| Titel: | Die Garnwaschmaschine von C. Raiser. | 
| Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XXXIV., S. 113 | 
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                        XXXIV.
                        Die Garnwaschmaschine von C. Raiser.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Raiser's Garnwaschmaschine.
                        
                     
                        
                           Bei der Wichtigkeit, welche ein gleichmäßiges Waschen der Garnstränge auf die
                              Qualität der Farbe namentlich in der Türkischrothfärberei hat, haben sich die
                              Fachmänner schon seit mehreren Jahren mit der Herstellung einer Maschine für diesen
                              Zweck beschäftigt. Die ersten Versuche mit Spiralen etc. sind als verfehlte zu
                              betrachten, da diese Maschinen entweder wegen zu großen Wasserverbrauchs oder wegen
                              zu geringer quantitativer Leistung keine dauernde Verwendung gefunden haben. In
                              Bezug auf den Wasserverbrauch war die im zweiten Decemberheft 1864 dieses Journals
                              (Bd. CLXXIV S. 421) beschriebene Gantert'sche Maschine
                              die erste, welche den Anforderungen entsprach; die Mängel derselben werden durch
                              einen Vergleich mit der Raiser'schen Maschine am
                              leichtesten klar werden.
                           Die Raiser'sche Maschine ist in Fig. 7 in der
                              Seitenansicht, in Fig. 8 in der oberen Ansicht und in Fig. 9 im Querdurchschnitt
                              dargestellt. Dieselbe
                              besteht aus einem Wagen A, A, welcher aus Schmiedeeisen
                              hergestellt ist. Dieser Wagen ruht auf den beiden Achsen B,
                                 B und den vier Laufradstücken C, C lose, so daß
                              er auf denselben mit zwei Fuß Hub horizontal schwingen kann. Die Achsen B tragen zugleich zwei Riemscheiben D, D, auf welchen ein endloser Riemen gespannt ist. Auf
                              diesen Riemen sind die Achsen der Spulen E, E₁,
                              E₂ etc. aufgeschraubt. Der ganze Apparat wird
                              durch die Kurbelwelle F hin und her gezogen. Wird nun
                              ein Garnstrang auf eine der Spulen E, E gebracht, das
                              Bassin G mit Wasser gefüllt, so wird der in's Wasser
                              eintauchende Theil in derselben Weise wie beim Waschen aus freier Hand von
                              Unreinigkeiten befreit werden. Damit der Strang in seiner ganzen Länge gleichmäßig
                              gewaschen wird, müssen die Spulen E sich um ihre Achse
                              drehen. Ferner würde es zu beschwerlich seyn, die Stränge auf die im untern Theil
                              der Maschine befindlichen Spulen zu hängen; die Spulen müssen also gleichzeitig eine
                              fortschreitende Bewegung machen, damit der Strang auf die Spule E aufgehangen werden kann, daß dann diese Spule die
                              Stellungen E₁, E₂ etc. einnimmt, und schließlich der Strang wieder abgenommen werden
                              kann, wenn die Spule E in Lage E₈ gekommen ist. Beide Zwecke werden dadurch erreicht, daß die
                              Riemscheibe D bei jedem Hub der Maschine um einige Grad
                              gedreht wird.
                           Beim Gebrauch der Maschine hängen zwei Arbeiter, welche bei H,
                                 H stehen, das Garn auf die Spulen E. Das
                              Waschwasser strömt in das Bassin bei K ein und bei L aus, verfolgt also eine dem zu waschenden Garn
                              entgegengesetzte Richtung, so daß das am meisten gewaschene Garn im frischesten
                              Wasser und das schmutzige Garn in dem gebrauchten Wasser gewaschen wird. Nach
                              einigen Huben der Maschine wird die Spule E die Stellung
                              E₁ eingenommen haben und die Spule E₁₆ in Position E seyn, und wird dann auch auf diese Spule ein Garnstrang gehangen und so
                              fort. Ist die erste mit Garn behangene Spule in die Lage E₈ gekommen, so nehmen zwei andere bei M,
                                 M stehende Arbeiter das gewaschene Garn von derselben ab.
                           Die Details der Maschine betreffend, so ist N eine kleine
                              Dampfmaschine von 5 Zoll Cylinderweite und 10 Zoll Hublänge, welche die
                              Waschmaschine treibt. Ist eine Triebkraft vorhanden, so kann selbstverständlich die
                              Kurbelwelle auch durch Riemscheiben bewegt werden.
