| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 173, Jahrgang 1864, Nr. , S. 311 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ketten-Schleppschifffahrt auf dem Rheine.
                           Wie aus Berlin gemeldet wird, hat das Handelsministerium nunmehr im Princip die
                              Genehmigung zur Einführung dieser Schifffahrt ertheilt, über welche im polytechn.
                              Journal Bd. CLXXI S. 312 berichtet wurde.
                           Die Verhandlungen, welche vor Ausfertigung der förmlichen Concessionsurkunde zwischen
                              dem Handelsministerium und den Unternehmern noch zu pflegen sind, betreffen
                              lediglich die Vereinbarung und Festsetzung eines Maximal-Tarifs, welche die
                              Staatsregierung für nothwendig erachtet, damit das Unternehmen dauernd dem Verkehre
                              zu Gute kommt. (Berggeist, 1864, Nr. 63.)
                           
                        
                           Georg Egestorff's Fabrication von
                              Gewehr-Zündhütchen.
                           Zu den vielen gelungenen und blühenden Fabriken, womit der thätige Herr Georg Egestorff die hannoverische Industrie bereits bereichert
                              hat, gehört auch ein neues Etablissement, welches sich die Herstellung von
                              Zündhütchen für das sogenannte kleine Gewehr (im Gegensatze zu den Kanonen und
                              Mörsern) zur Aufgabe macht und dessen vorzügliche Producte sich bereits einen
                              Absatzmarkt weit über die Grenzen Deutschlands, ja Europa's hinaus, verschafft
                              haben, so daß Jäger in Indien und China, Amerika und Australien, die G. Egestorff'schen Zündhütchen gern verwenden.
                           
                           Bei dem Interesse der Sache überhaupt, dürfte es unter solchen Umständen nicht
                              unwerth seyn, den Gang der Fabrication kennen zu lernen, wobei wir allerdings
                              bedauern müssen, die zu den verschiedenen Arbeitsstufen erforderlichen höchst
                              sinnreichen Werkzeuge und Instrumente nicht beschreiben und besprechen zu können, da
                              wir befürchten müssen, mit einer derartigen Veröffentlichung der Fabrik Eintrag zu
                              thun.
                           Die von einem Kupfer-Walzwerke bezogenen Platten von vorgeschriebener Länge, Dicke
                              und Breite werden zunächst in mit Wasser sehr verdünnter Schwefelsäure gebeizt und
                              mit Sägespänen rein und trocken geputzt. Dann wird die Platte vermittelst einer
                              Walze ganz gerade gerichtet und nachdem mit Oel bestrichen. Hierauf schneidet man
                              sie mittelst einer Zirkel-Schere in Streifen, deren Breite den speciellen Sorten
                              Zündhütchen entspricht und welche zwischen 3/8'' und 3 1/2'' variiren. Diese
                              Streifen werden zwischen gehärteten Gußstahlwalzen zu der für jede Sorte Hütchen
                              genau passenden Dicke gewalzt.
                           Sowie die ganze Fabrication der Zündhütchen eine genaue Arbeit erfordert, ist
                              besonders das Walzen und Schneiden der Streifen auf die größte Genauigkeit
                              angewiesen. Es geht dieses schon daraus hervor, daß zum Messen dieser Streifen
                              Instrumente gebraucht werden, die den Millimeter in 240 Theile getheilt genau
                              ablesen lassen.
                           Nachdem die Streifen gewalzt sind; werden dieselben aufgerollt, in einem eigens dazu
                              construirten Glühofen geglüht und dann wieder gleich der rohen Platte gebeizt und
                              mit Sägespänen rein und trocken geputzt. Vermittelst eines Walzenpaares werden sie
                              hierauf eingeölt; um das Oel ganz gleichmäßig auf den ganzen Streifen zu vertheilen
                              und die durch Glühen, Putzen und sonstige Umstände entstandenen Unebenheiten
                              auszugleichen, geht der Streifen noch durch eine Maschine, um jede Spur von Schmutz
                              zu entfernen und ihn sauber zu glätten.
                           So vorgerichtet, wird der Streifen der Kapselmaschine übergeben, die in der Minute
                              400 Stück gewöhnliche Jagd-Zündhütchen liefert. Die dazu verwendeten Stempel
                              erfordern eine sehr behutsame Behandlung, sind aus Gußstahl gearbeitet und in ihren
                              Dimensionen von der größten Genauigkeit.
                           Um die Schärfe von der offenen Seite des Hütchens wegzunehmen, dient eine andere
                              Maschine, welche auf ganz einfache Weise diesen Grath in sehr kurzer Zeit entfernt.
                              Nachdem dieß geschehen, werden die Hütchen verlesen, d.h. etwa sich vorfindende
                              schlechte Hütchen von den guten gesondert, dann in Wasser, dem etwas Weinstein
                              zugesetzt ist, gekocht, um dieselben von allen fettigen Theilen zu säubern. Nachdem
                              dieselben nun durch geeignete Vorrichtungen von Wasser befreit sind, werden sie in
                              der Polirmaschine sauber polirt, um ihnen einen schönen Glanz zu geben.
                           Die Zündhütchen sind jetzt bis zum Laden fertig, d.h. es kann jetzt die Füllung
                              derselben mit Zündmasse vorgenommen werden. Dieses erfordert nun wegen der leichten
                              Entzündbarkeit der Zündmasse große Vorsicht und sind daher alle nur denkbaren
                              Vorkehrungen getroffen, um Explosionen, die in ihren Wirkungen schrecklich sind, zu
                              verhüten. Die sehr sinnreich construirte Lademaschine ist von dem Arbeitsraume des
                              die Maschine bedienenden Arbeiters durch eine sehr starke schmiedeeiserne Brustwehr
                              getrennt, so daß bei einer möglichen Explosion, die jedesmal die gänzliche
                              Zerstörung der Maschine zur Folge hat, eine Verletzung des Arbeiters nicht zu
                              befürchten ist.
                           Nachdem die Hütchen die entsprechende, genau abgemessene Quantität Zündmasse von der
                              Maschine empfangen haben, werden sie in einem eigenthümlich construirten Walzwerke
                              gepreßt, was den doppelten Zweck hat: die Zündmasse festzupressen und den
                              Firmastempel aufzuprägen.
                           Die Hütchen, jetzt zum Gebrauch geeignet, werden nun in geeigneten Vorrichtungen
                              genau nachgesehen, etwa schadhafte entfernt und vermittelst der Zählmaschine
                              gezählt. In Dosen oder Schachteln, die eine bestimmte Zahl Zündhütchen fassen,
                              verpackt und emballirt, sind dieselben zum Versandt im Handel fertig, nachdem 18
                              Manipulationen erforderlich waren, um von der rohen Kupferplatte dem Schützen und
                              Jäger ein fertiges Zündhütchen zu liefern.
                           Die Darstellung und Zubereitung der Zündmasse erfordert sehr viel Aufmerksamkeit und
                              Vorsicht, und es sind hierbei alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, um sowohl den
                              Arbeiter vor der Gefahr des Explodirens zu sichern, als auch gegen schädliche
                              Einwirkungen auf den menschlichen Organismus zu schützen. (Monatsblatt des
                              hannoverischen Gewerbevereins, 1864, Nr. 5 und 6.)
                           
