| Titel: | Ueber Woolf'sche Dampfmaschinen; vom Ingenieur C. Wasserzieher. | 
| Autor: | C. Wasserzieher | 
| Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. LXXVII., S. 332 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXXVII.
                        Ueber Woolf'sche
                           Dampfmaschinen; vom Ingenieur C. Wasserzieher.
                        Wasserzieher, über Woolf'sche Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Als ich mich neulich mit den Expansionsverhältnissen Woolf'scher Dampfmaschinen beschäftigt hatte, erschien in diesem Journal (Bd.
                              CLXXII S. 403) eine ähnliche Berechnung von W. Poole, der
                              indeß von anderen Gesichtspunkten ausgehend, auch etwas andere Resultate erhielt und
                              überdieß nur eine specielle und selten vorkommende Art Woolf'scher Maschinen behandelte, nämlich solche mit zwei gleich langen Cylindern, während doch die meisten dieser Maschinen Balanciermaschinen sind, deren große Cylinder den
                              längeren Hub haben.
                           Endlich ist bei Poole's Berechnung ohne Weiteres das Mariotte'sche Gesetz als wirksam angenommen und auch auf
                              die Spannungsänderungen keine Rücksicht genommen, welche durch die schädlichen Räume
                              entstehen.
                           Im Nachstehenden soll wenigstens gezeigt werden, in wie weit beide letztere Momente
                              das Resultat ändern.
                           Poole stellt den größten Druck in der Maschine allgemein
                              dar, setzt denselben unter Vernachlässigung des Gegendrucks im Condensator = y und bestimmt nun den Werth der Füllung, welchem ein
                              Minimum dieses y entspricht. (Diese Vernachlässigung
                              kann unterbleiben; das Resultat wird dasselbe, da constante Summanden bei der
                              Differentiation wegfallen.)
                           Ich hatte die Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten in der Maschine
                              stattfindenden Druck allgemein dargestellt und nun diejenige Füllung des kleinen
                              Cylinders gesucht, welcher ein Minimum dieser Differenz entspricht. Dann mußte ja
                              auch die Ungleichförmigkeit der Bewegung ein Minimum erreichen; und die Bedingungen
                              für dieses Minimum zu finden, war meine Absicht gewesen.
                           Es seyen:
                           A, a, H und h Kolbenflächen
                              und Hübe;
                           l = hz die Füllung im
                              kleinen Cylinder;
                           (A . H)/al = e =
                              A/a c/z die Total-Expansion des Dampfes, wobei c = H/h zu setzen.
                           p sey der Dampfdruck bis zur Absperrung;
                           
                           q = p/en der Gegendruck im Condensator, wobei n > 1
                              ist;
                           P₀ und P₁
                              seyen der größte und kleinste in der Maschine stattfindende Druck.
                           Der Dampf expandire nach dem Mariotte'schen Gesetz und die
                              schädlichen Räume werden vorläufig nicht berücksichtigt; so ist:
                           1) P₀ = ap – ap (l/h) + Ap (l/h) – Ap/en
                              
                           2) P₁ = ap (l/h) – ap/e +
                              Ap/e – Ap/en
                              
                           3) P₀ – P₁ = y = ap (1 – 2z + 1/e) + Ap (z – 1/e)
                           a = A (c/ez) gesetzt.
                           3a) y = Ap [c/z (1/e + 1/e²) + z – 1/e
                              (2c + 1)]
                           δy/δz = 0 =
                              – c/z² (1/e +
                              1/e²) + 1
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 333
                              
                           Wird H = h oder c = 1, so entsteht:
                           5) z = √(1/e + 1/e²) = 1/e √(e + 1).
                           Nach Poole's Rechnung für diesen Fall wird:
                           V) z = √1/e, oder hätte er allgemein für Maschinen mit zwei
                              verschieden langen Cylindern gerechnet
                           IV) z = √c/e.
                           Diese beiden letzten Formeln liefern unzweifelhaft das Minimum des größten Drucks; dagegen erhält man aus 4) und 5) eine
                              Füllung, welche die Differenz der äußersten Drucke zum
                              Minimum macht.
                           Es soll z.B. das pro Hub einströmende Quantum Dampf von
                              der Spannung p = 50 Pfd., = 1152 Kubikzoll seyn; e = 4, H = h = 24 Zoll, also A = (e . 1152)/H = 192
                              Quadratzoll.
                           Nach V) wird:
                           