                           O ist die Zugstange, welche die Bewegung von der
                              Kurbelwelle auf die Achse B des Wagens überträgt. Durch
                              ihre verticalen Schwingungen bewegt sie mittelst eines Hebelwerkes Q zwei Sperrräder, welche ihrerseits die Rotation der
                              Riemscheibe C bewirken. Durch eine eigene Vorrichtung
                              kann das Hebelwerk Q so regulirt werden, daß sich die
                              Riemscheibe 
                              C bei einem Hub um 2, 3, 4 oder 5 Zähne des Sperrrades
                              dreht. Je stärker das Garn gewaschen werden soll, um so weniger Zähne muß die
                              Sperrklinke fassen, damit die Spulen bei jedem Hub der Maschine nur wenig vorrücken,
                              also auf dem Wege von E₂ bis E₇ öfter im Wasser hin und her gezogen werden.
                              T, T sind zwei Schienen von Winkeleisen, auf welchen
                              die leeren Spulen von E₈ nach E₁6 zurückrollen; U,
                                 U sind zwei ähnliche Schienen, welche die mit Garn beladenen Spulen auf
                              ihrem Wege von E₂ bis E₈ tragen. Alle vier Schienen sind durch Diogonalstreben mit dem
                              Rahmen des Wagens A verbunden und ist es durch diese
                              Sprengwerke ermöglicht, dem Wagen bei geringem Gewicht eine große Stabilität und
                              Steifigkeit zu geben. Die Schienen U, U haben außer der
                              Unterstützung der Spulen noch den Zweck, dieselben um ihre eigenen Achsen drehen zu
                              lassen, indem die Laufränder der Spulen durch das Gewicht der Spulen selbst und des
                              aufhängenden nassen Garns Adhäsion genug haben, um auf den Schienen bei dem
                              Fortschreiten des endlosen Riemens zu rollen. R ist ein
                              Schutzbret, welches dazu dient, die bei M stehenden
                              Arbeiter beim Abnehmen der nassen Stränge vor dem spritzenden Wasser zu
                              schützen.
                           S ist ein auf dem Wagen A
                              angebrachtes Schutzbret. Da nämlich das trockene Garn bei E₁ aufgehängt, beim Gang der Maschine hin und her schleudern und
                              sich verwirren würde, so wird das zweite Ende des auf die Spule gehängten Stranges
                              auf die Kante von S gelegt, wo sie so lange liegen
                              bleibt, bis die Spule in Lage E₂ gekommen ist und
                              das Garn dann in das Wasser fällt.
                           Der Zufluß und Abfluß des Wassers wird, je nach den aus dem Garn zu waschenden
                              Unreinigkeiten regulirt. Sind schwimmende Theile, z.B. Seife auszuwaschen, so strömt
                              das Wasser über Einschnitte der Scheidewand L, sind
                              dagegen Farbstoffe, z.B. Krapp auszuwaschen, so wird das Wasser am Boden des Bassins
                              ein- und ausgelassen.
                           Nach Vorstehendem sind die Vorzüge der Raiser'schen
                              Maschine im Vergleich zur Gantert'schen evident
                              folgende:
                           1) auf jede Spule wird nur ein Strang gebracht, während auf jede Spule der Gantert'schen Maschine 2 oder 3 Stränge aufgebracht
                              wurden. Da nun das Garn sich durch Wellenschlag, Vibrationen der Maschine etc. beim
                              Drehen der Spulen in der Achsenrichtung der letzteren verschiebt, so trat bei der
                              Gantert'schen Maschine häufig der Fall ein, daß die
                              auf einer Walze hängenden Stränge sich aufeinanderschoben und in Folge dessen
                              verwirrten und später Fäden rissen;
                           2) sind die Spulen bei Raiser's Maschine auf der Maschine
                              befestigt und werden durch die Maschine selbstthätig die leeren Spulen auf die Seite zurückgeführt, wo
                              sie auf's Neue mit Garn behangen werden. Bei Gantert's
                              Maschine werden die Spulen, welche lose auf dem Wagen der Maschine mit beiden Enden
                              aufliegen, nach dem Ende der Waschung von der Maschine abgehoben und auf einer in
                              der Höhe angebrachten geneigten Ebene zurückgerollt. Es sind also zwei Arbeiter
                              erforderlich, um die Spule abzuheben und so lange in der Hand zu halten bis zwei
                              andere Arbeiter die Stränge aufgebracht, resp. abgenommen haben. Die beiden ersteren
                              Arbeiter sind bei Raiser's Maschine erspart. Da nun die
                              Neigung der Bahn zum Zurückrollen der Spulen bei der erforderlichen Länge von etwa
                              20 Fuß nur gering seyn darf, damit der Arbeiter ohne Treppen die Spulen auf das
                              obere Ende auflegen kann, so müssen die Spulen genau rechtwinklig auf die Richtung
                              der Bahn gelegt werden, damit sie nicht entgleisen. Selbst bei geübten Arbeitern
                              konnte das Auflegen nicht so genau geschehen, um häufiges Entgleisen und ebenso
                              häufige Betriebsstockungen zu vermeiden. Noch schwieriger war es die Spulen in
                              richtige Lage auf die Maschine zurückzubringen, weil dann die der Spule bestimmte
                              Unterlage in ununterbrochener Bewegung und eine Drehung der
                              Spulachsen-Richtung nach dem Niederlegen dadurch unmöglich wurde, daß die auf
                              beiden Enden der Spulen angebrachten Zahnräder in zwei auf dem Wagen aufgeschraubte
                              Zahnstangen eingreifen mußten;
                           3) ist die Raiser'sche Maschine solider und zweckmäßiger
                              zu construiren, wie die Gantert'sche. Die Spulen Gantert's müssen aus der Hand gehoben werden, also
                              möglichst leicht seyn und sind deßhalb von Holz. Dagegen sind die Raiser'schen Spulen von Messing, lassen sich mithin
                              leicht reinigen und bleiben unverändert, während das Holz in der Nässe rauh wurde
                              und dadurch die Fäden zerriß. Das Wasserbassin kann bei Gantert's Maschine nur aus Holz construirt werden, weil die Kurbelachse
                              hindurchgeht, während bei Raiser's Maschine je nach den
                              Preisen auch Cementmauerwerk dazu verwandt werden kann.