                        
                           
                           Praktischer Handgriff beim Gießen des Eisens.
                           In den Eisengießereien Staffordshire's wird dem Eisen, wenn es zu kalt aus dem
                              Kupolofen läuft, eine kleine Quantität Blei zugesetzt, wodurch es dünnflüssiger wird
                              und die Formen besser ausfüllt. Da die Festigkeit des Eisengusses wesentlich davon
                              abhängt, daß das Eisen nicht zu heiß gegossen wird, so ist dieser Handgriff, wodurch
                              trotz der geringeren Hitze ein vollkommenes Ausfüllen der Formen ermöglicht wird,
                              sehr zu empfehlen. Worin der Grund dieser Erscheinung liegt, ist schwer anzugeben,
                              da eine Legirung des Bleies mit dem Eisen kaum anzunehmen ist. (Breslauer
                              Gewerbeblatt, 1864, Nr. 15.)
                           
                        
                           Ueber Nobel's Nitroglycerin-Pulver
                              als Sprengmittel.
                           Ueber das neue Nitroglycerin-Pulver, worüber im polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 443
                              berichtet wurde, enthält das Stockholmer Aftonblad
                              folgende Bemerkungen.
                           Ueber die zu Carlsborg mit Granaten angestellten Versuche wird bemerkt, daß
                              30pfündige Rundkugeln dreimal weiter geschleudert werden, als mit gewöhnlichem
                              Kanonenpulver.
                           Später glückte es dem Erfinder, Hrn. Nobel, ein Mittel zu
                              ersinnen, um das Nitroglycerin, ohne mit Pulver gemischt zu werden, zu entzünden.
                              Die ganze Ladung besteht gegenwärtig aus dieser Flüssigkeit. Dem Gewichte nach soll
                              sich die Kraft dieses neuen Sprengmittels zu der des gewöhnlichen Pulvers mindestens
                              wie 6 zu 1 verhalten, dem Volum nach aber sogar wie 9 zu 1. Dieses so modificirte
                              Sprengmittel wurde bei Sprengarbeiten in der Nähe von Stockholm mit dem günstigsten
                              Erfolg versucht.
                           In ihrem jetzigen Zustande ist die Erfindung sehr einfach und praktisch. Das Pyro-
                              oder Nitroglycerin wird direct in das mit Letten verdichtete Bohrloch gegossen, der
                              Zünder wird eingesteckt und der Schuß ist fertig. Man braucht nicht den geringsten
                              Besatz und geschieht das Laden sehr schnell.
                           Das Nitroglycerin entwickelt weder Gase noch Rauch, ist also sehr passend für
                              Grubenbaue; es mischt sich nicht mit Wasser, sondern entwickelt unter Wasser eine
                              außerordentliche Kraft. Eine Wassermine, bestehend aus diesem Pulver, soll
                              mindestens dreimal weniger Sprengmasse erfordern, als von gewöhnlichem Pulver.
                           Der große Nutzen dieses neuen Sprengmittels besteht keineswegs in Pulverersparniß,
                              wiewohl auch diese in gewisser Hinsicht stattfindet, sondern in Arbeitsersparniß.
                              Die wahre Ursache, weßhalb man, um eine große Gesteinmasse loszusprengen, z.B. ein 3
                              Ellen tiefes und 2 Zoll weites Loch bohren muß, besteht darin, daß man Platz für
                              eine hinreichende Pulverladung, z.B. für 3 Pfd. erhält, um die Masse loszubrechen.
                              Aber bei Anwendung des Nitroglycerins kann man in ein Loch von kaum 1 Zoll Weite
                              eine weit größere Kraft schaffen, als die, welche jenen 3 Pfd. Pulver entspricht. Um
                              jenes Loch zu schlagen, wird gewöhnlich 6 1/3 Frcs. bezahlt, während dieses nur 2,11
                              Frcs. kostet. Somit werden 2/3 erspart.
                           Nitroglycerin kostet nur das Doppelte des gewöhnlichen Bergpulvers.
                           Die Ansprüche des Erfinders sollen sehr bescheiden seyn. Die Bereitung des
                              Nitroglycerins ist leicht zu lernen. Gegenwärtig hält der Erfinder selbst das
                              Sprengmittel zur Abnahme für die Interessenten bereit. (Berg- und hüttenmännische
                              Zeitung, 1864, Nr. 32.)
                           
