| Titel: | Ueber colorimetrische Analyse; von F. Dehms, Techniker der Telegraphen-Bau-Anstalt von Siemens und Halske in Berlin. | 
| Autor: | F. Dehms | 
| Fundstelle: | Band 172, Jahrgang 1864, Nr. CXIV., S. 440 | 
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                        CXIV.
                        Ueber colorimetrische Analyse; von F. Dehms, Techniker der
                           Telegraphen-Bau-Anstalt von Siemens und Halske in Berlin.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Dehms, über colorimetrische Analyse.
                        
                     
                        
                           Bei Durchforschung eines Mangankupfererz-Bergwerks hatte ich eine große Zahl von
                              Proben der Erze der auf Kupfer gerichteten quantitativen
                              Analyse zu unterwerfen. Da von dem Resultate derselben jedesmal die Richtung
                              abhängig war, in der die Arbeiten fortgeführt wurden, so erschien das gewöhnliche
                              Verfahren zu zeitraubend und sann ich auf eine andere Methode der Analyse, welche in
                              kurzer Zeit genaue Resultate geben und auch in den Händen des reinen Praktikers
                              zuverlässig seyn sollte.
                           Die tiefblaue Farbe ammoniakalischer Kupferlösungen schien den geeigneten Weg
                              anzuzeigen, da die Intensität derselben wesentlich von dem Gehalte an Kupfer
                              abhängig ist. Elf Reagensgläser von gleichem Durchmesser, nicht zu eng, wurden mit
                              Flüssigkeiten gefüllt, die dadurch erhalten waren, daß je 5, 6, 7–15
                              Aequivalente (in Milligrammen, H = 1) Kupfervitriol
                              aufgelöst, mit Ammoniak übersättigt und bis auf 1 Liter verdünnt wurden. In ein
                              Gestell nebeneinander gestellt, bildeten sie eine regelmäßige Farbenscala, in welche
                              man ähnliche Lösungen von unbekanntem Gehalte bequem und sicher einreihen und so
                              wenigstens zwei Grenzen für den Gehalt bestimmen konnte.
                           Die Sicherheit dieser Bestimmungen veranlaßte die HHrn. Siemens und Halske zur Construction des
                              nachfolgend beschriebenen Apparates zur colorimetrischen Analyse, vorläufig nur für
                              Kupferanalysen bestimmt.
                           Es ist zu bemerken, daß sich im Handel blaue Gläser fanden, deren Farbenton für
                              vorliegenden Zweck hinreichend genau mit dem der ammoniakalischen Kupferlösung
                              übereinstimmte. Hiernach erschien es zweckmäßig, die Farben der Lösungen nicht unter
                              sich, sondern mit einem bestimmten solchen Glase zu vergleichen, und zwar gestattet
                              der Apparat:
                           die Länge derjenigen Flüssigkeitssäule zu messen, welche an Licht absorbirender Kraft
                              der Normalglasplatte gleich ist.
                           Auf einer hölzernen Bodenplatte A, Fig. 4 und 5, circa 300 Millimeter lang und breit, steht eine vierkantige hölzerne Säule
                              B circa 320 Millimet. hoch, mittelst Flacheisen von
                              drei Seiten her senkrecht gehalten. Vor der Säule steht ein  förmiges
                              Messingstück C. Ein innerhalb desselben
                              befindlicher, um eine horizontale Achse drehbarer Spiegel D wirft das von vorn auffallende Licht nach oben. Die obere horizontale
                              Platte des Stückes C hat neben einander zwei Löcher zur
                              Aufnahme zweier Röhren E und E'. Diese sind unten durch plan geschliffene Gläser geschlossen und
                              mittelst Flantschen und Schrauben auf C befestigt. Sie
                              sind aus reinem Zinn gegossen und tragen oben angegossen die Trichter F und F'. Mit den Trichtern
                              sind sie circa 200 Millimeter lang.
                           An der Säule B entlang läßt sich der Messingschieber H verschieben.
                           Dieselbe trägt eine Platte J, welche den Boden eines
                              kurzen Cylinders K bildet und zugleich zwei Löcher hat
