| Titel: | Auf Färberei und Farben Bezügliches; von V. Kletzinsky. | 
| Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. CVIII., S. 455 | 
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                        CVIII.
                        Auf Färberei und Farben Bezügliches; von V. Kletzinsky.Aus dem vom Verf. erstatteten Jahresbericht (1864) des chemischen Laboratoriums
                                 der Communal-Wiedner-Oberrealschule in Wien.
                           
                        Kletzinsky, auf Färberei und Farben Bezügliches.
                        
                     
                        
                           1. Verfahren zum Mercerisiren und Animalisiren von
                                 Pflanzenfaserstoffen. – Hierzu erprobte sich folgendes Verfahren als
                              bestes:
                           a) 5 Pfund Alaun werden in 20 Maaß Wasser gelöst und die
                              Lösung mit 10–15 Pfund stärkster Natronlauge versetzt: in dieser Lauge (von
                              thonsaurem Natron) werden die Gewebe gut gesotten, und dadurch mercerisirt und präparirt;
                           
                           b) 5 Pfund Alaun, 5 Pfd. essigsaures Natron und 1 Pfd.
                              (30procentige) Essigsäure werden in einem Eimer Wasser gelöst, und in diesem Bade
                              die Stoffe eingeweicht und gesotten, wodurch sie gebeizt
                              und saturirt werden;
                           c) 20 Pfd. Schmack werden mit 10–40 Maaß Wasser
                              ausgekocht und in der colirten Schmackbrühe werden die Stoffe gallirt;
                           d) die gallirten Stoffe werden in einer Brühe gesotten,
                              die durch Auflösen von 5 Pfd. Leim in 20 Maaß Wasser erhalten wurde, wodurch sie animalisirt erscheinen und
                           e) endlich zur Aufnahme der Farben aus den Flotten geeignet sind.
                           2. Adrianopelroth (ohne Krapp)
                              für Schafwollfilz. – 8 Pfd. Alaun, 8 Pfd.
                              essigsaures Natron und 2 Pfd. (30procentige) Essigsäure werden in der erforderlichen
                              Wassermenge gelöst und der Stoff, der völlig entfettet seyn muß, darin kalt durch
                              10–12 Stunden eingeweicht. Hierauf wird Wasser in einem Kessel zum Wallsud
                              erhitzt und der Stoff sammt der kalten Weichbeize eingetragen; nach kurzem Sude wird
                              der Stoff herausgenommen und gut gespült. Der so gebeizte thonerdesatte Stoff wird
                              nun in einem Absud von 10 Pfd. Schmack (Sumachblättern) geschmackt und wieder
                              gespült. Der auf diese Weise mit gerbsaurer Thonerde imprägnirte Stoff wird nun in
                              einer Cochenilleflotte (von 10 Pfd. Cochenille) bis zur Sattheit der Farbe gesotten,
                              gespült und in kaltem Seifenbade geschönt.
                           Diese Behandlung liefert das dunkle Adrianopelroth.
                                 Hellscharlach wird daraus nuancirt durch ein Bad von 4 Pfd. Kleesalz oder 2
                              Pfd. Salpetersäure; Ponceau durch ein Bad von 1 Pfd.
                              calcinirter Soda. Die Mengen der Chemikalien und Droguen sind relativ gegen einander
                              und absolut für 100 Pfd. Schafwollfilz richtig gestellt, nach dessen Volumen sich
                              leicht die erforderliche Wassermenge bestimmt, da der Stoff stets völlig bedeckt von
                              der Flüssigkeit erhalten werden muß. Die Farben sind sehr acht fixirt und ersetzen
                              im Ansehen die Krappfarben völlig.
                           3. Die Porree-Färberei. – Eine Analyse von Porree
                              (Purree, Jaune indien) ergab in 100 Theilen:
                           
                              
                                 14,50
                                 Wasser
                                 
                              
                                 0,90
                                 Gyps
                                 
                              
                                 7,38
                                 Magnesia (MgO)
                                 
                              
                                 77,22
                                 Euxanthinsäure.
                                 