                        
                           Ueber den Einfluß der Zusammensetzung der Bronzen auf die
                              Entstehung der grünen Patina.
                           Die Abhandlung von Prof. Dr. G. Magnus, welche im polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 370 mitgetheilt wurde,
                              enthält die Resultate der bezüglichen, durch den Verein für Gewerbfleiß in Preußen
                              veranlaßten Untersuchungen.
                           Hinsichtlich dieser Untersuchungen theilte in der Versammlung der Mitglieder des
                              Vereins im Monat März d. J. Herr Dr. Weber die Analyse eines antiken patinirten Pferdekopfes mit, welche eine
                              wohl ungewöhnliche Zusammensetzung desselben, namentlich in dem Gehalte an Blei,
                              ergab. Ein directer Versuch, eine ähnliche Legirung herzustellen, ergab, daß
                              dieselbe sehr dünnflüssig ist, scharf fällt, und sich daher zum Guß von
                              Kunstgegenständen besonders eignet.
                           In derselben Angelegenheit berichtete Herr Dr. Kunheim über ein eingegangenes Gutachten von Pariser
                              Sachverständigen.
                           Die zu erzielende Farbe der Bronzen richte sich nach dem Geschmack des Publicums.
                           Um die sogenannte florentinische Patina zu erzielen, werde zur Legirung wenig Zink
                              und kein Blei hinzugesetzt; soll die Bronze schnell an der Luft Patinnen, so werde
                              viel Zink, wenig Blei und kein Zinn hinzugethan. Die Hauptsache bleibe aber in allen
                              Fällen die Herstellung der reinen Oberfläche, bei kleinen Figuren durch Feilen und
                              Poliren, bei größeren durch Beizen mit Säuren. Zur Herstellung der florentinischen
                              Farbe werden auch die Gegenstände mit Ammoniakwasser gewaschen und dann getrocknet,
                              mit Dampf erwärmt und mit einem fetten Körper überzogen. Außerdem wird aber in Paris
                              viel Aufmerksamkeit darauf verwendet, die Statuen zu waschen und zu reinigen. Um die
                              Wirkung der letzteren Prozedur zu erproben, werden von der betreffenden Commission
                              des Vereins Statuen und Platten in je Doppelexemplaren an verschiedenen Orten
                              aufgestellt werden. (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in
                              Preußen, 1864 S. 50.)
                           
                        
                           Anstrich als Ersatz des Oelanstriches für
                              Häuserfaçaden, Treppen etc.
                           Hierzu hat Vernimel in Paris seit Jahren mit bestem
                              Erfolge folgenden Anstrich angewendet:
                           Zuerst gibt man auf die Wand oder das Holz einen Anstrich aus mit Leimwasser
                              verdünntem Zinkoxyd; ist dieser nach 2 Stunden getrocknet, so läßt man einen
                              Anstrich aus mit Leimwasser verdünntem Chlorzink folgen. Das Zinkoxyd bildet nun mit
                              dem Chlorzink eine chemische Verbindung von der Härte des Glases und von
                              spiegelglatter, glänzender Oberfläche. Man kann dadurch, daß man die Farben mit dem
                              Leimwasser anreibt, jede beliebige Nüance erzeugen. Vor dem Oelanstrich bietet
                              dieser Zinkanstrich die Vortheile fast unverwüstlicher Dauer, eines sehr schnellen
                              Trocknens und eines um mehr als 50 Proc. billigeren Herstellungspreises. Von dem
                              unangenehmen Geruche frischer Oelanstriche, sowie vom Verstäuben derselben während
                              des Trocknens ist bei diesen Zinkanstrichen keine Rede.
                           Vernimel erhielt für seine Erfindung außer den
                              Preismedaillen der Weltausstellungen zu Paris und London, auch eine Staatsbelohnung
                              von 20,000 Fr., sowie er zum Ehrenmitgliede der Société d'Encouragement pour l'industrie nationale zu Paris
                              ernannt wurde. (Breslauer Gewerbeblatt, 1864, Nr. 14.)
                           
                        
                           Ueber Kältemischungen, von Joseph Hanamann.
                           Der Verf. hat drei Versuchsreihen ausgeführt, durch welche er zu ermitteln suchte,
                              welchen Einfluß die Natur und die Menge sich lösender Körper auf die
                              Temperaturerniedrigung in den Kältemischungen ausüben. Bei der ersten Versuchsreihe
                              wurden die betreffenden Salze für sich in Wasser gelöst, und zwar allemal 1) 1 Unze
                              Salz in 1 Unze Wasser; 2) 2 Unzen Salz in 2 Unzen Wasser, und sofort bis 8) 8 Unzen
                              Salz in 8 Unzen Wasser. Bei der zweiten Versuchsreihe wurden je zwei Salze gemischt
                              angewendet, und zwar 1) 1/2 Unze Salz von jedem in 1 Unze Wasser; 2) 1 Unze Salz von
                              jedem in 2 Unzen Wasser, und sofort bis 8) 4 Unzen Salz von jedem in 8 Unzen Wasser.
                              Bei der dritten Versuchsreihe drei Salze und zwar 1) 1/3 Unze Salz von jedem in 1
                              Unze Wasser; 2) 2/3 Unze Salz von jedem in 2 Unzen Wasser, und sofort bis 8) 2 2/3
                              Unzen Salz von jedem in 8 Unzen Wasser.
                           Die Temperatur sank bei
                           
                           
                           
                              
                                 I. Reihe.
                                 
                              
                                   1) Salpetersaurem Ammoniak
                                 um 25° C.
                                 
                              
                                   2) Salmiak
                                   „  14
                                 
                              
                                   3) Chlorkalium
                                   „  12
                                 
                              
                                   4) Kalisalpeter
                                   „  10
                                 
                              
                                   5) Natronsalpeter
                                   „ 9,5
                                 
                              
                                   6) schwefelsaurem Ammoniak
                                   „    8
                                 
                              
                                   7) Glaubersalz
                                   „ 7,5
                                 
                              
                                   8) schwefelsaurem Kali
                                   „ 4,5
                                 
                              
                                   9) Kochsalz
                                   „    4
                                 
                              
                                 II. Reihe.
                                 
                              
                                   1) Glaubersalz und Ammoniaksalpeter
                                 um 26° C.
                                 
