| Titel: | Einfache Werthbestimmung des sogenannten Goldsalzes der Photographen; von Dr. J. J. Pohl. | 
| Autor: | Joseph Johann Pohl [GND] | 
| Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. LXXXVI., S. 356 | 
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                        LXXXVI.
                        Einfache Werthbestimmung des sogenannten
                           Goldsalzes der Photographen; von Dr. J. J. Pohl.
                        Pohl's Werthbestimmung des Goldsalzes der Photographen.
                        
                     
                        
                           Die Tonung der Papierbilder mittelst des Goldsalzes ist bei den Photographen
                              allgemein üblich geworden; Kalium-Goldchlorid und Natrium-Goldchlorid sind die zwei
                              unter dem Namen Goldsalz benutzten Verbindungen, um dem Lichtbilde neben größerer
                              Haltbarkeit auch eine nach Belieben braune bis schwarzviolette Färbung zu ertheilen.
                              Soll dieser Zweck mit Sicherheit und möglichster Gleichförmigkeit erreicht werden,
                              so ist es unerläßlich, ein Goldsalz von immer gleicher Beschaffenheit anzuwenden,
                              oder wenigstens dessen Gehalt an der wirksamen Doppelverbindung zu wissen, um
                              hiernach die entsprechende Abänderung in der Zusammensetzung des Tonungsbades treffen zu können. Ebenso
                              erscheint die Kenntniß des Gehaltes des Goldsalzes auch aus pecuniären Rücksichten
                              belangreich, weil leider so manches Goldsalz des Handels bei gleichem oder nahezu
                              gleichem Preise wie das beste Präparat, kaum die Hälfte, ja selbst nur ein Drittel
                              des Gewichtes Kalium- oder Natrium-Goldchlorid enthält.
                           Die Photographen kennen nach meinen Erfahrungen bis jetzt gar kein Mittel, um rasch
                              und einfach eine Werthbestimmung der Goldsalze auszuführen und wenn selbe ihr
                              Präparat Chemikern zur Untersuchung übermitteln, ereignet es sich mitunter, daß,
                              abgesehen vom dadurch entstehenden Zeitverluste, die chemische Untersuchung Kosten
                              verursacht, welche mit der Menge und dem Geldwerthe des fraglichen Productes in gar
                              keinem Verhältnisse stehen. Aus diesen Gründen dürfte die nachstehend beschriebene
                              Goldsalzprüfung für den Photographen nutzbringend seyn, zumal da selbe nur längstens
                              eine halbe Stunde Zeit und keine anderen Hülfsvorrichtungen erfordert, als die in
                              jedem gut eingerichteten Atelier bereits vorhandenen Utensilien zur
                              Gehaltsbestimmung der Natron- und Silberbäder sowie des Cyankaliums.
                           Das Princip meiner Probe ist einfach folgendes:
                           Natrium-Goldchlorid hat im vollkommen reinen, d.h. unverfälschten Zustande, die
                              chemische Zusammensetzung AuCl³, NaCl + 4 HO; das Kalium-Goldchlorid
                              entspricht hingegen der Formel AuCl³, KCl + 5 HO. Die bis jetzt benutzten
                              Verfälschungen dieser beiden Goldsalze sind ausschließlich Chlornatrium und
                              beziehungsweise Chlorkalium. Durch schwaches Rothglühen werden diese Goldsalze
                              derart zerlegt, daß metallisches Gold und Chlornatrium oder Chlorkalium
                              zurückbleibt, während sich der vom Gold gebunden gewesene Theil des Chlors nebst dem
                              Wasser verflüchtiget und zwar nach dem Schema:
                           AuCl³, NaCl + 4 HO = Au + NaCl + Cl³ + 4 HO, oder
                           AuCl³,  KCl  + 5 HO = Au
                              +  KCl  + Cl³ + 5 HO.
                           Wenn man den Gehalt eines Goldsalzes an Natrium- oder Kalium-Goldchlorid bestimmen
                              will, so gelingt dieß daher leicht, vorausgesetzt, daß vorerst das Goldchlorid durch
                              Glühen zerstört wird, durch eine Chlorbestimmung mittelst der jetzt so häufig zur
                              Gehaltsbestimmung der Silberbäder benutzten Titrirmethode. Eine sehr einfache
                              Rechnung gibt dann den Gewichtsprocentgehalt der Goldsalze an Chlornatrium und
                              Chlorkalium, oder an einem Kalium- und Natrium-Goldchlorid, mit für den Praktiker
                              vollkommen genügender Sicherheit. Wägt man sich nämlich möglichst genau 0,585 Gramme
                              Natrium-Goldchlorid ab und titrirt nach dem Rothglühen der Verbindung die Lösung des
                              Rückstandes mit Zehntel-Normalsilberlösung, so folgt, wenn c die Anzahl
                              der hierzu verbrauchten Kubikcentimeter Silberlösung, und p den Procentgehalt des fraglichen Productes an als Verfälschung
                              zugesetztem Kochsalz bedeutet, der letztere nach der Gleichung:
                           p = c
                              – 14,72.
                           Für Kalium-Goldchlorid sind unter sonst gleichen Bedingungen 0,746 Gramme abzuwägen
                              und den Gehalt des Goldsalzes an als Verfälschung zugesetztem Chlorkalium gibt die
                              Gleichung:
                           p' = c
                              – 17,65.
                           Die Procentgehalte an reinem Natrium-Goldchlorid = P oder
                              an reinem Kalium-Goldchlorid = P', erlangt man hingegen
                              aus:
                           P  = 100 – (c – 14,72) und
                           P' = 100 – (c
                              – 17,65).
