| Titel: | Ueber die in den Schwefelwässern von Bagnères-de-Luchon entwickelte Elektricität; von E. Lambron. | 
| Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XXXVII., S. 120 | 
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                        XXXVII.
                        Ueber die in den Schwefelwässern von
                           Bagnères-de-Luchon entwickelte Elektricität; von E. Lambron.
                        Aus den Comptes rendus, t. LX p. 238, Januar
                              1865.
                        Lambron, über die elektrischen Wirkungen der
                           Schwefelwässer.
                        
                     
                        
                           Durch zahlreiche Versuche, welche ich seit acht Monaten angestellt habe, um zu
                              ermitteln ob sich in den Mineralwässern von Luchon Elektricität entwickele, gelangte
                              ich zu sehr interessanten Resultaten, welche einem näheren Studium dieser Quellen
                              einen neuen Weg eröffnen.
                           Es konnte für die Wissenschaft von Interesse seyn, nachzuweisen, wie es auch
                              geschehen ist,Polytechn. Journal Bd. CLXXV S.
                                       279. daß, wenn Mineralwässer entweder mit dem Boden, oder mit anderen
                              Flüssigkeiten in Berührung kommen, d.h. jedesmal, wenn man mit denselben ein zusammengesetztes galvanisches Element bildet, stets ein
                              elektrischer Strom erzeugt wird. Am wichtigsten aber war es, nachzuweisen, ob in
                              diesem Wasser selbst unabhängig von jedem Contacte mit irgend einem Medium, mit
                              anderen Worten, unter den Umständen, unter denen das Wasser zur Benutzung kommt, Elektricität sich
                              entwickelt. Dieß zu ergründen, hatte ich mir zur Aufgabe gemacht und ich erhielt bei
                              meinen Versuchen die nachstehenden Resultate.
                           1) Schwefelwasser, in einem gläsernen Gefäße oder in einer Badewanne aufgefangen,
                              zeigt einen Ueberschuß positiver Elektricität in seinen
                              oberen Schichten, welche in Folge der Einwirkung der Luft und der in dieser
                              enthaltenen Kohlensäure unaufhörlich chemischen Umwandlungen unterworfen sind; in
                              seinen unteren, wenig veränderten Schichten zeigt es dagegen überschüssige negative Elektricität. Von dieser Thatsache kann man sich
                              leicht überzeugen, wenn man ein nicht polarisirtes und gehörig isolirtes Platinblech
                              an den Boden des Gefäßes, und ein zweites, gleiches Blech von derselben Oberfläche
                              in die oberen Schichten des Wassers, dazwischen aber ein Galvanometer bringt und die
                              Kette schließt. Die Abweichung der Nadel zeigt, daß ein elektrischer Strom in dieser Kette stattfindet, welcher von den
                              oberflächlichen nach den tiefen Schichten circulirt.
                           2) Die Dauer dieses Stromes scheint nur eine
                              vorübergehende zu seyn, weil die Platinplatten sich ziemlich schnell polarisiren;
                              man kann aber nachweisen, daß er sogar mehrere Tage anhält, so lange das Wasser
                              seinen Schwefelgehalt nicht ganz verloren hat, indem man die Platten depolarisirt
                              oder bei jedem Versuche neue anwendet.
                           3) Die Intensität des Stromes steht nicht in genauer
                              Correlation zu dem Temperaturgrade des Wassers der verschiedenen Quellen, wohl aber
                              in directem Verhältnisse zur Größe ihres Schwefelgehaltes.
                           4) Die Abnahme der Intensität des Stromes ist nicht bei
                              allen Quellen gleich; sie ist nicht ihrem Schwefelgehalt und der verflossenen Zeit
                              proportional, sondern der größeren oder geringeren Schnelligkeit womit das Wasser
                              sich durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft verändert.
                           5) Wenn sich Jemand in einem Bade befindet, so beladen sich die in den tiefen
                              Schichten des Wassers befindlichen Körpertheile mit negativer, dagegen die in den oberflächlichen Schichten eingetauchten,
                              sowie die aus dem Wasser hervorragenden Theile mit positiver Elektricität. Dieß läßt sich durch Platinplatten, welche wie
                              oben angegeben angeordnet sind und wechselseitig auf die verschiedenen Körperstellen
                              applicirt werden, deutlich nachweisen.
                           Die Schwefelwässer bilden demnach für sich ein einfaches
                                 Element, in Folge der Uebereinanderlagerung flüssiger Schichten, welche
                              sich in ungleichem Grade verändern. Ist der Körper im Bade befindlich, so schließt
                              er den interpolaren Strom nach Art der Metallplatten bei den einfachen, von Bucholz und von Becquerel angewendeten
                              Apparaten. Unter diesen Umständen bildet folglich ein Bad einen einfachen
                              elektrochemischen Apparat.
                           6) Bei Anwendung der Schwefelwässer als Douche ist der getroffene Körpertheil negativ und die übrigen Theile sind positiv. Gibt man gleichzeitig zwei Douchen von verschiedener Temperatur,
                              so sind die von der wärmsten derselben getroffenen Theile negativ, die anderen positiv.
                           7) Die versendeten Schwefelwässer geben fast gleiche
                              Resultate. Ihre elektrischen Wirkungen zeigen gleichfalls eine ziemlich lange Dauer,
                              die übrigens im Verhältniß zu der zu ihrer vollständigen Entschwefelung
                              erforderlichen Zeit steht; nur haben die Ströme weit geringere Intensität. Solche
                              Schwefelwässer haben überdieß die Eigenthümlichkeit, daß die größte Intensität des
                              Stromes sich nicht sogleich zeigt, wenn sie in ein Gefäß gegossen und der Einwirkung
                              der Luft ausgesetzt werden, sondern erst einige Augenblicke später, wenn die durch
                              die Einwirkung der Luft hervorgerufenen chemischen Zersetzungen und
                              Wiedervereinigungen in voller Thätigkeit sind. Beobachtet man das Wasser hingegen an
                              der Quelle, so zeigt der Strom seine größte Intensität sobald es mit der Luft in
                              Berührung kommt, als wenn seine mineralischen Bestandtheile in diesem statu nascente zu den chemischen Umsetzungen geeigneter
                              wären.
                           8) Es ist wahrscheinlich, daß die elektrochemischen Ströme der Schwefelwässer nicht
                              ohne eine gewisse Einwirkung auf den menschlichen Organismus sind; die Richtigkeit
                              dieses Satzes ist nunmehr, nachdem die Existenz jener Ströme unzweifelhaft
                              festgestellt worden, näher nachzuweisen. Uebrigens werde ich der Akademie die
                              vollständige Arbeit über diese Experimentaluntersuchungen zur Beurtheilung vorlegen,
                              sobald ich dieselbe vollendet habe.