                           z = √1/e = 0,5; l = hz = 12 Zoll; a = A/ez 96 Quadtzoll.
                           Nach 5) wird:
                           z = 1/e √(e + 1) = 0,559; l = 13,42
                              Zoll; a = 85,9 Qdrtzoll.
                           Bei ersterer Maschine ist nun:
                           P₀ = 6000 Pfd.; P₁ = 2400 Pfd. P₀ – P₁ = 3600 Pfd.;
                           bei der anderen:
                           P₀ = 6059 Pfd.; P₁ = 2527 Pfd. P₀ – P₁ = 3532 Pfd.
                           Der mittlere Druck der Arbeit ist bei beiden Maschinen derselbe.
                           Die Theile der ersteren (Poole'schen) Maschine würden auf
                              59 Pfd. Druck weniger als die der letzten zu berechnen seyn.
                           Die andere Maschine würde etwas gleichförmiger gehen.
                           Nunmehr soll untersucht werden, ob diese Formeln (4 oder IV) sich ändern, wenn man
                              nicht mehr das Mariotte'sche Gesetz, sondern ein anderes
                              wirksam denkt. Arbeitet in der Maschine kein überhitzter oder getrockneter Dampf,
                              sondern nasser oder gesättigter Wasserdampf, so ändert derselbe seine Spannung nach
                              Navier's Näherungsgleichung. Ein Volum v von der Spannung p
                              expandirt auf v₁; dann ist die neue Spannung:
                           
                              
                                 p₁ = v/v₁ (p + m) – m
                                 
                              
                                 m = 1,637
                                 oder
                                 m = 4,120
                                 wenn p in Pfd. pro
                                 
                              
                                 wenn p
                                 
                                 wenn p
                                 Qdrtzoll. ausgedrückt ist.
                                 
                              
                                 < 3 1/2 Atm.
                                 
                                 > 3 1/2 Atm.
                                 
                                 
                              
                           Rechnet man unter dieser Voraussetzung, so entsteht, analog 3ª):
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 334
                              
                           Welches von diesen Gesetzen der Expansion man annehmen muß, ist also für den Werth
                              von z gleichgültig.
                           Endlich müssen die schädlichen Räume in den Cylindern berücksichtigt werden.
                           Anstatt ahz ist das eingeströmte Dampfvolum ah (z + r).
                           Anstatt auf ah dehnt sich dieses im kleinen
                              Cylinder nur auf ah (1 + r) und dann beim Uebergang in den großen Cylinder plötzlich auf ah (1 + r) + r
                              AH aus. Anstatt auf AH, dehnt sich dieses endlich aus auf AH
                              (r + 1) + rah.
                           Demnach ist der Druck im kleinen Cylinder zu Anfang des Hubes p.
                           
                           Anstatt p (l/h) ist der Gegendruck daselbst
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 335
                              
                           Ebenso im großen Cylinder zu Anfang und im kleinen Cylinder zu Ende des Hubes.
                              Endlich anstatt p/e ist der
                              Gegendruck im kleinen Cylinder zu Ende
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 335
                              
                           Ebenso der wirksame Druck im großen Cylinder zu Ende des Hubes.
                           Demnach ist
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 335
                              
                           Bildet man P₀ – P₁ und setzt für z den Näherungswerth
                              1/√e, aber nur in denjenigen Gliedern, wo z mit dem sehr kleinen Factor r (r etwa = 0,05) verbunden ist, so entsteht,
                              analog 3ª),
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 335
                              
                           und hieraus analog 4)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 335
                              
                           Geht man von der Anschauungsweise Poole's aus, so erhält
                              man, analog IV)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 173, S. 335
                              
                           Nimmt man e = 4, r = 0,05, so
                              wird
                           
                              
                                 für H = h
                                 nach Poole's Formelnach Formel
                                 V)VI)
                                 1, z = 0,5002, z = 0,524
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 
                                 nach der anderen Formelnach der anderen Formel
                                 5)6)
                                 3, z = 0,5594, z = 0,568
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Für H/h
                                 = 4/3
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 nach (Poole's)
                                    Formelnach        
                                    „              
                                    „
                                 IV)VI)
                                 5, z = 0,5776, z = 0,605
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 
                                 nach der anderen Formelnach der anderen Formel
                                 4)6)
                                 7, z = 0,6458, z = 0,659
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                           Die Vergleichung der Zahlen in 1) und 2) oder in 3) und 4) etc. zeigt, daß die
                              Rücksicht auf die schädlichen Räume zu etwas größeren Füllungen führt, und zwar wird
                              der Einfluß bei der Poole'schen Anschauungsweise größer
                              als bei der anderen.
                           Ich veröffentliche diese Berechnung, weil ich, von einem anderen Gesichtspunkte wie
                              Poole ausgegangen, ein wenig verschiedenes Resultat
                              gefunden habe und den Vergleich für interessant genug hielt; weil ich es ferner für
                              eine nothwendige Ergänzung der Poole'schen Betrachtung
                              hielt, erstens Maschinen mit zwei verschieden langen
                              Cylindern, zweitens den Einfluß des vorausgesetzten Expansionsgesetzes und drittens
                              den Einfluß der schädlichen Räume in Rechnung zu ziehen.
                           Langenberg, im Juli 1864.