                              
                                   2) Salmiak und Ammoniaksalpeter
                                   „  22
                                 
                              
                                   3) Chlorkalium und Ammoniaksalpeter
                                   „  20
                                 
                              
                                   4) Kalisalpeter und Salmiak
                                   „  20
                                 
                              
                                   5) Glaubersalz und Salmiak
                                   „  19
                                 
                              
                                   6) Natronsalpeter und Salmiak
                                   „  17
                                 
                              
                                   7) Chlorkalium und Natronsalpeter
                                   „  11
                                 
                              
                                   8) Glaubersalz und Natronsalpeter
                                   „  10
                                 
                              
                                   9) Kalisalpeter und Kochsalz
                                   „  10
                                 
                              
                                 10) Ammoniaksalpeter und Kalisalpeter
                                   „  22
                                 
                              
                           
                              
                                 III. Reihe.
                                 
                              
                                 Bei
                                 Glaubersalz, Ammoniak- und Kalisalpeter
                                 um 17–26° C.
                                 
                              
                                 „
                                 Salmiak, Glaubersalz und Kalisalpeter
                                   „  17–23
                                 
                              
                                 „
                                 Kali-, Natron- und Ammoniaksalpeter
                                   „  16–27
                                 
                              
                           (Wittstein's Vierteljahresschrift,
                              1864, Bd. XIII S. 3.)
                           
                        
                           Reagens zur Entdeckung von Runkelrübenalkohol.
                           Dazu schlägt Cabasse (Chemical
                                 News, vol. VII Nr. 165) Schwefelsäure vor.
                           Mischt man 3 Gewichtstheile dieses Alkohols mit einem Gewichtstheil Schwefelsäure, so
                              entsteht unmittelbar eine charakteristische rothe Färbung, welche ihre Intensität
                              mehrere Monate lang beibehält.
                           Folgende Resultate bezüglich der Einwirkung von Schwefelsäure auf Mischungen dieses
                              Alkohols mit gewöhnlichem Weinalkohol in bestimmten Verhältnissen werden als Beleg
                              angeführt:
                           a) Weinalkohol 3 Thle.; Runkelrübenalkohol 1 Thl.; rothe
                              Färbung, jedoch nur sichtbar, wenn ein weißes Papier hinter das Mischungsgefäß
                              gehalten wird;
                           b) Weinalkohol 1 Thl.; Runkelrübenalkohol 3 Thle.; noch
                              deutlichere rothe Färbung.
                           Nach des Verfassers Ansicht wird die rothe Färbung wahrscheinlich durch Einwirkung
                              der Säure auf das flüchtige Oel hervorgebracht, von welchem der Alkohol bisher noch
                              nicht hat befreit werden können. (Journal für praktische Chemie, Bd. XCII S.
                              320.)
                           
                        
                           Gewinnung ätherischer Oele aus destillirten Wässern.
                           Nach dem Engländer Groves gewinnt man dieselben auf
                              folgende einfache Art. Man fügt zu dem Wasser 1/8 seines Volums reines Olivenöl,
                              gibt dann etwas Potascheauflösung hinzu und verwandelt das Ganze durch Schütteln in
                              eine Emulsion. Setzt man derselben einen kleinen Ueberschuß einer Säure zu, welche
                              die Potasche sättigt, so scheidet sich das fette Oel wieder aus, indem es das
                              sämmtliche riechende Oel bindet. Dieses kann mittelst Alkohol dem fetten Oele wieder
                              entzogen werden.
                           
                        
                           
                           Das Kamptulikon, ein Material zu Fußböden.
                           Ueber dieses Material, ein Gemisch von Korkabfällen mit geringeren Kautschuksorten,
                              wurde bereits im polytechn. Journal Bd. CLXVII S. 238 berichtet.
                           In der Versammlung der Mitglieder des Vereins für Gewerbfleiß in Preußen, im Monat
                              März d. J., sprach Hr. Dr. Weber über das Kamptulikon unter Vorzeigung von Proben aus der Handlung
                              von Schwerdtmann in Berlin. Der Stoff eignet sich wegen
                              seiner Elasticität und Wasserdichtheit zum Belegen von Treppen, Sälen, Badezimmern,
                              Pferdeständen etc. und wird bereits in England in großer Ausdehnung fabricirt. Es
                              sind besonders zwei Bereitungsarten bekannt geworden: 1) der Kautschuk wird in
                              warmem Zustande dünn ausgewalzt, mit Korkpulver imprägnirt und die Lagen bis zur
                              gewünschten Dicke wiederholt; 2) der Kautschuk wird mit Theeröl aufgequollen,
                              zwischen Walzen gebracht und mit Korkpulver imprägnirt, und das Verfahren ebenfalls
                              bis zur gewünschten Stärke wiederholt. Neuerdings soll ein Hr. Wiese statt des Korks zu demselben Zwecke Faserstoff verwenden. Eine Reihe
                              von Untersuchungen zur Trennung des Kautschuks vom Kork mittelst Schwefelkohlenstoff
                              hat ergeben, daß das Fabricat 50 bis 56 Proc. Kork enthält. (Verhandlungen des
                              Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1864, S. 52.)
                           
