die zweite Einrichtung, Typus (b),
                              hinsichtlich der vollständigeren Rauchverbrennung ein erheblicher Vortheil
                              herausstellen, was ich vorerst bezweifle, so wird bei gewissen Feuerungen der Langen'sche Rost den Vorrang behaupten. Dagegen bin ich
                              überzeugt, daß für große Feuerungen mit der immer mehr sich als vortheilhaft
                              erweisenden Anwendung von Gebläsewind, und ferner für die kleinen Feuerungen des
                              Haushaltes, keine andere Einrichtung meinem Schüttel-Pultroste vorzuziehen seyn
                              wird.
                           Um nun auf die Palazot'sche Feuerungseinrichtung
                              zurückzukommen, so kann die Thatsache, daß die Rauchperiode kürzer dauert als beim
                              gewöhnlichen Planroste, nicht bezweifelt werden. Hiernach könnte man vermuthen, daß
                              die Luftzuleitung in die Flamme, Kategorie I meiner systematischen Eintheilung der
                              rauchverzehrenden Feuerungsanlagen, und das heiße Gemäuer der verlängerten
                              Feuerstelle, Kategorie II, von welchen ich nachgewiesen habe daß sie keine
                              Rauchverzehrung zu bewirken vermögen, dennoch einen Erfolg haben. In dieser Hinsicht
                              werden wir aber durch folgende Bemerkung des Ingenieurs Linder eines Besseren belehrt:
                           
                              „Was die Beschickung des Feuers anbelangt, um mit dem Palazot'schen Apparate das bestmögliche Resultat zu
                                 erhalten, so soll vor jeder neuen Charge das Brennmaterial, wie namentlich
                                 Steinkohlen, gleichmäßig über den Rost ausgebreitet und dabei so weit
                                 zurückgeschoben werden, daß dadurch nach vorne zu 1/4 der Rostfläche frei wird.
                                 Dieses Zurückschieben der Steinkohlen soll jedoch immer nur dann geschehen, wenn
                                 diese von der vorhergehenden Charge bereits vollständig in Brand gerathen und
                                 größtentheils von den durch Destillation entstehenden Gasen befreit sind, weil
                                 sonst durch dieses Schüren eine zu vehemente Gasentwickelung eintreten
                                 würde.
                              
                           
                              Man bringt dann die neue Charge auf den vorderen freigelassenen Raum des Rostes,
                                 wobei man Sorge trägt, daß zwischen dem genannten Schüren oder Zurückschieben
                                 und dem neuen Einbringen der Kohlen ein Zwischenraum von mehreren Minuten
                                 bleibt.
                              
                           
                              Dieses von den guten und geübten Heizern sehr gewöhnlich beobachtete rationelle
                                 Verfahren wird jedoch selten von der großen Masse der unwissenden Heizer
                                 eingeschlagen oder beobachtet.“
                              
                           
                           Hiermit ist die Bedingung der Wirksamkeit der Feuerungseinrichtung Palazot's ausgesprochen, nämlich daß sein Planrost nach
                              Typus (a) behandelt wird,
                              so daß die Kohlen vorerst nächst innerhalb der Heizthür aufgestürzt werden, und der
                              hierdurch entstehende Rauch über die innere volle Flamme streicht und dabei
                              verbrennt. Dieser Zweck kann aber bei der so primitiven Einrichtung dieses Rostes
                              nicht vollständig erreicht werden, sondern nur eine Abkürzung
                                 der Rauchperiode eintreten, wie dieß in meiner erwähnten Abhandlung (S.
                              341) auch erklärt ist.
                           Hinsichtlich einer vollständigeren Verbrennung nach der Rauchperiode, dadurch daß die
                              Rauchgase hinter dem Roste vermitelst einer Verengerung zusammengedrängt werden,
                              kann man dem Palazot'schen Apparate ebenfalls keinen
                              besonderen Werth zuerkennen; wie ich in der erwähnten Abhandlung auseinandergesetzt
                              habe, kann der mit dieser Einrichtung beabsichtigte Zweck hauptsächlich deßhalb
                              nicht erreicht werden, weil die entweichenden noch brennbaren Bestandtheile durch
                              die Beimischung des Stickstoffes und der Verbrennungsproducte der Rauchgase.
                              (Kohlensäure und Wasser) so sehr verdünnt sind.
                           Nicht richtig ist ferner die Annahme, daß beim Verbrennen von Holzkohle, Kohks etc.
                              die Kohlentheilchen sich mit dem Sauerstoff der Luft zuerst zu Kohlenoxydgas
                              verbinden und dann erst durch weitere Verbindung mit Sauerstoff zu Kohlensäure
                              verbrennen; der Kohlenstoff gibt bei der Verbrennung stets gasförmige Kohlensäure,
                              welche dann in der entfernteren glühenden Kohlenschichte zu Kohlenoxydgas reducirt
                              wird.