                              zur Aufnahme der beiden Röhren L und L'; diese, ebenfalls von Zinn gegossen, sind in J eingelöthet, oben offen, unten durch plan geschliffene
                              Gläser verschlossen. Sie stehen mit den Röhren E und E' nahezu conaxial und lassen sich, da sie enger sind
                              als diese, mit Hülfe des Schiebers in denselben auf und ab bewegen. Sie sind so
                              lang, daß ihre Gläser gerade auf den Gläsern von E und
                              E' aufliegen, wenn J auf
                              den Trichtern F aufliegt. Bei dieser Stellung des
                              Schiebers schneidet dessen obere Kante gerade mit 0 eine an der Säule angebrachte
                              Millimeter – Scala ab. In jeder anderen Schieberstellung gibt also die
                              Ablesung an der oberen Schieberkante direct den Abstand der Glasplatten in
                              Millimetern an.
                           In den kurzen Cylinder K wird ein Papprohr M gesetzt, welches oben ein mit einem kleinen Loche
                              versehenes Messing stück N trägt. Blickt man in dieses
                              Loch, so kann man gleichzeitig in beide Röhrenpaare sehen.
                           Ein Stückchen von passendem blauen Glase ist so abgedreht, daß es in die Röhren L hineingeworfen werden kann und unten aufliegend das
                              ganze Gesichtsfeld einnimmt.
                           Stellt man den Apparat so gegen das Fenster, daß der Spiegel das Licht nach oben
                              reflectirt, gießt die Trichter F fast voll Wasser und
                              F' fast voll mit einer zu prüfenden Flüssigkeit,
                              wirft sodann in L das blaue Gläschen, so sieht man,
                              durch N hinabsehend,
                           wenn der Schieber unten steht: rechts nur durch farblose Gläser,
                              links durch ein blaues und zwei farblose;
                           wenn der Schieber oben steht: rechts durch zwei farblose Gläser
                              eine gefärbte Flüssigkeitssäule, links durch ein blaues und zwei farblose Gläser und
                              Wasser.
                           Ist die Flüssigkeit nicht gerade sehr schwach gefärbt, so wird jetzt das Feld rechts
                              dunkler blau erscheinen als das Feld links, es wird aber beim Hinabstellen des
                              Schiebers immer Heller werden, während das links sich fast gleich bleibt. Da beide nahe bei einander
                              liegen, so kann man sehr geringe Lichtunterschiede wahrnehmen und den Schieber so
                              einstellen, daß beide Felder gleiche Helligkeit zeigen. An der Theilung liest man
                              dann ohne Weiteres die Länge der Flüssigkeitssäule ab, welche mit dem Glase gleiche
                              Licht absorbirende Kraft hat.
                           Um aus den so abgelesenen Längen die Gehalte zu finden, ist nöthig:
                           1) eine Flüssigkeit von bekanntem Gehalte zu messen;
                           2) zu ermitteln nach welchem Gesetz die absorbirende Kraft mit dem Gehalte an Kupfer
                              wächst.
                           Eine Normalflüssigkeit wurde durch Auflösen von 10 Aequivalenten (in Milligrammen)
                              Kupfervitriol in Wasser, Uebersättigen mit Ammoniak und Verdünnen auf 1 Liter
                              hergestellt; dieselbe gab eine Ablesung von 107 Millimetern. Eine große Menge von
                              anderen Flüssigkeiten, die ungefähr zwischen der Hälfte und dem Vierfachen dieses
                              Gehaltes hergestellt waren, gaben Ablesungen genau umgekehrt proportional ihren
                              Kupfergehalten. Erhält man also mit einer Flüssigkeit von unbekanntem Gehalte die
                              Ablesung 1, so wird im Liter derselben 1070/1 Atome oder 33,92/1 Gramme Kupfer
                              enthalten seyn.
                           Die Herstellung der Flüssigkeit zum Messen wird natürlich nach der Beschaffenheit der
                              Erze eine verschiedene seyn. Bei den Eingangs erwähnten Erzen war die
                              Zusammensetzung, so weit für Vorstehendes wesentlich, durchschnittlich
                           