                        
                           Ueber Daniel Hooibrenk's künstliche
                              Befruchtung des Getreides; von Dr. F. F. Runge, Professor der Gewerbekunde in Oranienburg.
                           Hr. Daniel Hooibrenk hat im vorigen Jahre in dem Moniteur unterm 10. Sept. (Nr. 253) ein Verfahren
                              beschrieben, das Getreide künstlich zu befruchten.
                           Die meisten Fachzeitungen und selbst politische, haben davon wortgetreue
                              Uebersetzungen gebracht und das mit einem Eifer und einer Schnelligkeit, als ob es
                              gewiß sey, daß man künftig die Menschheit um den halben Preis beköstigen könne.
                           Hr. Hooibrenk sagt nämlich: „Ich bringe den
                                 Landwirthen ein sicheres Verfahren zur Kenntniß,
                                 durch welches sie ohne Kosten und auf einfache Weise Jahr für Jahr um die Hälfte mehr als von einer gewöhnlichen Ernte an
                                 Getreide erzielen können.“
                              
                           „Mein Mittel,“ sagt er ferner, „besteht in der künstlichen Befruchtung des Getreides, und das
                                 Werkzeug, dessen man sich dazu bedienen muß, sind wollene
                                    Fransen, welche man in der Blüthezeit durch und über die Aehren gleiten
                                    läßt. An einer starken Leine, so lang wie das zu befruchtende Feld,
                                 sind Fransen oder Lappen von grober Wolle befestigt, 4–6 Zoll
                                 lang.“ (Es ist dieß also eine Art biegsamer Harke mit biegsamen
                              Zähnen – eine Lappenharke.) „Zwei Arbeiter, zu beiden Seiten des
                                 Feldes aufgestellt, halten die Leine in der Weise, daß die Aehren nur von den
                                 Fransen berührt werden und im Vorwärtsschreiten sich so bewegen, daß sie leicht
                                 gegen einander schlagen. Durch diese abwechselnde regelmäßige Bewegung
                                 verbreitet sich der dadurch hervorgelockte Blüthenstaub gleichmäßig über alle
                                 Aehren.“
                              
                           
                              „Bei dieser künstlichen Befruchtung muß man das erste Mal von Osten nach
                                 Westen mit der Leine gehen, weil die nach Osten gerichtete Seite der Aehre stets
                                 am ersten zur Fruchtbildung gelangt. Zwei oder drei Tage später geht man sodann
                                 mit der Leine von Westen nach Osten. Nach weiteren zwei bis drei Tagen begeht
                                 man noch einmal das Feld nach Gutdünken, um die zurückgebliebenen Aehren zu
                                 berücksichtigen, und damit ist die künstliche Befruchtung vollendet.“
                              
                           
                              „Die eben beschriebene künstliche Befruchtung wurde auf dem Gute Sillery
                                 des Hrn. Jacquesson ausgeführt, und zwar mit Roggen, Weizen, Gerste und Hafer.“
                              
                           Das Ergebniß war nach Hrn. Hooibrenk ein überaus befriedigendes, und aus den von ihm angeführten
                              Zahlen ergibt sich, daß „der Ertrag des Getreides
                                    durch die künstliche Befruchtung durchschnittlich um die Hälfte gesteigert
                                    ward und zwar, da die Ausgaben für Fransen und Arbeitslohn kaum zu
                                 rechnen sind, ohne wesentliche Erhöhung der
                                    Kosten.“
                              
                           
                           Dieß Ergebniß wurde nach Hrn. H. durch drei Preisrichter festgestellt: Hrn. Payen, Mitglied der französischen Akademie der
                              Wissenschaften, Hrn. Dailly, Landwirth zu Trappes, und
                              Hrn. Simons vom landwirthschaftlichen Ministerium. Die
                              Zeitungen meldeten später, der Kaiser Napoleon III. habe Hrn. H. 20,000 Frcs. als
                              Belohnung gegeben.In Folge der auf dem Gute Sillery erlangten Resultate wurde zur gründlichen
                                    Prüfung der Sache eine Commission ernannt, als deren Präsident der Marschall
                                    Graf Vaillant, Minister des kaiserlichen Hauses
                                    und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, fungirt. Diese Commission hat
                                    Alle, die sich für den Gegenstand interessiren, eingeladen an den Versuchen
                                    Theil zu nehmen und die Resultate einzusenden; um die Einheit der Versuche
                                    zu erstreben, hat die Commission ihre Aufforderung mit Instructionen
                                    begleitet, welche im Auszug im polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 238
                                    mitgetheilt wurden. Daß das wahrhafte Resultat dieser Versuche der
                                    gründlichen Auseinandersetzung des Hrn. Dr. Runge vollkommen entsprechen wird, ist nicht im
                                    geringsten zu bezweifeln.A. d. Red.
                              
                           Wer dieß so liest, ohne je eine Blüthe der vier genannten Getreidearten genau
                              betrachtet zu haben und ohne folglich die Werkzeuge zu kennen, von denen die Bestäubung ausgeht, und die Befruchtung abhängt, der wird dem Hrn. H. nicht nur glauben, sondern ihn
                              auch vielleicht noch loben und preisen.
                           Ich möchte auch Lob, Preis und Dank dem Hrn. H. spenden, wenn ich nur nicht den Blüthenbau der Getreidearten zu genau kennte. Dieser ist
                              aber von der Art, daß die Behandlungsweise des Hrn. H. durchaus den beabsichtigten
                              Zweck verfehlt und verfehlen muß, und die ganze weltbeglückende Erfindung des Hrn. H. als eine der
                                 glänzendsten Aufschneidereien der Neuzeit erscheint.
                           Betrachten wir nun den Bau der Getreideblüthen und die Umstände, unter welchen das
                              Samenkorn sich bildet.
                           Eine Roggenähre enthält meistens an 40 Doppelblüthen, auf
                              jedem Spindelabschnitte eine. Ein solche besteht aus zwei schmalen Deckspelzen,
                              deren äußere in eine lange Granne ausgeht; die innere ist flach und ohne Granne. Sie
                              schließen drei Staubgefäße ein, die anfangs fast nur aus großen Staubbeuteln – die fast eben so lang sind wie die Spelzen
                              – mit ganz kurzen Staubfäden bestehen. Die sehr kleine gefiederte Narbe wird
                              dicht von den Staubbeuteln eingeschlossen. Später werden die Staubfäden so lang, daß
                              sie mit den Staubbeuteln aus den geöffneten Deckspelzen nach außen herabhängen.
                           Wenn dieß in die Erscheinung tritt, hat die Bestäubung und
                                 Befruchtung im Innern bereits stattgefunden; denn die Staubbeutel sind
                              geplatzt, der Fruchtknoten ist schon merklich entwickelt, und von der gefiederten
                              Narbe tritt ein Theil seitwärts aus den Spelzen hervor.
                           Dieß Alles ereignet sich bei den einzelnen Blüthen nach und nach, und zwar zuerst an
                              der einen Seite der Aehre. Später folgt die andere Seite, so daß dieß Aufblühen der
                              einzelnen Blüthen einer Aehre wohl an 8 bis 10 Tage lang dauert.
                           Sehr bemerkenswerth ist die Fülle von Blüthenstaub, welche die heraushangenden
                              Staubbeutel spenden. Die Umgebung wird davon mit einem gelben Anflug überzogen. Dieß
                              kann auch nicht anders seyn, da an einer einzigen Aehre sich nach und nach 80
                              Blüthen mit je 3 Staubbeuteln, also 240 Stück, entwickeln.
                           Eine jede Aehre hat demnach für sich des Staubes genug zur Befruchtung und braucht
                              nicht von der Nachbarähre zu borgen.
                           Es ist demnach das „Gegeneinanderschlagen der
                                    Aehren,“ wie es Hr. H. mit seiner Harke bewirken will,
                              durchaus überflüssig. Auch ist es unthunlich. Die Aehren stehen nie in gleicher
                              Ebene. Man kann 5–6 verschiedene Höhen blühender Roggenpflanzen bemerken.
                              Wäre hier nun ein Bewegen der Aehren vonnöthen, so könnte ihnen Hr. H. mit seiner
                              Vorrichtung nicht beikommen, aber der Wind würde das
                              schon besorgen. Es ist überhaupt verwunderlich, daß Hr. H., dessen ganze Erfindung
                              auf einem Versetzen und Ueberführen des Blumenstandes der einen Pflanze auf die
                              andere beruht, so ganz und gar den Wind außer Acht läßt.
                           