                           Raiser hat die Verwerthung seiner Erfindung der
                              Maschinenfabrik von Albert Wever und Comp. in Barmen übertragen, welche die Patente erwirkt
                              und schon so viele Maschinen darnach ausgeführt hat, daß jeder Zweifel an der
                              vollendeten Leistung dieser Maschine gehoben ist. Die weltbekannten
                              Türkischrothfärbereien des Wupperthals haben fast alle eine oder zwei Raiser'sche Maschinen in Gebrauch. Demnächst hat diese
                              Maschine in Sachsen, Oesterreich etc. schon Aufnahme gefunden. Abgesehen von der
                              Regelmäßigkeit, mit welcher ein Strang genau so stark gewaschen wird wie der andere,
                              was bei Handarbeit unmöglich zu controliren, so ist die Ersparniß an Arbeitskraft so
                              bedeutend, daß auch für
                              kleinere Färbereien die Anlage rentabel ist. Die zur Bedienung der Maschine nöthigen
                              vier Arbeiter waschen nämlich, wenn sie auch das Garn selbst an- und abfahren
                              müssen, 700 bis 1500 Stränge per Stunde; dagegen würden
                              vier geübte Arbeiter auf fließendem Wasser von gleichem Garn höchstens 200 resp. 400 Stränge waschen können. Ein wesentlicher
                              Vortheil der Maschine liegt noch darin, daß dieselbe an jeder beliebigen Stelle in
                              der Färberei selbst aufgestellt werden kann; es werden dadurch Transporte des Garns
                              erspart und das Waschen von der Witterung, z.B. von Frost, unabhängig gemacht. Zur
                              Erreichung dieser beiden Zwecke hat man namentlich in Glasgow das Garn auf Bassins
                              aus freier Hand gewaschen, welche Bassins ebenfalls im Färbereilocal aufgestellt
                              waren und denen das Speisewasser durch Dampfkraft zugeführt wurde. Dabei waren aber
                              entweder solche Massen von Speisewasser erforderlich, daß der Betrieb der dazu
                              nöthigen Pumpen große Kosten verursachte oder, wenn das Wasser mehrmals benutzt
                              wurde, der Art daß das schmutzigste Garn auf schon gebrauchtem Wasser und schon
                              theilweise gewaschenes Garn auf dem rein zufließenden Wasser gewaschen wurde, so
                              vertheuerte das Ueberreichen des Garns von einem Arbeiter zum anderen die Waschung
                              um ebenso viel, als der Transport zum fließenden Wasser bei gewöhnlichen
                              Verhältnissen kosten würde.
                           Schließlich sey noch bemerkt, daß die Anlage der kleinen Dampfmaschine zum directen
                              Betrieb der Waschmaschine in allen jenen Färbereien nicht erforderlich ist, wo die
                              vorhandene Triebkraft, Dampfmaschine oder Wasserrad, gleichzeitig mehrere
                              Hülfsmaschinen, z.B. zu den mit vielen Färbereien verbundenen Appreturanstalten oder
                              Webereien treibt, weil dabei der Gang des Motors vollständig gleichmäßig genug ist.
                              Soll aber die Waschmaschine in bedeutender Entfernung von den Getriebwellen
                              aufgestellt werden, oder hat die Dampfmaschine nur Wasch- und Speisewasser zu
                              pumpen und nebenbei nur eine Centrifugaltrockenmaschine oder, wie gewöhnlicher, die
                              Pumpe einer Garnwringepresse zu betreiben, so wird der Gang der vorhandenen
                              Dampfmaschine so variiren, daß dann die gezeichnete kleine Dampfmaschine neben der
                              Waschmaschine sich empfiehlt.
                           
                        
                     
                  
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