                              
                                 in Säuren unlöslich circa
                                 40
                                 
                              
                                 Manganoxyde circa
                                 35
                                 
                              
                                 Eisenoxyd circa
                                 17
                                 
                              
                                 Oxyde von Kupfer, Blei, Kobalt etc. circa
                                 8
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 zusammen
                                 100
                                 
                              
                           und wurde die Analyse wie folgt ausgeführt:
                           Die eingeholten Proben wurden numerirt, bezeichnet, bei circa 130° C. getrocknet, gepulvert und gesiebt. Es wurden dann 10
                              Grm. (bei armen Erzen 20 bis 30 Grm.) abgewogen, in einer Porzellanschale mit circa 100 Kubikcentimetern verdünnter Schwefelsäure (von
                              10 Proc.) etwa 1/4 Stunde gekocht, die Masse in einen 1/2 Liter Kolben gespült, noch
                              heiß mit circa 100 Kub. Cent, starker
                              Ammoniakflüssigkeit übersättigt und unter häufigem Schütteln etwa eine Stunde
                              digerirt. Der Kolben wurde dann mit Wasser bis zur Marke aufgefüllt, und nach dem
                              Absetzen ein Theil der Flüssigkeit durch ein Faltenfilter abfiltrirt. Da der Apparat nur circa 60 K. C. faßt, so reicht ein Theil der Flüssigkeit
                              schon zu mehreren Messungen hin, aus denen man dann das Mittel nimmt. Die ersten
                              Theile des Filtrats werden nicht benutzt, da sie durch das Wasser des Filters
                              verdünnt sind. Vor der Messung bleibt die filtrirte Flüssigkeit noch circa 6 Stunden offen stehen.
                           Hatte man etwa 20 Grm. Substanz auf 1/2 Liter Flüssigkeit gebracht und die Zahl 87
                              als mittlere Ablesung erhalten, so entspricht diese Ablesung 1070/87 Atome oder
                              (1070 . 31,5)/87 Milligrm. oder 0,389 Grm. Kupfer im Liter. Dieser Gehalt entspräche
                              40 Grm. Substanz, es ist also der Procentgehalt 100/40 . 0,389 = 0,97 Proc.
                           Nach erhaltener Anleitung und kurzer Uebung war der Steiger jener Gruben im Stande
                              täglich 25 bis 30 Analysen zu vollenden. Die Genauigkeit derselben ließ nichts zu
                              wünschen übrig. Controlversuche, welche zuweilen auf dem gewöhnlichen analytischen
                              Wege angestellt wurden, ergaben beispielsweise 0,96 Proc. wo durch Farbenmessung
                              0,97 Proc., oder 3,51 Proc. wo 3,53 Proc., oder 2,48 Proc. wo 2,50 Procent gefunden
                              waren. Die Ablesungen mit verschiedenen Portionen der nämlichen Flüssigkeit
                              unterscheiden sich bei einiger Uebung selten um mehr als 1–1,5
                              Millimeter.
                           Wo es sich um die Analyse Schwefelkupfer haltender Erze handelt, man also mit
                              Königswasser aufschließen muß, wird man auch die Normalflüssigkeit mit Zusatz
                              desselben herstellen.
                           Ein Umstand, der leicht zu Fehlern Veranlassung geben kann, liegt in der mehrfach
                              beobachteten Veränderlichkeit der Farbenstärke der Flüssigkeiten aus noch nicht
                              studirten Gründen. Allein diese Veränderung erreicht eine Grenze und ihr Einfluß
                              wurde dadurch eliminirt, daß man zu allen Flüssigkeiten fast gleiche Mengen
                              Schwefelsäure und Ammoniak nahm und alle vor der Messung 6 Stunden stehen ließ. Nach
                              dieser Zeit wurde eine Veränderung nicht mehr bemerkt.
                           Auch zur Ermittelung des Kobaltgehaltes in denselben Erzen
                              wurde der Apparat benutzt, indem man die Farbenstärke des in Lösung gebrachten
                              schwefelsauren Salzes mit einem rosa gefärbten Glase verglich. Der Erfolg, zwar für
                              jene Zwecke ausreichend, war jedoch nicht so günstig wie beim Kupfer. Die geringere
                              Farbenintensität des Kobaltsalzes läßt bei der Einstellung um mehrere Millimeter in
                              Zweifel.
                           Auch das folgende, von Hrn. Prof. Himly in Kiel
                              vorgeschlagene Verfahren erwies sich beim Kobalt als
                              anwendbar.
                           Die Lösungen von Chromchlorid und von schwefelsaurem Kobaltoxyd sind nahezu complementär
                              gefärbt. Beim Zusammengießen entfärben sie sich gegenseitig und es tritt ein Punkt
                              ein, wo die Flüssigkeit fast farblos ist. Dieser Punkt hängt nur von den Salzmengen
                              und nicht von der Verdünnung ab; man kann also mit einer einmal gegen Kobaltlösung
                              von bekanntem Gehalte titrirten Chromlösung Kobaltlösungen von unbekanntem Gehalte
                              maaßanalytisch bestimmen.
                           Leider wird der Punkt genauer Farbencompensation durch eintretende gelbliche Färbung
                              der Flüssigkeit verdeckt und man bleibt über die zuletzt nöthigen Mengen des Reagens
                              im Zweifel. Doch genügt die Analyse den Anforderungen der Praxis.
                           Bei diesem Verfahren kann man sich einer Auflösung von schwefelsaurem Nickeloxydul
                              etwa mit dem nämlichen Erfolge bedienen wie der Auflösung von Chromchlorid. Zwar ist
                              erstere Lösung nicht so intensiv gefärbt, man bedarf also größere Mengen, erhält
                              sehr verdünnte Flüssigkeiten, wodurch die Farben minder entschieden werden. Dagegen
                              ist das Salz einer Aenderung seines Farbentones nicht unterworfen, was nach Angabe
                              von Hrn. Himly beim Chromchlorid der Fall ist und wodurch
                              neue Vorsichtsmaßregeln nöthig werden.
                           Es ist wahrscheinlich, daß diese Compensationsmethode, angewendet auf den oben
                              beschriebenen Apparat, auch gute Resultate geben wird. Das Instrument wird
                              wesentlich einfacher, da anstatt zweier nur ein Röhrenpaar nöthig ist. Man wendet
                              anstatt eines gleichfarbigen Glases neben nun ein complementär gefärbtes Glas über
                              der Flüssigkeitssäule an und variirt deren Länge so lange, bis keiner der beiden
                              Farbentöne vorherrscht.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