                           Die Ausführung der Probe ist jedoch nachstehende:
                           Liegt ein Goldsalz zur Untersuchung vor, von dem unbekannt, ob es eine Kalium- oder
                              Natriumverbindung sey, so hat man sich vorerst hierüber Aufschluß zu verschaffen.
                              Dieß geschieht für unseren Zweck wohl hinreichend genau, wenn man eine kleine Menge
                              der fraglichen Verbindung mittelst eines befeuchteten Glasstabes in die Flamme einer
                              Weingeistlampe hält. Die Natriumverbindung färbt nach genügender Erhitzung die
                              Flamme intensiv gelb, die Kaliumverbindung aber rothviolett. Dann bringt man je nach
                              Befund: 0,585 oder 0,746 Gramme des Goldsalzes in einen kleinen Porzellantiegel,
                              deckt selben, um Verlusten beim Verknistern vorzubeugen, mit seinem Deckel zu und
                              erhitzt bis zum schwachen Rothglühen, das man 3 bis 5 Minuten andauern läßt. Der
                              Einfachheit halber kann der wieder erkaltete Tiegel sammt Deckel und Inhalt in ein
                              entsprechend großes Becherglas geworfen, mit etwa 100 Kubikcentimeter reinem Wasser
                              übergossen und durch fleißiges Umrühren die vollständige Lösung der Chlorverbindung
                              befördert werden. Zur Titrirung erscheint nämlich eine Entfernung des Tiegels aus
                              der Flüssigkeit nicht nöthig. Nach Obigem scheidet sich aber beim Glühen des
                              Goldsalzes metallisches Gold ab, das im Wasser natürlich ungelöst bleibt. Um dieses
                              Gold nicht zu verlieren, ist es zweckmäßiger, statt den Tiegel nebst Inhalt in das
                              Becherglas zu bringen und unmittelbar darauf zu titriren, die Lösung der
                              rückständigen Chlorverbindung ohne Verlust vom abgeschiedenen Golde abzufiltriren,
                              das Filter möglichst gut mit der Spritzflasche auszuwaschen, und erst im Filtrate
                              die Titrirung vorzunehmen. Der Filterrückstand kann dann als reines Gold zur
                              Darstellung neuen Goldsalzes oder anderweitig verwerthet werden.
                           Zur Titrirung dient eine in halbe oder besser noch Zehntel-Kubikcentimeter getheilte
                              Quetschhahn-Burette, welche Zehntel-Normalsilberlösung, d.h. eine Lösung von 10,797
                              Grammen salpetersaurem Silberoxyd in 989,19 Kub. Centim. reinem Wasser enthält. Als
                              sogenannten Wächter bringt man in die zu prüfende Flüssigkeit 3 höchstens 5 Tropfen
                              einer gesättigten wässerigen Lösung von neutralem chromsaurem Kali und läßt nun
                              unter beständigem Umrühren so lange von der Silberlösung aus der Burette zufließen,
                              bis sich eine bleibende rothe Färbung der Flüssigkeit zeigt. Die verbrauchte Anzahl
                              Kubikcentimeter der Silberlösung = c dient dann, in die
                              obigen Gleichungen substituirt, zur Berechnung der gewünschten Procentgehalte der
                              Goldsalze an wirksamen Goldverbindungen oder an Verfälschungsmitteln.
                           Als Beispiel der Berechnungsweise mag die von mir ausgeführte Analyse eines
                              käuflichen Goldsalzes (Natrium-Verbindung) dienen. 0,585 Gramme des Salzes brauchten
                              61,5 Kub. Centim. = c der Silberlösung zur Sättigung bis
                              zum Eintreten der constanten rothen Färbung der Flüssigkeit. Der Gehalt des
                              Goldsalzes an als Verfälschung zugesetztem Kochsalz = p,
                              war somit 61,5 weniger 14,72, gleich 46,78 Gewichtsprocenten und der Gehalt an
                              reinem Natrium-Goldchlorid P = 100 – 46,78 =
                              53,22 Gewichtsprocenten.
                           Dieses Beispiel zeigt auch deutlich, wie wichtig die Prüfung des Goldsalzes für den
                              Photographen ist, denn wenn Jemand ein Tonungsbad benutzt, das auf 2000 Kub. Centim.
                              Wasser, 20 Gramme essigsaures Natron und 1 Gramm reines Natrium-Goldchlorid
                              enthalten soll und dessen saure Reaction durch doppelt-kohlensaures Natron
                              abgestumpft ist, so würde er bei Anwendung des geprüften Goldsalzes ganz
                              unzureichende Resultate bekommen. Um daher mit diesem Präparate das gleiche Ergebniß
                              wie mit einer reinen Verbindung zu erzielen, hätte der Photograph (1 ×
                              100)/53,22 = 1,88 Gramme davon zu nehmen, somit eine weitaus größere Menge als die
                              directe Vorschrift zur Bereitung des Tonungsbades fordert.
                           Um jedem Mißverständnisse vorzubeugen, sey schließlich noch bemerkt, daß der Chemiker
                              zur Gehaltsbestimmung der Goldsalze nicht einmal der Titrirung mit Silberlösung
                              bedarf, da er aus dem bloßen Gewichtsverluste beim Glühen schon den Gehalt an reinen
                              Goldverbindungen ableiten kann. Allein so vortheilhaft diese Methode dem mit genauen
                              Waagen etc. ausgerüsteten Chemiker erscheint, so bleibt sie dennoch für den
                              Photographen gerade die schwieriger mit einiger Sicherheit auszuführende, und ich
                              kann somit demselben nur die Goldsalzprobe mittelst Titrirung anempfehlen.