                              
                           Der untersuchte Purree bestand somit aus circa 86 Proc.
                              Farbstoff (basisch-euxanthinsaurer Magnesia), aus circa
                              13 Proc. Wasser und circa 1 Proc. Verunreinigungen.
                           
                           In technischer Beziehung sind drei Flotten für die Porree-Färberei constatirt
                              worden:
                           a) in salpetersaurer Lösung färbt Porree alle Keratin-
                              und Fibroïngewebe (Schafwolle, Seide etc.) substantiv ächt aprikosengelb;
                           b) in einer borakalischen Lösung (heißgesättigter
                              Boraxlösung oder Borsäurelösung) färbt Porree substantiv
                                 schwefelgelb;
                           c) in einem Gemische von Aetzammoniak und Salmiaklösung
                              aufgelöst, färbt Porree gebeizte Gewebe adjectiv oraniengelb.
                           4. Darstellung höchst lockerer Farblacke. –
                              Dieselbe gelingt, wenn man die rohen Farbstoffe mit Bittersalzlösung auskocht, die
                              erkaltete Colatur im Ueberschuß mit anderthalb-kohlensaurem Ammoniak versetzt und
                              zum Sieden erhitzt; die dabei präcipitirte lockere basischkohlensaure Magnesia fällt
                              als Lack mit dem Farbstoffe beladen heraus, wird auf Filtern gesammelt, gewaschen
                              und getrocknet.
                           5. Neue Art Seifenfärberei (Smechochromatie). – Fällt man möglichst neutrale Metallsalzlösungen
                              von farbigen Metalloxyden mit einer wässerigen Auflösung von reiner Natrontalgseife
                              oder Natronelainseife, so erhält man mattfarbige Niederschläge von Metallseifen,
                              fettsauren Metalloxyden, welche gesammelt, gewaschen und getrocknet nach dem
                              Schmelzen sehr schöne in Wasser unangreifbare Seifenfarben liefern. Die Eisenseife
                              ist orangebraun, die Chromseife grün in Violett dichroïsirend, die
                              Kupferseife malachitgrün, die Nickelseife smaragdgrün, die Kobaltseife lila, die
                              Uranseife hellgelb, die Manganseife rosa; alle diese Seifen sind in erwärmten
                              schmelzenden Neutralfetten, in Paraffin und ähnlichen Kohlenwasserstoffen
                              hinreichend löslich, um diese Substanzen in hellen edelsteinartigen, luft- und
                              lichtstarken Farben zu färben, wobei die geringe Menge des Metalloxydes keinerlei
                              Nachtheil veranlaßt.
                           6. Die Phenyl- und Pikringerberei. – Die ächte
                              Pikrinsäure (Trinitrophenylsäure,
                              C¹²H³N³O¹⁴) besitzt so wie das
                              Phenyloxydhydrat, dessen Nitrokörper sie ist, das Vermögen, die enthaarte thierische
                              Haut (Blöße) in Leder zu verwandelnMan s. Dr. Fr. Knapp's
                                    Abhandlung über Gerberei und Leder, im polytechn. Journal Bd. CXLIX S.
                                       382. und dieses zugleich schön gelb zu färben, während das Phenyloxydhydrat ein
                              farbloses Leder liefert, das dem weißgahren sehr analog erscheint; auch das
                              pikringahre Schaf- und Ziegenleder hat mit gelbgefärbtem weißgahren Leder viel
                              Aehnlichkeit.
                           
                           Die Pikrinsäure fällt den Leim aus seiner wässerigen Lösung in klebrigen prachtvoll
                              gelben, schleimig fadenziehenden Massen, die zu dunklen hornartigen durchscheinenden
                              Blättern eintrocknen und alle Fähigkeit zu faulen eingebüßt haben. Bei der immer
                              ausgedehnteren Ausbeutung aller Theerstoffe hat die Phenyl- und Pikringerberei
                              Anrecht auf technische Berücksichtigung.