                           Bei der Weizenähre stehen 5 Blüthen auf einem
                              Spindelabschnitt. Von diesen Blüthen sind 3 fruchtbar, d.h. jede enthält, dicht
                              eingeschlossen zwischen 2 Blüthenspelzen, die Staubgefäße nebst Griffel und Narbe.
                              Diese Narbe ist gefiedert und tritt niemals aus der Spelzenumhüllung heraus. Mit den
                              Staubbeuteln geschieht dieß aber wie beim Roggen. Die anfangs sehr kurzen Staubfäden
                              verlängern sich und treten heraus, so daß sie mit den Staubbeuteln herunterhängen.
                              Wenn dieß eingetreten, ist im Innern die Bestäubung der Narbe
                                 und die Befruchtung des Keims bereits geschehen, gerade so wie es beim
                              Roggen der Fall ist.
                           Da beim Roggen die Narbe theilweis aus der Spelzumhüllung heraustritt, so ist, wenn
                              auch unnöthig, doch eine künstliche Bestäubung möglich. Hier ist sie aber vermöge
                              des dichten Verschlusses durch die breiten Spelzen ganz unausführbar. Hr. H. hat
                              demnach mit seiner künstlichen Weizenbefruchtung den Leuten etwas aufgebunden und seine Angabe, dadurch den Ertrag um die
                              Hälfte vermehrt zu haben, ist eine Unwahrheit.
                           Die fruchtbare Blüthe an der Gerstenähre kann man eine bewaffnete Blüthe nennen. Ihre 3 Staubfäden und 2
                              gefiederten Narben werden von 2 Spelzen eingeschlossen, von denen die eine mit einer
                              5–6 Zoll langen Granne versehen ist. Diese Blüthen
                              stehen nun so auf den Spindelabschnitten, daß die mit der Granne versehene Spelze
                              nach außen gekehrt ist, während sich die unbewaffnete Spelze dicht an die Spindel
                              anlegt. Auf diese Weise ist ihrem Inhalt gar nicht
                                 beizukommen. Die Bestäubung und Befruchtung geschieht hier in einem völlig
                              verschlossenen Raume. Erst nachdem dieß geschehen,
                              werden die 3 Staubfäden mit den Staubbeuteln äußerlich bemerkbar. Die Narbe kommt dagegen vor der Befruchtung nie zu Tage.
                           Oeffnet man kurz vorher, ehe die Staubfäden äußerlich sichtbar werden, die Blüthe,
                              indem man sie mit der linken Hand an der langen Granne festhält und nun mittelst
                              einer Zange die innere oder oberere kleine Spelze zurückbiegt, so bemerkt man die
                              drei Staubgefäße dicht über der gefiederten Narbe. In den
                              meisten Fällen sind die Staubbeutel nun schon geplatzt, so daß der Blüthenstaub
                              aufliegt. Die Befruchtung ist also geschehen.
                           Nun möchte ich Hrn. H. sehen, wie er es anfängt ein Gerstenfeld mit seinen wollenen
                              Befruchtungslappen zu befruchten und zwar so, daß die Ausbeute, wie er behauptet,
                              die Hälfte mehr beträgt als ohne seine Lappalien! Jedenfalls sind seine Behauptungen
                              in Bezug auf die Gerste sämmtlich ebenso erlogen, wie ich dieß so eben hinsichtlich
                              des Roggens und Weizens nachgewiesen habe.
                           Der Hafer treibt Rispen mit 4, 5–6 Aesten, die
                              4–5 Doppelblüthen tragen. Diese Blüthen sind von
                              einem gemeinschaftlichen Kelch dicht umschlossen, der aus
                              zwei bauchigen, großen, weiten Spelzen besteht.
                           Jede einzelne Blüthe hat ebenfalls 2 Spelzen, welche den
                              Griffel und die Staubfäden gleichfalls dicht einschließen. Eine längere Zeit bleibt
                              dieser Verschluß vollkommen. Dann aber öffnet sich der gemeinschaftliche Kelch,
                              einem Storchschnabel gleich, und die beiden Einzelblüthen werden sichtbar. Hierauf
                              öffnet eine derselben ihre beiden Spelzen, und es werden
                              die drei Staubfäden mit den Staubbeuteln und der Griffel mit den federartigen Narben sichtbar und ragen seitwärts
                              hervor.
                           Wenn dieß geschieht, ist die Bestäubung und somit die Befruchtung bereits geschehen, denn diese geht früher vor sich, als die beiden Spelzen sich öffnen
                              und die Staubgefäße nebst den Narben sichtbar werden.
                           Dieß Sichtbarwerden der Staubgefäße geschieht durch Verlängerung der Staubfäden, so
                              daß sie dann mit den Staubbeuteln schlaff herunterhängen. Denn anfangs vor der
                              Bestäubung sind sie kaum länger als der Griffel nebst Narben und stehen straff und
                              dicht um dieselben herum, so daß sich die Bestäubung gleichsam von selbst macht.
                           Viele Blüthen öffnen ihre Spelzen gar nicht, so daß die
                              Staubgefäße durchaus nicht sichtbar werden. Zerlegt man nun eine solche Blüthe, die
                              neben einer bereits längere Zeit geöffneten steht, also alt genug ist, daß sie sich
                              hätte öffnen können – so findet man ein schon ziemlich entwickeltes Samenkorn mit milchigem Inhalt. Also ist die Befruchtung
                              geschehen. Die welken Staubbeutel befinden sich über dem Samenkorn an den
                              verlängerten Staubfäden, noch fest umschlossen von den beiden Spelzen.
                           Hiernach ist es 1) nicht nöthig, daß zur befruchtenden Bestäubung von außen
                              eingewirkt werde, und 2) ist eine solche Einwirkung geradezu unmöglich, da man der Narbe wegen der Spelzenhülle von außen gar nicht beikommen
                              kann. Wenn dieß aber später bei einigen Blüthen möglich wird, indem die gefiederten
                              Narben aus den geöffneten Spelzen hervortreten, so sind sie, wie gesagt, schon
                              befruchtet. Auch geben die Staubbeutel keinen Blüthenstaub mehr, er ist längst
                              verflogen.
                           Wenn daher Hr. H. behauptet, mittelst seiner wollenen Lappenharke auch den Hafer
                              künstlich befruchtet und dadurch den Ertrag um die Hälfte gesteigert zu haben, so
                              hat er auf das Unverschämteste aufgeschnitten.
                           Wir haben nun durch eine genaue Betrachtung der vier verschiedenen Getreideblüthen
                              gesehen, daß eine künstliche Befruchtung, wie sie Hr. H. bewirkt haben will, weder
                              stattfindet, noch überhaupt stattfinden kann, und es drängt sich die Frage auf: Wie
                              war es möglich, daß man dem Manne Glauben schenken konnte? Besonders ist es auffallend, daß die HH. Preisrichter und andere verständige
                                 Männer sich täuschen ließen. Es scheint, als ob Keiner von ihnen sich recht
                              klar gemacht hat, um was es sich hier handelt, und daß sie der fabelhaften Befruchtungsmaschine des Hrn. H., der Lappenharke, mehr Aufmerksamkeit geschenkt haben, als dem eigenthümlichen
                              Bestandtheil der Blüthe, der befruchtet werden sollte, dem Griffel mit der Narbe. Daß diese fast nie zu
                              Tage kommt und dem Hrn. H. mit seiner Lappenharke unerreichbar ist, bleibt ihnen ein
                              Geheimniß. Auch fragten sie nicht darnach, weil Hr. H. wie ein kluger Taschenspieler
                              in der Beschreibung seiner Entdeckung durch mehrere Schwindeleien, denen er einen
                              wissenschaftlichen Anstrich zu geben wußte, die Aufmerksamkeit von der Hauptsache
                              ablenkte. So stellt er die Behauptung auf, daß der Blüthenstaub von einer und
                              derselben Pflanze eine bei weitem geringere Befruchtungskraft übe, als der von einer
                              in ihrer Nähe stehenden Getreidepflanze gleicher Art.
                              „Jede Aehre“ – sagt er – „stellt
                                 gleichsam eine Familie vor, bei welcher die eingegangenen Verbindungen nicht die
                                 zu erwartenden ersprießlichen Folgen haben, wenn sie sich innerhalb der Glieder
                                 dieser Familie vollziehen. So gibt die benachbarte Aehre ihrer Nachbarin eine
                                 größere Fruchtbarkeit, und das durch den Blüthenstaub einer fremden Aehre befruchtete Korn entwickelt sich bei
                                 weitem besser als dasjenige, welches durch den Blüthenstaub einer Aehre des
                                 gemeinschaftlichen Halmes befruchtet wird.“
                              
