| Titel: | Zur Darstellung von Silberspiegeln; von E. Reichardt in Jena. | 
| Autor: | Eduard Reichardt [GND] | 
| Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XLI., S. 139 | 
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                        XLI.
                        Zur Darstellung von Silberspiegeln; von E. Reichardt in Jena.
                        Reichardt, über Darstellung von Silberspiegeln.
                        
                     
                        
                           Die mannichfachen Verfahren, Silber auf Glas u.s.w. metallisch niederzuschlagen und
                              besonders zur Spiegelfabrication zu verwenden, sind bekannt und bei der unschweren
                              Abscheidung des Silbers aus seinen Lösungen gewiß noch zu vervielfältigen. Ein
                              Nachtheil bei dieser Fabrication scheint mir besonders darin zu liegen, daß so
                              äußerst leicht fleckige Producte, wie ungleiche Ablagerungen erzielt werden,
                              hervorgerufen durch Mistentheils höchst unbedeutende Umstände. Die geringste
                              Verunreinigung des Glases macht sich bei dem fertigen Fabricate sichtbar, weßhalb
                              die meisten Methoden besonders darauf Rücksicht nehmen, das Glas zu reinigen, mit
                              Ammoniak oder Kali, Salpetersäure u.s.w., kurz die ebenso vielfachen Weisen der
                              Reinigungsarten in Vorschlag bringen. Das ist ein großer Uebelstand und macht das
                              Gelingen selbst bei genauester Ausführung oft von reinen Zufälligkeiten
                              abhängig.
                           Hierbei nahm man als unumgänglich nothwendig an, wie bisher bei den meisten
                              derartigen Reductionsprocessen, wenn das Metall sich glänzend anlegen sollte, daß
                              die größte Ruhe dem sich absetzenden Metalle gegeben werden müsse, indem hierdurch
                              der Metallüberzug um so gleichmäßiger, dichter und cohärenter werde. Meine Versuche
                              damit führen gerade zum Gegentheil und dürften die praktische Ausführung derartiger
                              Arbeiten auf eine andere Gestaltung hinführen.
                           Als Methode der Versilberung gebrauche ich die von Martin
                              vorgeschlagene, welche in diesem Journal Bd. CLXIX
                                 S. 142 mitgetheilt ist.
                           Man bereitet sich:
                           1) eine Lösung von 10 Grm. salpetersaurem Silberoxyd in 100 Grm. Wasser;
                           2) Ammoniak von 13° Cartier oder 0,984 spec. Gewicht;
                           3) eine Lösung von 20 Grm. Aetznatron (ganz rein) in 500 Grm. Wasser;
                           4) eine Lösung von 25 Grm. reinen Zuckers in 200 Grm. Wasser wird mit 1
                              Kubikcentimet. Salpetersäure von 36° Baumé 20 Minuten lang im Sieden
                              erhalten, um Invertzucker zu erzeugen. Nach dem Erkalten fügt man 50 Kub. Cent.
                              Alkohol von 36° Cartier oder 89,6 Volumprocenten zu und so viel Wasser, daß
                              die ganze Flüssigkeit 500 Kub. Cent. beträgt.
                           Von diesen Flüssigkeiten mischt man 12 Kub. Cent. Silberlösung mit 8 Kub. Cent. Ammoniak und 20
                              Kub. Cent. Natronlösung, und verdünnt bis auf 100 K. C. mit Wasser. Diese Mischung
                              bleibt vor dem Gebrauche noch 24 Stunden stehen, kann jedoch dann gut verschlossen
                              beliebig lang aufbewahrt werden.
                           Zur Ausführung der Versilberung werden der letztgenannten Mischung noch
                              1/10–1/12 der Invertzuckerlösung zugefügt und nach Martin wird das sehr bald sich trübende Gemisch auf die Glasfläche so
                              angebracht, daß die zu versilbernde Fläche auf den Flüssigkeiten aufliegt.
                           Nach meinen Erfahrungen gelingt die Versilberung bei
                                 Hohlgläsern weit leichter und ohne allen Tadel durch starkes Schütteln.
                           Man gebraucht hierbei gleichzeitig weit weniger Flüssigkeit; 50–100 K. C. der
                              Silbermischung genügen vollständig, um ein Glas mit Silber zu überziehen, welches
                              1/2–1 Pfund Inhalt an Wasser fassen könnte. Bei kleineren Gläsern genügen
                              20–30 K. C. u.s.w.
                           Die eigentliche Versilberung beginnt, wenn das sich gleich anfangs trübende Gemisch
                              fast dunkelschwarz erscheint; bis zu diesem Punkte ist das Schütteln noch unnöthig
                              und ergibt auch leicht ersichtlich, daß von dem Silber noch nichts an den
                              Glaswandungen haften bleibt. Ist diese dunkelste Färbung eingetreten, so färbt sich
                              das Glas bei der nunmehr lebhaftesten Bewegung sogleich dunkelschwarz, schwarz
                              glänzend – jedoch immer noch durchsichtig oder durchscheinend, endlich sehr
                              rasch den Silberglanz bietend. In drei, höchstens fünf Minuten ist das Experiment
                              vollendet und das Glas mit einem ganz dichten, völlig reinen Silberspiegel innen
                              umzogen, so rein, daß auch die innerste Fläche denselben reinsten Glanz gewährt.
                           Nicht allein für die Technik, zur Darstellung von versilberten Hohlgefäßen, sondern
                              namentlich auch als Collegienversuch dürfte sich dieses beschleunigte Verfahren sehr
                              gut eignen. Der Erfolg ist für Laien und Nichtlaien überraschend.
                           Versuche, bei geraden Flächen die gleiche Weise anzuwenden, ergaben zwar keineswegs
                              gegentheilige Resultate, die so erlangten Spiegel zeichneten sich gleichfalls durch
                              große Reinheit und hellen Glanz aus; jedoch ist hier, namentlich bei kleinen Proben,
                              die Bewegung nicht so leicht auszuführen. Ich ließ die zu versilbernde Fläche auf
                              gerader Unterlage mit einer dünnen Schicht der Silbermischung übergießen und durch
                              gleichmäßiges Hin- und Herschieben die Bewegung erzeugen. Im Großen würden
                              vielleicht Fässer dienen können, an deren Seiten geeignet die Spiegelflächen
                              anzubringen wären etc.
                           Merkwürdig und interessant erscheint es, daß die Haftung des doch nur an der Glasfläche
                              adhärirenden Silbers gerade durch Bewegung, möglichst starke Bewegung, befördert
                              wird und dürfte diese Beobachtung Anlaß geben, andere ähnliche Processe gleichartig
                              zu versuchen.