| Titel: | Ueber den Bruch des Bleies; von W. Baker. | 
| Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XXX., S. 123 | 
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                        XXX.
                        Ueber den Bruch des Bleies; von W. Baker.
                        Aus dem Practical
                                 Mechanic's Journal, April 1864, S. 7.
                        Baker, über den Bruch des Bleies.
                        
                     
                        
                           Wird ein Bleizain bei gewöhnlicher Temperatur durch Hin- und Herbiegen
                              zerbrochen, so erscheint das Metall auf dem Bruch rein faserig und weiß; nur beim
                              Hartblei, welches Schwefelverbindungen und andere fremdartige Beimengungen
                              (namentlich Antimon) enthält, ist der Bruch körnig. Ueber die moleculare Textur des Metalles gibt der
                              in der Kälte hervorgebrachte Bruch eines Zains durchaus keinen Aufschluß. Setzt man
                              indessen einen Bleiblock oder eine Bleimulde einer
                              regelmäßig gesteigerten Temperatur aus, bis nahe zum Schmelzpunkte des Metalls, doch
                              etwas unter demselben, so läßt es sich – namentlich durch Hämmern –
                              leicht brechen, und zeigt dann auf dem Bruche eine Textur, welche aus eine in der
                              Metallmasse beim Erstarren stattgefundene Krystallbildung deutlich hinweist.
                           Bei einer Bleimulde läßt sich der Bruch am besten dadurch erhalten, daß man sie auf
                              dem vorderen Theil des Herdes eines zur Darstellung von Mennige dienenden
                              Flammofens, in welchem das Feuer gut regulirt und das Blei von allen Seiten erhitzt
                              werden kann, der angegebenen Temperatur aussetzt. Man legt dabei die Mulde auf ihre
                              flache Seite.
                           Nach etwa einer Stunde oder einer der Hitze des Ofens und der Qualität des Bleies
                              entsprechend längeren Zeit wird die Bleimulde auf die Hüttensohle gezogen, und hier,
                              oder auch noch im Ofen selbst, mittelst eines Hammers oder einer eisernen Schaufel
                              zerschlagen. War die richtige Temperatur beobachtet, so zerfährt das Metall leicht
                              zu Stücken; gewöhnliches Hartblei bricht leichter als Weichblei, indem jenes einen
                              zwischen dem Schmelz- und dem Erstarrungspunkte liegenden teigartigen Zustand
                              annimmt, und da dieser Zustand durch mehrere Temperaturgrade hindurchgeht, ganz so
                              wie sich Eisen bei der Schweißhitze verhält, so läßt sich der richtige Zeitpunkt, in
                              welchem gewöhnliches Hartblei leicht bricht, ohne große Schwierigkeiten erfassen. Je
                              reiner hingegen ein Blei ist, desto schwieriger bricht es und desto weniger leicht
                              läßt sich die richtige Temperatur, bei welcher man den besten und reinsten Bruch
                              erhält, bestimmen; denn Weichblei erstarrt beim Erkalten sofort, ohne durch jenen
                              Mittelzustand hindurchzugehen, so daß es großer Aufmerksamkeit beim Erhitzen
                              desselben bedarf, damit die Temperatur nicht bis zum Schmelzpunkte steigt, bevor man
                              den Bruch des Metalls erhalten kann.
                           Auf der Bruchfläche zeigt das reine Muldenblei eine unregelmäßigprismatische Textur,
                              welche bei weniger reinem Metall in das Faserige übergeht. Im Allgemeinen stehen die
                              Achsen der Prismen oder Fasern rechtwinkelig zur Ebene der Oberfläche, so daß sie,
                              da der Querschnitt einer Bleimulde ein Kreissegment bildet, von der Peripherie aus
                              convergiren und in einer der flachen Seite des Blocks oder der Sehne des Bogens
                              parallelen Linie, welche sich beim Erstarren des Metalls bildet, zusammentreffen
                              – (daß also die Bruchfläche strahlig erscheint). – Die obere platte
                              Fläche des in der Form liegenden Bleies erstarrt natürlich zuerst; und in Folge davon bilden sich
                              die in der Metallmasse entstehenden Krystalle am unteren, abgerundeten Theile des
                              Blockes besser aus, bis sie mit den von der Oberfläche aus sich entwickelnden
                              Krystallstrahlen zusammentreffen. Diese Textur zeigt sich auf der Bruchfläche stets,
                              gleichviel ob die Mulde auf ihrer convexen oder auf ihrer flachen Seite liegt.
                              Demnach wird die Anordnung dieser Krystallstrahlen oder Krystallgruppen nicht von
                              der Art und Weise, in welcher die Bruchfläche erhalten wird, sondern von der Gestalt
                              der Form und der Art des Erstarrens bedingt. Verfolgt man die die Fasern oder Säulen
                              begrenzenden und von einander trennenden Linien auf der platten Oberfläche eines vor
                              dem Erstarren durch Abziehen von seiner Oxydhaut etc. befreiten Blocks, so findet
                              man daß dieselben farrnkrautähnliche Gruppirungen bilden (– also dem
                              „Gestrickten“ und „Dendritischen“ der
                              Mineralogen entsprechen –). Während des Erstarrens einer Bleimulde schießen
                              von verschiedenen Punkten gerade Linien aus, an welche sich sehr bald kürzere,
                              secundäre Linien unter rechten Winkeln anlegen, wodurch diese farrnkrautähnlichen
                              Bildungen entstehen. Die Linien, welche die auf der Bruchfläche hervortretenden
                              säulenförmigen oder prismatischen Gestalten begrenzen, entsprechen den auf der
                              Oberfläche aus der Bleimulde hervortretenden geraden Linien nicht, sondern, wie
                              vorhin bemerkt, den unregelmäßig polygonalen Formen, welche allem Anschein nach
                              durch die gegenseitige Berührung der Krystallgruppen entstanden sind. Am
                              deutlichsten und größten erhält man die krystallinischen Bildungen auf dem Bruche,
                              wenn möglichst reines Blei bei gehörig hoher Temperatur in der vorher gut
                              vorgewärmten Gießform so lange flüssig erhalten wird, bis letztere ganz gefüllt ist.
                              Erstarrt das Metall an den Kanten, bevor die Form voll ist, oder wird das Blei vor
                              seinem vollständigen Erstarren durch Hammerschläge etc. erschüttert, so fallen die
                              Krystallbündel kleiner aus.
                           Gewöhnliches, mit anderen Metallen etc. verunreinigtes Blei erscheint auf dem Bruche
                              zum Theil körnig, zum Theil faserig oder sehnig. Dieß ist von der Menge der
                              fremdartigen Beimengungen, sowie von der Temperatur, mit welcher das Metall in die
                              Formen gelangt, abhängig.
                           Bei sehr hoher Temperatur gelangen die Verunreinigungen in Fluß und vertheilen sich
                              durch die ganze Metallmasse; in diesem Falle ist der Bruch faserig. Bei weniger
                              hoher Temperatur hingegen werden die Beimengungen nicht im Metalle aufgelöst, stören
                              die Krystallbildung im letzteren und bedingen so die auf dem Bruche hervortretende
                              körnige Textur.