                           Dieses Gesetz, das von Thieren und Menschen allerdings gilt, wendet unser Schwindler
                              auf Pflanzen an, deren Blüthen Zwitter sind, wo also
                              selbstverständlich und nothwendig der eigene Blüthenstaub
                              zur Befruchtung des eigenen Samenkeims bestimmt ist.
                           Diesen Umstand haben sich die Wenigsten klar gemacht, denen Hr. H. seine Entdeckung
                              anpries; daher wurde ihm auf's Wort geglaubt und ohne nähere Prüfung betrachtete man
                              wirklich das von ihm empfohlene Gegeneinanderschlagen der
                                 Aehren als die Hauptsache bei seiner künstlichen Befruchtung.
                           Dasselbe Streben, seiner sogenannten Entdeckung eine wissenschaftliche Grundlage zu
                              geben, zeigt sich auch in der folgenden Behauptung: „Es steht als Regel
                                 fest, daß das weibliche Organ zur Befruchtung bereit ist, indeß der Blüthenstaub
                                 noch nicht so weit gediehen. Da nun ein Theil der Aehre in voller Blüthe stehen
                                 kann, während dieß bei einem anderen Theile derselben noch nicht stattfindet, so
                                 muß man diesen Umstand scharf in's Auge fassen.“
                              
                           Ganz recht: „scharf in's Auge
                                    fassen“, damit man die eigentliche Flunkerei nicht merkt. Ein dem
                              Hrn. H. auf's Wort Glaubender wird daher bereitwilligst sich der Lappenharke
                              bedienen, wenn er an seinem Weizen- oder Roggenfelde das einseitige Heraushängen der
                              Staubgefäße bemerkt. Die Wirkung kann gar nicht fehlen, denkt er, wenn nur die
                              blühende Seite der einen Aehre mit der andern in Berührung gebracht wird. Daß nun
                              aber an dieser nichtblühenden Seite gar nichts von außen
                              zu befruchten ist, das entgeht ihm, da Hr. H. ihm wohlweislich verhehlt, daß das
                              weibliche Organ hier dicht von den Kelchen umschlossen ist.
                           Eine gleiche Bewandtniß, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, hat es mit der
                              scheinbar gelehrten Behauptung, daß, wenn der Narbe die zur Blüthenstaubaufnahme
                              nöthige Feuchtigkeit fehle, diese durch Honig ersetzt
                              werden könne.
                           Man vernehme, wie Hr. H. dieses bewirkt. „Um die Folgen der zufälligen
                                 Vernichtung des Honigtropfens der Staubwege auszugleichen, bestreiche ich die wollenen Fransen mit Honig, welcher den der
                                 Staubwege vortrefflich ersetzt.“
                              
                           Nun denke man sich einen mit Honig bestrichenen wollenen Lappen einer Roggenähre gegenüber, an der 70–80 Narben
                              vorhanden sind, von denen eine jede ihr Tröpfchen Honig erhalten soll! Wären alle Narben bloß und
                              nach außen gekehrt, so würden wohl einige mit Honig beschmiert werden, aber nie in
                              der Art, daß dadurch die natürliche Feuchtigkeit der Narbe – die übrigens gar
                              kein Honig ist – ersetzt würde.
                           Nun aber sind alle 70–80 Narben der Aehre zwischen zwei eng anschließenden
                              Kelchblättern wohl verwahrt, von denen das eine sich in eine mehrzöllige Granne
                              verlängert. Dieß gibt 70–80 Grannen, die gleich Palissaden die Aehre von
                              außen einschließen. Da komme nun einmal Hr. H. mit seinen Honiglappen an!
                           Wäre aber auch „dieses Honig um den Bart schmieren“ wirklich
                              ausführbar, so würde es doch nicht nützen, sondern schaden, denn die Staubbeutel würden ebenfalls ihren Theil bekommen, und
                              damit würde dann die Quelle des Blüthenstaubes verstopft.
                           Diese Honigangelegenheit ist in der That mehr als unverschämt; aber sie wird noch
                              durch die folgenden Rathschläge überboten, die Hr. H. in diesem Frühjahr von sich
                              gegeben hat.
                           In einem Pariser Blatte – sagt die Leipziger Bilderzeitung, 1864, Nr. 1087, S.
                              299 – gibt Hr. H. das Verfahren der „künstlichen Befruchtung der Obstbäume“ an und sagt
                              wörtlich:
                           
                              „Ich halte es für meine Pflicht, das Mittel
                                 anzugeben, sich eine reichliche Ernte zu sichern. Um diesen Zweck zu erreichen,
                                 muß man das Pistill der Blüthe leicht mit dem in Honig
                                    getauchten Finger berühren. Dann fährt man mit einem Büschel von
                                 Schwanenflaum über alle Blüthen, um die Versetzung des befruchtenden Staubes zu
                                 erleichtern. – Solche Fruchtbäume, deren Blüthen man mit der Hand nicht
                                 erreichen kann, befruchtet man, indem ein mit Honig
                                    bestrichener Schwanenbüschel an eine bewegliche Gerte befestigt wird,
                                 mit welchem man das Pistill betupft, worauf über dasselbe, wie oben gesagt, mit
                                 einem Flaum ohne Honig hinweggefahren wird.“
                              
                           In diesen Rathschlägen, sich eine reiche Obsternte zu sichern, und deren Ertheilung
                              Hr. H. „für seine Pflicht hält,“ erreicht seine Unverschämtheit im Aufschneiden ihren Gipfelpunkt!
                           Man denke sich einen Obstgarten mit 50 Bäumen in voller Blüthe. Hr. H. steht mit
                              einem Honigtöpfchen und erhobenem
                                 Zeigefinger vor einem Birnbaum, dessen Blüthenmenge ein Dase auf eine halbe Million schätzen würde. Hr. H. hat..
                              Doch ich unterlasse die weitere Ausmalung des Bildes. Es ist gar zu lächerlich, wenn
                              ein solcher Knirps den Weltverbesserer spielen und die ewigen
                                 Naturgesetze vervollkommnen will. Ueberdieß wird Hr. H. sich wohl hüten,
                              seinen unsinnigen Vorschlag selbst zu befolgen; das überläßt er Anderen. Ihm ist es
                              nur darum zu thun, neue Anhaltspunkte der Wahrscheinlichkeit für seinen Getreideschwindel zu haben.
                           Die obigen Vorschläge sind in der That die Fortsetzung desselben. Die Lappenharke
                              wird hier durch den in Honig gestippten Finger nebst
                              Schwanenbüschel und Schwanenflaum ersetzt.
                           Wie wohl einer Biene eine solche Befruchtungspfuscherei
                              erscheinen möchte? Könnte sie denken und sprechen, so würde Hr. H. Spott und Hohn zu
                              hören bekommen, und mit gerechtem Zorn würde sie ihn auf ihren alten Freund Christian Conrad Sprengel verweisen, der in seinem Buche:
                              „Das entdeckte Geheimniß der Natur im Bau
                                    und in der Befruchtung der Blumen, Berlin 1793“ ihre emsige
                              Thätigkeit, Staub von Blüthe zu Blüthe zu tragen, so schön
                                 bewiesen, gepriesen und verherrlicht hat!